Stadt der Zukunft - Deutscher Bundesjugendring
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3/2009<br />
16<br />
Viel Platz – wenig Raum?!<br />
Von <strong>der</strong> Bushaltestelle bis zum Jugendverband:<br />
Kin<strong>der</strong> und Jugendliche vernetzen ihre Sozialräume<br />
Von Matthias Sammet<br />
Raum – egal ob als Freiraum, Territorium,<br />
Sozialraum o<strong>der</strong> Jugendraum bezeichnet –<br />
ist von großer Bedeutung für das Aufwachsen<br />
von Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen. Im Folgenden<br />
wird auf diese Bedeutung, die Erscheinungsformen<br />
von Raum, die dort stattfindenden<br />
Prozesse, die Unterschiede zwischen <strong>Stadt</strong> und<br />
Land und auf die speziellen jugendpolitischen Implikationen<br />
eingegangen.<br />
Den Blick auf den dem Menschen zur Verfügung<br />
stehenden Raum zu richten und dann zu beobachten,<br />
wie er mit diesem Raum umgeht, führt<br />
nicht nur in Bezug auf Jugendliche – aber bei ihnen<br />
vor allem – zu neuen Erkenntnissen, zumindest<br />
aber zu Überraschungen. Ist die Aneignungsmöglichkeit<br />
von Raum im weitesten Sinne<br />
die Formel dafür, ob Menschen ihr Leben als gelingend<br />
erleben und bewerten? Wirken bei diesem<br />
Prozess die Kategorien Geschlecht, Kultur, <strong>Stadt</strong><br />
– Land o<strong>der</strong> sozioökonomische Faktoren nicht<br />
stärker als sonst?<br />
Zur Abgrenzung sei gesagt, dass es im folgenden<br />
Artikel nicht um Sozialraumorientierung geht,<br />
wie sie heute häufig in <strong>der</strong> Jugendhilfe <strong>der</strong> öffentlichen<br />
Träger anzutreffen ist. Mit <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>einführung<br />
von Sozialraumorientierung durch den<br />
8. Jugendbericht und das KJHG war zwar die<br />
Hoffnung verbunden, eine stärkere Subjektorientierung<br />
im Bereich <strong>der</strong> administrativen Jugendpolitik<br />
und <strong>der</strong> öffentlichen Jugendhilfe zu erreichen.<br />
Schaut man sich jedoch heute an, was unter<br />
dem Begriff Sozialraumorientierung subsumiert<br />
wird, dann muss man feststellen, dass die Methode<br />
häufig einer „sozialgeographische(n)“ Kartierung<br />
gleichgesetzt wird (vgl. Deinet, Ulrich:<br />
Sozialräumliche Orientierung – mehr als Prävention!<br />
in Deutsche Jugend 3/2001, S. 117-124). Im<br />
Folgenden sind mit sozialem Raum o<strong>der</strong> Sozialraum<br />
subjektive Prozesse Jugendlicher und <strong>der</strong>en<br />
Auswirkungen bei <strong>der</strong> Aneignung von Territorien<br />
und Räumen gemeint.<br />
Raum – eine Definition<br />
Was ist ein Raum? Man kann differenzieren<br />
zwischen realen, sozialen und virtuellen Räumen.<br />
Auf virtuelle Räume kann jedoch nur unzureichend<br />
eingegangen werden, da die Thematik an<br />
dieser Stelle zu umfassend wäre. Räume und Territorien,<br />
von denen hier die Rede ist, sind Jugendräume,<br />
Gemein<strong>der</strong>äume, Wohnungen, Häuser,<br />
Bushaltestellen, Scheunen, Einkaufszentren,<br />
U-Bahn-Anlagen, Landjugendheime, Bauwagen,<br />
Fabrikgelände, Plätze, Parks, Fel<strong>der</strong>, Wald, Straßen,<br />
Fabrikgelände, Sportplätze, Skateranlagen<br />
etc. Diese Räume und Territorien haben eines gemeinsam:<br />
Sie weisen eine geringe Dichte hinsichtlich<br />
Regeln, Normen und Vorgaben auf – zumindest<br />
scheint dies auf den ersten Blick so zu<br />
sein.<br />
Wie entstehen soziale Räume?<br />
Reale Räume und Territorien haben nicht per<br />
se eine beson<strong>der</strong>e Bedeutung für Jugendliche. Die<br />
Bedeutung <strong>der</strong> Räume und Territorien als Treffpunkt,<br />
Party-, Aktions- o<strong>der</strong> Kommunikationsraum,<br />
politisches Feld o<strong>der</strong> Engagementmöglichkeit<br />
– also als Sozialraum im obigen Sinne –<br />
entsteht erst infolge eines Prozesses <strong>der</strong> Jugendlichen,<br />
innerhalb dessen konkrete Bedürfnisse und<br />
Interessen in diesen Räumen verwirklicht werden.<br />
Um Sozialräume zu schaffen, muss es deshalb<br />
möglich sein, dass Nutzungswünsche und<br />
Nutzungsvorstellungen sowie die konkreten räumlichen<br />
Möglichkeiten <strong>der</strong> Jugendlichen in Übereinstimmung<br />
gebracht werden. Ulrich Deinet<br />
drückt das so aus: „Die Operationalisierung des<br />
Aneignungsbegriffes erfolgt in Bezug auf Kin<strong>der</strong><br />
und Jugendliche, insbeson<strong>der</strong>e in den Dimensionen<br />
eigentätige Auseinan<strong>der</strong>setzung mit <strong>der</strong> Umwelt,<br />
Erweiterung des Handlungsraumes und Verän<strong>der</strong>ung<br />
vorgegebener Arrangements und<br />
Situationen“.<br />
Die beim Aneignungsprozess entstehenden Sozialräume<br />
können sehr unterschiedlich besetzt<br />
werden, was Wirkungen, Verbindlichkeiten, Regelungsdichte,<br />
Wert- und Zielprojektionen, zeitli-<br />
Jugend politik