Stadt der Zukunft - Deutscher Bundesjugendring
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3/2009<br />
Die Ergebnisse dieser Selbsteinschätzung sind<br />
weitgehend unabhängig von sozialer Herkunft und<br />
Bildungsniveau <strong>der</strong> Befragten. Der Anteil <strong>der</strong> „gar<br />
nicht Interessierten“ verdoppelte sich in <strong>der</strong> Projektlaufzeit<br />
annähernd (von 12% auf 21%).<br />
Gleichzeitig gab über die Hälfte <strong>der</strong> Jugendlichen<br />
an, dass ihr Verständnis für Politik gestiegen sei.<br />
Dieses Ergebnis scheint nahe zu legen, dass ein<br />
besseres Verständnis für Politik zu einem geringeren<br />
Interesse an Politik führt. Handelt es sich gewissermaßen<br />
um einen Realitätsschock, <strong>der</strong> zu einer<br />
gestiegenen Politikverdrossenheit beiträgt?<br />
Eine Erklärung könnte sein, dass eine Diskrepanz<br />
zwischen den Erwartungen <strong>der</strong> Jugendlichen zu<br />
Projektbeginn und den tatsächlich erreichten Ergebnissen<br />
besteht. Zwar fühlten sich 82% <strong>der</strong> Jugendlichen<br />
von den Vertragspartnern/innen ernst<br />
genommen, doch äußerten immerhin 42% die Befürchtung,<br />
dass die Zusammenarbeit nur ein Strohfeuer<br />
und nicht von langer Dauer sei. Gerade bei<br />
Projekten, die Vertragsabschlüsse mit Politikern/innen<br />
auf Bundesebene anstrebten, zeigte<br />
sich häufig, dass die Vereinbarungen zum Bedauern<br />
<strong>der</strong> Jugendlichen sehr allgemein formuliert<br />
wurden o<strong>der</strong> nur schwer nachprüfbar waren. Erkennbar<br />
ist hier auch eine Diskrepanz zwischen<br />
dem Interesse <strong>der</strong> Jugendlichen (Bundesebene)<br />
und den tatsächlichen Umsetzungsmöglichkeiten<br />
(kommunale Ebene).<br />
Ein Großteil <strong>der</strong> Jugendlichen interessiert sich<br />
eher für Bundespolitik, weniger Schwierigkeiten<br />
bei <strong>der</strong> Umsetzung <strong>der</strong> Projekte haben allerdings<br />
Jugendliche mit kommunalen Vertragspartnern/innen.<br />
Resultierende Frustrationen und Vertrauensverluste<br />
<strong>der</strong> Projektteilnehmer/innen werden<br />
aus diesem Blickwinkel verständlich. Dies<br />
trifft insbeson<strong>der</strong>e dann zu, wenn man die in <strong>der</strong><br />
Jugend- und Partizipationsforschung verbreitete<br />
These in Betracht zieht, dass Selbstwirksamkeit<br />
(„political efficacy“) ein entscheiden<strong>der</strong> Antrieb<br />
für politische Partizipation ist. Umgekehrt verstärkt<br />
die aktive Beteiligung an politischen Prozessen<br />
die selbst wahrgenommene politische<br />
Kompetenz einer Person (vgl. Widmaier 2009).<br />
Kausalbeziehung<br />
Zwischen politischer Partizipation und selbst<br />
eingeschätzter politischer Handlungskompetenz<br />
besteht somit eine wechselseitige Kausalbeziehung.<br />
Für die Praxis <strong>der</strong> Jugendarbeit bedeutet<br />
dies, dass Projekte so gestaltet werden sollten,<br />
dass Jugendliche in ihrer politischen Selbstwirksamkeit<br />
bestätigt werden. Dies ist vor allem dann<br />
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<strong>der</strong> Fall, wenn die Ergebnisse politischer Beteiligung<br />
für junge Menschen positiv und unmittelbar<br />
erfahrbar sind. An<strong>der</strong>nfalls können bei enttäuschten<br />
Erwartungen und bescheidenen Resultaten<br />
auch Effekte wie ein steigendes Desinteresse an<br />
Politik auftreten. Die vorangegangenen Ausführungen<br />
verdeutlichen aber auch, wie wichtig es generell<br />
ist, jungen Menschen Gelegenheiten zu bieten,<br />
an politischen Aktionen zu partizipieren und<br />
so die Entwicklung ihrer Handlungskompetenzen<br />
in diesem Feld zu unterstützen.<br />
An<strong>der</strong>e Zugangswege<br />
Im Rahmen des Aktionsprogramms zeigte sich<br />
außerdem, dass nicht alle Gruppen von Jugendlichen<br />
gleichermaßen für Partizipationsprojekte erreichbar<br />
sind. Deutlich besser zu erreichen sind Jugendliche,<br />
die bereits verbandlich organisiert sind,<br />
ein höheres Bildungsniveau und keinen Migrationshintergrund<br />
haben. Für die Ansprache sozial<br />
benachteiligter Jugendlicher bedarf es demnach<br />
<strong>der</strong> Entwicklung neuer Zugangswege und <strong>der</strong><br />
Schaffung langfristigerer Projektstrukturen. Da<br />
Partizipation nicht umsonst zu haben ist, müssen<br />
Budgets so gestaltet werden, dass den vielfältigen<br />
Ansprüchen an Beteiligung Rechnung getragen<br />
wird. Der Deutsche <strong>Bundesjugendring</strong> for<strong>der</strong>t deshalb<br />
eine ausreichende finanzielle Ausstattung <strong>der</strong><br />
Jugendverbände, um Planungssicherheit durch<br />
langfristige För<strong>der</strong>vereinbarungen sicherzustellen<br />
und so eine nachhaltige und integrative Partizipationsför<strong>der</strong>ung<br />
zu ermöglichen (DBJR 2004, S. 3).<br />
Um neben dem Interesse an Politik und <strong>der</strong> Beteiligungsbereitschaft<br />
auch tatsächliche politische<br />
Partizipation zu för<strong>der</strong>n, muss die Attraktivität<br />
von Beteiligungsmaßnahmen für Jugendliche gegeben<br />
sein. Dies ist vor allem dann <strong>der</strong> Fall, wenn<br />
junge Menschen selbstbestimmt Themen aus ihrer<br />
Lebenswelt auswählen können, für die sie sich<br />
engagieren möchten. Wichtig ist dabei auch, dass<br />
den Jugendlichen ein hohes Maß an Verantwortung<br />
und Selbstbestimmungsmöglichkeiten eingeräumt<br />
wird, so dass ihre Beteiligung erfahrbare<br />
Ergebnisse bewirkt. Die Erfahrung zeigt, dass sich<br />
direkte Mitbestimmung von Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen<br />
am einfachsten auf lokaler Ebene realisieren<br />
lässt. Die Erfolge von Partizipation werden so<br />
für junge Menschen unmittelbar erfahrbar, stärken<br />
das Selbstvertrauen in die eigene Wirksamkeit<br />
und erhöhen damit die Motivation zu weiterem<br />
Engagement.<br />
Jede Demokratie ist auf aktive Mitgestaltung<br />
<strong>der</strong> Bürger/innen – im Sinne <strong>der</strong> <strong>Zukunft</strong>sfähigkeit<br />
Jugend politik