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ocean7 2-2019

Sun Sailor. Der erste langstreckentaugliche Solar-Luxuskatamaran Silent 55 im Test. Da ist was im Boesch! Refit des Peter-Alexander-Motorboots bei Boote Schmalzl am Wörthersee. Elektrisierend! SAY29E Runabout Carbon – das schnellste E-Boot der Welt. Kampf dem Preis! Eine 35-Fuß-Segelyacht unter 60.000 Euro? Gibt's bei Viko Yachts Austria am Neusiedler See. Auf, die harte Tour! Die Blue-2 The Racing Academy macht Regatta-Segler. Fakten, Schwindel und Prognosen. Der Klimawandel und die Ozeane. Im Reich des Thuns. Marettimo, Favignana, Pantelleria, Linosa, Lampedusa – die südlichsten Inseln Italiens unter Segel. Austrian Boat Show – Boot Tulln. Interview mit Messedirektor Thomas Diglas, Special mit vielen Highlights 2019.

Sun Sailor. Der erste langstreckentaugliche Solar-Luxuskatamaran Silent 55 im Test.
Da ist was im Boesch! Refit des Peter-Alexander-Motorboots bei Boote Schmalzl am Wörthersee.
Elektrisierend! SAY29E Runabout Carbon – das schnellste E-Boot der Welt.
Kampf dem Preis! Eine 35-Fuß-Segelyacht unter 60.000 Euro? Gibt's bei Viko Yachts Austria am Neusiedler See.
Auf, die harte Tour! Die Blue-2 The Racing Academy macht Regatta-Segler.
Fakten, Schwindel und Prognosen. Der Klimawandel und die Ozeane.
Im Reich des Thuns. Marettimo, Favignana, Pantelleria, Linosa, Lampedusa – die südlichsten Inseln Italiens unter Segel.
Austrian Boat Show – Boot Tulln. Interview mit Messedirektor Thomas Diglas, Special mit vielen Highlights 2019.

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Sailing Poetry<br />

Minimalismus am Traunsee<br />

Wir unterbrechen die „Italienische Reise“ und begeben uns an den Traunsee, wo ich<br />

Thomas Bernhard zu einigen Seiten Literatur motiviere, um dann mit Terry Riley,<br />

dem Grandfather of minimal music, ein paar Schläge zu segeln.<br />

Gmunden, Stadtplatz, Café<br />

Brandl, vor uns die Stege mit<br />

den Linienschiffen, 11 Uhr,<br />

meine übliche Zeit hier, offenbar<br />

auch die von Thomas Bernhard,<br />

der im nahen Ohlsdorf wohnt. Er<br />

trägt einen grauen Trachtenanzug<br />

mit Hornknöpfen und grünen Aufschlägen.<br />

So würde er sich im Café Bräunerhof<br />

in Wien nie sehen lassen,<br />

denke ich, und er vermerkt mit giftigem<br />

Blick, dass die Neue Zürcher<br />

Zeitung sich in meinen Händen<br />

befindet, der ich sie ungerührt<br />

weiterlese.<br />

Monate später halte ich seine<br />

Neuerscheinung in der Hand:<br />

„Wittgensteins Neffe“, darin ein<br />

fünfseitiges Lamento über die Unmöglichkeit,<br />

in Gmunden an eine<br />

Neue Zürcher zu kommen. Er wäre<br />

dann die 80 Kilometer nach Salzburg<br />

gefahren, in die weltberühmte<br />

Festspielstadt, wo er die NZZ auch<br />

nicht bekommen hätte, dann nach<br />

Bad Reichenhall in den weltberühmten<br />

Kurort, auch dort keine<br />

NZZ; erfolglos versucht hätte er es<br />

noch im weltberühmten Kurort<br />

Bad Hall, in Steyr und in Wels –<br />

überall vergeblich und alles im offenen<br />

Auto, was unweigerlich eine<br />

Alfred Zellinger<br />

ist Schriftsteller und<br />

erlernte das Segeln in<br />

der O-Jolle des Vaters<br />

auf dem Traunsee. Dort<br />

segelt er heute einen<br />

30er-Schärenkreuzer,<br />

auf dem Meer eine 46er<br />

Grand Soleil.<br />

kolumne@<strong>ocean7</strong>.at<br />

anhaltende Erkältung zur Folge gehabt<br />

hätte. An der Tatsache, in vielen<br />

angeblich so wichtigen Orten<br />

die NZZ nicht bekommen zu haben,<br />

hätte sich sein Zorn entzündet<br />

gegen dieses rückständige, bornierte,<br />

gleichzeitig abstoßend größenwahnsinnige<br />

Land. Ein Geistesmensch<br />

könne nicht an einem<br />

Ort existieren, an dem es die NZZ<br />

nicht gibt. Und das alles bloß, weil<br />

er sie einmal im Café Brandl nicht<br />

bekommen hat, da ich sie gerade in<br />

Händen hielt … wie Literatur so<br />

entsteht.<br />

Für den Nachmittag hat sich<br />

Terry Riley zum Segeln angesagt,<br />

der im Stadttheater ein Konzert geben<br />

wird; Jutta Skokan, die Intendantin,<br />

hatte ihn engagiert. Im<br />

Yachtclub Traunsee gehen wir an<br />

Bord meines 30er-Schärenkreuzers.<br />

Die schönsten Dinge des Lebens<br />

sind meist zugleich völlig nutzlos –<br />

der minimalistische Schärenkreuzer<br />

ist ein hervorragendes Beispiel<br />

dafür: Das Prinzip seiner Entwicklung<br />

bestand darin, sagen Spötter,<br />

dass der eine Konstrukteur das<br />

Boot am Bug in die Länge zog und<br />

der andere am Heck; die Erkenntnis<br />

„Länge läuft” könnte von dieser<br />

Klasse stammen.<br />

Mit seinem weißen Vollbart sehe<br />

er schon aus wie ein Sailor, sage ich<br />

zu Riley. Vielleicht eine neue Karriere<br />

für mich, scherzt er. Seine<br />

Komposition „In C“, etwas wie eine<br />

Ur-Form des Minimalismus, habe<br />

mich beeindruckt, fahre ich fort,<br />

als Schriftsteller versuche ich etwas<br />

Ähnliches mit Sprache: minimalistische<br />

Prosa. Sie haben einmal,<br />

Mister Riley, sage ich, minimal<br />

music verglichen mit dem Gefühl,<br />

auf einer Sommerwiese zu liegen<br />

und in den Himmel zu sehen. Sehen<br />

Sie jetzt die weißen Segel hinauf<br />

zum Masttopp – ist nicht Minimalismus<br />

auch, bei leichtem Wind diese<br />

Segel durch die Bläue des Alls<br />

gleiten zu sehen wie jetzt? Womit<br />

wir auch die Dynamik des Minimalismus<br />

im Bild hätten, sagt Riley.<br />

Bevor die erwartete Wetterfront<br />

eintrifft, lege ich das Boot wieder<br />

an die Boje in der Bucht von Ort;<br />

rund um den See blinken die<br />

Sturmwarnungen, wir erwarten das<br />

Gewitter auf der Clubterrasse des<br />

Union Yacht Clubs bei einem Cuba<br />

Libre; die ersten Böen fegen über<br />

die Boote, der Barkeeper macht<br />

eine seiner launigen Bemerkungen:<br />

Wie schön es an Land ist, merke<br />

man erst, wenn das Boot untergeht.<br />

Und auf einmal war’s eine Parodie<br />

auf Hemingway …<br />

<br />

Im nächsten Sailing Poetry, meine<br />

Damen und Herren, kehren wir<br />

zurück ans Adriatische Meer und<br />

setzen unsere „Italienische Reise“<br />

fort, die nun für einige Stationen<br />

eine dalmatinische sein wird.<br />

Terry Riley an Bord der Isabella mit<br />

seinem Sohn Gyan und Jutta Skokan,<br />

der Festwochen-Intendantin.<br />

88 2/<strong>2019</strong>

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