O+P Fluidtechnik 4/2018
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SIMULATION<br />
FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG PEER REVIEWED<br />
04<br />
05<br />
06<br />
UU ∞ , cc ∞<br />
UU ∞ , cc ∞<br />
Anwendung des Ausgasungsmodells auf eine Rohrströmung<br />
3.2 AUSGASUNG IN EINER MIKROBLENDE<br />
A<br />
High-Speed Visualisierung des Anhaftens einer Gasblase an einem Rauheitselement.<br />
Die Strömung verläuft von oben nach unten. Der zeitliche Abstand<br />
zwischen den Aufnahmen beträgt 0,2 ms. Das Rauheitselement hat eine Größe<br />
von 0,15 mm. Die Flüssigkeit ist Silikonöl mit einer Viskosität von 20 cSt<br />
Anwendung des Ausgasungsmodells auf eine Mikroblendenströmung<br />
pp 1<br />
pp 2<br />
A<br />
ll<br />
Im zweiten Anwendungsbeispiel wird eine durchströmte Mikroblende<br />
mit Durchmesser D = 0,2 mm und Länge l = 2 mm<br />
betrachtet, siehe Bild 06. Die Blende entspricht in ihren Dimensionen<br />
der von Freudigmann et al. [Fre16; Fre17] in Experimenten<br />
vermessenen Mikroblende. Die verwendete Flüssigkeit ist das<br />
Versuchsöl Shell V-Oil 1404. Bei einem Vordruck von 60 bar beträgt<br />
der Flüssigkeitsmassenstrom 2 g/s. Die Dichte ist 826 kg/m 3 .<br />
Die Flüssigkeit ist bei atmosphärischem Druck gesättigt und die<br />
Löslichkeit beträgt Λ = 0,12. Vereinfachend wird angenommen,<br />
dass die Flüssigkeit die Blende mit einem Blockprofil durchströmt.<br />
Die Strömungsgeschwindigkeit in der Blende beträgt<br />
dann 77 m/s.<br />
DD<br />
DD<br />
pp 3<br />
DETAIL A<br />
ll<br />
DETAIL A<br />
Mit Gl. (13), b = π D und der Abschätzung<br />
c N<br />
/ c ∞<br />
→ 0 also ζ / (ζ + 1) → 1 folgt für den<br />
Massenanteil ξ = 5 × 10 –3 . Vor dem Hintergrund<br />
experimenteller Ergebnisse, vgl. [Fre16], ist der<br />
berechnete Wert plausibel. Die Experimente<br />
von Freudigmann et al. zeigen, dass der Ausgasungsvorgang<br />
stark vom Gegendruck der<br />
Blende abhängt und der Massenanteil mit<br />
abnehmendem Gegendruck ansteigt. Die<br />
gemessenen Massenanteile liegen zwischen 10 –3<br />
bei 4 bar und 10 –1 bei 2 bar Gegendruck. Eine<br />
Zunahme des Massenanteils bei abnehmendem<br />
Druck kann zumindest teilweise mit der Zunahme<br />
der Oberfläche durch die Volumenzunahme<br />
erklärt werden. Insbesondere ist hier das Gas,<br />
das in Wirbeln hinter der Blende eingefangen<br />
wird, von besonderen Bedeutung. Effekte, die<br />
primär die Ausbildung der Strömung und nicht<br />
den Ausgasungsvorgang an sich betreffen, werden<br />
natürlich nicht im Modell abgebildet. Diese<br />
Aspekte sind Gegenstand aktueller Forschung.<br />
In zukünftigen Untersuchungen soll das vorgestellte<br />
Ausgasungsmodell außerdem mit<br />
weiteren experimentell gewonnenen Daten<br />
validiert werden. Durch experimentelle Untersuchungen<br />
sollen ebenfalls genauere Aussagen<br />
zu der Oberfläche der Phasengrenzfläche<br />
möglich werden. Langfristiges Ziel ist die<br />
Implementierung des Modells in verfügbare<br />
Strömungslöser. Auf diese Weise wird die im<br />
Sinne der VDI 2221 notwendige Berechenbarkeit<br />
des Maschinenelements Öl weiter verbessert.<br />
ZUSAMMENFASSUNG<br />
Das Ausgasen von Flüssigkeiten in technischen<br />
Fluidsystemen ist aufgrund weitreichender<br />
negativer Auswirkungen ein für<br />
den sichereren und effizienten Betrieb hydraulischer<br />
Komponenten bedeutendes Thema.<br />
Derzeit verfügbare Modellierungsansätze<br />
erlauben die Abschätzung von Ausgasungsvorgängen<br />
in Behältern oder Tanks, versagen<br />
jedoch bei der Beschreibung von Blasenbildung<br />
an umströmten Phasengrenzflächen.<br />
Blasenbildung an Grenzflächen zwischen<br />
Flüssigkeit und Gas, den sogenannten Keimstellen,<br />
ist der in technischen Systemen am<br />
häufigsten vorkommende und damit relevanteste<br />
Ausgasungsmechanismus.<br />
Der vorliegende Artikel präsentiert neue<br />
Erkenntnisse zur Ausgasung in technischen<br />
Fluidsystemen und zeigt die Relevanz für technische Anwendungen<br />
der Ölhydraulik auf. Auf Basis des vorgestellten Ausgasungsmodells<br />
können Berechnungen der Massen- und Volumenstromanteile der<br />
frei werdenden Gase in strömenden Flüssigkeiten durchgeführt<br />
werden. Im Gegensatz zu den vorhandenen 0D-Modellen werden im<br />
vorgestellten Modell keine empirisch zu ermittelnden Parameter<br />
verwendet. Die in dem Modell verwendeten Größen (Keimstellenanzahl,<br />
Oberfläche der Phasengrenzfläche) sind zwar in der Regel<br />
unbekannt, aber dennoch physikalisch motiviert und damit messbar.<br />
Wird das vorgestellte Modell von Entwicklern entsprechender<br />
Software berücksichtigt, können zukünftig genauere Auslegungsrechnungen<br />
durchgeführt werden. Die Anwendung des Ausgasungsmodells<br />
verbessert das Systemverständnis und ermöglicht<br />
die Entwicklung verbesserter Komponenten und Systeme.<br />
PHASENGRENZFLÄCHE<br />
56 <strong>O+P</strong> <strong>Fluidtechnik</strong> 4/<strong>2018</strong>