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ER// SIE// ES// LIEST// SPIEL

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von Spielregeln lenken. Zu unterscheiden ist dabei zwischen „Spiel“ als<br />

System von Regeln (game) und Spiel als Tätigkeit (play) oder, in Anleh-<br />

nung an linguistische Begriffe, zwischen Kompetenz (Beherrschung der<br />

Spielregeln) und Performanz (Ausführung der Regeln). Zu reflektieren ist<br />

in diesem Zusammenhang auch eine Gretchen-Frage neuerer Literatur-<br />

theorien: „Wie hältst du‘s mit dem Subjekt?“. Schon Hans-Georg<br />

Gadamer hat sie bei seiner Verwendung des Spiel-Begriffs gestellt und<br />

mit seiner Antwort einiges von der poststrukturalistischen Rede über<br />

den „Tod des Autors“ vorweggenommen: „Das eigentliche Subjekt des<br />

Spieles [...] ist nicht der Spieler, sondern das Spiel selbst. Das Spiel ist es,<br />

was den Spieler im Bann hält, was ihn ins Spiel verstrickt, im Spiel hält.“<br />

Oder: „Das Subjekt des Spieles sind nicht die Spieler, sondern das Spiel<br />

kommt durch die Spielenden lediglich zur Darstellung.“ Andererseits,<br />

so ließe sich dagegen einwenden, unterwirft sich ein Autor literarischen<br />

Spielregeln, beispielsweise denen des Sonetts, freiwillig, und es bleiben<br />

ihm, wie dem Schachspieler, Freiräume, die vorgegebenen Regeln indivi-<br />

duell auszugestalten oder sogar, anders als beim Schachspiel, von ihnen<br />

abzuweichen.<br />

ARTEN D<strong>ES</strong> <strong>SPIEL</strong>S UND D<strong>ER</strong> LIT<strong>ER</strong>ATUR<br />

In der Spielforschung haben Spieltypologien einen ähnlichen Stellen-<br />

wert und stehen vor ähnlichen Problemen wie Gattungstypologien in<br />

der Literaturwissenschaft. Das Schachspiel etwa lässt sich als „Regel-<br />

spiel“ von ungeregelten oder „freien“ Spielen unterscheiden. Sind auch<br />

im Blick auf Literatur solche Unterscheidungen angebracht? Welche<br />

MAGAZIN//<br />

Art von literarischer Tätigkeit gleicht eher dem ungeregelten Sandkas-<br />

tenspiel des Kindes, welche dem geregelten Schach- oder Kartenspiel?<br />

Das Schachspiel kann, im Unterschied zum Sandkastenspiel, auch dem<br />

Typus des „Wettkampf“- oder „Gewinnspiels“ zugeordnet werden. Doch<br />

wer spielt im Fall von Literatur mit wem oder gegen wen? Ist der Leser<br />

ein Mitspieler des Autors? Oder hat er eher den Status eines Zuschauers<br />

oder Jurors, der den Wettstreit zwischen Autoren beobachtet? Gibt es in<br />

diesem Wettstreit wie beim Schach einen Gewinner? Oder gleicht der<br />

Autor eher einem Solisten oder Geschicklichkeitsspieler und der Leser<br />

<strong>ER</strong>//<strong>SIE</strong>//<strong>ES</strong>//LI<strong>ES</strong>T//28

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