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en, spielt keine tradierte Standardliteratur.<br />
RepetItion würde dem Charakter des Diver<br />
tissementchens widersprechen. Jedes Stück<br />
muß zwar irgendwann im alten Köln, meistens<br />
des 18. oder 19. Jahrhunderts spielen, aber<br />
die Einbeziehung etwa gängiger Schlager,<br />
vor allem aber zahlreiche textliche Anspie<br />
lungen, stellen die Beziehung zur Gegenwart<br />
her. Ein Divertissementchen-Autor unterliegt<br />
zahlreichen Zwängen: Vor allem muß er Ge<br />
sangsanlässe schaffen, aber auch seine Rollen<br />
den Darstellern auf den Leib schneidern: Die<br />
länger sind ja Laien und können Rollen nur<br />
'ach typologischer Eignung übernehmen. So<br />
kann ein Divertissementchen dramaturgisch<br />
gesehen kaum mehr als Motiv-Bastelei sein,<br />
was nicht abwertend gemeint ist. Wie das je<br />
weilige Stück individuell aussieht, ist unter<br />
diesen Umständen eigentlich gar nicht mehr<br />
so wichtig. Das diesjährige heißt: Pitter und<br />
Mariechen oder En Kölsche Johannis-Naach.<br />
Eine Liebesgeschichte zwischen kleinen Leu<br />
ten im alten Köln spielt in der Johannes-<br />
Nacht, der Nacht also vor dem Fest Johan<br />
nes des Täufers. Dafür gibt es ein berühmtes<br />
operngeschichtliches Vorbild: Die „Meistersin<br />
ger von Nürnberg" von Richard Wagner. Die<br />
Introduktion zum 2. „Meistersinger"-Akt wird<br />
denn auch musikalisch zitiert. <strong>Der</strong> Haupteinfall<br />
des Autors und Regisseurs Klaus Rohr war<br />
nun, den italienischen Dichter Petrarca einzubeziehen,<br />
der im Jahre 1333 einmal Köln zur<br />
Johannesnacht besucht. Er steht also irgend<br />
wann aus seinem Sarkophag auf und macht<br />
sich auf den Weg nach Köln, um dort noch<br />
einmal eine Johannes-Nacht zu feiern. Dem<br />
Kultur-Touristen bleiben zahllose Enttäuschun<br />
gen nicht erspart, bis er sich vergrämt auf den<br />
Helmweg macht. Die Handlung Im einzelnen<br />
nachzuerzählen wäre langweilig; Es gibt da<br />
Räuber, die sich zu Finanzbeamten mausern,<br />
eine Marquise Juliette Rollade, und einen<br />
Baron Nepomuk von Schleitzkowskum, der mit<br />
einem Diener namens Winnetou reist, der aber<br />
aus Berlin stammt und einst mit der Marquise<br />
im Zirkus auftrat. Das Liebespaar kriegt sich<br />
am Schluß natürlich, nachdem Pitter mancher<br />
lei Kummer wegen seiner Neigung zum<br />
Schlafwandeln gehabt hatte: Er steigt nämlich<br />
im mondsüchtigen Zustande in die Kammer<br />
seines Mariechens ein. Die Sache kommt auf,<br />
und dem armen Wirtstöchterlein wird vom<br />
hohen Magistrat der Kranz als Jungfrau des<br />
Jahres aberkannt. Die Witze über die Jung<br />
fräulichkeit bleiben einigermaßen dezent.<br />
Humorlos, dem Divertissementchen repressive<br />
Moral vorzuwerfen. Humorlos auch der Ver<br />
such. das Volksspektakel aus dem Musen<br />
tempel Opernhaus zu entfernen. Die Intendan<br />
ten der Städtischen Bühnen sollten auch wei<br />
terhin die Cäcilia Wolkenburg in ihren Mauern<br />
dulden. Sie halten so Kontakt zum Volk.<br />
Mitglieder<br />
des Keiner Männer-Gesang-Vereins<br />
denken bei ihren Einkäufen<br />
gern an die Inserenten<br />
des „<strong>Burgbote</strong>n"