stahlmarkt 12.2017 (Dezember)
Stahlmarkt-Barometer, Digitale Transformation, Steel International, Markieren & Kennzeichnen, Bauen mit Stahl, Steel Art & Culture, EMO Nachbericht
Stahlmarkt-Barometer, Digitale Transformation, Steel International, Markieren & Kennzeichnen, Bauen mit Stahl, Steel Art & Culture, EMO Nachbericht
- Keine Tags gefunden...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
16 K Digitale Transformation<br />
Big Data und Industrie 4.0<br />
in der Materialforschung<br />
Forschung und Industrie müssen gemeinsam am Standort Deutschland<br />
ihre Chancen nutzen<br />
Düsseldorf. »Die effiziente Nutzung großer Datenmengen im Bereich der Materialforschung ist eine große und<br />
nachhaltige Zukunftschance«, sagte Prof. Dr. Dierk Raabe, Direktor des Max-Planck-Instituts für Eisenforschung,<br />
auf einer Pressekonferenz im Herbst. Dass Grundlagenforschung und Industrie sehr eng miteinander kooperieren<br />
und gemeinsam davon profitieren könnten, betonten auch Prof. Dr. Harald Peters, technisch-wissenschaftlicher<br />
Geschäftsführer des VDEh-Betriebsforschungsinstituts, und Dr. Peter Dahlmann, geschäftsführendes Vorstandsmitglied<br />
des Stahlinstituts VDEh. Mehr Unterstützung durch die Politik und Forschungsförderung, gerade auch in<br />
der angewandten Forschung, sind erforderlich.<br />
Durch den sehr hohen Automatisierungsgrad<br />
in der Wertschöpfungskette fallen<br />
in der Industrie in Mitteleuropa, teils<br />
auch in den USA, schon seit langer Zeit sehr<br />
große Datenmengen über die maschinell<br />
beobachteten und kontrollierten Herstellungsverfahren<br />
an. Konkret sind dies beispielsweise<br />
die Aufnahme von Kräften, Temperaturen,<br />
Geschwindigkeiten, chemischen<br />
Zusammensetzungen etc. in der Herstellkette<br />
praktisch aller Materialien.<br />
Deutschland zählt zu den Weltmarktführern<br />
im Maschinenbau, z. B. wenn es um die<br />
Prozesssteuerung geht. Die Erhebung großer<br />
Datenmengen in diesem Bereich ist hierzulande<br />
schon seit Jahrzehnten gang und<br />
gäbe. Allerdings werden diese bisher meist<br />
nur unzulänglich und nur durch einfache<br />
statistische Verfahren in Bezug auf ganz<br />
bestimmte Kundenwünsche und Qualitätsanforderungen<br />
genutzt.<br />
In großen Datenmengen steckt<br />
Wissen und Know-how<br />
Die Wissenschaft großer Datenmengen geht<br />
nun allerdings viel weiter und strebt an, mit<br />
solchen Informationen nicht nur hochdimensionale,<br />
statistische Korrelationen für<br />
Interpolationen bestimmter Materialeigenschaften<br />
oder effizienter Prozessverfahren<br />
durchzuführen, sondern durch maschinelles<br />
Lernen auch eine entsprechende Extraktion<br />
und Modellreduktion treffen zu können.<br />
Spannend kann es werden, wenn interessante<br />
Datenmengen jetzt genauer ausgewertet<br />
werden können, die eben nicht in<br />
bisherige Modelle passen, aber vielleicht<br />
gerade dadurch Anstoß für eine neue Produktidee<br />
geben. »Es geht auch darum, verborgene<br />
Zusammenhänge mathematisch<br />
aufzudecken«, so Raabe.<br />
Die in der Industrie verfügbaren großen<br />
Datenmengen können nun mit modernsten<br />
Methoden des maschinellen Lernens und<br />
mit physikalisch-chemisch geleiteten Mo -<br />
dell- Zusammenhängen verknüpft werden.<br />
So gelangt man zu einem Digitalen Zwilling<br />
von modernen Materialien, deren Eigenschaften<br />
und deren optimaler Herstellungsverfahren.<br />
»Deutschland ist eines der am stärksten<br />
industrialisierten und automatisierten Länder<br />
der Welt und wir haben hier einige der<br />
höchst zitierten Wissenschaftler, wenn es<br />
um die mathematischen Methoden geht«,<br />
unterstrich Raabe. Diese beiden Stärken<br />
müsse man zusammenbringen, um diese<br />
»niedrig hängenden Früchte zeitnah zu ernten«.<br />
Big Data und Industrie 4.0:<br />
Chancen für die Stahlproduktion<br />
Obwohl in der Stahlproduktion eine sehr<br />
große Anzahl an Daten anfällt, erfüllen diese<br />
bezüglich der Datenmenge nicht unbedingt<br />
die Kriterien der Definition von Big<br />
Data, insbesondere im Vergleich zu anderen<br />
Anwendungsfeldern, z. B. der Telekommunikation.<br />
Bezüglich aller anderen Kriterien,<br />
wie notwendige Geschwindigkeit bei der<br />
Verarbeitung, Vielfalt der zu verarbeitenden<br />
Daten sowie Ansprüche an Datenzuverlässigkeit<br />
sind die Kriterien aber mehr als erfüllt<br />
und die Anwendung von Big-Data-Technologien<br />
bietet in der Stahlproduktion da -<br />
her ein sehr großes Potenzial. Themen wie<br />
»Ursachen-Wirkungs-Analyse von Qualitätsschwankungen<br />
mittels Big-Data-Analytics«<br />
oder »Online-Vorhersage von Produkteigenschaften«<br />
sind im VDEh-Betriebsforschungsinstitut<br />
bereits seit Längerem in der Entwicklung<br />
bzw. Anwendung, erläuterte Prof. Dr.<br />
Harald Peters.<br />
In puncto Industrie 4.0 werden im Bereich<br />
der angewandten Forschung bereits seit<br />
über 10 Jahren FuE-Projekte bearbeitet und<br />
Lösungen entwickelt, die der heutigen Definition<br />
von Industrie 4.0 entsprechen. Schon<br />
bevor der Begriff »Industrie 4.0« aufkam,<br />
wurden bereits Lösungen für dringende Fragestellungen<br />
der Produktion nach dieser<br />
Grundidee entwickelt und in die Praxis um -<br />
gesetzt.<br />
Die Stahlindustrie stellt aufgrund der Länge<br />
und Komplexität der Produktion enorm<br />
hohe Anforderungen an Industrie-4.0-Lösungen<br />
in der Produktion – dazu zählen z. B.<br />
die Materialverfolgung vom Schüttgut über<br />
flüssige bis feste Zwischenprodukte, die<br />
komplexe Logistik, außerdem sehr unterschiedliche<br />
Charakteristiken der beteiligten<br />
Prozesse usw. Zugleich eröffnen sich auch<br />
<strong>stahlmarkt</strong> <strong>12.2017</strong>