Stadt der Zukunft - Deutscher Bundesjugendring
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3/2009<br />
26<br />
Buchtipp<br />
Die Diskussionen um die Bürgergesellschaft und die <strong>Zukunft</strong><br />
des Sozialstaates treffen in Deutschland immer noch kontraproduktiv<br />
aufeinan<strong>der</strong>. Entwe<strong>der</strong> finden sich die Diskutanten<br />
<strong>der</strong> Bürgergesellschaft als Erben des Sozialstaates,<br />
wollen ihn ersetzen o<strong>der</strong> sie reduzieren ihn auf die Rolle eines<br />
fiskalischen Ressourcenbeschaffers. Der Staat als zentrales<br />
Medium sozialpolitischer Gestaltung verschwindet aus<br />
dem Blickwinkel. In diesem Buch wird nun <strong>der</strong> Versuch unternommen,<br />
den bürgerschaftlichen Diskurs in eine gesellschaftspolitisch<br />
verbindliche und den Herausfor<strong>der</strong>ungen des<br />
digitalen Kapitalismus angemessene Richtung zu lenken. Es<br />
wird aufgezeigt, dass sich die bürgerschaftlichen Programmatiken<br />
in Deutschland an einer unhinterfragten Adaption<br />
des amerikanischen Modells orientieren, welche die historische<br />
Realität <strong>der</strong> deutschen Sozialstaats- und Bürgerentwicklung<br />
nicht angemessen beschreibt. Zentral ist, dass das<br />
Sozialpolitische eine an<strong>der</strong>e Logik hat, als dies das Bürgerschaftliche<br />
in se iner aktuellen und historischen Sozialstaatskritik<br />
unterstellt. Der sozialpolitische Diskurs in<br />
Deutschland hat sich immer aus dem Spannungsverhältnis<br />
von Kapital und Arbeit heraus entwickelt und nicht aus einer<br />
lokalen Bewegung mit bürgergesellschaftlichem Anspruch.<br />
Dieses sozialpolitische Spannungsverhältnis wird in diesem<br />
Buch aktualisiert und auf den verschiedenen Ebenen <strong>der</strong><br />
sozialökonomischen Entwicklung zur bürgergesellschaftlichen<br />
Perspektive in Bezug gesetzt.<br />
Die Autoren:<br />
Lothar Böhnisch war bis vor kurzem Professor für Sozialpädagogik<br />
und Sozialisation <strong>der</strong> Lebensalter an <strong>der</strong> Technischen<br />
Universität Dresden. Er hat seit kurzem eine Professur<br />
für Soziologie an <strong>der</strong> Freien Universität Bozen in <strong>der</strong> Fakultät<br />
für Bildungswissenschaften.<br />
Wolfgang Schröer, Jg. 1967, Dr. phil., ist Dozent am Institut<br />
für Sozial- und Organisationspädagogik an <strong>der</strong> Universität<br />
Hildesheim.<br />
Was ist dabei die Aufgabe <strong>der</strong> Verbände?<br />
Es geht darum, Selbstständigkeit von Jugendlichen<br />
gesellschaftlich anzuerkennen und gleichzeitig zu<br />
sehen, dass sie sich in geschützter Umgebung entwickelt.<br />
Deswegen darf man Jugendliche nicht<br />
alleine lassen. Eine Auffor<strong>der</strong>ung an Jugendverbände<br />
ist deswegen: Durchdenken, ob die unterschiedlichen<br />
Hierarchien in den Verbänden bürgergesellschaftlich<br />
quer liegen. Außerdem gilt es<br />
Projekte zu organisieren, in denen bürgergesellschaftliche<br />
Möglichkeiten für Jugendliche deutlich<br />
werden. Natürlich kann es dann das Problem geben,<br />
dass ein solches Projekt sich plötzlich auch<br />
gegen einen Verband richtet.<br />
Wie ist das zu verstehen?<br />
Ein Beispiel mit Begriffen aus <strong>der</strong> Sozialarbeit:<br />
Wir machen den Klienten zum Bürger und merken<br />
oft nicht, dass sich damit <strong>der</strong> Status verän<strong>der</strong>t.<br />
Der Bürger ist nämlich nicht mehr Klient. Klient<br />
sein heißt aber, begrenzt sein. Der Bürgerstatus ist<br />
aber nicht begrenzt. Der Bürgerstatus eines Jugendlichen<br />
im Verband wäre deswegen ein doppelter:<br />
Verbandsangehöriger sein, in die Hierarchie<br />
hineinkommen und damit gleichzeitig Räume im<br />
Verband zu erschließen, die über den Verband hinausreichen<br />
können. Dies würde auch zur inneren<br />
Entwicklung <strong>der</strong> Verbände beitragen.<br />
Was heißt dann an dieser Stelle Entwicklung?<br />
Bei den Verbänden beobachte ich, dass die große<br />
Zeit <strong>der</strong> Konflikte vorüber ist. Das Aufbegehren<br />
hat sich entschärft. Die Verbände werden wie<strong>der</strong><br />
als Karrierewege entdeckt. Gleichwohl finden Jugendliche<br />
Verbände immer noch als Räume für<br />
Projekte interessant. Denn nur aus solchen eigen<br />
entwickelten Projekten können sich produktive<br />
Konflikte entwickeln, die zivilgesellschaftliche<br />
Qualität entfalten. Den Verbänden können diese<br />
Konflikte nur gut tun.<br />
Die Verbände bieten doch Partizipation, bieten<br />
Raum für Mitbestimmung und Konflikte.<br />
Die Partizipationsfrage im Jugendalter ist vielschichtig:<br />
Mit welchen Voraussetzungen kommen<br />
Jugendliche aus den Familien und wie sieht es in<br />
<strong>der</strong> Schule aus? Es gab Zeiten, in denen die Idee<br />
Jugend politik