ER// SIE// ES// LIEST// SPIEL

Hesse hat das Glasperlenspiel mit einer an die Musik angelehnten
Tiefe und Komplexität komponiert. Durch die Form der Utopie schafft er
eine kalkulierte kritische Distanz zur damaligen geschichtlichen Gegen-
wart. Gleichzeitig aber – und das ist kein Widerspruch – entwirft er ein
zwar in der Zukunft angesiedeltes, aber gleichermaßen rückwärtswei-
sendes wie gegenwartsbezogenes und nicht zuletzt zukunftsweisendes
Werk.
Es hat über Grenzen und Generationen hinaus gewirkt. Für Hesse war
es das letzte Hineinstürzen in eine idealisierte Welt, ein „letzter Wider-
stand des Geistes gegen die barbarischen Mächte“. Letztlich ist Hesses
Glasperlenspiel der literarische und geistige Höhepunkt seines Schaf-
fens. Denn es umfasst sein bereits in den vorausgegangenen Werken
zusammengetragenes Gedankengut und manifestiert Hesses eigenes
Lebensideal. „Das Glasperlenspiel vereinigt drei Prinzipien: Die Wis-
senschaft, die Verehrung des Schönen und die Meditation, und so sollte
ein rechter Glasperlenspieler von Heiterkeit durchtränkt sein wie eine
reife Frucht von ihrem süßen Saft, er sollte vor allem die Heiterkeit der
Musik in sich haben, die ja nichts anderes ist als ein heiteres lächelndes
Schreiten und Tanzen mitten durch die Schrecken und Flammen der
Welt, festliches Darbringen des Opfers“.
CLAUDIA BULUT IST GERMANISTIN
UND LEBT IN KÖLN
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