13.06.2019 Aufrufe

Berliner Kurier 12.06.2019

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

*<br />

SEITE5<br />

BERLINER KURIER, Mittwoch, 12. Juni 2019<br />

Emily (7)<br />

wünscht sich<br />

ein großes<br />

Familientreffen,<br />

damit sich dort<br />

alle wiedersehen<br />

können.<br />

Lea (8) wünscht<br />

sich, dassihre<br />

Mama keine<br />

Sorgen mehr hat<br />

und sie und ihre<br />

Geschwister bald<br />

alle wieder<br />

zusammen<br />

sein können.<br />

Foto: Bernd Friedel<br />

sich die Situation verbessert,<br />

wenn die Eltern wieder Arbeit<br />

haben. Ihre Mutter, eine Altenpflegerin,<br />

fange bald eine neue<br />

Stelle an, ihr Vater suche aber<br />

immer noch nach einem Job.<br />

Das Schöne ist, dass ihre Eltern<br />

mehr Zeit für sie hätten als andere<br />

Eltern, weil sie viel zu<br />

Hause seien. „Wenn ich mal<br />

groß bin, möchte ich viel Geld<br />

verdienen, aber trotzdem noch<br />

genügend Zeit für meine Kinder<br />

haben“, sagt sie, während<br />

sie ihre Bulette schneidet. Was<br />

sie werden möchte, weiß Jessica<br />

allerdings noch nicht.<br />

„Das Geld ist so ungerecht<br />

verteilt. Manche Freunde von<br />

mir haben noch nicht mal eine<br />

Taucherbrille oder Schwimmflossen,<br />

weil die Eltern sich das<br />

nicht leisten können“, sagt Alex<br />

(12). Es wäre schön, wenn die<br />

reichen Menschen den ärmeren<br />

Menschen etwas abgeben<br />

können, findet er. Er kommt<br />

wie Jessica gleich auf die Reporter<br />

zu und fragt, ob er auch<br />

Die Arche in Hellersdorf<br />

bietet bedürftigen Kindern<br />

ein Zuhause.<br />

etwas sagen darf. Das Bedürfnis<br />

zu reden, ist bei vielen Kindern<br />

sehr groß. Alex besucht die Arche<br />

schon, seitdem er zwei Jahre<br />

alt ist. Er hat einiges auf dem<br />

Herzen, das er den KURIER-<br />

Lesern gern sagen möchte. „Ich<br />

wünsche mir, dass die Politiker<br />

dafür sorgen, dass in den Supermärkten<br />

weniger weggeschmissen<br />

wird und alle Lebensmittelreste<br />

an Menschen<br />

verteilt werden, die kein Geld<br />

haben, um sich welche zu kaufen.“<br />

Rund 300 Mittagessen werden<br />

vom hauseigenen Koch der<br />

Arche täglich zubereitet. Überschüssige<br />

Nahrungsmittel werden<br />

einmal in der Woche an Obdachlose<br />

verteilt. Manche Kinder<br />

kommen nicht allein und<br />

bringen auch noch Eltern und<br />

Geschwister zum Essen mit.<br />

Beim Mittagstisch sollen nicht<br />

nur alle satt werden, er dient<br />

vor allem als Ort der Kommunikation.<br />

„Sie sollen gemeinsam<br />

essen und den Familienverbund<br />

stärken“, sagt Florian<br />

Egert (43), der in der Arche als<br />

Sportpädagoge angestellt ist<br />

und bei dieser Mahlzeit heute<br />

mit am Tisch sitzt.<br />

Es sind nur wenige Erwachsene<br />

an diesem Dienstag nach<br />

Pfingsten da, weil noch keine<br />

Schule ist und viele Kinder mit<br />

ihren Eltern zu Hause geblieben<br />

sind. Eine der Mütter, Yuliya<br />

Fileva (38) aus Hellersdorf,<br />

kommt regelmäßig. „Das Essen<br />

schmeckt sehr gut und es kostet<br />

nichts“, sagt die Bulgarin, die<br />

2010 mit ihren beiden Söhnen<br />

allein nach Deutschland kam.<br />

Sie arbeitet Teilzeit bei der<br />

Deutschen Post und muss mit<br />

Hartz IV aufstocken, da das<br />

Geld nicht reicht, um sich und<br />

die beiden Söhne zu versorgen.<br />

Gerade hat sie ein neues Problem<br />

zu lösen. Eines ihrer Kinder<br />

darf mit der Arche in den<br />

Sommerferien ins Zeltlager<br />

fahren und braucht dafür noch<br />

eine Isomatte und einen Schlafsack.<br />

„Ich weiß gerade nicht,<br />

woher ich das Geld nehmen<br />

soll“, sagt sie.<br />

Doch es gibt auch Wünsche,<br />

die nicht mit Geld bezahlt werden<br />

können. Jene, die weitaus<br />

schwieriger zu erfüllen sind.<br />

„Ich möchte endlich meinen<br />

Bruder wiedersehen. Er fehlt<br />

mir so“, sagt Emily (7). Sie<br />

wachse bei ihrem Vater auf, die<br />

anderen Geschwister bei der<br />

Mutter und einem ihrer Ex-<br />

Partner. „Manchmal träume<br />

ich, dass wir wenigstens für einen<br />

Tag als Familie zusammenkommen<br />

können und alles wieder<br />

wird wie früher“, sagt sie.<br />

Vielleicht wird dieser Traum<br />

eines Tages wahr. Das wünscht<br />

sich Emily so sehr.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!