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Der Burgbote 2017 (Jahrgang 97)

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2.<strong>2017</strong> | 28<br />

schreiben ist, die beinahe gleichzeitig beide<br />

Vereine erfasste: So begannen dem ZDV<br />

bereits seit Mitte der 1840er-Jahre die Einnahmen<br />

aus den Hilfsvereinen zu schwinden,<br />

weil eine schwierige Wirtschaftslage<br />

und die politische Stagnation der Zeit vor<br />

der Revolution das Interesse an der Dombaubewegung<br />

vielerorts hatten erkalten lassen.<br />

<strong>Der</strong> KMGV dürfte dagegen die direkten<br />

Auswirkungen der Revolution gespürt<br />

haben: Viele Bürger scheinen sich in dieser<br />

Zeit weniger für Kultur und mehr für Politik<br />

interessiert zu haben, und auch nach<br />

1849 gingen viele von ihnen unter dem zunehmenden<br />

Druck der Reaktion oder einfach<br />

aus Enttäuschung über das Scheitern<br />

der Revolution zur Nationalbewegung auf<br />

Distanz. Unter dieser Entwicklung hatten<br />

auch die mehr oder weniger stark nationalistisch<br />

orientierten Männergesangvereine<br />

mancherorts zu leiden. Jedenfalls beklagte<br />

sich der KMGV in einem Schreiben an den<br />

Eintrag im »Stammbuch der Dombau-Freunde«<br />

des Kölner Zentral-Dombau-Vereins zur erfolgreichen<br />

Sängerfahrt des Kölner Männer-Gesang-<br />

Vereins nach England im Jahr 1854 Dombauarchiv<br />

Köln, Best. ZDV<br />

© Hohe Domkirche Köln, Dombauhütte<br />

Verwaltungsausschuss des ZDV vom 23.<br />

Juni 1849 über das geringe Interesse an den<br />

Winterkonzerten der Saison 1848/49, obwohl<br />

man alles unternommen habe, um die<br />

Konzertprogramme so attraktiv wie möglich<br />

zu gestalten.<br />

Angesichts dieser Schwierigkeiten scheint<br />

für beide Seiten eine engere Kooperation<br />

vorteilhaft gewesen zu sein. Hierfür dürften<br />

aus Sicht des ZDV im Wesentlichen zwei<br />

Argumente gesprochen haben: Zum einen<br />

erwies sich der KMGV immer wieder als<br />

künstlerisch hochstehender und zuverlässiger<br />

Partner bei der Veranstaltung kleinerer<br />

und größerer Festlichkeiten. Zum Dombaufest<br />

des Jahres 1848 beispielsweise hielt<br />

der Verein am 14. August auf eigene Initiative<br />

hin die bereits erwähnte Morgenunterhaltung<br />

ab und sorgte damit, wie der Dürener<br />

Musikdirektor und -kritiker Ferdinand<br />

Rahles in der Neuen Zeitschrift für Musik<br />

betonte, für den musikalischen Höhepunkt<br />

des Festes. So urteilte er: »Im Vergleich zu<br />

allen übrigen uns dargebotenen musikalischen<br />

Genüssen dürfen wir diese Morgenunterhaltung<br />

kühn als die Blume bezeichnen.«<br />

Auch die hohen Gäste im Publikum,<br />

vor allem Reichsverweser Erzherzog Johann<br />

von Österreich und zahlreiche Abgeordnete<br />

der in der Frankfurter Paulskirche tagenden<br />

Nationalversammlung, zeigten sich von den<br />

Vorführungen des Vereins begeistert. In den<br />

Folgejahren stand der KMGV stets zur Verfügung,<br />

wenn es darum ging, beim Besuch<br />

hoher Gäste oder bei sonstigen Festlichkeiten<br />

der Dombaubewegung auch kurzfristig<br />

unentgeltliche Musikaufführungen zu organisieren.<br />

Zum anderen trat der KMGV<br />

zunehmend als wichtiger Werbeträger und<br />

bedeutender Förderer auf: Er spendete regelmäßig<br />

Geld aus den Einnahmen seiner<br />

Winterkonzerte zum Besten des Kölner<br />

Domes und »ersang« auf diesem Wege im<br />

Laufe der Jahre ansehnliche Beträge. Besonders<br />

hohe Erträge zeitigten die beiden<br />

damals deutschlandweit großes Aufsehen<br />

erregenden Konzertreisen des Vereins nach<br />

England 1853 und 1854, aus deren Einnahmen<br />

die beträchtlichen Summen von 500<br />

bzw. 1000 Pfund Sterling (grob geschätzt ca.<br />

100.000 bzw. 165.000 €) für den Dombau<br />

gespendet wurden, weshalb sich der ZDV<br />

als eine Art Dankeschön beide Male an den<br />

Planungen zum feierlichen Empfang des<br />

Vereins bei dessen Rückkehr beteiligte.<br />

August Beck, Festzug unter Beteiligung eines <br />

Männerchores (des Kölner Männer-Gesang-Vereins?)<br />

beim Dombaufest zur Vollendung des<br />

Domes mit Ausnahme der Türme im Jahr 1863,<br />

Ausschnitt Illustrirte Zeitung, Nr. 1062,<br />

07.11.1863, S. 337<br />

Vor dem Hintergrund dieses im Vergleich<br />

mit anderen Vereinen schon von den Summen<br />

her herausragenden Engagements ist<br />

es wenig erstaunlich, dass dem Verein vom<br />

ZDV gewisse Sonderrechte eingeräumt<br />

wurden: Als sich im Vorfeld des Festes zur<br />

Domvollendung 1880 der damals ebenfalls<br />

aufgrund von Wettbewerbserfolgen überregional<br />

bekannt gewordene Männergesangverein<br />

Kölner Liederkranz darüber beschwerte,<br />

zur Ausführung der von Ferdinand<br />

Hiller komponierten Festkantate nicht<br />

eingeladen worden zu sein, während der<br />

KMGV ebenso beteiligt sei wie der noch<br />

wenig bekannte Lehrer-Verein, wurde er<br />

vom Festkomitee mit dem Hinweis abgewiesen,<br />

dass man die Zusammenstellung<br />

des Chores ganz dem Ermessen des KMGV<br />

überlassen habe und dieser auch »eine Ausnahmestellung<br />

einzunehmen berechtigt«<br />

sei, da er dem Dombau mittlerweile über<br />

22.000 Taler habe zukommen lassen.<br />

Auch auf Seiten des KMGV dürften jenseits<br />

des sicherlich vorhandenen Idealismus und<br />

Lokalpatriotismus zwei gewichtige Argumente<br />

für eine enge Kooperation mit dem<br />

ZDV gesprochen haben: Zum einen bedeutete<br />

dies einen besseren Zugang zu den<br />

gehobenen Kreisen Kölns und damit zu einflussreichen<br />

und finanzkräftigen Unterstützern.<br />

Nicht umsonst bat man am 1. Januar<br />

1849 den Verwaltungsausschuss des ZDV,<br />

die Abonnenten- bzw. Subskriptionsliste für<br />

die vom KMGV organisierten Winterkonzerte<br />

mit einer Aufforderung zur Teilnahme<br />

zu versehen, um sie anschließend erneut<br />

zirkulieren zu lassen, was offensichtlich geschah<br />

und auch Wirkung zeigte. Denn nach<br />

Ende der Saison heißt es in dem bereits erwähnten<br />

Schreiben vom 23. Juni 1849, mit<br />

welchem dem ZDV der Überschuss der<br />

Konzerte überwiesen wurde, dass es nicht<br />

zuletzt der Anteilnahme der Dombaufreunde<br />

zu verdanken sei, dass man überhaupt<br />

einen Gewinn bei den Konzerten er-<br />

2.<strong>2017</strong> | 29 KMGV-Engagement für den Dom

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