Berliner Kurier 26.01.2019
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RENTE AUS STEIN<br />
Die eigene Immobilie zu Geld machen ohne ausziehen zumüssen –das ist machbar.<br />
Rentner sollten aber Angebote gründlich prüfen.<br />
Ruheständler haben oft ein schönes<br />
Haus, aber geringe monatliche Renteneinkünfte.<br />
Ein Verkauf wäre eine<br />
Lösung, doch die meisten Eigenheimbesitzer<br />
wollen, so lange es irgend geht, in den eigenen<br />
vier Wänden bleiben. Es gibt durchaus<br />
Wege, Geld aus dem Haus oder der eigenen<br />
Wohnung zu ziehen und zugleich wohnen zu<br />
bleiben.<br />
Die Umkehrhypothek. Am bekanntesten ist<br />
die sogenannte Umkehrhypothek: Eine Bank<br />
beleiht das Haus und zahlt eine monatliche<br />
Rente aus. Die Zinsen und die Tilgung für<br />
einen solchen Kredit werden gestundet, bis<br />
der Hauseigentümer stirbt, in ein Pflegeheim<br />
umzieht oder das Haus verkauft. Dann<br />
würde er oder seine Erben die angehäuften<br />
Schulden aus dem Verkauf des Hauses zurückzahlen.<br />
Leider haben sich die Banken in<br />
Deutschland aus diesem Geschäft weitestgehend<br />
zurückgezogen.<br />
Leibrente als Alternative. Mehr oder weniger<br />
klamme Hausbesitzer mag das enttäuschen,<br />
doch es gibt Alternativen zur Umkehrhypothek.<br />
Dafür steht die in Frankfurt am Main<br />
ansässige Deutsche Leibrenten AG. „Bei unserer<br />
Leibrente wird die Immobilie zwar an<br />
uns verkauft, der frühere Eigentümer erhält<br />
jedoch ein mietfreies Wohnrecht sowie eine<br />
monatliche Rentenzahlung. Beides wird lebenslang<br />
garantiert und notariell abgesichert“,<br />
sagt Friedrich Thiele, der Vorstand<br />
der Aktiengesellschaft. Er rechnet vor: Ein<br />
Ehepaar, beide sind 75 Jahre alt, besitzt ein<br />
Haus, das 250.000 Euro wert ist. Würden<br />
die Senioren ihr Eigentum gegen Leibrente<br />
und Wohnrecht verkaufen, bekäme das Ehepaar<br />
lebenslang 650 Euro pro Monat.<br />
Finanzmodelle sind ein Spiel<br />
mit vielen Unbekannten. Am<br />
besten genau prüfen.<br />
Basis: ein Wertgutachten. Für die Berechnung<br />
der Rente erstellt ein unabhängiger<br />
Sachverständiger zunächst ein Wertgutachten<br />
über die Immobilie. Wesentlich für die<br />
Höhe der Leibrente ist das Lebensalter des<br />
Eigentümers. Je später er verkauft desto höhere<br />
Zahlungen sind zu erwarten. Der Verkäufer<br />
muss mindestens das 70. Lebensjahr<br />
erreicht haben. „UnserAngebot ist sinnvoll,<br />
wenn die Hausbesitzer eine emotionale Bindung<br />
an ihr Eigentum verspüren und deswegen<br />
so lange wie möglich dort wohnen<br />
möchten“, sagt Thiele. Außerdem werde<br />
ihnen so die Last des Unterhalts des Hauses<br />
abgenommen. Das Unternehmen kaufe<br />
bundesweit an, auch Wohnungen seien interessant,<br />
sagt Thiele. Nach seinen Angaben<br />
hat das Unternehmen rund 100 Immobilien<br />
bisher angekauft.<br />
Das Lebensalter entscheidet. Ganz ähnlich<br />
funktioniert die „Zustifterrente“ der<br />
Stiftung Liebenau, ein vor 150 Jahren aus<br />
christlicher Motivation heraus entstandenes<br />
unabhängiges Sozialunternehmen, das<br />
nahe des Bodensees beheimatet ist. Auch<br />
hier bekommt der Verkäufer einer Wohnung<br />
oder eines Hauses eine monatliche<br />
Rente sowie ein mietfreies Wohnrecht auf<br />
Lebenszeit. Ein Unterschied zur Deutsche<br />
Leibrenten besteht darin, dass ein Ankauf<br />
das 70. Lebensjahr nicht zwingend voraussetzt<br />
und dass die Bindung endet, sobald<br />
der Eigentümer das Wohnrecht aufgibt oder<br />
altersbedingt aufgeben muss. Bei der Frankfurter<br />
Firma gilt der Vertrag hingegen immer<br />
bis zum Lebensende. Die Stiftung Liebenau<br />
hat mittlerweile rund 70 Verträge unter<br />
Dach und Fach gebracht, darunter erst einen<br />
in Berlin. „Einen Vertrieb haben wir nicht in<br />
Berlin. Die Zahl spiegelt dies“, sagt Christoph<br />
Sedlmeier,der die Zustifterrente vor 15<br />
Jahren entwickelt hat. Der deutsche Markt<br />
sei insgesamt nicht entwickelt, was sich daran<br />
zeige, dass es für eine „Rente aus Stein“<br />
zum Nachteil aller Interessierten nur ganz<br />
wenige Anbieter gebe.<br />
Alternativen erwägen. „Eine Hausverkauf<br />
auf Rentenbasis ist ein Spiel mit vielen Unbekannten“,<br />
warnt Thomas Teske, unabhängiger<br />
Finanzberater und Partner des Vereins<br />
für Verbraucherschutz Bauherren-Schutzbund.<br />
Es sei grundsätzlich schwierig für die<br />
Anbieter einer Immobilienrente ein Haus<br />
fair zu bewerten, das erst in zehn oder 20<br />
Jahren weiterverkauft werde. „Weil der Ankäufer<br />
das Eigenheim über einen unbekannten<br />
Zeitraum vorfinanzieren muss, müssen<br />
zwangsweise recht hohe Sicherheitsabschläge<br />
einkalkuliert werden“, gibt Teske zu bedenken.<br />
Dies gehe zu Lasten der Hausbesitzer,<br />
die auf eine möglichst hohe monatliche<br />
Rente hofften.<br />
Alternative: Hausverkauf. „Eine gute Alternative<br />
ist der rechtzeitige Verkauf von Haus<br />
und Hof auf eigene Rechung und der Erwerb<br />
einer kleineren Wohnung“, sagt Teske. Das<br />
könne sich rechnen, weil keine Partei mehr<br />
irgendwelche Sicherheitsabschläge einplanen<br />
müsse. (til)<br />
Bild:djd_Deutsche Leibrenten_shutterstock<br />
Problem: Das<br />
Häuschen ist<br />
bezahlt, aber die<br />
monatlichen Einkünftesind<br />
sehr<br />
gering.<br />
Lösung: Die<br />
Immobilie gegen<br />
eine Leibrente<br />
plus lebenslanges<br />
Wohnrecht eintauschen.<br />
Bild:djd_Deutsche-Leibrenten_thx