Taxi Times München - Juli 2019
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TITELTHEMA<br />
Kundenklau im großen Stil:<br />
mytaxi geht in Free Now über,<br />
Fahrgästen werden dort auch<br />
Mietwagen angeboten.<br />
DIE GROSSE WUT<br />
AUF MYTAXI<br />
Ende April ließ mytaxi die Bombe platzen. Als Teil von »Free Now« werde man<br />
künftig auch Mietwagen vermitteln. Scheuers Eckpunkte erscheinen damit in<br />
einem ganz anderen Licht.<br />
Für die einen war es ein Paukenschlag, anderen war es seit<br />
Jahren klar: Das Hauptanliegen von mytaxi ist es nicht, die<br />
<strong>Taxi</strong>vermittlung zu modernisieren, sondern dem <strong>Taxi</strong>gewerbe<br />
die Kunden zu entziehen und auf Personenbeförderungsangebote<br />
zu lenken, an denen nicht viele Tausend<br />
mittelständische Unternehmen und Kleinbetriebe<br />
verdienen, sondern die Daimler AG, die im<br />
Jahr 2017 einen Gewinn von 10,6 Milliarden Euro<br />
machte und deren bisheriger Vorstandsvorsitzender<br />
Dieter Zetsche mehr als eine halbe Million<br />
Euro im Monat verdiente.<br />
mytaxi wird also seinen etablierten Namen<br />
aufgeben und stattdessen als „Free Now“ Mobilität<br />
vermitteln. Vor allem will man dem Kunden<br />
künftig auch Mietwagen anbieten, die unter<br />
dem <strong>Taxi</strong>preis fahren sollen. mytaxi wechselt die<br />
Seiten, gibt aber vor, <strong>Taxi</strong>s weiterhin mitspielen<br />
lassen zu wollen. Dabei muss aber jedem klar<br />
sein: <strong>Taxi</strong>s werden dann nur noch ein Angebot<br />
unter vielen sein.<br />
Als Begründung für die Integration von mytaxi<br />
in Free Now gibt der Konzern an, dass sich die<br />
Personenbeförderungsbranche mittlerweile in<br />
einem internationalen Wettbewerb mit globalen<br />
Playern befinde. Diesen Markt wolle man diesen<br />
Playern nicht überlassen und meint dabei speziell Uber. Uber<br />
habe beispielsweise in Berlin drei Jahre benötigt, um exakt jenen<br />
Marktanteil zu erschließen, für den mytaxi acht Jahre benötigt<br />
habe, jammerte kürzlich ein mytaxi-Mitarbeiter bei einer Veranstaltung.<br />
Der Seitenwechsler folgert daraus, dass man neue Angebote<br />
schaffen müsse, „damit die bei uns angeschlossenen Fahrer<br />
auch in Zukunft unter optimalen Bedingungen ihre Dienstleistung<br />
anbieten können“.<br />
TAXIDEMOS SIND „PÖBELEI“<br />
mytaxi-Geschäftsführer Eckart Diepenhorst<br />
spricht in einer Video-Botschaft an die <strong>Taxi</strong>fahrer<br />
und Unternehmer davon, dass man lieber auf<br />
Angriff gehen solle, anstatt „gegen die neue Wettbewerbssituation<br />
zu pöbeln“. Meint Diepenhorst<br />
mit „pöbeln“ etwa die <strong>Taxi</strong>proteste am 10. April,<br />
an denen sich mytaxi nicht beteiligt hatte?<br />
Mit den Free-Now-Plänen erscheint auch<br />
Scheuers stures Festhalten an seinen Eckpunkten<br />
in einem anderen Licht. Die Verfehlungen<br />
und offensichtlichen Kriegstreibereien von Uber<br />
sind so hanebüchen, dass kein vernünftiger Politiker<br />
dafür seinen guten Ruf aufs Spiel setzen<br />
würde. Wenn der tatsächliche Lobbyist aber aus<br />
dem eigenen Land kommt, ein massives Dieselproblem<br />
hat und vor allen Dingen mit Hunderttausenden<br />
von gefährdeten Arbeitsplätzen<br />
drohen kann, dann scheint es aus politischer<br />
Sicht nur das kleinere Übel zu sein, ein paar Zehntausend <strong>Taxi</strong>unternehmer<br />
und -fahrer zu opfern. Noch dazu, wo doch mytaxi als<br />
einer der bisherigen <strong>Taxi</strong>partner generös einen Teil davon in den<br />
FOTOS: Kirtschkowsky, mytaxi<br />
4 JULI / <strong>2019</strong> TAXI