Der Burgbote 2017 (Jahrgang 97)
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175 Jahre KMGV | Galakonzert Roncalliplatz<br />
Singen oder schweigen<br />
»Am Aschermittwoch ist alles vorbei«,<br />
heißt es in dem Karnevalsklassiker von<br />
Jupp Schmitz. Bezogen auf die tollen Tage<br />
stimmt das ja auch. Das große Fasten beginnt.<br />
Die einen trinken keinen Alkohol,<br />
die anderen essen keine Süßigkeiten.<br />
Für den Kölner Männer-Gesang-Verein<br />
allerdings hat am Aschermittwoch das<br />
Übungsjahr <strong>2017</strong> begonnen. Genauer gesagt,<br />
es geht in den langen Endspurt im<br />
Probenmarathon anlässlich des 175. Vereinsjubiläums.<br />
Drei Zieleinläufe sind in Sichtweite: Festakt<br />
am 24. Juni, Galakonzert am 17. September<br />
und Pontifikalamt am 5. November.<br />
Wer mit dabei sein will, sollte beim Fasten<br />
den KMGV und das Singen auf jeden Fall<br />
auslassen. »Wir werden uns voll ins Zeug<br />
legen müssen«, schwört Dirigent Bernhard<br />
Steiner den Chor auf die kommenden Monate<br />
ein.<br />
<strong>Burgbote</strong>: Nun müssen sich die Sänger ja seit<br />
Jahren immer wieder »voll ins Zeug legen«.<br />
Vor jedem Philharmonischen Konzert und vor<br />
jeder Zillche-Session sind mahnende Aufrufe<br />
an der Tagesordnung. Was ist denn diesmal<br />
anders?<br />
Steiner: Wir haben mit Juan Diego Flórez<br />
einen Weltstar als Solisten gewonnen und<br />
wir singen ein Open-Air-Konzert mit all seinen<br />
Besonderheiten. Es ist eine Perfektion<br />
gefordert, die alle Sänger aufs Äußerste fordern<br />
wird. Und wenn alle mitgenommen<br />
werden sollen, und das wollen wir ja, dann<br />
ist noch sehr viel Arbeit nötig. Wir schicken<br />
niemanden in die Sängerrente, was ich als<br />
ein besonders positives Alleinstellungsmerkmal<br />
des KMGV betrachte, aber wir<br />
sind auch kein Wirtshaus-Chor. Wir haben<br />
Anspruch an uns selbst.<br />
Aber wir hatten doch bereits im letzten Jahr<br />
einen übervollen Probenplan. Wir haben die<br />
Stücke, die wir auf dem Roncalliplatz singen<br />
werden, immer wieder geprobt und in Trier<br />
erfolgreich aufgeführt.<br />
Zur Probenplanung 2016 muss ich selbstkritisch<br />
sagen, dass sie in der damaligen<br />
Form nicht ausreichte. Wir wollten für Trier<br />
das Auftrittsniveau für den Roncalliplatz erreichen<br />
und dann mit kontinuierlichen,<br />
aber nicht vermehrten Proben den Stand bis<br />
zum September <strong>2017</strong> halten. Das hat nicht<br />
ganz funktioniert. Deshalb haben wir die<br />
Planung gründlich überarbeitet.<br />
Also sind jetzt noch mehr Anstrengungen<br />
als 2016 nötig?<br />
Das ist in der Tat so. Es gibt da eine Formulierung<br />
aus der Politik, die gern verwendet<br />
wird, wenn man keine ordentliche Begründung<br />
hat: Alternativlos. Ich benutze das sehr<br />
ungern, aber es trifft den Kern. Wir haben<br />
keine Alternative zu vielen intensiven Proben<br />
in diesem Jahr, es sei denn, das Programm<br />
abzuspecken. Aber dafür ist es zu<br />
spät und das will, glaube ich, auch keiner.<br />
Die Erfahrungen von 2016 haben uns vor<br />
allem gezeigt, wo es noch Mängel gibt, wo<br />
wir nacharbeiten müssen.<br />
Das Konzert in Trier war doch ein schöner<br />
Erfolg, den auch Sie kräftig gelobt haben.<br />
Dieses Niveau ist immer noch nicht<br />
ausreichend genug?<br />
<strong>Der</strong> Auftritt in Trier war eine gelungene Generalprobe<br />
für das Galakonzert auf dem<br />
Roncalliplatz. Aber es wurden auch Mängel<br />
offensichtlich, die wir am 17.9. nicht mehr<br />
zeigen sollten.<br />
Also, was ist noch nötig und wo gibt es<br />
Probleme?<br />
Musikalisch sind wir nicht alle auf dem gleichen<br />
Niveau. Das liegt daran, dass sich<br />
noch längst nicht alle Sänger in den Proben<br />
das gleiche angeeignet haben. Eine große<br />
Gruppe singt bereits sehr gut auswendig<br />
und kann aktiv am Musiziervorgang teilnehmen.<br />
Eine zweite Gruppe kann zwar<br />
ebenfalls auswendig singen, ist aber zu statisch<br />
und verfolgt das Geschehen nur, anstatt<br />
sich zu beteiligen. Und es gibt eine<br />
dritte Gruppe, die die Herausforderung bisher<br />
unterschätzt hat. Diese Sänger fielen in<br />
Trier trotz eines guten Gesamtergebnisses<br />
ganz deutlich auf.<br />
Das Problem ist also das Auswendigsingen?<br />
Dann sollten vielleicht doch Text- und Notenmappen<br />
benutzt werden?<br />
Das Auswendigsingen ist es nicht allein!<br />
Man kann auch mit Noten in der Hand<br />
schlecht singen. Aber wir werden auf jeden<br />
Fall auswendig singen, das ist jetzt auch<br />
vom Musikausschuss endgültig beschlossen<br />
worden. Etwas anderes kommt gar nicht infrage.<br />
Die Notenmappen sind eine so starke<br />
physische und mentale Hürde, dass sie eine<br />
Barriere zwischen Chor und Dirigent bilden<br />
und wir damit eine Barriere zum Publikum<br />
errichten würden. Und ich erinnere gern<br />
alle noch einmal an das auswendig gesungene<br />
Volksliederkonzert 2015 in der Philharmonie.<br />
Wohl jeder hat damals den großen<br />
Unterschied zu anderen Konzerten gespürt.<br />
Freier Blick, weil keine Notenmappen<br />
stören, freier Geist, weil Text und Melodie<br />
sitzen, das ist unser Ziel.<br />
Volkslieder lassen sich nun mal leichter auswendig<br />
lernen, oder sie sind sowieso bekannt.<br />
Aber »In Taberna« ist ja wohl deutlich<br />
schwerer...<br />
Da gebe ich Ihnen Recht. Deshalb müssen<br />
wir nicht nur proben, sondern auch Hausaufgaben<br />
machen: Texte lernen, Texte lernen,<br />
Texte lernen. Die Musik kennen und<br />
Bernhard Steiner im Interview<br />
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