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„Amerika“ als Neuanfang<br />
Die Werkleitz Biennale wird zum Festival <strong>und</strong> setzt sich mit den Einflüssen des Landes der unbegrenzten<br />
Möglichkeiten auf Deutschland auseinander – aus ost- wie westdeutscher Perspektive.<br />
<strong>Text</strong>: Susanne Schulze Fotografie: Tom Schulze; Daniel Herrmann<br />
„Die ersten Tage eines Europäers in Amerika seien ja einer Geburt vergleichbar“,<br />
schrieb Kafka in seinem unvollendet gebliebenen Roman<br />
„Amerika“. „Und wenn man sich hier auch (...) rascher eingewöhne,<br />
als wenn man vom Jenseits in die menschliche Welt eintrete, so<br />
müsse man sich vor Augen halten, daß das erste Urteil immer auf<br />
schwachen Füßen stehe <strong>und</strong> daß man sich dadurch nicht vielleicht<br />
alle künftigen Urteile, mit deren Hilfe man ja hier sein Leben weiterführen<br />
wolle, in Unordnung bringen lassen dürfe.“ Woher einer,<br />
der die Prager Stadtgrenzen so gut wie nie in seinem Leben verlassen<br />
hat, dieses Gespür <strong>für</strong> ein Land – denn schon Kafka verwendete<br />
„Die Biennale war schon etwas Besonderes – aber einige hielten uns <strong>für</strong><br />
linke Spinner.“ (Marcel Schwierin)<br />
politisch unkorrekt Amerika als Synonym <strong>für</strong> die USA – entwickeln<br />
konnte <strong>und</strong> vor allem wollte, dringt als <strong>und</strong>eutliches, diffuses Gefühl<br />
in die Jetztzeit herüber. Das gelobte oder verfluchte Land hat schon<br />
immer polarisiert.<br />
In den letzten Jahren, unter der Bush-Regentschaft, habe sich<br />
zudem ein „erschreckender“ Anti-Amerikanismus etabliert, der selbst<br />
vor „reflektierten Intellektuellen“ nicht halt machte <strong>und</strong> <strong>für</strong> Marcel<br />
Schwierin, Kurator <strong>und</strong> Filmemacher, den Anstoß gab, tiefer in die<br />
Thematik einzusteigen <strong>und</strong> ihr eine ganze Werkleitz Biennale, das<br />
bisher größte Medienkunstfestival in den neuen B<strong>und</strong>esländern, zu<br />
widmen. Ein Unterfangen, das in mehrerlei Hinsicht <strong>für</strong> Diskussions-<br />
stoff sorgte, da die Biennale aus finanziellen Gründen in ein Festival<br />
umgemünzt werden musste. Eine Tatsache, die nicht nur die Arbeit<br />
der Werkleitz Gesellschaft in Frage stellte, sondern auch wieder einmal<br />
das Arbeiten im Kunstkontext überhaupt.<br />
Als gemeinnütziger Verein zur Förderung <strong>und</strong> Realisierung von<br />
Film-, Kunst- <strong>und</strong> Medienprojekten auf dem Lande, zwischen Halle<br />
<strong>und</strong> Magdeburg, in dem Örtchen Tornitz/Werkleitz 1993 gegründet,<br />
entwickelte sich die Werkleitz Gesellschaft e.V. im Laufe der Jahre<br />
von einem anfangs belächelten alternativen Dorfprojekt zu einem<br />
international bekannten Anlaufpunkt <strong>für</strong> an sperriger <strong>und</strong> politischer<br />
Gegenwartskunst Interessierte. Seit 1996 wird sie vom Kultusministerium<br />
des Landes Sachsen-Anhalt als Zentrum <strong>für</strong> künstlerische<br />
<strong>Bild</strong>medien institutionell gefördert. Als solches unterstützt Werkleitz<br />
Künstler mit Stipendien <strong>und</strong> Produktionsmöglichkeiten bei der<br />
Entwicklung ihrer Projekte <strong>und</strong> bietet Workshops in den Bereichen<br />
Kamera, Postproduktion <strong>und</strong> digitaler <strong>Bild</strong>bearbeitung sowie zu<br />
film- <strong>und</strong> medientheoretischen Themen an. 1993 wurde erstmals<br />
eine Biennale als internationales Forum <strong>für</strong> Medien <strong>und</strong> Kunst ins<br />
Leben gerufen. Die Veranstalter sorgten mit Themen wie der Darstellung<br />
<strong>und</strong> Verknüpfung von medial generierten <strong>Bild</strong>ern <strong>und</strong> deren<br />
Übertragung in andere Medien (Cluster Images, 1996), dem Begriff<br />
Arbeit <strong>und</strong> seiner gesellschaftlichen Bewertung (real[work], 2000),<br />
Ursachenerforschung in Belangen sozialer Ausgrenzung (Zugewinngemeinschaft,<br />
2002) <strong>und</strong> der Untersuchung von gesellschaftlichen<br />
Konsequenzen, die der Privatisierung von geistigem Eigentum inne-