ER// SIE// ES// LIEST// SPIEL
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2008//01<br />
gebe es nicht, allenfalls Ähnlichkeiten zwischen einzelnen Gruppen von<br />
Spielen. „Es ist, als erklärte jemand: ‚Spielen besteht darin, daß man<br />
Dinge, gewissen Regeln gemäß, auf einer Fläche verschiebt ...‘ – und wir<br />
ihm antworten: Du scheinst an die Brettspiele zu denken; aber das sind<br />
nicht alle Spiele. Du kannst deine Erklärung richtigstellen, indem du sie<br />
ausdrücklich auf diese Spiele einschränkst.“ Wittgenstein hat eine<br />
ebenso plausible wie praktikable Anweisung zur Begriffsexplikation<br />
gegeben. Sie lässt sich in einem Satz zusammenfassen: Betrachte und<br />
vergleiche eine Vielzahl konkreter Spielpraktiken auf Gemeinsamkeiten<br />
und Differenzen hin! „Schau z.B. die Brettspiele an, mit ihren mannig-<br />
fachen Verwandtschaften. Nun geh zu den Kartenspielen über: hier<br />
findest du viele Entsprechungen mit jener ersten Klasse, aber viele ge-<br />
meinsame Züge verschwinden, andere treten auf. Wenn wir nun zu den<br />
Ballspielen übergehen, so bleibt manches Gemeinsame erhalten, aber<br />
vieles geht verloren. – Sind sie alle ‚unterhaltend‘? Vergleiche Schach mit<br />
dem Mühlfahren. Oder gibt es überall ein Gewinnen und Verlieren oder<br />
eine Konkurrenz der Spielenden? Denk an die Patiencen. In den Ball-<br />
spielen gibt es Gewinnen und Verlieren; aber wenn ein Kind den Ball an<br />
die Wand wirft und wieder auffängt, so ist dieser Zug verschwunden.<br />
Schau, welche Rolle Geschick und Glück spielen. Und wie verschieden<br />
ist Geschick im Schachspiel und Geschick im Tennisspiel.“<br />
V<strong>ER</strong>GLEICHE ZWISCHEN LIT<strong>ER</strong>ATUR<br />
UND AND<strong>ER</strong>EN <strong>SPIEL</strong>EN<br />
Wer Literatur und Spiel vergleichen will, dem geben Wittgensteins<br />
Ratschläge viele Anregungen. Ergiebig ist zum Beispiel der Vergleich<br />
literarischer Tätigkeit mit kindlichen Spielen im Sand. Schon Friedrich<br />
Nietzsche hatte das angedacht, als er im Blick auf den ständigen Wech-<br />
sel von „Bauen und Zerstören“ das kindliche Spiel mit dem des Künstlers<br />
gleichsetzte. Literatur ist dekonstruktiv: Sie zerstört bestehende Muster<br />
des Denkens, Sprechens und Erlebens, baut neue auf, die, sobald sie sich<br />
verfestigt haben, wiederum zerstört werden. Weiter führt auch der von<br />
Italo Calvino und vielen anderen vorgenommene Vergleich von Literatur<br />
und Schachspiel. Er kann die Aufmerksamkeit auf Art und Bedeutung<br />
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