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Berliner Zeitung 22.03.2019

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12 * <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 68 · F reitag, 22. März 2019<br />

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Berlin<br />

Geisel spricht<br />

von rechtem<br />

Terrorismus<br />

Brandstifter sollen Politiker<br />

ausgespäht haben<br />

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Lesen Sie am Wochenende<br />

Mobile Welten<br />

Abseits von Car2Go und Co.:<br />

Das Carsharing weitet sich aus<br />

Neue Epoche für den Epoque:<br />

Der aktuellste Range Rover im Test<br />

InNeukölln kam es in den vergangenen<br />

Jahren immer wieder zu<br />

Brandanschlägen, Angriffen und<br />

Sachbeschädigungen, die Rechtsextremisten<br />

zugeordnet werden. Aus<br />

Sicht vonInnensenator Andreas Geisel<br />

(SPD) ist das nun ein Fall für den<br />

Generalbundesanwalt in Karlsruhe.<br />

Geisel sagte am Donnerstag im Abgeordnetenhaus,<br />

es handele sich um<br />

Anschläge,die durchaus unter Terrorismus<br />

eingestuft werden könnten.<br />

„Deshalb haben wir mit dem Generalbundesanwalt<br />

Kontakt aufgenommen<br />

und angeregt, dass dieser die Ermittlungen<br />

übernimmt.“ So wurde<br />

das Auto eines Buchhändlers angezündet.<br />

Unter Verdacht standen zwei<br />

bekannte Rechtsextremisten. Einer<br />

von ihnen saß bis vor wenigen Wochen<br />

im AfD-Bezirksvorstand. Laut<br />

eines Parteisprechers erklärte er seinen<br />

Austritt, um einem Ausschluss<br />

zuvorzukommen.<br />

Im Zusammenhang mit einer Serie<br />

von Brandanschlägen gibt es zudem<br />

neueVorwürfe gegen <strong>Berliner</strong> Sicherheitsbehörden.<br />

Polizei und Verfassungsschutz<br />

hätten versäumt, den<br />

Politiker Ferat Kocak (Linke) zu warnen,<br />

obwohl er monatelang vonzwei<br />

als gewalttätig geltenden Rechtsextremisten<br />

verfolgt wurde.Das geht aus<br />

Dokumenten hervor, die dem ARD-<br />

Magazin „Kontraste“ vorliegen. Auf<br />

das Auto des Linken-Politikers war im<br />

Februar 2018 in Neukölln ein Brandanschlag<br />

verübt worden. Der Smart<br />

stand unter einem Carport und<br />

brannte komplett aus.Nur durch großes<br />

Glück griffen die Flammen nicht<br />

auf Kocaks Haus über.„Kontraste“ zufolge<br />

habe nicht nur, wie bislang bekannt,<br />

der Verfassungsschutz, sondern<br />

auch der Staatsschutz des LKA<br />

die beiden Verdächtigen dabei abgehört,<br />

wie sie über Kocak sprachen.<br />

Laut „Kontraste“ hatten zwei<br />

Rechtsextreme Kocak monatelang<br />

ausgespäht –unter den Augen der Sicherheitsbehörden.<br />

Doch sei der Politiker<br />

nicht gewarnt worden.Wenn es<br />

aber um den Schutz des Lebens gehe,<br />

müsse der Verfassungsschutz seinen<br />

Schutzpflichten nachkommen,„auch<br />

durch Hinweise an die Polizei“, kritisierte<br />

der Staatsrechtler JoachimWieland.<br />

Die Behörden hätten auch die<br />

mutmaßlichen Täter im Vorfeld nicht<br />

verwarnt, kritisierte der Abgeordnete<br />

Benedikt Lux (Grüne), obgleich der<br />

Neonazi-Zelle „brandgefährliche<br />

Leute“ angehörten. Ein Polizeisprecher<br />

sagte:„Wir schauen uns den Beitrag<br />

erst einmal an und bewerten das<br />

dann.“ (dpa, kop.)<br />

LOTTO-QUOTEN<br />

Mittwoch-Lotto:<br />

4-9-19-40-44-47, Sz. 3<br />

QUOTEN<br />

Klasse 1: Unbesetzt<br />

Klasse 2: 1x756 276,10 Euro<br />

Klasse 3: 44 x8594 Euro<br />

Klasse 4: 427 x2656,70 Euro<br />

Klasse 5: 2438 x155,10 Euro<br />

Klasse 6: 21 314 x35,40 Euro<br />

Klasse 7: 42 264 x17,80 Euro<br />

Klasse 8: 369 254 x9,20 Euro<br />

Klasse 9: 309 122 x5 Euro<br />

Alle Angaben ohne Gewähr!<br />

Wasfür eine schöne Kulisse: Der Märchenspielplatz in Schöneberg lädt zum Träumen ein, Kinder können hier ein echtes Schloss erkunden. CINDY RUCH (4)<br />

Toll zum Toben<br />

VonHexen, Drachen und Astronauten: Soeben ist ein Buch mit Berlins schönsten Spielplätzen erschienen<br />

VonFlorian Thalmann<br />

ZweiSommer lang hat Marianna<br />

Hillmer mit ihrer Familie<br />

die schönsten Spielplätze<br />

der Stadt erkundet.<br />

Ausihrer Recherche wurde ein Buch<br />

– der Anfang März erschienene<br />

„Spielplatzguide Berlin“. Es sei „faszinierend,<br />

was Berlin heute für tolle<br />

Spielplätze mit aufregenden Themen<br />

bietet“, sagt Marianna Hillmer.<br />

Als sie Kind war, habe es noch keine<br />

Erlebnis-Spielplätze gegeben, nur<br />

solche mit Schaukeln und Wippen,<br />

erzählt die 36-Jährige. „Die spektakulärsten<br />

Plätze hatten eine Seilbahn,<br />

aber die Holzhäuschen auf<br />

den Plätzen konnte man oft kaum<br />

betreten, weil sie vermüllt waren“,<br />

erinnert sich die Frau, die in Hamburgaufwuchs.<br />

Mehr als hundertPlätzebesucht<br />

DieZeit der schnöden Spielecken ist<br />

vorbei –das lernte Hillmer in den<br />

vergangenen zwei Jahren. 2018 gründete<br />

sie gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten<br />

Johannes Klaus den<br />

Reisedepeschen-Verlag. „Unsere<br />

erste Idee war es,für einen Guide die<br />

<strong>Berliner</strong> Spielplätze zu erkunden.<br />

Also waren wir zwei Sommer lang<br />

mit unseren Kindern die ganze Zeit<br />

draußen.“ Die Familie besuchte<br />

mehr als hundert Spielplätze, die<br />

besten sind im „Spielplatzguide Berlin“<br />

versammelt, der in Zusammenarbeit<br />

mit der Reisejournalistin und<br />

Fotografin Cindy Ruch entstand.<br />

„Unsere Kinder waren fast traurig,<br />

als es an die Produktion des Buches<br />

ging und wir plötzlich nicht<br />

mehr so viele Plätze besichtigen<br />

Der Spielplatz „1001 Nacht“ in der Hasenheide in<br />

Neukölln lockt mit Märchen-Optik.<br />

1<br />

6<br />

7 8<br />

2 3<br />

9<br />

10<br />

4<br />

DIE FAVORITEN<br />

Mehr als hundertSpielplätze hat Marianna Hillmer,die Herausgeberin des Spielplatzguides,<br />

erkundet. 30 werden in dem Buch vorgestellt. Das sind Hillmers Favoriten:<br />

1 Petterson und Findus, Klausenerplatz 3, Charlottenburg<br />

2 Flugzeugspielplatz, Strelitzer Straße 10, Mitte<br />

3 Kolle 37, Kollwitzstraße 35, Prenzlauer Berg<br />

4 Drachenspielplatz, Schreinerstraße 48, Friedrichshain<br />

5 Spielplatz in den Gärten der Welt, Blumberger Damm 44, Marzahn<br />

6 Hexenspielplatz, Eisenacher Straße 29, Schöneberg<br />

7 Zirkusspielplatz, Thielallee, Dahlem<br />

8 Aufstiegins Weltall, Munsterdamm, Schöneberg<br />

9 Ayers Rock, Richterstraße, Mariendorf<br />

10 Europaspielplatz im Park am Buschkrug, Buschkrugallee, Britz<br />

Auf wenwartet dieser Affe? Auf Entdecker des<br />

Dschungelspielplatzes in Steglitz-Zehlendorf.<br />

5<br />

konnten“, erzählt Marianne Hillmer.<br />

Beider Recherche durch die <strong>Berliner</strong><br />

Kieze fand Hillmer viele Schmuckstücke,<br />

die auf außergewöhnliche<br />

Ideen setzen. „In Rudow gibt es beispielsweise<br />

den Europaspielplatz,<br />

der nach europäischen Ländernaufgebaut<br />

ist“, sagt sie.Auf dem Weltallspielplatz<br />

bei der Sternwarte am Insulaner<br />

gefiel ihr ein fünf Meter hohes<br />

Klettergerüst mit Röhrenrutsche.<br />

„Es scheint ein Trend zu sein,<br />

dass es bei vielen Spielplätzen<br />

enorm indie Höhe geht. Es ist toll,<br />

dass es heute das Vertrauen gibt,<br />

dass Kinder so etwas schon bewältigen<br />

können.“ Der ideale Spielplatz<br />

sollte laut Hillmer Kindern jeden Alters<br />

die Möglichkeit geben, sich auszuleben<br />

und in der Phantasie eigene<br />

Geschichten zu entwickeln.<br />

Mangel in Marzahn und Spandau<br />

Was die Verteilung toller Plätze im<br />

Stadtgebiet betreffe, gebe es Nachholbedarf,<br />

sagt die Herausgeberin des<br />

Buches. „In Schöneberg und Prenzlauer<br />

Berg haben wir eine echte Luxussituation,<br />

in Marzahn und Spandau<br />

aber nicht. Dort gibt es Plätze,<br />

aber die Gestaltung ist nicht so wie in<br />

den anderen Kiezen.“ Undaufpassen<br />

müsse man natürlich auch auf tollen<br />

Spielplätzen. In dem vor ihrer Haustür,<br />

nahe des Winterfeldtplatzes, fänden<br />

sie immer wieder Scherben.<br />

„Aber wenn man draußen ist, gibt es<br />

keine heile Welt“, sagt Marianna Hillmer<br />

–und auf Gefahren achten muss<br />

man auch zu Hause.<br />

Cindy Ruch, Herausgeber:Marianna Hillmer und<br />

Johannes Klaus, Spielplatzguide Berlin,<br />

ReisedepeschenVerlag,192 Seiten, 22 Euro<br />

Das meterhohe Klettergerüst beim Spielplatz „Aufstieg<br />

ins Weltall“ ist etwas für Mutige.<br />

Kostenloses<br />

Schulessen nur<br />

am Stehtisch?<br />

Gratis-Essen ab Sommer<br />

für Erst- bis Sechstklässler<br />

VonMartin Klesmann<br />

Die rot-rot-grünen Regierungsfraktionen<br />

halten trotz vieler<br />

Einwände von Fachleuten daran<br />

fest, allen Erst- bis Sechstklässlernab<br />

dem kommenden Schuljahr ein kostenloses<br />

Schulessen anzubieten.<br />

„Wir wissen, dass dies nicht einfach<br />

wird“, räumte Regina Kittler, bildungspolitische<br />

Sprecherin der<br />

Linke-Fraktion, am Donnerstag bei<br />

der ersten Lesung des Gesetzes im<br />

Abgeordnetenhaus ein. Haushaltspolitikerin<br />

Stefanie Remlinger<br />

(Grüne) kündigte „harte Verhandlungen“<br />

an, um mehr Geld für den<br />

Ausbau vonMensen und Küchen sowie<br />

für den Erzieherschlüssel im<br />

Ganztagsbereich zu erhalten.<br />

Viele Schulleiter und Erzieher<br />

warnen seit Monaten voreiner überstürzten<br />

Einführung des Gratis-Essens<br />

für etwa 175 000 Kinder.Die Bildungsgewerkschaft<br />

GEWgab gerade<br />

erst zu bedenken, dass Schüler das<br />

Essen womöglich nur noch an Stehtischen<br />

einnehmen könnten, weil<br />

noch Tausende weitere Esser hinzukommen.<br />

Das sei weder personell<br />

noch räumlich umzusetzen. Das<br />

<strong>Berliner</strong> Bündnis „Qualität im Ganztag“<br />

forderte jetzt in einem offenen<br />

Brief eine stufenweise Einführung<br />

des kostenlosen Mittagessens, eine<br />

stärkere Einbeziehung der Akteure<br />

vor Ort sowie zusätzliches Personal<br />

für den Ganztag. Grundsätzlich sei<br />

die Kostenfreiheit aber gut.<br />

Unklar ist, wie viele zusätzliche<br />

Esser es tatsächlich geben wird. Die<br />

Bildungsverwaltung geht bisher lediglich<br />

von einer Steigerung um 14<br />

Prozent aus. Schließlich fällt die Bedarfsprüfung<br />

für Hortkinder weg.<br />

Bisher hatten Kinder arbeitsloser Eltern<br />

keinen Anspruch auf Hortbetreuung<br />

im offenen Betrieb. GEW-<br />

Landeschef TomErdmann geht davon<br />

aus, dass bis zu 30 Prozent der<br />

Grundschulkinder derzeit nicht an<br />

der Ganztagsbetreuung teilnehmen<br />

und deshalb in der Regel auch kein<br />

Mittagsessen erhalten. „Schon jetzt<br />

sind die Schulmensen undVerteilküchen<br />

aber vollkommen ausgelastet“,<br />

sagte Erdmann. Auch der Dachverband<br />

der Kinder- und Schülerläden<br />

sprach sich am Donnerstag für eine<br />

jahrgangsweise Einführung des Gratisessens<br />

ein. Beginnen sollte man<br />

ab Sommer mit den 1. und 2. Klassen,<br />

für die ja auch die Hortkosten<br />

wegfallen.<br />

37 Euro weniger proKind<br />

Das kostenfreie Schulessen hatten<br />

die rot-rot-grünen Regierungsfraktionen<br />

erst im Dezember 2018 in den<br />

Schlussberatungen zum Nachtragshaushalt<br />

beschlossen. Schulen und<br />

Caterer wurden überrascht. Schon<br />

die Beitragsfreiheit in den Schulhorten<br />

war recht plötzlich beschlossen<br />

worden. „Wieso kann Rot-Rot-Grün<br />

nicht ein bildungspolitisches Vorhaben<br />

vernünftig aufsetzen?“, fragte<br />

am Donnerstag FDP-Fraktionsgeschäftsführer<br />

Paul Fresdorf. Eltern<br />

sparen, wenn die Essenkosten wegfallen,<br />

37 Euro monatlich pro Kind.<br />

Transferempfänger müssen einen<br />

Euro pro Essen entrichten. Die FDP<br />

wertete die Einführung des Gratisessens<br />

am Donnerstag wie Rot-Rot-<br />

Grün als Entlastung von Familien.<br />

CDU und AfD hingegen waren der<br />

Meinung, Familien könnten auch<br />

weiter für das Schulessen ihrer Kinder<br />

aufkommen.<br />

Der Gesetzentwurf sieht außerdem<br />

bis 2021 ein Konzept für vergünstigtes<br />

Essen an Oberschulen<br />

vor. Für eine bessere Essensqualität<br />

haben die Koalitionsfraktion ein sogenanntes<br />

Qualitätspaket erstellt.<br />

Die Bezirke erhalten dafür fünf Millionen<br />

Euro. Die Pankower Kontrollstelle<br />

etwa soll verstärkt werden, bei<br />

den kommenden Musterausschreibungen<br />

soll der Bio-Anteil im Essen<br />

zudem 50 Prozent betragen.

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