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Ergebnisbericht (Teil II) - Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald

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Kriterien für die Einstufung eines Stoffes bzw. Stoffgemisches durch die IARC umfassen<br />

die Datenlage und Plausibilität aus epidemiologischen Untersuchungen an<br />

menschlichen Kollektiven, insbesondere Kohortenstudien, sowie aus Tierversuchen<br />

und, in geringerem Maße, in-vitro-Mutagenitätsassays. Gegenwärtig werden drei<br />

pestizide Wirkstoffe als wahrscheinlich und 18 weitere als möglicherweise karzinogen<br />

eingestuft. Mit zunehmender Beobachtungszeit wird diese Zahl vermutlich weiter zunehmen.<br />

In einer erneuten Evaluation von 16 Pestiziden wurden 1991 zwei Wirkstoffe<br />

erstmals als evtl. krebserregend eingestuft (Captafol, Gruppe 2A, und Atrazin,<br />

Gruppe 2B). Gleichzeitig wurden zwei weitere in eine höhere Klasse aufgenommen<br />

(Chlordan/Heptachlor und Dichlorvos, beide von Gruppe 3 nach 2B; [65].<br />

Der in vielen Studien an Beschäftigten bei Vergleich mit der Allgemeinbevölkerung<br />

beobachtete sogenannte ”healthy worker”-Effekt tritt bei Beschäftigten in der Landwirtschaft<br />

besonders deutlich zutage. Von 13 bis 1990 durchgeführten Untersuchungen<br />

ergaben alle ein statistisch signifikant geringeres Risiko für Herzkrankheiten. Ein<br />

ähnliches Bild ergibt sich für das Krebsrisiko: Hier ergaben im gleichen Zeitraum 22<br />

von 23 Untersuchungen verringerte Risiken für Beschäftigte in der Landwirtschaft,<br />

von denen 16 statistische Signifikanz erreichten. Protektive Assoziationen mit einer<br />

Beschäftigung in der Landwirtschaft zeigen sich insbesondere für Lungen- und Blasenkrebs,<br />

sowie für Dickdarmkrebs. Diese spezifischeren Effekte sind vermutlich<br />

durch eine bedeutend geringere Prävalenz des Zigarettenrauchens bei Beschäftigten<br />

in der Landwirtschaft sowie möglicherweise durch eine ballaststoffreichere Ernährung<br />

zu erklären [66].<br />

Umso schwerer wiegen die erhöhten Risiken für die Gruppe der Tumoren des Bindegewebes,<br />

des lymphatischen Gewebes und des Knochenmarkes, sowie für bösartige<br />

Neubildungen der Prostata [67-69] und des Gehirns [70-72]. Vieles spricht dafür, daß<br />

diese Risikoerhöhungen auf Expositionen zurückgeführt werden müssen, die wenn<br />

nicht spezifisch, zumindest typisch für die Beschäftigung in der Landwirtschaft sind.<br />

1.1.4 Exposition durch Anwendungen in Wohnräumen<br />

Prävalenzstudien in Norddeutschland [73] und Missouri, USA [74], ermittelten hohe<br />

Prävalenzen von Pestizidanwendungen in der eigenen Wohnstätte (Norddeutschland:<br />

68% der Probanden; Missouri 80%), und im Garten (Missouri: 57%). Die Anwendung<br />

speziell im privaten Bereich erfolgt regelhaft unsachgemäß, die verwendeten<br />

Mengen sind häufig zu hoch und der Einsatz selten durch entsprechenden<br />

Schädlingsbefall gerechtfertigt [73].<br />

Laut Angaben des Industrieverbandes Agrar (IVA,<br />

www.iva.de/fachliches/showdok.asp?dok=40, 30.06.2003) [75] wurde in Deutschland<br />

im Jahr 2002 insgesamt eine Wirkstoffmenge von 86.808 Tonnen (t) Bioziden (bezogen<br />

auf IVA-Mitgliedsfirmen) produziert. Auf Insektizide entfallen anteilig 10.347 t<br />

(12%), auf Herbizide 21.193 t (24%) und auf Fungizide 38.677 t (45%). Weitere<br />

16.591 t (19%) entfallen auf andere biozid-wirksame Substanzen wie Molluskizide,<br />

Rodentizide etc. An Privathaushalte, so der Verband, wurden 2002 insgesamt 54 t<br />

Schädlingsbekämpfungsmittel, 7 t Ameisenmittel, 4 t Pflanzenschutzmittel und 4 t<br />

Biozide gegen Ratten und Mäuse verkauft. Für den Garten wurden an den Endverbraucher<br />

332 Tonnen Biozide verkauft. Darunter 86 t Insektizide, 46 t Fungizide,<br />

65 t Molluskizide, 3 t Wühlmausmittel und 132 t Herbizide inkl. Düngemittel mit Her-<br />

Norddeutsche Leukämie- und Lymphomstudie: <strong>Ergebnisbericht</strong> (<strong>Teil</strong> <strong>II</strong>) S. 14 von 347

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