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Berliner Kurier 20.01.2019

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POLITIK<br />

MEINE<br />

MEINUNG<br />

Von<br />

Rasmus<br />

Buchsteiner<br />

Söder mussdie<br />

CSU neu erfinden<br />

Die CSU ist ein geschrumpfter<br />

Riese. Mit<br />

dem zum neuen Parteivorsitzenden<br />

gekürten Markus Söder<br />

wird plötzlich ein Politiker<br />

zum Hoffnungsträger, der<br />

2018 schwere Fehler gemacht<br />

und die für die CSU so wichtige<br />

absolute Mehrheit in Bayern<br />

verloren hat. Mit Horst<br />

Seehofer geht ein Christsozialer,<br />

der in zehn Jahren an der<br />

Spitze sicher vieles, aber eben<br />

nicht alles falsch gemacht hat.<br />

Die CSU will uns glauben machen,<br />

dass dieser Wechsel die<br />

Rückkehr zu alter Stärke einleitet.<br />

Dabei ist von ihrem einstigen<br />

Mythos, in dem ihre Führungsleute<br />

unbestritten und<br />

unangefochten Bayern verkörperten,<br />

kaum etwas übrig.<br />

Es wird lange dauern,bis diese<br />

Partei sich neu erfinden<br />

kann –wenn es ihr denn<br />

überhaupt gelingt. Söder<br />

muss sich nun beweisen. Und<br />

zwar nicht mit Krawall und<br />

Kopf-durch-die-Wand, sondern<br />

mit kluger Sachpolitik<br />

und dem Versuch, nicht nur<br />

rechts verlorene Stimmen<br />

wieder zurückzuholen. Die<br />

neue Entspannungspolitik<br />

gegenüber der Schwesterpartei<br />

CDU ist nur ein Beleg dafür,<br />

dass dies in der CSU und<br />

von Söder wohl verstanden<br />

worden ist.<br />

MANN DESTAGES<br />

Daniel Günther<br />

Der Ministerpräsident von<br />

Schleswig-Holstein, Daniel<br />

Günther (45), hält nichtsvon<br />

politischem Dauerstress:<br />

„Über Weihnachten<br />

habe<br />

ich zwei<br />

Wochen<br />

langüberhaupt<br />

keine<br />

Termine gemacht<br />

(...)<br />

und habe<br />

festgestellt,<br />

als ichzurückkam:<br />

Schleswig-Holsteinist immer<br />

noch da“,soder CDU-Politiker<br />

in einer NDR-Talkshow.<br />

Seitdem er Ministerpräsident<br />

sei,nehmeersichpro Woche<br />

einen Tag ohne Politik –nur<br />

für dieFamilie.<br />

Foto: Clemens Niehaus/Imago<br />

Foto: Lennart Preiss/Getty<br />

87,4 Prozent: Markus<br />

ist der neue Horst<br />

Stabwechsel auf CSU-Parteitag: Seehoferübergibt Parteivorsitz an Söder<br />

München – Nach genau 3379<br />

Tagen im Amt hat Horst Seehofer<br />

gestern den CSU-Vorsitz<br />

abgegeben. Schon zum<br />

zweiten Mal innerhalb eines<br />

Jahres musste er einem ungeliebten<br />

Erzrivalen das Feld<br />

überlassen: Markus Söder.<br />

Zum Abschied gibt es gerade<br />

einmal drei Minuten Standing<br />

Ovations für Seehofer. Nach<br />

fast zehn Jahren im Amt. Und<br />

eine Miniatur der Parteizentrale<br />

für Seehofers Modelleisenbahn-Keller.<br />

Dabei wäre manchem<br />

in der CSU wohl lieb, der<br />

bald 70-Jährige würde sich<br />

ganz dorthin zurückziehen und<br />

nicht mehr länger Innenminister<br />

in Berlin sein.<br />

Eine letzte Frotzelei hatte<br />

sich Seehofer zuvor noch erlaubt.<br />

„Das Leben spielt manchmal<br />

ganz eigenartig“, sagte er in<br />

seiner Abschiedsrede. Am Morgen<br />

habe er in der Zeitung sein<br />

Tageshoroskop gelesen. „Sie<br />

verlieren keinesfalls Ihr Gesicht,<br />

wenn Sie eine bereits getroffene<br />

Entscheidung revidieren“,<br />

stand da. Kurz geht ein<br />

Raunen durch den Saal, doch<br />

dann schiebt Seehofer hinterher.<br />

„Vor 15, vielleicht auch<br />

noch vor zehn Jahren hätte ich<br />

das als Auftrag empfunden.<br />

Heute fehlt mir die Risikobereitschaft.“<br />

Kein Rückzug vom<br />

Rückzug also. Schließlich<br />

schreibt der gelernte Sozialpolitiker<br />

„seiner“ Partei noch<br />

ins Stammbuch: „Vergesst mir<br />

die kleinen Leute nicht!“ Das<br />

war es. Abgang.<br />

Der neue Hoffnungsträger<br />

heißt Markus Söder. Aber es ist<br />

kein wirklich glänzendes Er-<br />

gebnis, das der 52-Jährige<br />

einfährt: 87,4 Prozent.<br />

Was wohl Seehofer dabei<br />

gedacht hat? Die<br />

beiden Männer verbindet<br />

eine besondere Geschichte.<br />

Eine Geschichte<br />

von Misstrauen und<br />

Machtkämpfen. Zwei Politiker<br />

mit Alphatiergenen, die<br />

sich ähnlicher sind, als ihnen<br />

lieb sein mag. Legendär ist eine<br />

CSU-Weihnachtsfeier 2012, bei<br />

der Seehofer Söder „Schmutzeleien“<br />

vorgeworfen hatte,<br />

„charakterliche Schwächen“,<br />

„pathologischen Ehrgeiz“. Und<br />

nun musste er gleich zweimal<br />

den Dauerwidersacher als sei-<br />

Ein Delegierter und Seehofer-Anhänger hält auf<br />

dem Münchner CSU-Parteitag ein Schild mit<br />

einem Dankesgruß hoch.<br />

Foto: Lennart Preiss/Getty

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