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Wirtschaftsspiegel 2020: Klima

Ice Ice Baby: Wenn die Sommer immer wärmer werden – und die Winter auch. Dann gibt es Eis bald nur noch bei der Eisdiele um die Ecke. Lesen, was die TechnologieRegion Karlsruhe macht, um den Klimawandel aufzuhalten.

Ice Ice Baby: Wenn die Sommer immer wärmer werden – und die Winter auch. Dann gibt es Eis bald nur noch bei der Eisdiele um die Ecke. Lesen, was die TechnologieRegion Karlsruhe macht, um den Klimawandel aufzuhalten.

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KLIMA<br />

„DAS NEUE KLIMAKONZEPT IST NOCH<br />

ANSPRUCHSVOLLER GEWORDEN“<br />

Karlsruhes Oberbürgermeister Frank Mentrup über<br />

Photovoltaik, die Vorreiterrolle der TRK und den<br />

inneren Schweinehund<br />

Das Thema Umweltschutz und <strong>Klima</strong> ist auch in der Kommunalpolitik<br />

angekommen. Karlsruhe beispielsweise hat 2019 den<br />

<strong>Klima</strong>notstand ausgerufen. Heißt: Alle städtischen Projekte<br />

müssen nun verstärkt unter dem Aspekt <strong>Klima</strong> bewertet<br />

werden. 2050 soll Karlsruhe klimaneutral sein, das möchte<br />

der Oberbürgermeister der Fächerstadt, Dr. Frank Mentrup,<br />

erreichen und den <strong>Klima</strong>wandel aufhalten. Mit eigenen Konzepten<br />

und Strategien, aber auch mit allen Bürgerinnen und<br />

Bürgern und den Unternehmen. Denn schlussendlich ist ein<br />

Umdenken nur dann zu schaffen, wenn alle mitmachen.<br />

Herr Mentrup, was hat Sie für das<br />

Thema Umweltschutz und <strong>Klima</strong><br />

nachhaltig sensibilisiert?<br />

Das war vor allem der Bericht des<br />

„Club of Rome“, der Anfang der<br />

1970er Jahre veröffentlicht wurde und<br />

der damals die interessierte Öffentlichkeit<br />

aufgerüttelt hat. Seitdem<br />

beobachte ich, dass sich zumindest<br />

das öffentliche Bewusstsein verändert<br />

- lange Zeit allerdings sehr langsam.<br />

Gerade in den letzten Jahren hat sehr<br />

verwundert, dass die Bundespolitik<br />

dem Thema nach innen so wenig Bedeutung<br />

beigemessen hat, zeitgleich<br />

auf Weltkonferenzen aber an sehr ambitionierten<br />

Zielsetzungen mitwirkte.<br />

Wir erleben nun, dass das Thema in der<br />

Kommunalpolitik ankommt, und das<br />

ist gut so. Es ist nicht zu übersehen,<br />

was die Hitze<br />

im Super-<br />

Sommer 2018<br />

und dann auch<br />

2019 mit den<br />

Bäumen gemacht<br />

hat: Die<br />

sind reihenweise<br />

vertrocknet<br />

und sterben.<br />

Das ist ein<br />

Thema, das alle<br />

angeht!<br />

Was machen<br />

die Stadt<br />

Karlsruhe<br />

und die TRK<br />

konkret für<br />

das <strong>Klima</strong>?<br />

Die Stadt hat<br />

bereits 2009<br />

ein <strong>Klima</strong>schutzkonzept verabschiedet<br />

und darin die Zielvorgabe nach der<br />

„2-2-2-Formel“ definiert. Heißt:<br />

Die jährliche Absenkung um 2 Prozent<br />

beim Energieverbrauch und bei<br />

den CO2-Emissionen sowie die<br />

Verdopplung der Anteile an erneuerbarer<br />

Energie. Das war damals schon<br />

sehr anspruchsvoll.<br />

Wir haben nun dieses Konzept in<br />

diesem Jahr mit noch einmal ambitionierteren<br />

Zielen fortzuschreiben: Bis<br />

2050 soll die gesamte Stadt Karlsruhe<br />

klimaneutral werden und bis 2040<br />

schon die städtische Verwaltung und<br />

die städtischen Gesellschaften.<br />

Es gibt aber auch Zwischenziele. So<br />

soll die CO2-Emission bis 2030 um<br />

60 Prozent gegenüber dem Ausgangsjahr<br />

2010 reduziert werden. Dabei<br />

orientieren wir uns an den Zielen des<br />

Weltklimarates. Die besagen, dass<br />

die globale Erwärmung nicht über 1,5<br />

Grad steigen soll.<br />

Wo kann am einfachsten angesetzt<br />

werden, um diese Ziele zu erreichen?<br />

Zum einen stehen wir vor der Frage:<br />

Wie nutzen wir Solarenergie für Solarthermie<br />

oder Photovoltaik? Da haben<br />

wir in Karlsruhe selbst die größten<br />

Ausbauchancen, denn im Moment<br />

sind nur 2 Prozent der Dächer und<br />

Flächen genutzt. Wir könnten aber<br />

40 Prozent der Dächer nutzen.<br />

Das Zweite ist: Welche Energie<br />

verwenden wir? Wir bauen die Fernwärme<br />

sukzessive aus, nutzen etwa<br />

die Abwärme aus der Raffinerie.<br />

Hier streben wir an, dass mindestens<br />

40 Prozent der Haushalte und der<br />

Gewerbegebiete mit Fernwärme versorgt<br />

werden. Wir müssen uns aber<br />

darauf vorbereiten, dass wir nicht<br />

dauerhaft die Abwärme nutzen, die<br />

durch Verbrennung entsteht, sondern<br />

beispielsweise die Geothermie, die<br />

kein Verbrennen von fossilen Stoffen<br />

mehr erfordert.<br />

Der dritte Bereich ist die Mobilität:<br />

Wir wollen uns den Zielen des Landes<br />

anschließen. Die besagen, dass die<br />

Zahl der ÖPNV-Nutzer verdoppelt<br />

und der motorisierte Individualverkehr<br />

um ein Drittel gesenkt werden<br />

soll. Mit dem Verkehrsentwicklungsplan<br />

wollen wir den Autoverkehr<br />

zugunsten anderer Verkehrsteilnehmer<br />

zurückdrängen.<br />

Foto Anya Barros – Werbeagentur von Schickh<br />

Das vierte große Thema ist die<br />

Senkung des Energieverbrauchs<br />

durch entsprechende Dämmung und<br />

Sanierung der Gebäude. Wir als Stadt<br />

haben eine riesige Aufgabe vor der<br />

Brust, da wir einen sehr großen Anteil<br />

an Gebäuden aus den 1960er und<br />

1970er Jahren haben. Damals hat man<br />

beim Bau an alles gedacht, aber nicht<br />

an Energieeinsparung.<br />

2019 wurde in Karlsruhe der <strong>Klima</strong>notstand<br />

ausgerufen, war das sinnvoll?<br />

In der Sache schon. Er soll zeigen, dass<br />

der <strong>Klima</strong>schutz für den Gemeinderat<br />

höchste Priorität hat. Nur der Begriff<br />

ist in meinen Augen falsch. Er ist eine<br />

unglückliche Übersetzung, da ein<br />

„Notstand“ im Deutschen historisch<br />

vorbelastet ist und undemokratisches<br />

Handeln legitimiert. Grundlage ist<br />

aber der internationale Begriff „Climate<br />

Emergency“, und der soll zum<br />

Ausdruck bringen, dass dieses Thema<br />

existentiell von Bedeutung ist und<br />

deshalb in der Politik und der Gesellschaft<br />

einen besonderen Stellenwert<br />

bekommen soll. Das finde ich sehr<br />

angemessen, gerade jetzt, wo wir die<br />

dramatischen Folgen der <strong>Klima</strong>wandels<br />

hautnah erleben.<br />

Wirkt sich das Thema schon<br />

heute auf die Arbeitswelt aus?<br />

Jeder Arbeitnehmer und Arbeitgeber<br />

muss für den <strong>Klima</strong>schutz sensibilisiert<br />

sein, wie jeder Bürger und jede<br />

Bürgerin in seinem und ihrem privaten<br />

Umfeld auch. Da sehe ich auch bei uns<br />

in der Stadtverwaltung noch Potenzial,<br />

auch wenn ich einige Kolleginnen und<br />

Kollegen bereits bei den „Fridays for<br />

Future“-Protesten gesehen habe.<br />

Ich glaube, dass sich der <strong>Klima</strong>wandel<br />

auch auf das Arbeitsverhalten auswirken<br />

wird.<br />

Stichwort Wirtschaft: Verschreckt<br />

man eventuell Unternehmen, die sich<br />

hier niederlassen wollen, wenn die<br />

Stadt strenge Umweltauflagen vorgibt?<br />

In den Firmen arbeiten doch auch<br />

Menschen, denen die Gewächse in<br />

den Gärten absterben und die im Wald<br />

manche Bereiche nicht mehr betreten<br />

dürfen, weil die vertrockneten Bäume<br />

zur Gefahr werden.<br />

>><br />

4 NR 63 <strong>2020</strong> WIRTSCHAFTSSPIEGEL<br />

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