Die Malteser-Zeitung 3/2019
Berichterstattung über nationale und internationale Tätigkeiten des Souveränen Malteser-Ritter-Orden und seiner Werke sowie religiöse, karitative und soziale Fragen aller Art.
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RÜCKBLICK<br />
„DIE UNS HALFEN, VON DER ALTEN<br />
IN DIESE NEUE WELT ZU KOMMEN“<br />
Zum 30. Mal jährte sich diesen September der Fall der Berliner Mauer. Bei ihrer Flucht von Ost nach West fanden viele<br />
DDR-Bürger Zuflucht in Nothilfelagern der MALTESER in Ungarn. Zeitzeugen und Helfer berichten.<br />
Von Marie Czernin<br />
Budapest im Sommer 1989: Dass diese Zeit nicht nur<br />
das Leben Tausender ehemaliger DDR-Bürger, sondern<br />
auch mein Leben verändern würde, war mir erst viel<br />
später bewusst. Dass hingegen wir <strong>Malteser</strong> in Budapest<br />
ein einmaliges historisches Ereignis miterleben und<br />
spontan beim St. Johanns Club, um bei der Aufnahme<br />
erschöpfter Flüchtlinge aus Ungarn an der Grenze im<br />
Burgenland mitzuhelfen. So konnte er damals als junger<br />
Student die Geburtsstunde des <strong>Malteser</strong> Hospitaldienstes<br />
Austria (MHDA) miterleben.<br />
auch mitprägen durften, spürte ich schon damals. Also<br />
schrieb ich die vielen Erlebnisse und Begegnungen mit<br />
den Flüchtlingen aus der DDR eifrig in mein Tagebuch.<br />
Dabei war mein politisches Interesse noch nicht so ausgeprägt<br />
wie heute. Es beschränkte sich während meiner<br />
Schulzeit vor allem auf viele interessante Gespräche<br />
mit unserem Vater, der bemüht war, die recht einseitige<br />
Darstellung unseres Geschichte-Unterrichts im sozialistischen<br />
Gymnasium von Klagenfurt etwas zurechtzurücken.<br />
So hatte er uns auch oft vom ungarischen Volksaufstand<br />
von 1956 erzählt und davon, wie dieser von<br />
der sowjetischen Armee brutal niedergeschlagen wurde.<br />
Mein Vater studierte damals in Wien Welthandel. Als er<br />
von den blutigen Unruhen in dem durch den Eisernen<br />
Vorhang getrennten Nachbarland hörte, meldete er sich<br />
Das „Paneuropa-Picknick“<br />
33 Jahre später – ich hatte gerade die Matura hinter<br />
mich gebracht und erfreute mich meiner neu erworbenen<br />
Unabhängigkeit – war es wieder soweit: In Ungarn<br />
brodelte es. Ich kam gerade vom Weltjugendtag in Santiago<br />
de Compostela zurück und hatte zwei Wochen lang<br />
keine Nachrichten gehört. Da erzählte mir mein Vater<br />
aufgeregt vom „Paneuropa-Picknick“ an der Grenze bei<br />
Sopron, das Otto von Habsburg gemeinsam mit László<br />
Nagy, dem Verantwortlichen des Demokratischen Forums<br />
(MDP) – einer damaligen Freiheitsbewegung in<br />
Ungarn – in die Wege geleitet hatte.<br />
Stolz erklärte mir mein Vater, er sei selbst vor 33 Jahren<br />
mit österreichischen <strong>Malteser</strong>n mehr oder weniger<br />
an der gleichen Stelle gestanden, wo sich nun an jenem<br />
DIE MALTESER 3-4/<strong>2019</strong> 45