Ergebnisbericht (Teil II) - Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald
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Eine weitere Studie zum “Mouthing-Behavior” wurde von Juberg et al. mit Kindern im<br />
Alter bis zu drei Jahren durchgeführt [127]. Für Kinder im Alter zwischen 0-18 Monaten<br />
wurde kein signifikanter Unterschied in der Dauer des “Mouthing” pro Tag im<br />
Vergleich zu Kindern im Alter von 19-36 Monaten festgestellt. Unterschiede zwischen<br />
den beiden Gruppen wurden jedoch für die Art der Objekte, die in den Mund<br />
genommen werden, ermittelt. Bei den Kindern zwischen 19-36 Monaten nahm die<br />
Dauer des “am-Schnuller-nuckeln” im Vergleich zu der jüngeren Altergruppe (0-18<br />
Mon.) signifikant zu (126 min/Tag zu 107 min/Tag). Dafür nahmen die älteren Kleinkinder<br />
durchschnittlich die Plastikspielzeuge, Beißringe und anderen Objekte insgesamt<br />
nur 4 min/Tag in den Mund, die Kinder der Altersgruppe 0-18 Monate dagegen<br />
hatten durchschnittlich 32 min/Tag Spielzeug, Beißringe oder andere Objekte im<br />
Mund. Reed et al. [128] kamen in ihrer Untersuchung mittels einer Video-Methode zu<br />
dem Ergebnis, daß Kinder im Alter zwischen 2 und 6 Jahren im Durchschnitt 9,5 Mal<br />
pro Stunde die Hand zum/in den Mund nehmen bzw. 16,3 Mal pro Stunde Objekte in<br />
den Mund nehmen.<br />
Daß durch “Mouthing” von Spielzeug tatsächlich Pestizide oral aufgenommen werden<br />
können, zeigt u.a. eine physikalische Untersuchung von Gurunathan et al. [129].<br />
In dieser Untersuchung wurde Chlorpyrifos auf der Oberfläche von Kinderspielzeug<br />
und anderen adsorbierenden Oberflächen wie z.B. Kopfkissen bis zu zwei Wochen<br />
nach Applikation eines semivolatilen pestizidhaltigen Mittels (0,5%ige Chlorpyrifos-<br />
Lösung) nachgewiesen. In der Untersuchung von Gurunathan et al. wurden Dosisschätzungen<br />
für Kleinkinder vorgenommen, nach denen durch die Übertragung von<br />
Chlorpyrifos-Rückständen auf den Spielzeugoberflächen über die Hände bzw. Finger<br />
in den Mund 21 µg /kg KG(Körpergewicht)/ Tag aufgenommen wurden. Die orale<br />
Dosis für Kinder, die das Spielzeug direkt in den Mund nehmen, wurde von den Autoren<br />
auf 44 µg /kg KG/ Tag für glatte Plastikoberflächen und 61 µg/ kg KG/Tag für<br />
Plüschtiere abgeleitet. Die dermale Dosis, die über das Anfassen von harten Oberflächen<br />
wie z.B. Plastikspielzeug mit einzubeziehen ist, wurde auf 69 µg/kg KG/Tag<br />
geschätzt, für weiche Oberflächen auf 9,2 µg/kg KG/Tag. Eine Summation aller in der<br />
Untersuchung abgeleiteten Einzeldosen führte zu einer Gesamttagesdosis von 208<br />
µg/kg KG/Tag für 3-6 Jahre alte Kinder, die in einer Wohnung eine Woche nach einer<br />
Anwendung von Chlorpyrifos leben und spielen.<br />
Weiterhin besteht die Möglichkeit, daß, sobald die Kinder beginnen, selbst zu essen,<br />
Substanzen aus dem Staub oder vom Boden über die Hände der Kinder auf die Nahrung<br />
gelangen und so mit dem Essen aufgenommen werden können. In einer Studie<br />
von Freeman et al. [130]. wurden die Konzentrationen von Blei in Nahrungsmitteln<br />
gemessen. Wurden die Nahrungsmittel (Banane bzw. Wurst), von den Kindern selbst<br />
in die Hände genommen, waren die Blei-Konzentrationen (Medianwerte) 9mal (Banane)<br />
bzw. doppelt so hoch (Wurst) wie in den Nahrungsmitteln, die getestet wurden,<br />
ohne daß sie von den Kindern angefaßt worden waren. Für Nahrungsmittel (Apfel /<br />
Käse), die in den Innenräumen, in denen die Kinder sich aufhielten, Kontakt mit dem<br />
Fußboden hatten, wurden 5 (Käse) bis 8fach (Apfel) höhere Konzentrationen gemessen<br />
(Vergleich der Medianwerte). Die Konzentrationen von Blei an den Händen der<br />
Kinder waren signifikant korreliert mit den Konzentrationen an mit den Händen gehaltenen<br />
Lebensmitteln (Bananen: r=0,436; P=0,004 / Wurst: r=0,504; P=0,002). Die<br />
Blei-Konzentrationen in Äpfeln und Käse, die auf dem Boden lagen, korrelierten mit<br />
den Konzentrationen, die in Proben vom Boden gemessen wurden (Apfel: r=0,281;<br />
P=0,056 / Käse: r=0,417; P=0,004).<br />
Norddeutsche Leukämie- und Lymphomstudie: <strong>Ergebnisbericht</strong> (<strong>Teil</strong> <strong>II</strong>) S. 30 von 347