ER// SIE// ES// LIEST// SPIEL
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2008//01<br />
In anderen Spielen werden die Spieler zu Schatzsuchern, Detektiven,<br />
Therapeuten oder Siedlern, sie schlüpfen in historische Rollen (wie<br />
Cäsar und Cleopatra), sie müssen sich als Strategen beweisen und<br />
Kriege gewinnen (oder zumindest den gegnerischen König fest- und<br />
mattsetzen), und sie können neuerdings sogar das erreichen, was im<br />
Märchen der Frau des Fischers noch versagt blieb: Der spielende Mensch<br />
kann Gott werden! In den extrem erfolgreichen Computerspielen Sim<br />
City und Die Sims kann er seine eigene Welt aufbauen und bewahren<br />
oder zerstören.<br />
Und im Strategiespiel Black & White schleudert man mit göttlicher<br />
Hand Blitze oder lässt Nahrung wachsen, heilt die Kranken oder brennt<br />
ihre Dörfer nieder. Die computeranimierten und insofern mit virtuellem<br />
Lebensodem beseelten Spielfiguren beten den Spieler an – aus Dankbar-<br />
keit oder aus Furcht, je nachdem, wie man sie behandelt. Etwas blasphe-<br />
misch und treffend zugleich heißt dieses Genre God Games. Spätestens<br />
hier scheint Einsteins Glaubensbekenntnis, dass Gott nicht würfelt,<br />
widerlegt (welch geniale Metapher im Übrigen), wobei selbst ein wür-<br />
felnder Gott noch ungleich berechenbarer wäre als manch einer dieser<br />
Gottspieler.<br />
Im Grunde ist jedes Spiel ein Gottspiel, bei dem ein kontrolliertes<br />
und verständliches Universum entsteht, das vollkommen vorhersagbar<br />
ist, solange sich die Teilnehmer an die Regeln halten. Tut man das nicht,<br />
wird man als Spielverderber ausgeschlossen oder mit dem ultimativen<br />
„Game over“ bestraft. Im Regelfall aber wird den Spielern ein übersicht-<br />
licher Kosmos geliefert, der eben durch das feste Regelwerk beliebig<br />
wiederholbar und zugleich durch den je neuen Spielverlauf einmalig,<br />
unverwechselbar und dadurch gerade unwiederholbar wird – wie das<br />
echte Leben auch!<br />
Kein Wunder, dass gerade jene Spiele am beliebtesten sind und zum<br />
Teil ihren Siegeszug durch die Jahrhunderte antreten, die im Rahmen<br />
klarer und nicht zu komplizierter Regeln größtmögliche Vielfalt, Variati-<br />
onsbreite und damit nie versiegende Überraschungen bereithalten,<br />
wie die Mutter aller Spiele überhaupt: das königliche Schach.<br />
Im Spielen eignet sich der Mensch die Welt und ihre Wirklichkeit<br />
an – das war die These; zuweilen werden Spiel und Leben gar parallel<br />
<strong>ER</strong>//<strong>SIE</strong>//<strong>ES</strong>//LI<strong>ES</strong>T//07