17.02.2019 Aufrufe

Berliner Kurier 16.02.2019

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

*<br />

Von<br />

STEFANIE HILDEBRANDT<br />

Berlin – Guten Morgen, du<br />

Schöne! Die rosa Zunge keck<br />

herausgestreckt und mit<br />

Milchtropfen rund ums<br />

Schnäuzchen nimmt ein kleines<br />

Mädchen aus dem Tierpark<br />

unsere Herzen im<br />

Sturm. Nachdem Eisbärenmutter<br />

Tonja und ihr Jungtier<br />

knapp elf Wochen in kuscheliger<br />

Zweisamkeit in einer<br />

Wurfhöhle im Tierpark<br />

verbracht haben, wagten<br />

sich jetzt erstmals Tierärzte<br />

in die Höhle der beiden.<br />

Die erste Untersuchung des<br />

niedlichen Nachwuchses führte<br />

Zoo-Chef Andreas Knieriem<br />

höchstpersönlich durch.<br />

Wichtigste Erkenntnis: Es ist<br />

wirklich ein Mädchen. Und es<br />

ist kugelrund und wohlauf. Der<br />

Tierpark darf auf einen glücklichen<br />

Eisbärenfrühling hoffen.<br />

„Der kleine Eisbär ist ein<br />

putzmunteres, kräftiges Mädchen.<br />

Wir konnten uns nun<br />

auch persönlich von der Entwicklung<br />

des Jungtiers überzeugen<br />

und sind überaus zufrieden“,<br />

verkündete Andreas<br />

Knieriem nach der Untersuchung.<br />

Gemeinsam mit dem Veteri-<br />

när-Kollegen Dr. Günter<br />

Strauß, Revierleiterin Andrea<br />

Fleischer und in Begleitung eines<br />

Kameramanns hatte Knieriem<br />

die nur 15 Minuten währende<br />

Stippvisite durchgeführt.<br />

Damit das tapsige Eisbärenmädchen<br />

gewogen werden und<br />

eine Wurmkur bekommen<br />

konnte, musste Mutter Tonja,<br />

die ihrem Nachwuchs sonst<br />

nicht von der Seite weicht, in<br />

eine benachbarte Box gelockt<br />

werden.<br />

Dazu machte man sich den<br />

wortwörtlich zu nehmenden<br />

Bärenhunger Tonjas zunutze.<br />

Während der Zeit in der Wurfhöhle<br />

hatte Tonja nichts gefressen<br />

und hauptsächlich von<br />

ihren 160 Kilogramm angefutterten<br />

Reserven gezehrt. Der<br />

Duft einer kräftigenden<br />

Fleischsuppe lockte Tonja<br />

jetzt wie geplant in einen separaten<br />

Bereich.<br />

Während Tonja sich stärkte,<br />

wurde ihre Tochter eilig gewogen<br />

und vermessen. „Der kleine<br />

Eisbär bringt mit einer Größe<br />

von 61 Zentimeter von Kopf<br />

bis Po stolze 8,5 Kilogramm<br />

auf die Waage“, sagt Tierarzt<br />

Günter Strauß. Dank der äußerst<br />

nahrhaften Muttermilch<br />

mit einem Fettgehalt von rund<br />

30 Prozent hat die Kleine in<br />

den letzten Wochen rasant zugenommen.<br />

„Im Vergleich mit<br />

anderen Jungtieren ist<br />

sie ein echter Won-<br />

neproppen“, findet<br />

Bärenkurator Flo-<br />

rian Sicks. In den<br />

kommenden<br />

Wochen wird<br />

die Kleine nach<br />

und nach in<br />

Kontakt mit<br />

dem Futter der<br />

Mutter kommen<br />

und darf dann an<br />

In dieser schwarzen<br />

Möhren, Äpfeln,<br />

Wanne wurde das<br />

Fleisch schnuppern<br />

Bärenkind gewogen.<br />

und knabbern.<br />

Stattliche 8,5 Kilo<br />

Nach der Untersu-<br />

hat sich die Kleine<br />

chung wurden Mutter schon angenuckelt.<br />

Tonja<br />

und Tochter schnell wieder<br />

und die<br />

vereint. Tonja begrüßte ihr noch namenlose Mini-Bärin<br />

Kleines mit dem gewohnten<br />

Kontaktlaut, eine Art beruhigender<br />

auf der Außenanlage in Friedrichsfelde<br />

zu sehen sein. Wenn<br />

Schnaufer, um sich alles gut geht, muss man wei-<br />

dann mit ihrer Tochter auf einem<br />

terhin sagen. In den vergangestreuseln<br />

Bett aus Holzhacknen<br />

Jahren hatten Tonjas Kinterhin<br />

einzukuscheln. der nicht überlebt. 2017 war etwa<br />

Das Jungtier wird noch<br />

Eisbär Fritz im Alter von<br />

schnell müde, „schläft nach<br />

Anstrengung von einer Sekunde<br />

auf die andere ein“, sagt Florian<br />

Sicks. Doch langsam beginnt<br />

die Kleine zu laufen und<br />

ihre Mama zu nerven.<br />

Zu erwarten sei eine weitere<br />

vier Monaten überraschend in<br />

Folge einer Lebererkrankung<br />

gestorben. Eine Tochter Tonjas<br />

starb 2018 in der 26. Lebenswoche.<br />

Das Eisbärenmädchen ist da<br />

aber schon weiter: Beim Betreten<br />

schnelle Entwicklung, sagt<br />

der Box habe die Kleine ei-<br />

Andreas Knieriem. „Das heißt<br />

für uns auch: Alles vorbereiten,<br />

dass dann beide raus können“,<br />

so der Zoo-Chef. Bereits Anfang,<br />

Mitte März könnten Eisbärenmuttenen<br />

Satz auf die Menschen zu<br />

gemacht und sich auch danach<br />

als Raubtier mit scharfen Krallen<br />

gezeigt, sagt Andreas Knieriem.<br />

Auch beim Wiegen ließ<br />

sich die Bärin nicht alles gefallen,<br />

schnappte nach den behandschuhten<br />

Händen und<br />

biss in die Plastikwanne, in der<br />

sie gewogen werden sollte. Bärige<br />

Frauenpower eben.<br />

SEITE9<br />

BERLINER KURIER, Sonnabend, 16. Februar 2019<br />

Bären-Kurator<br />

Chancen für<br />

das Bärchen<br />

sind sehr gut<br />

Berlin –Diesmal soll es endlich<br />

klappen: Der Tierpark hofft auf<br />

ein gesundes Aufwachsen seines<br />

Eisbärenmädchens. Aber es<br />

gibt noch Risiken, wie Bären-<br />

Kurator Florian Sicks erklärt.<br />

Herr Sicks, ab wann kann<br />

man sagen, dass der Nachwuchs<br />

über den Berg ist?<br />

Das ist schwer zu beurteilen.<br />

Eigentlich sagt man, dass die<br />

Jungtiersterblichkeit in den<br />

ersten 14 Tagen besonders<br />

hoch ist. Danach sterben nur<br />

noch wenige Junge. Eigentlich<br />

ist die Wahrscheinlichkeit, dass<br />

unser Jungtier gesund heranwächst,<br />

sehr hoch. Aber die<br />

Vergangenheit hat gezeigt, dass<br />

wir uns nie sicher sein können,<br />

deswegen sind wir dieses Jahr<br />

sehr zurückhaltend.<br />

Bleibt der Tierpark der Linie<br />

der Vorjahre treu, dass auch<br />

bei einem Zwischenfall eine<br />

Handaufzucht wie einst bei<br />

Eisbär Knut im Zoo nicht in<br />

Frage kommt?<br />

Jetzt ist das Jungtier schon so<br />

groß. Wenn wir sehen würden,<br />

dass es schwächelt, dann würden<br />

wir eingreifen und es veterinärmedizinisch<br />

versorgen.<br />

Wir könnten die Mutter absperren,<br />

das Tier versorgen und<br />

die Mutter wieder zulassen.<br />

Zoo-Chef<br />

Andreas Knieriem<br />

auf Tuchfühlung<br />

mit der kleinen<br />

Bärin.<br />

Kürzlich hat der Zoo den<br />

Partner von Eisbärin Tonja,<br />

Wolodja, ins Ausland abge-<br />

dass sie im kommenden<br />

Winter keinesfalls erneut<br />

Nachwuchs bekommt?<br />

Genau. Es kommt kein<br />

Nachfolger. Wir gehen fest<br />

davon aus, dass das Jungtier<br />

heranwächst. Und dann<br />

wird es ja zwei Jahre da-<br />

bei bleiben. So lange<br />

brauchen wir keinen<br />

Mann, der würde nur<br />

geben. Steht damit fest,<br />

stören.<br />

DAS VIDEO<br />

www.berliner-kurier.de<br />

Bären-Kurator<br />

Florian Sicks.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!