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Berliner Kurier 02.01.2019

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22 SPORT BERLINER KURIER, Mittwoch, 2. Januar 2019 *<br />

50<br />

Schumi<br />

Michael Schumacher<br />

(49) ist ein deutscher<br />

Sport-Held, neben Max<br />

Schmeling (†99), Franz<br />

Beckenbauer (73) und<br />

Boris Becker (51) der<br />

Größte. Heute wird Schumi<br />

50 Jahre alt. Mit dieser<br />

Serie würdigen wir<br />

die einzigartige Karriere<br />

des Kerpeners. In jedem<br />

Serienteil kommt ein<br />

Zeitzeuge der jeweiligen<br />

Epoche zu Wort.Im9.und<br />

letztem Teil ist es RTL-<br />

Kult-Reporter KaiEbel.<br />

Rote Perücken zum ersten<br />

Ferrari-Titel 2000: Michael<br />

Schumacher,Bruder Ralf und<br />

RTL-Reporter KaiEbel (v.l.).<br />

KaiEbel über den Fahrer und Menschen<br />

„Michael verfuhr<br />

1996, Hockenheim:<br />

KaiEbel (M.) interviewt<br />

Schumi (l.) und Rivale<br />

Damon Hill.<br />

nachdem Schicksalsprinzip“<br />

Fotos: RTL,Getty<br />

Michael Schumacher (49) und die Medien –ein nicht immer einfaches Thema,<br />

das von Geben und Nehmen geprägt war. Ohne die frühe Berichterstattung<br />

über das Talent aus Kerpen vielleicht hätte Michael nie die Chancen<br />

bei Mercedes und in der Formel 1bekommen. Zeitungen und Fernsehen<br />

profitierten dann von seinem Erfolg. Einer, der von Anfang an dabei<br />

war, ist Kai Ebel (54). Der RTL-Boxengassenreporter interviewte Schumi<br />

20 Jahre lang und lernte nebenbei auch den Menschen und Familienvater<br />

Michael gut kennen.<br />

Von<br />

KAI EBEL<br />

Michael und ich kennen uns ja<br />

schon lange. Wir kamen beide<br />

Anfang der 1990er-Jahre in die<br />

Formel 1. Wir waren nicht die<br />

dicksten Kumpels, aber unser<br />

Verhältnis war immer von gegenseitigem<br />

Respekt geprägt.<br />

Ich respektierte seine enorme<br />

Leistung als Rennfahrer und<br />

ich denke, Michael respektierte<br />

mich als Reporter.<br />

Er war zwar als Rennfahrer<br />

extrem ehrgeizig und knallhart,<br />

aber wenn er ausgestiegen ist,<br />

war er ein ganz anderer<br />

Mensch. Da war er höflich,<br />

menschlich und lustig.<br />

In angenehmer Erinnerung<br />

ist mir ein Interview in Monza.<br />

Ich hatte mich schon umgedreht,<br />

da tippte er mir auf die<br />

Schulter –und verkündete vor<br />

laufender Kamera live die erste<br />

Schwangerschaft seiner Frau.<br />

Nach seinem Comeback wirkte<br />

er auch viel entspannter, er<br />

ging deutlich lockerer mit kritischen<br />

Fragen um. Eigentlich<br />

schade, dass er 2012 endgültig<br />

aufgehört hat. Ich dachte, er<br />

verlängert noch einmal bei<br />

Mercedes und erntet die Früchte<br />

seiner Aufbauarbeit.<br />

Dann war Michael plötzlich<br />

Privatmann und wir haben 2013<br />

sechsmal eine Roadshow für<br />

seinen Sponsor DVAG gemacht,<br />

zum letzten Mal kurz<br />

vor Weihnachten. Ich habe ihn<br />

auf der Bühne eine Stunde lang<br />

interviewt. Wir sprachen über<br />

die Formel 1, aber auch viel<br />

über sein neues Leben, neue<br />

Herausforderungen, neue Ziele<br />

in seinem Leben nach dem Motorsport.<br />

An diesem letzten Abend erzählte<br />

er mir dann nach der<br />

Show, dass er am nächsten Tag<br />

mit der Familie in den Skiurlaub<br />

nach Méribel aufbrechen<br />

wolle. Er war total euphorisch,<br />

freute sich riesig auf die unbeschwerte<br />

Zeit mit Familie und<br />

Freunden im Schnee.<br />

Dann dieser 29. Dezember:<br />

Ich saß daheim auf meiner<br />

Couch, sah fern. Plötzlich lief<br />

ein Lauftext durch: Schwerer<br />

Unfall von Michael Schumacher.<br />

Ich sagte mir: So ein<br />

Quatsch, der ist nicht mit dem<br />

Auto oder Motorrad unterwegs,<br />

der ist im Urlaub. Das<br />

kann nicht wahr sein.<br />

Als dann erstmals das Wort<br />

Skiunfall erwähnt wurde, wurde<br />

mir bewusst, dass es wohl<br />

stimmt. Aber weil es hieß, er<br />

habe den Hubschrauber selber<br />

herangewinkt, dachte ich, dass<br />

es nicht so schlimm sein würde.<br />

Aber mit jeder Meldung wurde<br />

es dramatischer.<br />

Am Tag danach hieß es, er sei<br />

zu schnell in ungesichertes Gebiet<br />

gefahren. Das konnte ich<br />

nicht glauben. Michael wollte<br />

sich nie als Adrenalin-Junkie<br />

sehen. An diesem Abend haben<br />

wir noch genau darüber gesprochen.<br />

Er hat mir lange erklärt,<br />

dass das für Außenstehende<br />

zwar oft so aussieht, als<br />

wenn er süchtig nach Risiko<br />

und Geschwindigkeit sei. Fakt<br />

sei aber, dass er sich ganz langsam<br />

an jedes Limit herantaste.<br />

Er beherrscht seine Geräte, ob<br />

es nun ein Auto, ein Ski oder ein<br />

Motorrad ist. Wenn wir Normal-Autofahrer<br />

das Gefühl<br />

haben, superschnell unterwegs<br />

zu sein, dann ist das für einen<br />

Michael Schumacher vergleichsweise<br />

wie rückwärts<br />

einparken. Er hat einfach, wie<br />

alle Formel-1-Piloten, ein anderes<br />

Verhältnis zur Geschwindigkeit.<br />

Er sagte mir, dass er nie<br />

unkontrolliert drauflosfährt.<br />

Dass er die Geschwindigkeit<br />

kontrolliert. Michael bestand<br />

darauf, dass er nicht süchtig<br />

nach Risiken ist. Da hat er viel<br />

Wert darauf gelegt.<br />

Er war aber sicherlich kein<br />

kopfloser Raser. Michael glaubte<br />

bei so etwas sogar an Schicksal.<br />

Zu mir hat er einmal gesagt:<br />

Ich verfahre nach dem Schicksalsprinzip.<br />

Ich kann nicht Dinge<br />

nicht tun, weil etwas dabei<br />

passieren kann. Wenn etwas<br />

passiert, dann ist es vielleicht<br />

Schicksal.<br />

So nehme ich es auch heute<br />

hin. Natürlich vermisse ich Michael.<br />

Ich kenne keinen in der<br />

Formel 1, der Michael nicht<br />

vermisst. Er ist immer noch ein<br />

großes Thema. Noch heute vergeht<br />

fast kein Tag, an dem ich<br />

nicht gefragt werde, ob ich<br />

wüsste, wie es Michael geht.<br />

Das Interesse an seinem<br />

Schicksal ist ungebrochen.<br />

Die Fortsetzung folgt mit<br />

Sohn Mick. Ich habe mich zuletzt<br />

beim Rennen in Österreich<br />

mit Mick unterhalten und<br />

habe einen ganz tollen Eindruck<br />

von ihm. Er ist ein sehr<br />

aufgeräumter und aufgeweckter<br />

junger Mann, der weiß, was<br />

er will. Er hat eine tolle Kinderstube<br />

genossen. Das zeigt, dass<br />

er im Schatten seinen scheinbar<br />

übermächtigen Vaters gut gediehen<br />

ist. Mick macht den<br />

nächsten Schritt in die Formel 2<br />

und es ist ja kein Geheimnis,<br />

dass sein Ziel die Formel 1ist.<br />

Ich würde mich freuen, dann<br />

den nächsten Schumacher zu<br />

interviewen.<br />

Ende

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