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ER// SIE// ES// LIEST// SPIEL

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gesetzt. So agiert der Mensch vom ersten bis zum letzten Atemzug auf<br />

seiner Lebensbühne. Er dreht seine Runden wie beim Mensch ärgere<br />

Dich nicht, er zieht den Kürzeren oder aber sein letztes Ass aus dem<br />

Ärmel. Zuweilen steht viel auf dem Spiel, dann wieder klinkt man sich<br />

aus demselben aus, man bringt ein Bauernopfer oder aber wird selbst<br />

zu einer Randfigur mit der einzigen Sehnsucht, noch einmal ins Spiel zu<br />

kommen – die Metaphern ließen sich mühelos fortsetzen.<br />

<strong>SPIEL</strong> UND TOD<br />

Spielerisch gelingt dabei auch mit geradezu unbefangener Leichtigkeit<br />

die Annäherung an das im echten Leben immer noch größte Tabu: Der<br />

mit aller Macht und Raffinesse verdrängte Tod betritt im Spiel so unbe-<br />

schwert und selbstverständlich die Bühne, dass die im gelebten Leben<br />

mit solch gewaltiger Anstrengung inszenierten Verleugnungsmecha-<br />

nismen geradezu irreal erscheinen. Und dies hat Geschichte: Ein Blick in<br />

die Kulturgeschichte des Spielens zeigt, dass der Mensch schon immer<br />

spielte, um die Götter gnädig zu stimmen und um mit dem Tod in Kon-<br />

takt zu kommen, ja ihn im simulierten Überlebenskampf nach Möglich-<br />

keit zu überlisten. Vielfältige Wechselbeziehungen zwischen Spiel, Tod<br />

und Jenseits gibt es von Anfang an. Wenn Spiele auf allegorische und<br />

metaphorische Weise den Lebenszyklus abbilden, dann steht spätestens<br />

am Ende das Aus, sprich: der Tod. Und der Tod siegt immer, zumindest<br />

für den oder die Verlierer. Lange Zeit war ja das Faktum des Lebensendes<br />

auch im realen Leben präsent, durch eine ars moriendi sollte auch die<br />

ars vivendi gefunden werden. Der Tod gehörte zum Leben, und das<br />

war gut so. Erst als in der Neuzeit die vielfältigen Verdrängungsmecha-<br />

nismen etabliert wurden, erst als der Machbarkeitsgedanke wuchs und<br />

der Tod mehr und mehr ein Betriebsunfall wurde, erst als der Mensch<br />

sein Leben für unendlich zu halten und Schmerz und Trauer zu ver-<br />

meiden begann, da nahm die Tabuisierung dessen, was doch neben der<br />

Geburt das existentiellste Ereignis in einer jeden Lebensgeschichte ist,<br />

ihren Lauf.<br />

MAGAZIN//<br />

Aber im Spiel bleibt der Tod präsent, das Unaussprechliche wird aus-<br />

gesprochen, spielerisch wird gestorben. Etwa wenn Kinder sich einen<br />

<strong>ER</strong>//<strong>SIE</strong>//<strong>ES</strong>//LI<strong>ES</strong>T//08

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