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Am Karnevalsdienstag befaßte sich der bekannte Rezensent des Kölner Stadt-Anzeigers Dietolf<br />
Grewe in der Sendung des WDR III mit unserer Cäcilia Wolkenburg. Dies geschah in so bril<br />
lanter Weise, daß wir das uns freundlicherweise überlassene Manuskript nachstehend ab<br />
drucken:<br />
Dietolf Grewe<br />
Divertissementchen der Cäcilia Wolkenburg<br />
WDR III, ..Mosaik", 11.2.75<br />
Ein Imi kommt immerhin noch dahinter, daß<br />
hier an das französische Wort „Divertisse<br />
ment", in deutscher Anssprache natürlich, eine<br />
deutsche Verkleinerungsendung angehängt ist.<br />
interessierte könnten nun das Standardwerk<br />
über die kölnische Mundart zu Rate ziehen,<br />
Adam Wredes „Neuen Kölnischen Sprach<br />
schatz". Sie werden dort erfahren, daß Bildun<br />
gen wie Divertissementchen im Kölnischen<br />
nicht selten sind, in der Zeit der französischen<br />
Besetzung ab 1794 hat das Kölnische so<br />
manch französisches Wort sich anverwandt.<br />
Und in jene Zeit fällt auch die Entwicklung<br />
der Theaterform des Divertissementchen. Es<br />
hat eine stattliche Ahnenreihe: Da ist der<br />
antike Mimus zu nennen (was in Köln ließe<br />
sich nicht auf die Römer zurückführen?), fer<br />
ner das spätmitteiaiterliche, vor allem meister<br />
singerliche Fastnachtsspiel, aber eben auch<br />
die französische Ballettkomödie und das<br />
Vaudevllle. Das Divertissementchen Ist ein Dia<br />
lektstück mit Gesang und Tanz, und mit beidem<br />
hat es hier eine sehr besondere Be<br />
wandtnis. Es kennt nämlich keine Original<br />
musik, sondern ausschließlich Umtextierungen<br />
bekannter Melodien, wie sie schon das fran<br />
zösische Vaudevllle verwendete. Herauskommt<br />
eine theatergeschichtlich sehr berühmte Form<br />
der Parodie, die man in Wien etwa bei Johann<br />
Nestroy findet. Auf dem Boden des Wiener<br />
Volkstheaters wuchs auch etwa jene Parodie<br />
von Richard Wagners ..Tannhäuser", wo der<br />
Pilgerchor durch das urige Volkslied „Die<br />
Pinzgauer wollen wallfahrten gehen" ersetzt<br />
wird. So verfährt auch das Kölner Divertisse<br />
mentchen: Elemente der E- und Ü-Musik wer<br />
den in möglichst überraschender und absurder<br />
Welse verbunden. Wieviel harmonischen Pfiff<br />
solche Übergänge haben, hängt vom Geschick<br />
des Komponisten bzw. Arrangeurs ab. Be|^<br />
Kölner Divertissementchen macht das seit vie<br />
len Jahren Christoph Klöver, und dem fällt<br />
immer eine Menge ein. Wenn der Witz der<br />
Sache ankommen soll, muß man ein Publikum<br />
haben, das die musikalischen Anspielungen<br />
kapiert. Da außerdem Dialektkenntnisse obli<br />
gatorisch sind, Ist die Zielgruppe des Diver<br />
tissementchens das Kölner Bürgertum. Und<br />
das fühlt sich wahrlich angesprochen: Die elf<br />
jährlichen Vorstellungen im Opernhaus sind<br />
ausverkauft, doppelt soviele wären wahr<br />
scheinlich absetzbar. Es ist eine Veranstaltung<br />
von Kölner Bürgern für Kölner Bürger: Denn<br />
Veranstalter ist die Cäcilia Wolkenburg, wie<br />
sich die Bühnenspielgemeinschaft Im Kölner<br />
Männer-Gesang-Verein nennt. <strong>Der</strong> Kölner Män<br />
ner-Gesang-Verein wurde schon 1842 gegrün<br />
det, die Cäcilia Wolkenburg erst 1874, konnte<br />
also voriges Jahr ihr hundertjähriges Beste<br />
hen feiern. Und well das Divertissementchen<br />
die Veranstaltung eines Männergesangvereir^<br />
ist, werden in den Stücken alle weibliche..<br />
Rollen von Männern gespielt. Auch damit steht<br />
man In einer großen Tradition: Schon beim<br />
alten William Shakespeare ist die holdselige<br />
Julia bekanntlich von einem jungen Mann dar<br />
gestellt worden. <strong>Der</strong> Clou des Divertissement<br />
chens ist aber das Ballett: Das wird als Paro<br />
die auf den großen klassischen Balieltstil des<br />
19. Jahrhunderls ebenfalls von Herren ge<br />
tanzt. Ein weißes Ballett im Tutu muß Immer<br />
dabei sein. Die Balletteinlagen kehren in je<br />
dem Stück wieder. Denn die Cäcilia Wolken<br />
burg läßt jedes Jahr ein neues Stück schrei-