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[finanzieren] Ausgabe 53 | <strong>Oktober</strong> <strong>2016</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />
tor die aktuellen Ereignisse verfolgen und im Auge behalten. Aber im<br />
Kern geht es darum, die Relevanz für die Börsenentwicklung zu analysieren<br />
und einzuordnen zu können“, sagt Vermögensverwalter Thilenius.<br />
Die entscheidende Frage lautet: Welches politische oder wirtschaftliche<br />
Ereignis weltweit hat Auswirkungen auf mein Depot?<br />
Beispiel Brexit: Nach Einschätzung vieler Experten wird der Ausstieg<br />
Großbritanniens sowohl die eigene als<br />
auch die europäische Exportindustrie belasten.<br />
Dennoch haben einige britische Unternehmen<br />
seit dem Votum an Wert gewonnen,<br />
weil sie richtig positioniert sind:<br />
Sie exportieren viele ihrer Produkte, die<br />
Kosten fallen aber im englischen Pfund an,<br />
dessen Wechselkurs gesunken ist. Das beschert<br />
ihnen Kostenvorteile. Der Einstieg<br />
in solche Aktien lohnt sich aus diesem<br />
Vermögensverwalter<br />
Georg Thilenius.<br />
Blickwinkel.<br />
Aber wie sieht nun ein strukturierter Anlageprozess<br />
aus und wie lassen sich Risiken<br />
systematisch managen? Diese Regeln helfen<br />
zum Einstieg in eine systematische Vermögensanlage:<br />
Hausaufgaben erledigen<br />
Im ersten Schritt gilt es, entweder für sich oder mit Hilfe eines Beraters<br />
Anlageziele und -präferenzen zu definieren. Dazu gehören vor allem<br />
die Punkte Risikotoleranz und die Risikotragfähigkeit. „Risikotoleranz<br />
beschreibt, wie der Anleger Risiko wahrnimmt und bei welchem<br />
Risiko er sich mit seiner Anlage noch wohlfühlt“, erläutert Arne Sand,<br />
Geschäftsführer der unabhängigen Vermögensverwaltungsgesellschaft<br />
Schott und Sand in Stuttgart. Der Verwalter greift dabei auf einen<br />
fundierten Fragebogen zurück. Es gibt aber auch Hilfen im Internet<br />
(siehe Infokasten).<br />
Das Ganze klingt komplizierter, als es ist. „Überlegen Sie sich, welchen<br />
Verlust Sie bereit sind zu akzeptieren“, empfiehlt Börsenexperte Dittrich.<br />
„Wenn Sie beispielweise 1.000 Euro investieren wollen, müssen<br />
sie sich darüber im Klaren sein, wie viel Sie davon am Ende der Anlagedauer<br />
auf jeden Fall zurückerhalten wollen. 800 Euro? 10 Euro?<br />
1.000 Euro?“ Nach dieser Antwort richtet sich die Wahl der Anlageklasse.<br />
„Wenn Sie sich ständig mit den Verlusten in Ihrem Depot beschäftigen<br />
und nachts nicht mehr ruhig schlafen können, sind wahrscheinlich<br />
risikoärmere Produkte eher für Sie geeignet. Allerdings: Je<br />
risikobereiter Sie sind, desto größer ist auch Ihre Chance auf eine höhere<br />
Rendite!“, sagt Dittrich.<br />
Anlagedauer planen<br />
Mindestens ebenso wichtig wie die persönliche Risikoneigung ist der<br />
Zeithorizont des Anlegers. „Risiko wird häufig betrachtet auf Basis der<br />
kurzfristigen Kursschwankungen“, erläutert Uni-Professor Burghof.<br />
„Bei dieser Sichtweise kommen Anleihen sehr gut weg, Aktien relativ<br />
schlecht. Aber das ist ein Fehler: Wenn Sie Geld für 30 Jahre in Aktien<br />
anlegen, ist deren Risiko relativ gering.“ Das heißt: Wer über die eigene<br />
Risikopräferenz nachdenkt, muss im Grunde genommen darüber<br />
nachdenken, wie lang er sein Geld investieren will und ob er bereit<br />
und finanziell dazu in der Lage ist, während dieser Zeit darauf zu verzichten.<br />
„Grundsätzlich sollte nur Geldvermögen investiert werden,<br />
dass nicht kurz- oder mittelfristig benötigt wird.“<br />
Risikopuffer einbauen<br />
Nicht immer laufen die Kapitalmärkte in die gewünschte Richtung<br />
und die vergangenen Jahre und Monaten haben gezeigt, dass unerwartet<br />
auftretende Krisen an den Märkten für eine Kursdelle sorgen können,<br />
die es gilt zu überbrücken. „Das Vermögen, das ein privater Investor<br />
an Geld für seinen Lebensunterhalt in drei Jahren benötigt, sollte<br />
er in bar vorhalten“, lautet daher die Krisenempfehlung von Vermögensexperte<br />
Thilenius. „So kann er Kursschwankungen aussitzen und<br />
davon ausgehen, dass nach dieser Zeit die Kurse<br />
höher stehen als beim Einstieg.“<br />
Klumpenrisiken vermeiden<br />
Generell gilt das Motto: „Nie alle<br />
Eier in einen Korb legen“, sondern<br />
das Portfolio breit streuen.<br />
Das senkt über alle Kategorien<br />
hinweg das<br />
Anlagerisiko und verhindert<br />
so genannte „Klumpenrisiken“.<br />
„Der klassische<br />
Fall eines<br />
Klumpenrisikos in Stuttgart<br />
ist: Ein Anleger hat<br />
Daimler-Aktien in seinem<br />
Depot, besitzt eine vermietete<br />
Wohnung im Großraum<br />
Stuttgart, hat seinen<br />
eigenen Wohnsitz dort und<br />
arbeitet auch noch bei Daimler“,<br />
erklärt Vermögensverwalter<br />
Sand. „Jedes einzelne<br />
Investment ist möglicherweise<br />
eine gute Idee, aber sollte bei<br />
Daimler etwas „verrutschen“, dann<br />
sinken die Aktien im Wert, der Mieter<br />
kann eventuell die Miete für seine Wohnung<br />
nicht mehr bezahlen, die eigene Immobilie<br />
Wie viel Risiko darf es denn sein?<br />
Wie viel Risiko soll es ein – mit dieser Frage wissen viele Anleger<br />
nicht richtig umzugehen. Ein Risikosimulator, den Martin<br />
Weber, Professor und Lehrstuhlinhaber für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre<br />
und Finanzwirtschaft, insbesondere<br />
Bankbetriebslehre an der Universität Mannheim und sein<br />
Team entwickelt haben, hilft dabei. Das für Berater und private<br />
Anleger kostenlose Onlinetool unter www.behavioral-finance.de,<br />
Menüpunkt „Risikotool“ erlaubt die bessere Einschätzung<br />
von Risiken am Aktienmarkt. Es zeigt dem Nutzer<br />
unter anderem für einen gegeben Anlagezeitraum, wie wahrscheinlich<br />
auf Basis historischer Daten des Deutschen Aktienindex<br />
(Dax) der Anlageerfolg seines Aktieninvestments ausfällt,<br />
mit welcher Summe er im besten Fall rechnen kann und<br />
welcher Verlust im schlimmsten Fall entsteht. So bekommt er<br />
ein „Gefühl“ dafür, was ihn erwartet. <br />
LU<br />
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