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Ergebnisbericht (Teil II) - Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald

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sie im Süden der USA (Arizona) durchgeführt wurde und u.a. die klimatischen Bedingungen<br />

und die Insektenfauna sehr unterschiedlich im Vergleich zu der in Deutschland<br />

sind. Eine Studie zum Biozideinsatz in privaten Haushalten in Niedersachsen<br />

zeigte, daß in deutschen Privathaushalten in den meisten Fällen Lästlinge und nicht<br />

Schadinsekten bekämpft werden. In der Biozid-Studie betrafen 41% der Insektizidanwendungen<br />

die Bekämpfung von Fliegen, 29% der Anwendungen richteten sich<br />

gegen Mücken, nur 0,8% der Anwendungen waren gegen Schaben gerichtet [73].<br />

Aus diesem Anwendungsspektrum kann geschlossen werden, daß auch in Deutschland<br />

in der Mehrzahl die eigentlichen Wohnräume behandelt werden, die gleichzeitig<br />

die Haupt-Aufenthaltsräume der Kinder darstellen.<br />

Im Zusammenhang mit kindlichen Leukämien fanden Ma et al. (2002) [104] im Rahmen<br />

der Northern California Childhood Leukemia Study (NCCLS) verschiedene kritische<br />

Zeitfenster im Kindesalter, in dem die Kinder offenbar ein höheres Risiko haben,<br />

durch die Exposition gegenüber den verschiedenen Pestiziden an einer Leukämie<br />

zu erkranken. Diese Untersuchung mit 162 Fällen und 162 gematchen Kontrollen<br />

im Alter zwischen 0 und 14 J. zeigte für Kinder im zweiten Lebensjahr das höchste<br />

Leukämierisiko mit einem OR von 3,6 (95%KI 1,6-8,3) für die Exposition gegenüber<br />

Pestiziden aus Einsätzen von professionellen Schädlingsbekämpfern. Für die Exposition<br />

gegenüber Insektiziden war die Zeit der Schwangerschaft als Expositionszeitraum<br />

mit dem höchsten Risiko assoziiert (OR=2,1; 95%KI 1,3 – 3,5). Für Herbizide<br />

wurde insgesamt nur eine schwache, nicht signifikante Assoziation gefunden. Die<br />

Exposition gegenüber Innenraumpestiziden war mit einem erhöhten Leukämierisiko<br />

für Kinder verbunden, für Mittel für Anwendungen außerhalb des Hauses wurde dagegen<br />

keine signifikante Assoziation beobachtet.<br />

1.1.6 Methodische Problematiken bei der Expositionsermittlung<br />

Eine wesentliche Problematik bei der Risikoabschätzung im Bereich der Pestizide<br />

besteht darin, daß in epidemiologischen Studien nur selten stoffspezifisch untersucht<br />

werden kann. In der Anwendungspraxis besteht zunächst eine Exposition gegenüber<br />

technischen Zubereitungen. In der Regel werden außerdem von einer Person parallel<br />

oder nacheinander mehrere verschiedene Pestizide angewendet, so daß, beispielsweise<br />

im Zusammenhang mit Phenoxyessigsäuren häufig gleichzeitige Belastungen<br />

mit Triazinen, Amitrol und anderen, vermutlich ebenfalls krebserzeugenden<br />

Zubereitungen vorliegen. Nur in Ausnahmefällen lassen sich diese Expositionen getrennt<br />

analysieren. In einer Metaanalyse von Fall-Kontroll-Studien aus drei Staaten<br />

des Mittleren Westens der USA wurde eine statistisch signifikante Odds Ratio für die<br />

Verwendung von Atrazin beobachtet (OR 1,4; 95% Konfidenzintervall 1,1-1,8). In der<br />

multivariaten Analyse ließ sich das erhöhte Risiko jedoch zum größten <strong>Teil</strong> alternativ<br />

durch die parallele Verwendung von 2,4-D und Insektiziden aus der Gruppe der Organophosphate<br />

erklären ( [105], siehe auch [106]).<br />

Trotz der ubiquitären Kontamination der Umweltmedien bestehen daher bis heute<br />

erhebliche Wissens- und Forschungsdefizite bei der Beurteilung der Karzinogenität<br />

ehemals oder noch gegenwärtig gebräuchlicher Pestizide. Mögliche Mechanismen<br />

umfassen die direkte Interaktion mit dem genetischen Material auf Ebene der DNA<br />

(Mutagenität) bzw. der Chromosomen (Clastogenität) sowie promovierende Wirkungen<br />

(sog. Co-Karzinogenese). In mehreren jüngeren Studien an beruflich exponierten<br />

Kollektiven wurden signifikant erhöhte Raten von strukturellen Chromosomenaberrationen<br />

beobachtet [107-111]. Diese Chromsomenveränderungen haben in der<br />

Norddeutsche Leukämie- und Lymphomstudie: <strong>Ergebnisbericht</strong> (<strong>Teil</strong> <strong>II</strong>) S. 20 von 347

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