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21<br />
Nicht ohne<br />
mein Orchester:<br />
André Rieu beim<br />
Neujahrskonzert<br />
in Amsterdam.<br />
Mit seinem<br />
Ensemble wird er<br />
am 24.Januar<br />
auch in Berlin<br />
auftreten.<br />
„Viele Manager,<br />
Agenten oder<br />
Plattenfirmen<br />
haben früher<br />
nicht an mich<br />
geglaubt.Sie<br />
sagten: ,Geh nach<br />
Hause und spiel<br />
für deine Großmutter!‘<br />
Nur meine<br />
Frau Marjorie<br />
hat mich immer<br />
bedingungslos<br />
unterstützt.“<br />
schnell aus der Übung!<br />
Haben Sie einen Tipp, wie<br />
Eltern ihre Kinder für den<br />
Instrumentalunterricht<br />
begeistern können?<br />
Zum einen hilft es, wenn<br />
die Musik zu Hause eine<br />
positive Rolle spielt, und<br />
der Unterricht sollte vor<br />
allem Freude machen. Ich<br />
denke, es ist wichtig, auf<br />
sein Kind zu hören. Welches<br />
Instrument möchte<br />
es gerne lernen? Welches<br />
macht ihm Spaß? Bei mir<br />
war das immer die Geige.<br />
Ich konnte als Kind mit<br />
Klavier überhaupt nichts<br />
anfangen. Und dann<br />
braucht man einen<br />
guten Lehrer<br />
beziehungsweise<br />
eine<br />
gute Lehrerin. Wenn man<br />
sich dann noch in den Lehrer<br />
verliebt, hilft das ungemein,<br />
ha, ha! Dann übt man<br />
besonders viel. Meine erste<br />
Geigenlehrerin war eine 18-<br />
jährige Blondine, ich war als<br />
kleiner Junge total fasziniert<br />
von ihr.<br />
Ist Ihnen als Sohn eines Dirigenten<br />
das Üben leichtgefallen?<br />
In meiner Kindheit war<br />
Musik vor allem Arbeit.<br />
Mein Vater war sehr streng.<br />
Alle meine Brüder und<br />
Schwestern haben mehrere<br />
Instrumente gelernt. Ich<br />
dachte einfach, das wäre<br />
überall so. Ich habe meine<br />
Mitschüler gefragt, welche<br />
Geige sie spielen. Meine<br />
Frau und ich haben unsere<br />
Söhne dann offener erzogen,<br />
ohne Zwang. Irgendwann<br />
hat Pierre seine Geige auf<br />
dem Kopf von Marc zerhauen,<br />
das war es dann mit dem<br />
Musikunterricht.<br />
Was haben Sie sich für die<br />
Deutschland-Österreich-<br />
Schweiz-Tournee 2019<br />
vorgenommen?<br />
Es ist Tradition, dass diese<br />
Konzerte im Januar,<br />
Februar und<br />
jetzt<br />
auch im<br />
Mai stattfinden.<br />
Wir beginnen in<br />
Deutschland jedes Jahr unsere<br />
neue Welttournee. Es<br />
wird ein völlig neues Programm,<br />
natürlich mit den<br />
schönsten Walzern, Musik<br />
aus Musical, Oper und Operette<br />
sowie bekannten Schlagern.<br />
Das Schöne ist, mein<br />
Publikum weiß vorher nie,<br />
was wir spielen werden.<br />
Aber sie wissen, wir haben<br />
einen Abend zusammen, den<br />
wir nie vergessen werden.<br />
Meine Konzerte enden immer<br />
in einer großen Party.<br />
Humor ist mir dabei ganz<br />
wichtig!<br />
Nach welchen Kriterien<br />
stellen Sie Ihr Programm<br />
zusammen?<br />
Viele dieser wunderbaren<br />
Stücke, wie zum Beispiel<br />
„Ballade Pour Adeline“,<br />
„Amazing Grace“, „An der<br />
schönen blauen Donau“<br />
oder Stücke aus Musicals<br />
sind in Konzerten anderer<br />
Orchester nur sehr selten<br />
live zu hören. Dabei lieben<br />
die Menschen sie! Zu denken,<br />
dass ein weltbekanntes<br />
Stück automatisch auch oft<br />
aufgeführt wird, ist ein Irrglaube.<br />
Ich spiele ja<br />
nicht nur<br />
Walzer,<br />
sondern<br />
ab und zu<br />
auch romantische Popsongs<br />
oder Balladen. Die mal<br />
mit Orchester zu hören, ist<br />
schon sehr schön!<br />
Wann haben Sie das letzte<br />
Mal ein Konzert erlebt,<br />
das ganz besonders glückhaft<br />
war?<br />
Es ist immer das letzte<br />
Konzert. Buenos Aires im<br />
Oktober war fantastisch. Ich<br />
bin sicher, Australien wird<br />
das auch sein, und auf Großbritannien<br />
und Deutschland<br />
freue ich mich besonders.<br />
Wir brauchen nach dem<br />
Konzert selbst eine Weile,<br />
um wieder „runterzukommen“.<br />
Ich bekomme Briefe<br />
von Fans, die sagen, sie waren<br />
nach einem Konzert<br />
zwei Wochen richtig „high“.<br />
Waren Sie nach einem<br />
Konzert auch schon mal so<br />
unzufrieden mit sich, dass<br />
Sie es im Nachhinein lieber<br />
nicht gegeben hätten?<br />
Ha, ha, nein. Aber ich bin<br />
vor jedem Konzert schrecklich<br />
nervös.<br />
Wie anstrengend ist das<br />
Spielen körperlich?<br />
Ein dreistündiges Konzert<br />
zu geben, ist natürlich anstrengend.<br />
Denn ich spiele<br />
ja nicht nur, sondern dirigiere<br />
auch und moderiere.<br />
Ich führe durch<br />
den Abend. Aber<br />
– und das ist der<br />
Grund, warum ich immer<br />
mein eigenes Orchester<br />
haben wollte –ich<br />
kann mein Programm selbst<br />
gestalten. Die Stücke, die<br />
ich wähle, geben mir und<br />
dem Publikum viel Energie.<br />
Ich fände es persönlich<br />
schrecklich, in einem Sinfonieorchester<br />
sitzen zu müssen<br />
und Tag für Tag Musik<br />
zu spielen, die ich nicht<br />
selbst auswählen kann und<br />
die ich vielleicht gar nicht<br />
mag. Am Anfang meiner<br />
Karriere als Musiker war<br />
ich einige Jahre in einem<br />
Sinfonieorchester. Ich habe<br />
mich dort wirklich allein gefühlt.<br />
Wenn man die Freude<br />
an seiner Tätigkeit verliert,<br />
wird alles anstrengend. Ich<br />
aber arbeite nicht, ich habe<br />
Spaß!<br />
Welchen Traum möchten<br />
Sie sich unbedingt noch erfüllen?<br />
Ich würde wahnsinnig gerne<br />
einmal auf dem Mond<br />
spielen!<br />
Das Interview führte<br />
Olaf Neumann<br />
Fotos: imago, Paul Bergen/ANP/AFP