Kulturlandschaft Pinneberger Baumschulland. Eine Zeitreise - von den Anfängen bis zur Gegenwart
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Umbruch_I_Seite_1_<strong>bis</strong>_54.qxp_Layout 1 09.07.18 11:55 Seite 41<br />
Heins’schen Baumschulquartiere lag.<br />
Pein war sauer. Er verweigerte daraufhin<br />
die Zeichnung eines Anteils. Die Ver -<br />
söhnung beider Familien kam 1929. Ein<br />
drittes Ladegleis nur für die Forstbaumschule<br />
Pein konnte gebaut wer<strong>den</strong>,<br />
nachdem die Firma Heins’ Söhne <strong>den</strong><br />
hierfür nötigen Landstreifen abgetreten<br />
hatte. Ironie des Schicksals: Nur drei<br />
Jahre später musste die Weltfirma Heins<br />
Konkurs anmel<strong>den</strong>. Die Weltfirma Pein<br />
gab es noch <strong>bis</strong> 1999.<br />
Versand per Bahn in alle Welt<br />
Interessant sind die angegebenen Berufe<br />
der Anteilszeichner. Die Hofbesitzer hatten<br />
Milchvieh. Der Transport der frischen<br />
Milch ins nahe Eidelstedt war immer<br />
zeitaufwendig. Die Milchkutscher fuhren<br />
auf holprigen Straßen und Feldwegen.<br />
Daher bestand seit einigen Jahren der<br />
Wunsch nach einer Haltestelle in Halstenbek.<br />
Entsprechende Anträge wur<strong>den</strong><br />
abgelehnt. Erst die gemeinsame Initiative<br />
der Handwerker, Kaufleute, Gastwirte<br />
und besonders der Baumschuler<br />
brachte <strong>den</strong> Durchbruch. Sie waren sich<br />
darüber im Klaren, dass eine Personenund<br />
Güterbahnhaltestelle ein Gewinn für<br />
alle sein würde. Der Gemischtwarenhändler,<br />
der damals „Höker“ hieß, oder<br />
der Haartuchweber und Leineweber, der<br />
Gastwirt und der Schlachter partizipierten<br />
<strong>von</strong> dieser Entwicklung.<br />
Die Güterumschlagzahlen der kommen<strong>den</strong><br />
Jahre sprechen für sich. Um 1890<br />
wur<strong>den</strong> 696 Tonnen verla<strong>den</strong>, 1900<br />
schon 3392 Tonnen, 1905 bereits 6970<br />
Tonnen und 1909 waren es 10 168 Tonnen.<br />
Die Bahndirektion wird sich über die<br />
vielen lukrativen Frachtbriefe die Hände<br />
gerieben haben. Der Anschluss an das<br />
europäische Schienennetz und zum<br />
Hamburger Hafen war also hergestellt.<br />
Der Versand der Baumschulware aus<br />
dem <strong>Pinneberger</strong> <strong>Baumschulland</strong> in alle<br />
Welt war nun möglich und effizient. Die<br />
Logistik des Gütertransportes war ausgeklügelt.<br />
Die Güterwaggons wur<strong>den</strong> mit<br />
System bela<strong>den</strong>, die weiteste Fracht<br />
nach hinten, die Kurzstreckenfracht nach<br />
vorn. Im Verschiebebahnhof in Eidelstedt<br />
wur<strong>den</strong> besondere Übergabezüge eingesetzt,<br />
die für einen schnellen Transport<br />
in Richtung Osten, Westen und Sü<strong>den</strong><br />
sorgten. Und natürlich zum Hamburger<br />
Hafen, <strong>von</strong> wo aus die Baumschulware<br />
verpackt in Stroh, Wei<strong>den</strong>körbe und Jute<br />
ihren Weg in die ganze Welt genommen<br />
hat.<br />
Ab 1950 ging es mit <strong>den</strong> Güterbahnhöfen<br />
Halstenbek, Pinneberg, Prisdorf und<br />
Elmshorn abwärts. Hauptgrund war<br />
zunächst die erhebliche Anhebung der<br />
Frachtbriefkosten durch die Bundesbahn.<br />
Die Baumschulen, die <strong>bis</strong>her <strong>den</strong> größten<br />
Teil des Güterumschlags ausmachten,<br />
stellten nach und nach ihren Versand auf<br />
Lkws um. Die vier Ladegleise des Halstenbeker<br />
Bahnhofs wur<strong>den</strong> abgebaut.<br />
Das Areal wurde für Parkplätze genutzt,<br />
und <strong>bis</strong> 2008 wur<strong>den</strong> dort regelmäßig<br />
Flohmärkte abgehalten. Ob <strong>den</strong> Flohmarktbesuchern<br />
bewusst war, auf welch<br />
historisch bedeutsamem Terrain sie sich<br />
bewegten, darf bezweifelt wer<strong>den</strong>. •<br />
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