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Stadt der Zukunft - Deutscher Bundesjugendring

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einer demokratisch verfassten Schule diskutiert<br />

wurde. Die Idee hat sich nicht durchgesetzt. Aus<br />

<strong>der</strong> Schule ist deswegen kaum Unterstützung in<br />

Sachen Partizipation zu erwarten. Die Verbände<br />

könnten sich also zur Schulpolitik äußern, mit <strong>der</strong><br />

For<strong>der</strong>ung nach Beteiligung, nach einem Raum für<br />

Partizipation in <strong>der</strong> Schule. Dabei haben wir jedoch<br />

das Problem, dass sich die Zeit für Bildung<br />

in <strong>der</strong> Jugendzeit ohnehin verlängert, die Zeit für<br />

Entwicklung dadurch aber verkürzt wird. Die Jugendarbeit<br />

muss deswegen viel stärker darauf pochen,<br />

dass Jugend <strong>der</strong> Ort ist, um Jugend leben zu<br />

können.<br />

Der <strong>Bundesjugendring</strong> for<strong>der</strong>t klar und deutlich<br />

Freiräume für die Jugend.<br />

Diese Freiräume müssen aber in <strong>der</strong> Richtung<br />

qualifiziert werden, dass klar zwischen Bildungsjugend<br />

und Entwicklungsphase Jugend unterschieden<br />

wird. Wir haben inzwischen das Problem,<br />

dass wir den Kin<strong>der</strong>garten massiv als<br />

Bildungsort diskutieren und uns nicht fragen, welchen<br />

Raum es für Entwicklung gibt. Die Spannung<br />

zwischen Bildung und Entwicklung heißt, dass<br />

Entwicklung Bildung in einer gewissen Art beeinflusst,<br />

zum Beispiel als Umweg gebraucht werden<br />

kann. Bildung geht von relativ eindimensionalen<br />

Vergleichbarkeiten aus, während wir aus<br />

<strong>der</strong> Jugendarbeit wissen, dass Jugendliche sich<br />

ganz unterschiedlich entwickeln und ungeheuer<br />

zurückgeworfen und beschädigt werden können,<br />

wenn sie rein aus <strong>der</strong> Bildungsperspektive, die<br />

immer eine Vergleichsperspektive ist, gesehen<br />

werden.<br />

Also keine For<strong>der</strong>ung nach mehr Beteiligung in<br />

<strong>der</strong> Schule?<br />

Ich würde den Partizipationsanteil nicht so hoch in<br />

<strong>der</strong> formellen Bildung sehen. Die Frage ist nämlich:<br />

Wo werden Jugendliche anerkannt und wie<br />

können sie Wirksamkeit spüren? In <strong>der</strong> Schule<br />

können Jugendliche nur begrenzt Wirksamkeit<br />

spüren, da müssen sie Leistung bringen. Soziale<br />

und kulturelle Anerkennung bekommen sie eigentlich<br />

nur in Experimentier- und Entwicklungsräumen.<br />

Die findet man in <strong>der</strong> Jugendarbeit.<br />

Es ist also nicht gut, Jugendarbeit massiv zum<br />

Bildungs- und Lernort machen zu wollen, Jugendarbeit<br />

als Lernort im Sinne eines Bildungsortes<br />

zu sehen und sie dem Bildungsbereich zu-<br />

Jugend politik<br />

3/2009<br />

zuschlagen. In <strong>der</strong> Spannung zwischen Bildung<br />

und Entwicklung gibt es Konflikte.<br />

Soll sich Jugendarbeit also nicht im Feld <strong>der</strong> Bildung<br />

positionieren?<br />

Die Jugendarbeit kann ihren Bildungsgehalt darstellen.<br />

Aber das ist nicht ihr Kern, wenn man<br />

sieht, dass es für Jugendliche immer schwerer<br />

wird, ihre Jugend zu organisieren – im Sinne einer<br />

Experimentier- und Konfliktphase, in <strong>der</strong> vieles<br />

schief gehen, aber auch vieles gelingen kann, in<br />

<strong>der</strong> es Beziehungen braucht. Das bedeutet: Das<br />

Verhältnis Jugendarbeit und Schule ist spannend.<br />

Jugendarbeit und Schule sind zwei Pole. Man<br />

sollte die eigenständige Leistung <strong>der</strong> Jugendarbeit<br />

betrachten und nicht dauernd schauen, wie man alles<br />

unter Bildung subsumieren kann. Das eigentliche<br />

Profil von Jugendarbeit ist aus meiner Sicht<br />

immer, dass Jugend Zeit und Raum braucht, um<br />

Jugend sein zu können. Wir können noch so gebildete<br />

Leute im Sinne <strong>der</strong> formalen Bildung haben:<br />

Wenn junge Menschen die Jugend nicht als<br />

Entwicklungsphase gehabt haben, dann Gnade<br />

uns Gott. Dann bekommen wir keine Zivilgesellschaft,<br />

son<strong>der</strong>n eine Expertengesellschaft, eine<br />

von Rationalität durchtränkte Gesellschaft, die<br />

unfähig ist, mit Konflikten umzugehen, die Konflikte<br />

nicht lösen kann. Ein Schlüssel ist, dass Jugend<br />

den Raum hat, sich auszuprobieren, um partizipieren<br />

zu können, um konfliktfähig zu werden,<br />

sich etwas zu trauen und mit Grenzen umgehen zu<br />

können. Das sind alles Dinge, die man in <strong>der</strong> Jugendarbeit<br />

praktisch umsetzen kann. Doch Vorsicht:<br />

Man geht in <strong>der</strong> Jugendarbeit immer selbstverständlich<br />

davon aus – weil man keine Curricula<br />

hat wie die Schule – dass man gut und sinnvoll ist.<br />

Vieles, was in den Verbänden, in ihrer Arbeit<br />

selbstverständlich ist, wird draußen aber nicht<br />

mehr gesehen. Deswegen entstehen viele Fragen:<br />

Was lernen Jugendliche dort? Was bringen die<br />

Verbände? In <strong>der</strong> Jugendarbeit schon immer das<br />

Problem, dass sie so schwer evaluierbar ist, weil<br />

die Jugendlichen erst wenn sie älter sind spüren,<br />

was ihnen die Jugendarbeit gebracht hat. In <strong>der</strong> Jugendzeit<br />

sehen sie oft nur Selbstverständlichkeiten<br />

und Konflikte. Deshalb ist es notwendig, dass die<br />

Jugendverbände ihre Evaluationen auf die Dimension<br />

<strong>der</strong> biografischen Nachhaltigkeit ausrichten.<br />

So könnten sie sich auch besser im neueren<br />

Bildungsdiskurs zum Lebenslangen Lernen<br />

verorten.<br />

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