stahlmarkt 12.2017 (Dezember)
Stahlmarkt-Barometer, Digitale Transformation, Steel International, Markieren & Kennzeichnen, Bauen mit Stahl, Steel Art & Culture, EMO Nachbericht
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18 K Steel International<br />
Die Infrastruktur in den USA<br />
ist marode<br />
US-Stahlindustrie wartet auf Regierungsentscheidung<br />
New York. In seinem ersten Amtsjahr beurteilten die Amerikaner<br />
Meinungsumfragen zufolge Donald Trumps Arbeit als Präsident weitaus<br />
negativer als die aller anderen Präsidenten seit Harry Truman. Der harte<br />
Kern von Trump-Anhängern unterstützt den Präsidenten nach wie vor, aber<br />
nur zwischen 35 % und 40 % der Wahlberechtigten bewerten Trump<br />
positiv. Dieser Trend reflektiert die wachsende Enttäuschung aller, die den<br />
Versprechungen Trumps im Wahlkampf 2016 glaubten und seit Monaten<br />
vergebens auf die Einlösung seiner Versprechen warten.<br />
Der erste Jahrestag des Trumpschen<br />
Amtsantritts ist in Sicht. Dazu erklärte Tom<br />
Duffy, Sicherheitsinspektor in einem U.S.-<br />
Steel-Werk in Pennsylvanien: »Die Leute<br />
sind heute frustriert...Trump gab viele Versprechen<br />
und eines davon war, dass er die<br />
Stahl industrie wiederbeleben wird. Bis jetzt<br />
haben wir nichts gesehen, das uns hilft...«<br />
Begehren der Stahlarbeiter<br />
scheinen zweitrangig zu sein<br />
In den vergangenen Monaten reiste Duffy<br />
mit einer Gruppe von Stahlarbeitern zweimal<br />
nach Washington, um im Handelsministerium<br />
und im Kongress eine sofortige Entscheidung<br />
zugunsten von Handelsbeschränkungen<br />
gegen unfaire Stahlimporte zu verlangen,<br />
die angeblich die Existenz der einheimischen<br />
Stahlindustrie bedrohen. Insbesondere<br />
geht es um einen Beschluss zugunsten<br />
der Verordnung 232, die Einfuhrstopps<br />
für Produkte vorschreibt, die die nationale<br />
Sicherheit des Landes gefährden.<br />
Die Lobby-Initiative der Stahlarbeiter scheiterte.<br />
Für Präsident Trump und die Republikaner<br />
im Kongress war eine Reform der Steuergesetze<br />
wichtiger als Trumps Wahlversprechen<br />
im Rostgürtel des Landes, wie die Arbeiter<br />
und Führer der United Steelworkers<br />
Gewerkschaft (USW) erkannten.<br />
Symptomatisch für einen neuen Kurs in<br />
der Demokratischen Partei war ein Brief,<br />
den die US-Senatoren Elizabeth Warren und<br />
Edward Markey, beide Demokraten, an<br />
Handelsminister Wilbur Ross schrieben.<br />
Warren, eine charismatische Politikerin und<br />
mögliche Präsidentschaftskandidatin für<br />
2020, und ihr Kollege Markey gehören zu<br />
den Demokraten, die wie Bernie Sanders im<br />
letzten Wahlkampf insbesondere die von<br />
Globalisierung und Modernisierung be -<br />
nachteiligten Arbeiter unterstützen wollen.<br />
Dass Hillary Clinton – nicht so wie Trump –<br />
die Menschen im Rostgürtel und ihre Probleme<br />
nicht genug ansprach, wird innerhalb<br />
und außerhalb der Demokratischen<br />
Partei als Hauptgrund für ihre Wahlniederlage<br />
benannt.<br />
In ihrem Brief forderten Warren und Markey<br />
entschlossenes Vorgehen bei der<br />
232-Untersuchung in Sachen nationaler<br />
Sicherheit in Bezug auf Stahl- und Aluminiumimporte.<br />
Die Inlandsproduktion von Stahl<br />
und Alu minium sei kritisch für die amerikanische<br />
Wirtschaft und Basis der Infrastruktur<br />
mit Blick auf die Baubranche und die nationalen<br />
Sicherheitsindustrien, heißt es in dem<br />
Schreiben. Ungewissheit über den Zeitpunkt<br />
der endgültigen Entscheidung, so Warren<br />
und Markey, habe anderen Ländern erlaubt,<br />
noch mehr Dumpingstahl in die Vereinigten<br />
Staaten zu bringen und jene Arbeiter zu<br />
schädigen, die die 232-Untersuchung schützen<br />
sollte. Ebenso wie es das American Iron<br />
and Steel Institute, Dachverband und Lobby<br />
der Stahlindustrie, in einer Presseerklärung<br />
tat, verwiesen die Senatoren in ihrem Brief<br />
auf eine 25%ige Erhöhung der Stahlimporte<br />
im Jahr 2017, die die »Arbeiter und<br />
Unternehmen« schädigten.<br />
So willkommen das Warren-Markey-<br />
Schreiben bei Stahlarbeitern und im Hauptquartier<br />
der USW sowie auf den Management-Etagen<br />
von Stahlunternehmen war, so<br />
symbolisch war doch nur der Wert. Die<br />
Regierung ist schließlich fest in den Händen<br />
der Republikaner. Immerhin signalisierten<br />
die beiden Senatoren einen Agendawechsel<br />
unter Demokraten für die Kongresswahlen<br />
im nächsten Jahr.<br />
Niedrige Unternehmenssteuern<br />
könnten den Stahlaufschwung<br />
verhindern<br />
In Sachen Importschranken ziehen Stahlarbeiter<br />
und Stahlunternehmen seit eh und<br />
je an einem Strang. Das Gleiche gilt nicht für<br />
die Steuerreform, die Trump und die republikanische<br />
Mehrheit in beiden Kongresskammern<br />
in Rekordzeit verabschieden wollen.<br />
Noch bevor es eine detaillierte Gesetzesvorlage<br />
gab, waren genug der langjährigen<br />
Republikaner-Ziele bekannt, die von<br />
USW- Funktionären als Geschenk für die<br />
Reichsten im Land auf Kosten der Mittelund<br />
Unterklasse bezeichnet wurden. Besonderes<br />
Ziel der Kritiker war der Plan, Erbschaftssteuern<br />
zu streichen, die Steuern für<br />
die Gruppe mit den niedrigsten Einkommen<br />
zu erhöhen und die für die mit den höchsten<br />
Einkommen zu senken.<br />
Monatelang stiegen an der Wall Street die<br />
Aktienpreise in der Erwartung der von<br />
Trump versprochenen, drastischen Senkung<br />
der Unternehmensbesteuerung. Nominell<br />
haben die USA mit 35 % den höchsten<br />
Steuersatz für Unternehmen in den Industrienationen,<br />
aber de facto nutzen insbesondere<br />
Großunternehmen Schlupflöcher in der<br />
Steuergesetzgebung, um ihre Zahlungen<br />
deutlich zu verringern. Im Durchschnitt zahlen<br />
Unternehmen um die 20 % an Steuern.<br />
Trump prophezeite im Wahlkampf eine<br />
15-%-Rate, Republikaner im Kongress sprechen<br />
von 20 %. Falls die Gesetzgeber niedrige<br />
Unternehmenssteuern beschließen,<br />
ohne existierende Hintertüren zur Vermeidung<br />
von Steuern zu schließen, werden sie<br />
das Staatsdefizit in die Höhe treiben. Das<br />
wäre kein gutes Omen für ein maßgebliches<br />
Infrastrukturprogramm, auf das die Stahlindustrie<br />
wartet. bln<br />
(sm 171205722)<br />
<strong>stahlmarkt</strong> <strong>12.2017</strong>