Stadt der Zukunft - Deutscher Bundesjugendring
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che Bestandsdauer, ausgeprägte Inhalte, Engagement-<br />
und Vernetzungsmöglichkeiten und an<strong>der</strong>es<br />
angeht. Ein Sozialraum kann also eine Bushaltestelle<br />
im Dorf sein, wo erste Begegnungen und<br />
Gespräche mit dem an<strong>der</strong>en Geschlecht stattfinden<br />
– ebenso gilt aber ein Jugendverband mit bundesweit<br />
übergreifenden Strukturen als Sozialraum.<br />
Kin<strong>der</strong> und Jugendliche leben nie in nur einem<br />
Sozialraum. Sozialräume sind vernetzt und bilden<br />
dabei die „emanzipatorische Lebenswelt“ des einzelnen<br />
Jugendlichen o<strong>der</strong> Kindes, aber auch die<br />
von Gruppen, Peer Groups o<strong>der</strong> Cliquen ab.<br />
Emanzipatorisch sind sie, weil die Aneignungsprozesse<br />
vom Individuum o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Gruppe selbst<br />
gesteuert und gestaltet werden. Die Aneignungsprozesse<br />
bei Sozialräumen, die von Kin<strong>der</strong>n o<strong>der</strong><br />
Jugendlichen dauerhaft besetzt werden können,<br />
führen dazu, dass die Eigenständigkeit <strong>der</strong> Persönlichkeit<br />
und das Übernehmen von Verantwortung<br />
aus sozialer, kultureller, organisatorischer,<br />
gesellschaftlicher und zum Teil auch politischer<br />
Sicht geför<strong>der</strong>t wird. Sozialisatorische Wirkungen<br />
von zur Verfügung gestellten Räumen verschwimmen<br />
hier mit dem pädagogischen Handeln,<br />
dem Arrangieren dieser Räume. Es kann<br />
festgehalten werden, dass Aneignungsgelegenheiten<br />
von Territorien und Räumen eine Grundvoraussetzung<br />
dafür sind, dass Kin<strong>der</strong> und Jugendliche<br />
ein aktiver Teil <strong>der</strong> demokratischen<br />
Gesellschaft werden und sich zu eigenständigen<br />
Persönlichkeiten entwickeln.<br />
Umgekehrt gilt, dass zum Hineinwachsen in<br />
eine Gesellschaft räumliche und territoriale Aneignungsmöglichkeiten<br />
gegeben sein müssen. Daraus<br />
folgt, dass gesellschaftliche Teilhabe o<strong>der</strong> Partizipation<br />
mit dem Aneignungsprozess gleichgesetzt<br />
werden kann, denn dort, wo Räume o<strong>der</strong> Territorien<br />
aneigenbar sind, findet auch Partizipation<br />
statt.<br />
Virtuelle und reale Räume<br />
Virtuelle Räume, wie sie beispielsweise von<br />
Chats, Mikrobloggs o<strong>der</strong> Foren „aufgespannt“<br />
werden, erfahren dann große Bedeutung, wenn<br />
sie zur realen Raumaneignung führen. Bei einem<br />
Chat in Berlin verabredeten sich z. B. Hun<strong>der</strong>te Jugendliche<br />
an einem bestimmten Wochentag auf<br />
dem Alexan<strong>der</strong>platz. Dennoch tragen virtuelle<br />
Räume häufig zu einem Bedeutungsverlust realer<br />
Räume bei. In virtuellen Räumen werden Aneignungsprozesse<br />
durch symbolische Handlungen ersetzt.<br />
Die Tendenz <strong>der</strong> Vereinzelung geht einher<br />
mit einer Abnahme gesellschaftlicher Teilhabe.<br />
Jugend politik<br />
Der städtische Raum<br />
3/2009<br />
Auffallend am städtischen Raum ist die geringe<br />
Mobilität von Jugendlichen. In Berlin gibt es<br />
beispielsweise Jugendliche, die noch nie in einem<br />
an<strong>der</strong>en <strong>Stadt</strong>teil waren. Der eigene Kiez ist das<br />
hauptsächliche Territorium für Jugendliche. Im<br />
Kiez sind die Bezüge, die Mechanismen, die<br />
Wege, die Rückzugsräume, aneigenbares und<br />
fremdes Territorium, bekannt. Virtuelle Räume<br />
werden in <strong>der</strong> Großstadt teilweise mit realen Räumen<br />
verbunden. Territorien und Räume, die von<br />
Jugendlichen aneigenbar sind, „konkurrieren“ in<br />
<strong>der</strong> Großstadt in hohem Maße mit Interessen des<br />
Handels und <strong>der</strong> Banken, überzogenem Ruhe- und<br />
Sauberkeitsbedürfnis, medieninduzierten Ängsten<br />
vor Gewalt und finanzpolitischer Argumentation<br />
zur Schließung hochwirksamer Angebote <strong>der</strong> Jugendarbeit.<br />
Gegen all diese Konkurrenz sind Kin<strong>der</strong><br />
und Jugendliche regelmäßig die Verlierer.<br />
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