RETAIL 01/2020
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— storys<br />
Fünf Sterne für<br />
den Gratis-Toaster<br />
E-Commerce. Das Problem von gefälschten Produktbewertungen<br />
im Internet beschäftigt größere wie kleinere Händler gleichermaßen.<br />
Im Kampf gegen Fake-Bewertungen setzen sie auf<br />
künstliche Intelligenz – und Handarbeit.<br />
Kein schlechter Deal: Für eine positive<br />
Bewertung eines Produktes in einem<br />
Online- Shop erhalten die Käufer das<br />
Produkt vom Hersteller geschenkt.<br />
Hinter dem, was im Internet weitläufig<br />
als Angebot für „Tester“ firmiert,<br />
steckt in Wahrheit eine groß angelegte<br />
Be trugs maschinerie. Zuletzt deckte<br />
der „ Standard“ im November ein weit<br />
verzweigtes WhatsApp-Netzwerk von<br />
rund 200 Internetusern auf, die durch<br />
Fake-Bewertungen zu Gratisartikeln auf<br />
Amazon gelangten. Die Problematik betrifft<br />
aber nicht nur den Internet-Riesen,<br />
sondern durchaus auch kleinere Händler<br />
in Österreich.<br />
Die Masche ist überall die gleiche:<br />
Über WhatsApp-Gruppen organisieren<br />
Hersteller ein dezentrales Netzwerk an<br />
Internetkunden, die mit vermeintlichen<br />
Schnäppchen oder Geheimtipps versorgt<br />
werden. Erwartet wird von den Nutzern,<br />
dass sie diese angepriesenen Produkte<br />
im Internet kaufen, auf den Shopping-<br />
Portalen mit positiven Kunden rezensionen<br />
versehen und sowohl Kauf als<br />
auch Bewertung mit Bildschirmfotos<br />
dokumentieren. Diese Screenshots<br />
schicken sie dann an den Hersteller<br />
zurück, der ihnen ein paar Tage später<br />
den Kaufpreis auf ihr Paypal-Konto<br />
überweist. Die Kunden kommen so zu<br />
kostenlosen Handstaubsaugern, Smart<br />
Watches oder Kosmetikprodukten. Die<br />
Hersteller erkaufen sich damit bessere<br />
Sichtbarkeit auf den Shopping-Portalen –<br />
Produkte mit besseren Bewertungen<br />
werden etwa von Amazon in den Suchergebnissen<br />
höher gereiht.<br />
„Da ist etwas faul“<br />
Konkrete Zahlen zu den Fake-Bewertungen<br />
existieren nicht, betroffene<br />
Unternehmen lassen sich nur ungern in<br />
die Karten schauen. Bis zu 400 Millionen<br />
Dollar will Amazon allein 2<strong>01</strong>8 in<br />
die Bekämpfung dieser Problematik<br />
investiert haben, unter anderem wurde<br />
maschinelles Lernen eingesetzt, um die<br />
häufig computergenerierten Fake-Bewertungen<br />
auszusieben. Die Summe lässt<br />
immerhin erahnen, wie virulent die Betrugsversuche<br />
mit den User-Rezensionen<br />
mittlerweile geworden sind. „Selbstverständlich<br />
sind auch wir betroffen.<br />
Und zwar dann, wenn wir auf externen<br />
Plattformen verkaufen und dort mit<br />
Anbietern in Konkurrenz stehen, die<br />
ihre Bewertungen manipulieren“, sagt<br />
Daniel Infanger, der das internationale<br />
12 — März <strong>2020</strong>