SchlossMagazin Bayerisch-Schwaben Juni 2018
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18 | region | Sisi – Lust und Leid einer Kaiserin<br />
eigenes“. Besonders Sohn Rudolf wurde für seine Rolle als<br />
späterer Kaiser unter unbeschreiblichen Umständen gedrillt,<br />
was heute als Kindsmisshandlung aktenkundig werden würde.<br />
Als Sisi sich schließlich emanzipiert hatte und einschritt, waren<br />
die seelischen Folgen für Rudolf, der sich 1889 das Leben<br />
nahm, schon irreparabel. Heutzutage bleiben in Europa solche<br />
Torturen royalen Kindern zum Glück erspart.<br />
Im Schloss ist die originalgetreue Nachbildung von Sisis legendärem<br />
Sternenkleid ausgestellt – vor dem Gemälde der Trägerin.<br />
stundenlange Gewaltmärsche und ritt wie eine Besessene.<br />
Das minderte ihre Depressionen. Ihre Wespentaille war legendär.<br />
Überhaupt der Schlankheitswahn: Auch heutzutage fällt<br />
auf, so Brigitte Neumaier, dass weibliche Mitglieder von Königs-<br />
und Fürstenhäusern überwiegend extrem schlank sind<br />
bzw. werden. Von Prinzessin Victoria von Schweden ist bekannt,<br />
dass sie eine Phase hatte, in der sie unter Essproblemen<br />
litt. Auch Letizia, Königin von Spanien, scheint seit ihrer<br />
Inthronisation noch dünner geworden zu sein. Modeerscheinung<br />
oder Folge von Erwartungsdruck?<br />
Wie damals an Königshäusern üblich, aber zum Schrecken von<br />
Sisi, wurden ihr die ersten drei Kinder weggenommen, um von<br />
Erziehern im Sinne der Monarchie großgezogen zu werden.<br />
Wobei auch Schwiegermutter Sophie eine gravierende Rolle<br />
spielte. Eine engere Bindung der Kinder zur Mutter war nicht<br />
erwünscht, was Sisi verzweifeln ließ. Wieder hatte sie „nichts<br />
Da es Sisi am Wiener Hof im Kreis ihrer „Sippe“, wie sie sich vielsagend<br />
ausdrückte, nicht aushielt, war sie fast unablässig auf<br />
Reisen. Während sie in Wien unter Hustenattacken litt, waren<br />
diese anderswo wie weggeblasen. Was auf eine psychische Ursache<br />
hindeutete, wie sich Brigitte Neumaier sicher ist. Um nicht,<br />
wie vom Hofprotokoll vorgeschrieben, mit gewaltiger Entourage<br />
reisen zu müssen, war sie inkognito, z. B. als Gräfin von Hohenems,<br />
unterwegs. Auch wurde aus dem ehemaligen „Mädel<br />
vom Land“ zunehmend eine emanzipierte Frau. Schon ab 1885<br />
förderte sie die Liebschaft des Kaisers zur Schauspielerin Katharina<br />
Schratt, um in Ruhe reisen zu können. Dabei sammelte sie<br />
Selbstvertrauen. Sisi lernte Sprachen, interessierte sich für Ungarn<br />
und für den Grafen Gyula Andrássy, der 1848 einer der Anführer<br />
der ungarischen Revolte gegen die Habsburger gewesen<br />
war. Schließlich gab die Kaiserin Anregungen zum Ausgleich mit<br />
Ungarn, der einen Krieg verhinderte und 1867 zur Gründung der<br />
Doppelmonarchie führte. Deshalb ist Sisi in Ungarn heute noch<br />
eine Ikone, wie Brigitte Neumaier belegen kann. Elisabeths Leben<br />
war ruhelos und im Grunde eine einzige Wanderschaft.<br />
Nachdem 1890 Graf Andrássy in Ungarn gestorben war, sah man<br />
sie auch in dem einst von ihr so geliebten Land kaum noch. Mit<br />
zunehmendem Alter häuften sich die Schicksalsschläge. Nach<br />
Rudolfs Tod trug Sisi bis zu ihrer Ermordung in Genf durch den<br />
italienischen Anarchisten Luigi Lucheni 1898 nur noch Schwarz.<br />
Sie wurde 60 Jahre alt. Auch sie starb also eines spektakulären<br />
Todes, allerdings in höherem Alter als z. B. Diana, Romy Schneider<br />
oder Grace Kelly alias Fürstin Grazia Patrizia von Monaco.<br />
Schenkt man den Vertretern der Adelshäuser Europas Aufmerksamkeit,<br />
so hat es den Anschein, dass gerade in der jüngeren<br />
Generation ein starker Wandel zu erkennen ist. Hat man<br />
aus den Schicksalen der Vergangenheit gelernt? Immer mehr<br />
bürgerliche Ladies (und auch Herren) bringen frischen Wind in<br />
die oft starren Strukturen der Höfe. Mit der Hochzeit von Prinz<br />
Harry und Meghan Markle zog sogar ein Hauch von Hollywood<br />
ins britische Königshaus ein. Wobei gelockerte Etikette nicht<br />
unbedingt Garant für Liebes- und Lebensglück sein muss, blickt<br />
man ins Fürstentum Monaco. Bleibt zu hoffen, dass sich ein<br />
Schicksal wie das von Sisi nie mehr wiederholt. #<br />
informationen<br />
www.aichach.de