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Stadt der Zukunft - Deutscher Bundesjugendring

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3/2009<br />

24<br />

Teilhabe an <strong>der</strong> Zivilgesellschaft<br />

Ein Gespräch mit Professor Lothar Böhnisch<br />

Professor Lothar Böhnisch beschäftigt sich<br />

mit den sozialen Dimensionen zivilgesellschafter<br />

Modelle. Im Gespräch erläutert er<br />

die Grundzüge <strong>der</strong> Zivilgesellschaft. Er beschreibt,<br />

welchen Platz Jugendliche in einer solchen Gesellschaft<br />

haben und welche Rolle Jugendverbände<br />

spielen sollten und können.<br />

Die Idee <strong>der</strong> Zivilgesellschaft: Wie kann man sie<br />

mit wenigen Worten beschreiben?<br />

Der zivilgesellschaftliche Diskurs hat drei bis vier<br />

Dimensionen. Einmal ist Zivilgesellschaft – im europäischen<br />

Diskurs – ein gouvernamentaler Entwurf:<br />

Er beschreibt das neue und gute Regieren,<br />

bei dem es darum geht, die Top-Down-Tradition<br />

durch Bottom-Up-Prozesse zu ergänzen. Beim<br />

Regieren werden Bürgerinnen und Bürger inzwischen<br />

eingebunden, damit kommt Dynamik in<br />

Regierungsprozesse. Die zweite Dimension ist<br />

eine mehr institutionelle Dimension. Neben dem<br />

und unterhalb des parlamentarischen Systems bilden<br />

sich Organisationen, Verbände und vor allem<br />

Bürgerinitiativen. Die Idee ist, den Pluralismus <strong>der</strong><br />

Verbände o<strong>der</strong> Initiativen stärker zu betonen und<br />

in Verantwortung zu bringen. Bei dieser Dimension<br />

sind Verbände zentrale Figuren. Vor allem in<br />

<strong>der</strong> deutschen Gesellschaft sind Verbände stark kooptiert.<br />

Die Frage an die großen Verbände ist: Wie<br />

weit bilden sie selbst zivilgesellschaftliche Strukturen<br />

aus, um ihre Mitglie<strong>der</strong> (und Klienten) stärker<br />

in Teilhabe und Mitbestimmung und Engagement<br />

zu bringen.<br />

Und die dritte und vierte Dimension?<br />

Die dritte Dimension bezieht sich auf die Krise <strong>der</strong><br />

Arbeitsgesellschaft und <strong>der</strong> Entgrenzung des Sozialstaates.<br />

Wir leben in Deutschland und den<br />

westeuropäischen Län<strong>der</strong>n in einem System, in<br />

dem soziale Rechte vom Arbeitsstatus und Normalarbeitsverhältnis<br />

abgeleitet werden. Wer arbeitslos<br />

ist, hat wenige Chancen <strong>der</strong> Teilhabe. Die<br />

zivilgesellschaftliche Idee ist ein Versuch, die Bürgerrechte<br />

zu erweitern; o<strong>der</strong> darauf zu antworten,<br />

dass soziale Rechte o<strong>der</strong> Teilhaberechte, die fak-<br />

tisch über Arbeit vermittelt werden, erreichbar<br />

sind für alle, die arbeitslos o<strong>der</strong> in prekären Arbeitsverhältnissen<br />

sind. Die vierte Dimension ist<br />

mit <strong>der</strong> Frage verknüpft: Wird in zivilgesellschaftlichen<br />

Diskursen thematisiert, ob und wie<br />

Gruppen, die aus verschiedensten Gründen ausgeschlossen<br />

sind – etwa Jugendliche – beteiligt<br />

werden können.<br />

Können Jugendliche beteiligt werden?<br />

Jugend soll an <strong>der</strong> Zivilgesellschaft beteiligt werden,<br />

gleichzeitig haben alle Konzepte von Zivilgesellschaft<br />

aber keinen Jugendbegriff. Die Konzepte<br />

von Zivilgesellschaft gehen vom fertigen<br />

Bürger aus. Sie sagen wenig über zivilgesellschaftliche<br />

Sozialisation aus; und damit natürlich<br />

wenig über die Frage, wie Jugendliche befähigt<br />

werden können, bürgerschaftlich zu agieren. Sie<br />

sagen nichts darüber, welche Gegebenheiten Jugendliche<br />

vorfinden und welchen Zugang sie eigentlich<br />

haben. Weil alle zivilgesellschaftlichen<br />

Diskurse vom fertigen Bürger ausgehen, ist das ein<br />

blin<strong>der</strong> Fleck, über den man diskutieren und nachdenken<br />

muss.<br />

Wo sollte denn wer darüber nachdenken?<br />

Der DBJR wäre ein geeignetes Forum. Die Jugendverbände<br />

stehen aus meiner Sicht vor dem<br />

Problem, dass sie sich selbst zivilgesellschaftlich<br />

überprüfen sollten. Die Frage wäre: Welche Möglichkeiten<br />

haben Verbände und welche Tradition,<br />

um Jugendliche als Bürger ins Spiel zu bringen.<br />

Aus meiner Beobachtung haben wir in den Jugendverbänden<br />

manifest und latent ein sehr starkes<br />

hierarchisches Verhältnis zwischen Jugendlichen,<br />

Erwachsenen, erst Recht zwischen<br />

Jugendverbänden und den Erwachsenenverbänden.<br />

Das ist eine Konfliktsituation, mit <strong>der</strong> ganz<br />

unterschiedlich umgegangen wird, die teilweise<br />

bereits entschärft ist, aber oft wie<strong>der</strong> aufbricht.<br />

Dieser Konflikt liegt im Grunde quer zur bürgerschaftlichen<br />

Idee, dass Jugendliche und Erwachsene<br />

gleichermaßen als Bürgerinnen und Bürger<br />

anerkannt werden sollen.<br />

Jugend politik

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