Stadt der Zukunft - Deutscher Bundesjugendring
Stadt der Zukunft - Deutscher Bundesjugendring
Stadt der Zukunft - Deutscher Bundesjugendring
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
3/2009<br />
4<br />
Jugendpolitik mit Freiräumen<br />
Kin<strong>der</strong> und Jugendliche müssen vom Objekt <strong>der</strong> Politik<br />
zu handelnden Persönlichkeiten in <strong>der</strong> Gesellschaft werden<br />
Von Sven Frye<br />
Kin<strong>der</strong> und Jugendliche sind eigenständige<br />
Persönlichkeiten. Sie müssen müssen deswegen<br />
als Akteure von Politik und Gesellschaft<br />
in den Blick genommen werden. Sie<br />
brauchen einen Rahmen, um selbstbestimmt handeln<br />
und aufwachsen zu können. Eine in sich stimmige<br />
Jugendpolitik muss sie dabei unterstützen.<br />
Bislang werden Kin<strong>der</strong> und Jugendliche zu<br />
sehr als Objekte <strong>der</strong> Politik gesehen. Über sie und<br />
ihre Anliegen wird in unterschiedlichen Politikfel<strong>der</strong>n<br />
diskutiert und entschieden. Sie sind Objekte<br />
in <strong>der</strong> Bildungspolitik, in <strong>der</strong> Familienpolitik,<br />
in <strong>der</strong> Arbeits- und Sozialpolitik. Melden sie<br />
sich im Kontext dieser Politikfel<strong>der</strong> einmal zu<br />
Wort – wie dies etwa bei den Bildungsstreiks geschieht<br />
– dann werden sie als Störenfriede wahrgenommen,<br />
als Aufmüpfige und nicht als ernstzunehmende<br />
Partner. Diese Sicht auf die jetzt<br />
junge Generation muss sich än<strong>der</strong>n.<br />
Kin<strong>der</strong> und Jugendliche haben Anliegen, sie<br />
haben Vorstellungen und Meinungen zu vielem,<br />
was in <strong>der</strong> Welt geschieht. Jugendpolitik muss<br />
deswegen alle Bereiche umfassen, in denen Kin<strong>der</strong><br />
und Jugendliche direkt o<strong>der</strong> zukünftig von<br />
(politischen) Entscheidungen und Prozessen betroffen<br />
sind. Jugendpolitik muss eine Querschnittsaufgabe<br />
sein, besser aufeinan<strong>der</strong> abgestimmt<br />
sein und einen umfassen<strong>der</strong>en Ansatz<br />
haben als <strong>der</strong>zeit.<br />
Vor allem darf eine stimmige Jugendpolitik<br />
nicht die persönliche Entwicklung junger Menschen<br />
nur zum Nutzen für die Gesellschaft bewusst<br />
steuern. Beispielsweise darf die Bildung<br />
junger Menschen nicht nur <strong>der</strong> beruflichen Bildung<br />
dienen. Kin<strong>der</strong> und Jugendliche sind eben<br />
mehr als Schülerinnen und Schüler, als Fachkräfte<br />
o<strong>der</strong> künftige Steuerzahlende.<br />
Eine gute, ressortübergreifende Jugendpolitik<br />
kann deswegen nur das Ziel haben, die Interessen<br />
<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> und Jugendlichen in die Gesellschaft<br />
zu vermitteln. Sie muss Freiräume schaffen; also<br />
Orte, Zeiten und Möglichkeiten, in denen Kin<strong>der</strong><br />
und Jugendliche ihr Tun und Handeln selbst bestimmen,<br />
Verantwortung für ihr eigenes Handeln<br />
übernehmen können. Freie Räume sind die Mög-<br />
lichkeit für eine zweckfreie und selbstbestimmte<br />
Entwicklung. Konkret kann das heißen:<br />
Zeitliche Freiräume sind Zeitspannen, die von<br />
Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen selbstbestimmt gestaltet<br />
und wahrgenommen werden können. Sie müssen<br />
selbst entscheiden können, was mit <strong>der</strong> eigenen<br />
Zeit angefangen wird. Diese Zeitfenster<br />
werden durch stärkere direkte und indirekte<br />
Fremdbestimmung des Alltags und <strong>der</strong> Biographie<br />
des Aufwachsens eingeschränkt.<br />
Entwicklungen, die die (all)tägliche selbstbestimmbare<br />
Zeit einschränken sind z. B. die Ausdehnung<br />
<strong>der</strong> Schulzeit auf den ganzen Tag (Ganztagsschulen,<br />
G8 u.a.), lange Schulwege, lange<br />
Wege zu infrastrukturellen Einrichtungen und<br />
Gleichaltrigen und an<strong>der</strong>e Anfor<strong>der</strong>ungen, Termine<br />
(z. B. Praktika, Nachhilfe, Zusatzkurse), die<br />
zwar formal freiwillig sind, aber Jugendliche aus<br />
Gründen <strong>der</strong> sozialen Erwünschtheit nicht nicht<br />
wahrnehmen können.<br />
Entwicklungen und Tatsachen, die die selbstbestimmte<br />
Lebenszeit (zunehmend) einschränken,<br />
sind zum einen Pflichtdienste (Wehrpflicht) o<strong>der</strong><br />
de facto Pflichtpraktika. Es sind aber auch gesellschaftliche<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen/Entwicklungen, wie<br />
<strong>der</strong> Drang nach einem möglichst schnellen Ausbildungs-/<br />
Studienabschluss und die Auswirkungen<br />
gesellschaftlicher Realitäten wie die Notwendigkeit<br />
<strong>der</strong> eigenen Finanzierung des<br />
Studiums durch Erwerbsarbeit vor o<strong>der</strong> neben<br />
dem Studium (und damit Verlängerung <strong>der</strong> Studiendauer).<br />
Dazu zählt auch die Beschränkung<br />
<strong>der</strong> Wahlfreiheit bei <strong>der</strong> Berufswahl durch nicht<br />
zur Verfügung stehende Ausbildungs- und Studienplätze<br />
o<strong>der</strong> die (ggf. nicht vorhandenen) Möglichkeiten<br />
<strong>der</strong> Einkommenssicherung mit vielen<br />
Studienabschlüssen.<br />
Örtliche Freiräume<br />
Örtliche Freiräume sind Orte, die Kin<strong>der</strong> und<br />
Jugendliche für sich selbstbestimmt als freie<br />
Räume begreifen und besetzen können. Örtliche<br />
Freiräume müssen Räume sein, die Jugendliche<br />
selbstbestimmt füllen, belegen und besetzen können.<br />
Dies umfasst das eigene Zimmer, den Ju-<br />
Jugend politik