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Berliner Zeitung 09.12.2019

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4* <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 286 · M ontag, 9. Dezember 2019<br />

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Politik<br />

NACHRICHTEN<br />

Zwischenfall bei Flug<br />

Seehofersmit Hubschrauber<br />

Beieinem Hubschrauberflug mit<br />

Bundesinnenminister Horst Seehofer<br />

(CSU) an Bord hat es einen Zwischenfall<br />

gegeben. Nach einem Termin in<br />

FrankfurtamMain am Sonnabend<br />

habe er zurück nach Bayern fliegen<br />

wollen, berichtete Seehofer.„Einige<br />

Minuten nach Abheben meldet der<br />

Pilot, er hat technische Probleme,er<br />

muss wieder zurück. Erst beim Anflug<br />

auf Frankfurthabe ich festgestellt,<br />

dass das wohl was Ernsteres war:unzählige<br />

Feuerwehr,Flugbetrieb eingestellt.“<br />

Es hätten sich Späne im<br />

Haupttriebwerk gebildet. (dpa)<br />

Polizei: Jugendliche greifen<br />

elfjährige Irakerin an<br />

Zwei Jugendliche sollen im sächsischen<br />

Sebnitz ein elfjähriges irakisches<br />

Mädchen angegriffen haben.<br />

Siehätten ihr bei demVorfall am Freitag<br />

das Tuch vomKopf gerissen, eine<br />

17-Jährige habe sie an den Haaren zu<br />

Boden gerissen, teilte die Dresdner<br />

Polizei am Sonntag mit. Danach soll<br />

ein 16-Jähriger zweimal zugetreten<br />

haben. Siesollen gesagt haben:„Was<br />

wollt ihr hier bei uns,macht euch zurück<br />

in euer Land!“ Gegen die beiden<br />

Teenager wirdunter anderem wegen<br />

gefährlicher Körperverletzung ermittelt.<br />

DieAngaben zur Tatberuhen auf<br />

der Strafanzeige des Mädchens.Es<br />

gebe derzeit keinen Grund, an der<br />

Glaubwürdigkeit des Opfers zu zweifeln,<br />

sagte ein Polizeisprecher. (dpa)<br />

Rüstungsindustrie verkauft<br />

4,6 Prozent mehr Waffen<br />

Die100 führenden Rüstungskonzerneder<br />

Erde haben ihreweltweiten<br />

Waffenverkäufe im vergangenen<br />

Jahr um fast fünf Prozent auf 420 Milliarden<br />

Dollar gesteigert, wie das<br />

Stockholmer Friedensforschungsinstitut<br />

Siprimitteilte.Das entspricht<br />

einem Zuwachs von4,6 Prozent im<br />

Vergleich zum Vorjahr.Nicht berücksichtigt<br />

wurden Güter vonUnternehmen<br />

aus China –zudiesen fehlen<br />

ausreichende Daten. Spitzenreiter<br />

bleiben die USA. Insgesamt<br />

machten US-Unternehmen 246 Milliarden<br />

Dollar aus,was 59 Prozent aller<br />

Verkäufe der Top100 entspricht.<br />

DieZahlen der vier gelisteten deutschen<br />

Konzerne mit einem Anteil<br />

vonzweiProzent nahmen insgesamt<br />

um 3,8 Prozent ab. (dpa)<br />

Rüstungsriesen<br />

So viele Milliarden US-Dollar Umsatz<br />

erwirtschafteten 2018 die größten Waffenhersteller<br />

weltweit mit Rüstungsgütern<br />

1<br />

Lockheed<br />

Martin<br />

47,3<br />

2 Boeing<br />

29,2<br />

3<br />

Northrop<br />

Grumman<br />

26,2<br />

4 Raytheon<br />

23,4<br />

5<br />

6<br />

7<br />

8<br />

9<br />

10<br />

...<br />

22<br />

55<br />

57<br />

77<br />

General<br />

Dynamics<br />

BAE Systems<br />

Airbus<br />

Leonardo<br />

Almas-Antei<br />

Thales<br />

Rheinmetall<br />

Krauss-Maffei<br />

Wegmann<br />

ThyssenKrupp<br />

Hensoldt<br />

3,8<br />

1,7<br />

1,7<br />

1,2<br />

11,7<br />

9,8<br />

9,6<br />

9,5<br />

22,0<br />

21,2<br />

BLZ/GALANTY; Q.: FRIEDENSFORSCHUNGSINSTITUT SIPRI, DPA<br />

Hunderttausende<br />

demonstrieren in Hongkong<br />

Sechs Monate nach dem Beginn der<br />

pro-demokratischen Proteste in<br />

Hongkong sind in der chinesischen<br />

Sonderverwaltungszone am Sonntag<br />

bei einer Massenkundgebung Hunderttausende<br />

Menschen auf die<br />

Straße gegangen. Es sei die„letzte<br />

Chance“ für die Hongkonger Regierungschefin<br />

Carrie Lam, auf die Forderungen<br />

der Bewegung einzugehen,<br />

sagte der Aktivist Jimmy Sham von<br />

der Civil Human Rights Front. (AFP)<br />

NorbertWalter-Borjans und Saskia Esken (Mitte), die beiden Bundesvorsitzenden der SPD,wollen die Partei wieder einen.<br />

Nichts als Kompromisse<br />

Auf dem SPD-Parteitag haben die Genossen ihr Sozialstaatskonzept beschlossen. Ganz ohne Streit gelang es nicht<br />

VonAndreas Niesmann und Tobias Peter<br />

Am Ende des SPD-Parteitages<br />

dankt Saskia Esken für<br />

„drei wunderbare Tage“.<br />

Der Wunsch der scheidenden<br />

Interims-SPD-Chefin Malu<br />

Dreyer habe sich erfüllt, sagt deren<br />

Nachfolgerin. „Dieser Parteitag war<br />

ein Parteitag der Solidarität.“ Da hat<br />

sie recht –zumindest vordergründig.<br />

Nach Monaten des Streits –erst<br />

über den Rücktritt von Partei- und<br />

Fraktionschefin Andrea Nahles,<br />

dann über die Frage der Nachfolge –<br />

sind die Genossen müde.Der parteiinterne<br />

Wahlkampf sollte die Partei<br />

einen, er hat sie weiter gespalten.<br />

Die Angst, dass sich die Spaltung<br />

beim dreitägigen Delegiertentreffen<br />

manifestieren könnte,hat den Parteitag<br />

in Berlin geprägt. Konflikte wurden<br />

soweit es ging vermieden –nichts<br />

sollte den mühsam hergestellten<br />

Burgfrieden in Gefahr bringen. EinSignal<br />

des Aufbruchs konnte unter diesen<br />

Umständen nicht entstehen.<br />

Immerhin ihr neues Sozialstaatskonzept<br />

hat die SPD nun auch formell<br />

beschlossen. Es sieht eine längere<br />

Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes<br />

Ivor,außerdem einen Rechtsanspruch<br />

auf Weiterbildung. Das<br />

Arbeitslosengeld II, im Volksmund<br />

Hartz IV, wollen die Genossen abschaffen<br />

und durch ein Bürgergeld<br />

ersetzen. Der Rechtsanspruch der<br />

Leistungsbezieher soll stärker betont,<br />

Leistungskürzungen bei Pflichtverletzungen<br />

sollen deutlich zurückgefahren<br />

werden.<br />

Über den letzten Punkt gibt es<br />

Streit. Kühnert und seine Jusos forderneine<br />

vollständige Streichung der<br />

Sanktionen, Arbeitsminister Hubertus<br />

Heil will die Mitwirkungspflichten<br />

Fast jeder Fünfte der zuletzt<br />

rund 5,5 Millionen Hartz-IV-<br />

Empfänger ist bereits seit<br />

mindestens zehn Jahren auf<br />

staatliche Unterstützung angewiesen.<br />

Das geht aus der<br />

Antwortdes Bundesarbeitsministeriums<br />

auf eine Anfrageder<br />

AfD-Bundestagsfraktion<br />

hervor, die der <strong>Berliner</strong><br />

<strong>Zeitung</strong> (Redaktionsnetzwerk<br />

Deutschland) vorliegt.<br />

für Totalverweigerer unter den Leistungsbeziehernbeibehalten.<br />

Man hätte die Sache einfach entscheiden<br />

können, aber dann hätte es<br />

doch noch eine Abstimmung zwischen<br />

Heil und Kühnert gegeben.<br />

Die hatte die Parteiführung bereits<br />

am Vortag bei der Wahl der Vize-Vorsitzenden<br />

verhindert – indem für<br />

beide ein Posten geschaffen wurde.<br />

Um die Antwortherumgemogelt<br />

Nunsieht der Beschluss des Parteitages<br />

Mitwirkungspflichten für Leistungsbezieher<br />

vor, gleichzeitig ist<br />

von einer Sicherung des „sozio-ökonomischen<br />

und sozio-kulturellen<br />

Existenzminimums“ die Rede.<br />

Die Formulierung ist ein Formelkompromiss,<br />

was man schon daran<br />

sieht, dass die Jusos eine De-facto-<br />

Abschaffung der Sanktionen bejubeln,<br />

während Heil eine generelle Absage<br />

an Sanktionen bestreitet. „Wir<br />

haben Mitwirkungspflichten. Die<br />

DAUERHAFT HARTZ IV<br />

Im Jahr 2018 waren rund<br />

991 000 Menschen seit<br />

mindestens zehn Jahren auf<br />

staatliche Unterstützung<br />

durch Hartz-IV-Leistungen<br />

angewiesen. In Berlin waren<br />

es 118 180 und in Brandenburg<br />

39 881. In Nordrhein-<br />

Westfalen waren mit<br />

295 727 die meisten Menschen<br />

in einem Bundesland<br />

betroffen.<br />

Laut Arbeitsministerium waren547<br />

810 Menschen über<br />

einen Zeitraumvon 14 Jahren<br />

oder längerauf Hartz IV angewiesen.<br />

Dagegen haben<br />

2018 rund 2,47Millionen<br />

Menschen Hartz IV hinter sich<br />

gelassen. Allerdings: Rund jeder<br />

Vierte vonihnen –circa<br />

627000 Menschen–war<br />

bereits nach drei Monaten<br />

wieder im Leistungsbezug.<br />

sind verbindlich. Verbindlichkeit<br />

heißt, dass es Konsequenzen hat,<br />

wenn man seine Pflichten verletzt“,<br />

sagt er der <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> (RedaktionsnetzwerkDeutschland).<br />

Auch in der Frage der Schuldenbremse<br />

mogelt sich die SPD um eine<br />

klareAntwortherum.Finanzstaatssekretärin<br />

Bettina Hagedorn warnt vor<br />

einer Einengung der Handlungsfähigkeit<br />

nachfolgender Generationen.<br />

Parteichef Norbert Walter-Borjans<br />

hingegen plädiert für ein Ende des<br />

Neuverschuldungsverbotes im<br />

Grundgesetz. „Es geht darum, dass<br />

wir die Ketten, die wir uns angelegt<br />

haben und die uns daran hindern, in<br />

die Zukunft zu investieren, auflösen“,<br />

sagt er.„Deswegen sollten wir in den<br />

Antrag schreiben, dass wir die Schuldenbremse<br />

überwinden wollen.“ Der<br />

Beschluss lautet dann nur, dass die<br />

Schuldenbremse „in ihrer derzeitigen<br />

Form perspektivisch“ überwunden<br />

werden müsse.<br />

Tafeln stoßen an ihre Grenzen<br />

Beider Vermögenssteuer folgt der<br />

Parteitag der Empfehlung einer Arbeitsgruppe,<br />

die vorgeschlagen<br />

hatte, Vermögen ab zwei Millionen<br />

Euro bei Einzelpersonen und vier<br />

Millionen Euro bei Verheiratetenmit<br />

ein bis zwei Prozent zubesteuern.<br />

„Wenn jemand 4,2 Millionen Euro<br />

hat, müsste der nach unserer strengen<br />

Steuer 166 Euro im Monat bezahlen<br />

– da würde er total verarmen“,spottet<br />

Finanzpolitiker Lothar<br />

Binding unter lautem Jubel.<br />

Bei den Wahlen zum Parteivorstand<br />

gehen die Delegierten mit einigen<br />

bisherigen Spitzengenossen gnadenlos<br />

um. Außenminister Heiko<br />

Maas zieht erstimzweiten Wahlgang<br />

in denVorstand ein, sein Staatsminister<br />

Niels Annen wird aus dem Gremium<br />

herausgewählt. Berlins Regierender<br />

Bürgermeister MichaelMüller<br />

zieht nach einer Niederlage im ersten<br />

Wahlgang zurück. Das gilt auch für<br />

Ralf Stegner, der seine bisher beanspruchte<br />

Führungsrolle bei der SPD-<br />

Linken für alle sichtbar an Kevin Kühnertverliert.<br />

Die große Koalition ist durch den<br />

Parteitag stabilisiert worden, nun<br />

wollen Esken und Walter-Borjans<br />

mit den Spitzen von CDU und CSU<br />

über Nachbesserungen bei Klimaschutz,<br />

Mindestlohn, Investitionen<br />

und Digitalisierung sprechen. Auch<br />

die Unionsparteichefs wollen die<br />

neue SPD-Spitzebald persönlich treffen.<br />

AusCDU-Kreisen hieß es,Parteichefin<br />

Annegret Kramp-Karrenbauer<br />

habe bereits am Freitag mit dem<br />

neuen SPD-Führungsduo telefoniert.<br />

Es sei ein „gutes Gespräch“ gewesen.<br />

Allerdings sei man sich in der Union<br />

einig, dass der „Haushalt feststehe“<br />

und für Pläne der SPD nicht wieder<br />

geöffnet werde. (mit vat.)<br />

Vorallem Ältere nutzen die Lebensmittelausgaben. Die Organisatoren fordern Unterstützung durch die Politik<br />

Rund 1,65 Millionen Menschen<br />

versorgen sich bei einer der 940<br />

Tafeln in Deutschland mit Lebensmitteln<br />

–zehn Prozent mehr als im<br />

vergangenen Jahr.Besonders groß sei<br />

die Nachfrage bei älteren Menschen.<br />

„Die Zahl der Rentner unter den Tafelkunden<br />

ist innerhalb eines Jahres<br />

um 20 Prozent auf 430 000 gestiegen“,<br />

sagte der Vorsitzende des Bundesverbandes<br />

der Tafeln, Jochen Brühl, der<br />

Neuen Osnabrücker <strong>Zeitung</strong>.<br />

Es koste viel Energie, Armut zu<br />

verstecken, sagte Brühl. Diese Kraft<br />

hätten ältere Menschen oft nicht<br />

mehr –„und kommen dann zu uns“.<br />

Allerdings hätten viele Tafeln auch<br />

spezielle Angebote für ältere Menschen<br />

gestartet, etwa Seniorennachmittage.<br />

Dies habe möglicherweise<br />

die Hemmschwelle gesenkt und sei<br />

nebenbei auch ein Beitrag gegen Alterseinsamkeit.<br />

Brühl geht nicht davon aus, dass<br />

die derzeit diskutierte Grundrente<br />

Probleme grundsätzlich lösen<br />

würde. Eine effektive Bekämpfung<br />

der Altersarmut beginne im Erwerbsleben<br />

–oder noch früher.„Unter<br />

unseren Kunden sind auch<br />

500 000 Kinder und Jugendliche.“<br />

Lager sind spendenfinanziert<br />

tik verständlich. Aber: „Auch Menschen,<br />

die wenig haben, müssen sich<br />

gesund ernähren können.“<br />

Der agrarpolitische Sprecher der<br />

FDP-Fraktion, Gero Hocker, hielt<br />

dem entgegen: „Die Debatte über<br />

Lebensmittelpreise mit der Armutsdebatte<br />

zu vermischen, wird der eigentlichen<br />

Aufgabe der Tafel, nämlich<br />

Lebensmittelverschwendung zu<br />

reduzieren, nicht gerecht.“ Niedrige<br />

Erzeugerpreise bedeuteten keineswegs<br />

auch niedrigere Lebenshaltungskosten.<br />

In Deutschland seien<br />

die Preise für Lebensmittel mit am<br />

niedrigsten, die Auflagen aber am<br />

höchsten. Diesen Spagat müsse<br />

auch der Verbraucher erkennen.<br />

Brühl seinerseits forderte mehr<br />

Unterstützung der Politik. „Bislang<br />

sind unsere Lager und Kühlfahr-<br />

DPA/MICHAEL KAPPELER<br />

Zugleich bewertete der Verbandschef<br />

Forderungen nach höheren und<br />

für die Bauern auskömmlichen Lebensmittelpreisen<br />

kritisch. „Einfach<br />

nur höhere Lebensmittelpreise zu<br />

fordern, ist zu einfach. Daswürde die<br />

Kundenzahl bei den Tafeln in die<br />

Höhe treiben.“ Zwar sei das Anliegen<br />

von Landwirten und Teilen der Polizeuge<br />

ausschließlich spendenfinanziert.<br />

Wirgeraten an Kapazitätsgrenzen.“<br />

Um noch mehr zu leisten,<br />

müsse aufgestockt werden. „Das<br />

Geld will uns aber niemand geben.<br />

Stattdessen werden wir vonder Politik<br />

mit Schulterklopfernabgespeist.“<br />

Brühl sagte, auch die Infrastruktur<br />

der Tafeln zum Beispiel in Mecklenburg-Vorpommern<br />

sei ausgelastet,<br />

die Lager seien zu klein.<br />

Beate Kopka, die Leiterin der Rostocker<br />

Tafel, sagte, dass die Supermärkte<br />

noch zu viele Lebensmittel<br />

wegwürfen. Die Tafel erhalte nur einen<br />

Bruchteil der überschüssigen<br />

Lebensmittel. Engpässe gebe es<br />

ständig bei Fleisch, Wurst und Molkereiprodukten.<br />

Wichtig sei der Einsatz<br />

von Bundesfreiwilligen für die<br />

Tafeln. (dpa)<br />

„An der Zeit,<br />

das Problem zu<br />

lösen“<br />

Nobelpreisträger fordern<br />

mehr Klimaschutz<br />

Drei Gewinner der diesjährigen<br />

Nobelpreise haben wenige Tage<br />

vorder Verleihung der Auszeichnung<br />

in Stockholm dringend Maßnahmen<br />

gegen den Klimawandel angemahnt.<br />

Esther Duflo, die sich den Wirtschaftsnobelpreis<br />

mit zwei zweiteren<br />

Ökonomen teilt, sagte auf einer Pressekonferenz<br />

am Samstag unter anderem,<br />

der Klimawandel treffe Menschen<br />

im Süden unverhältnismäßig<br />

stark.„Deshalb ist es auch unsereVerantwortung<br />

in derreichenWelt, unserenKonsum<br />

einzuschränken.“<br />

Stanley Whittingham, einer der<br />

drei Chemie-Nobelpreisträger,<br />

mahnte Pragmatismus an. „Wir können<br />

nicht einfach alles Kohlendioxid<br />

abstellen“, sagte er.Essei aber an der<br />

Zeit, das Problem zu lösen. Didier<br />

Queloz, der zu den drei Gewinnern<br />

des diesjährigen Physik-Nobelpreises<br />

gehört, erinnerte daran, dass der<br />

Mensch für den Planeten Erde geschaffen<br />

sei und nicht auf einem anderen<br />

Planeten überleben könne.<br />

„Also sollten wir besser unsere Zeit<br />

und Energie darauf verwenden, das<br />

in Ordnung zu bringen.“<br />

DasErreichte ist in Gefahr<br />

Duflo warnte auch davor, dass ein<br />

Großteil des Erreichten im Kampf<br />

gegen die weltweite Armut in näherer<br />

Zukunft durch die Erderwärmung<br />

in Gefahr sein könnte. Ander<br />

Pressekonferenz in der Königlich-<br />

Schwedischen Akademie der Wissenschaften<br />

nahmen auch andere<br />

Preisträger teil. DieNobelpreise werden<br />

am Dienstag verliehen.<br />

Unterdessen ist bei der zweiwöchigen<br />

Weltklimakonferenz in Madrid<br />

Halbzeit.Vondiesem Montag an<br />

wirddortauf Ministerebene verhandelt,<br />

auch Bundesumweltministerin<br />

Svenja Schulzenimmt teil. Im Mittelpunkt<br />

der Treffen stehen ehrgeizigere<br />

Ziele als bisher, was die Umsetzung<br />

des Pariser Klimaabkommens<br />

angeht. Dieses sieht vor, die Erderwärmung<br />

auf möglichst 1,5 Grad im<br />

Eine Demonstrantin beim Marsch für Klimaschutz<br />

am Freitag in Madrid.<br />

DPA<br />

Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter<br />

zu begrenzen. Jedoch müssen<br />

die ambitionierteren Pläne erst bei<br />

der nächsten Klimakonferenz im<br />

kommenden Jahr vorgelegt werden.<br />

Wie sehr die Zeit drängt, zeigte<br />

am Sonnabend in Madrid einmal<br />

mehr ein neuer Zustandsbericht, er<br />

konzentrierte sich aufdie Meere. Die<br />

Weltnaturschutzunion (IUCN) erläuterte,<br />

wie sehr die Fischbestände<br />

durch den Sauerstoffverlust der<br />

Meerebedrohtseien. „Das istmöglicherweise<br />

das letzte Alarmsignal,<br />

dass wir von dem unkontrollierten<br />

Experiment bekommen, das die<br />

Menschheit in denOzeanender Welt<br />

ausgelöst hat“, sagte Dan Laffoley,<br />

einerder Herausgeber desBerichts.<br />

Der sinkende Sauerstoffgehalt in<br />

denOzeanenhat demBericht zufolge<br />

in der HauptsachezweiGründe.Zum<br />

einen die Klimaerwärmung. Heize<br />

sich das Meerwasser auf, enthalte es<br />

tendenziell weniger Sauerstoff. Zum<br />

anderen führe eine Verschmutzung<br />

der Gewässer mit Nährstoffen etwa<br />

aus Düngemitteln aus der Landwirtschaft<br />

zu einem starken Algenwachstum.<br />

Bei ihrem Abbau verbrauchten<br />

diese Sauerstoff. (dpa)

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