Highway 05/20
Das Magazin über dein liebstes Kraut – alle zwei Monate neu!
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Tilo Jung schlägt wieder zu –<br />
„Brokkoligate“<br />
Große Politiker arbeiten schon zu<br />
ihren aktiven Zeiten an ihrem Vermächtnis<br />
– als unschätzbar in dieser<br />
Hinsicht erwies sich in der Vergangenheit<br />
häufig eine eingängige Redewendung:<br />
„Ich bin ein Berliner“<br />
(John F. Kennedy), „Yes, we can“<br />
(Barack Obama), „Basta“ (Gerhard<br />
Schröder) oder „Wenn Sie vom<br />
Hauptbahnhof in München... mit<br />
zehn Minuten, ohne, dass Sie am<br />
Flughafen noch einchecken müssen,<br />
dann starten Sie im Grunde<br />
genommen am Flughafen... am...<br />
am Hauptbahnhof in München<br />
starten Sie Ihren Flug. Zehn Minuten.<br />
Schauen Sie sich mal die<br />
großen Flughäfen an, wenn Sie in<br />
Heathrow in London oder sonst<br />
wo, meine sehr... äh, Charles de<br />
Gaulle in Frankreich oder in... in...<br />
in Rom“ (Edmund Stoiber) sind<br />
nur einige der berühmtesten Aussprüche,<br />
die heute untrennbar mit<br />
dem jeweiligen Redner verknüpft<br />
sind und die auch oft als Leitspruch<br />
jeweils ihre gesamte politische<br />
Agenda kennzeichneten. Weniger<br />
fähige Staatsmänner und –frauen<br />
hingegen unterschätzen oft die<br />
Macht der Worte und deren Eigenart,<br />
Menschengruppen hinter sich<br />
zu sammeln und zu vereinen. Da<br />
kann es dann schon mal passieren,<br />
dass einem während des Interviews<br />
ein „Cannabis ist verboten, weil es<br />
eine illegale Droge ist“ (Marlene<br />
Mortler) rausrutscht und man sich<br />
seine gesamte Amtszeit nicht mehr<br />
davon erholt.<br />
Endlich hat nun auch<br />
die amtierende Bundesdrogenbeauftragte<br />
Daniela Ludwig ihre<br />
Zunge gelockert und auf einer<br />
Pressekonferenz ein Bonmot zum<br />
Besten gegeben, das das Zeug hat,<br />
ihre politische Karriere mit Abstand<br />
zu überleben: „Nur weil Alkohol<br />
nicht ungefährlich ist, ist Cannabis<br />
kein Brokkoli. Okay?“ Wow, der<br />
hat gesessen. Zwar war es keine<br />
Antwort auf die Frage, die Journalist<br />
Tilo Jung eingangs gestellt<br />
hatte („Halten Sie Alkohol auch für<br />
gefährlicher als Cannabis?“), aber<br />
dafür gab es den schnippischen Unterton<br />
(„Ja, sie müssen mit meinen<br />
Antworten klarkommen, so wie ich<br />
mit ihren Fragen“) gleich gratis mit<br />
dazu. Könnte es etwa sein, dass bei<br />
einer gewissen Drogenbeauftragten<br />
so langsam die Nerven blank liegen?<br />
Aber so ist das nun mal, Politik<br />
ist ein hartes Business und das gut<br />
dotierte Pöstchen in der freien Wirtschaft<br />
oder im EU-Parlament, das<br />
man im Anschluss an das Mandat<br />
bekleiden möchte, will ja auch erst<br />
einmal verdient werden. Kurioser<br />
Fakt am Rande: auch der berühmte<br />
Spruch von Ludwigs Amtsvorgängerin<br />
Mortler über das verbotene,<br />
weil illegale Cannabis fiel in einem<br />
Interview mit Tilo Jung. Der Mann<br />
scheint ein echtes Gespür dafür zu<br />
haben, wie man CSU-Drogenbeauftragte<br />
sich selbst entlarven lässt.<br />
Zurück in die Fünfziger –<br />
Säufer-Lyrik<br />
GERÜCHTEKÜCHE: Affäre mit Edmund Stoiber?<br />
Apropos Edmund Stoiber... gab<br />
es da nicht mal ein Gerücht,<br />
das durch den ganzen Politikbetrieb<br />
geisterte, das ihn und<br />
unsere liebste Drogenbeauftragte<br />
seit Marlene Mortler betraf,<br />
damals, als sie noch Daniela<br />
Raab hieß, einige Zeit vor ihrer<br />
Heirat? Zu diesem Zeitpunkt allerdings<br />
bereits lange verheiratet<br />
war Edmund Stoiber mit seiner<br />
geliebten Karin „Muschi“ Stoiber.<br />
Und das war das angebliche<br />
Problem – denn beispielsweise<br />
der Klatschkolumnist Michael<br />
Graeter behauptete in der Sendung<br />
„Johannes B. Kerner“<br />
vom 17. September <strong>20</strong>09, als das<br />
Gespräch gerade um Affären<br />
bayrischer Politiker ging, Folgendes:<br />
„Ja, da gab es also eine<br />
junge Dame – das wollten’s doch<br />
wissen von mir, oder? Der hat<br />
Nachwuchsförderung gemacht,<br />
der Stoiber. Der Stoiber hat<br />
richtige Nachwuchsförderung<br />
gemacht... Mit einer Bundestagsabgeordneten,<br />
Daniela Raab.<br />
Sehr nett, süß. Schaut aus wie...<br />
Karin [Stoiber] – aber rein zufällig,<br />
ja... und ist doch gut, wenn<br />
man dem... der Jugend ein bisserl<br />
auf die Sprünge hilft. Oder?“<br />
Gut, wären wir in<br />
einem Drogenprozess dann würde<br />
ein Belastungszeuge schon<br />
reichen, bei anderen Vergehen<br />
werden jedoch immer zwei benötigt.<br />
Graeters Behauptungen<br />
pflichtete daher der langjährige<br />
Weggefährte Stoibers, der Autor<br />
Rudolf Erhard, in seinem <strong>20</strong>08<br />
erschienenen Buch „Edmund<br />
Stoiber, Aufstieg und Fall“ bei.<br />
Laut ihm sei Ursache für den<br />
überraschenden Rückzug Stoibers<br />
aus dem Berliner Kabinett<br />
<strong>20</strong><strong>05</strong>, der dessen eigenen Fall<br />
und einen Absturz der CSU<br />
bedingte, eine Liebesbeziehung<br />
mit einer CSU-Bundestagsabgeordneten<br />
gewesen, die „vom<br />
Aussehen her verblüffende Ähnlichkeit<br />
mit der jungen Karin<br />
Stoiber habe“. Ihm persönlich,<br />
Edmund Stoiber, der<br />
alte Problembär<br />
so Erhard, habe Stoiber anvertraut:<br />
„Meine Ehe war nach 40<br />
Jahren in Gefahr, meine Frau<br />
wäre nicht mitgegangen nach<br />
Berlin.“ – und überdies: „Die<br />
Einsamkeit in Berlin hat viele<br />
Versuchungen.“ Genauer nachgefragt<br />
habe Erhard wegen der<br />
angeblichen Affäre allerdings<br />
nicht. Erhard sagt: „Er hätte<br />
es eh dementiert.“ Auf die<br />
Frage eines Interviewers, ob es<br />
nicht journalistisch fragwürdig<br />
sei, solche Gerüchte zu veröffentlichen,<br />
sagte Erhard: „Die<br />
Gerüchte waren doch schon öffentlich!<br />
Ich habe mit 40 Leuten<br />
gesprochen – und jeder wusste<br />
von diesen Geschichten über<br />
Streit zwischen Edmund und<br />
Karin Stoiber vor Zeugen, über<br />
andere Vorkommnisse.“<br />
Ist etwas dran oder<br />
nicht? Man wird es wohl nie erfahren,<br />
denn wie die „Augsburger<br />
Allgemeine“ dazu schrieb:<br />
„Da gibt es jahrelang ein Gerücht<br />
über Edmund Stoiber,<br />
das aber nie publiziert wurde,<br />
weil selbst die böswilligsten<br />
CSU-Parteifreunde und die hartnäckigsten<br />
Berliner Journalisten<br />
keinerlei Indizien beibringen<br />
konnten, um es zu untermauern.“<br />
Ist vermutlich auch besser<br />
so... und inzwischen auch egal.<br />
Stoiber hat sich bereits vor Jahren<br />
selbst demontiert und Daniela<br />
Ludwig ist gerade mitten im<br />
Prozess.<br />
Dass Daniela Ludwig noch die<br />
unsägliche Marlene Mortler in Sachen<br />
Inkompetenz, Verachtung<br />
von Menschen und schamloser<br />
Alkohol-Propaganda in die Tasche<br />
stecken würde, wollte in den ersten<br />
Wochen praktisch keiner glauben<br />
(wobei wir uns an dieser Stelle den<br />
Hinweis erlauben möchten, dass die<br />
<strong>Highway</strong>-Redaktion von Sekunde 1<br />
an keines ihrer Worte geglaubt oder<br />
etwas davon wiedergekäut hätte).<br />
Doch der Level der Asozialität ihrer<br />
Aussagen, ihre Dünnhäutigkeit,<br />
ihre Verachtung den Menschen gegenüber,<br />
die sie schützen soll, das<br />
war in diesem Maß tatsächlich nicht<br />
abzusehen. Viele fühlen sich an Donald<br />
Trump erinnert, der offenbar<br />
auch ungestraft machen kann, was<br />
er will, und aus dessen Mund nur<br />
noch sinnloses und feindseliges Gebrabbel<br />
kommt.<br />
Was hat sie denn nun<br />
wieder gemacht, die Drogen-Dani?<br />
Praktisch parallel zum „Brokkoligate“<br />
dann ganz nach Trumpschen<br />
Vorbild mal wieder erst beim Twittern<br />
komplett ins Klo gegriffen und<br />
dann anschließend bei „Abgeordnetenwatch.de“<br />
auch noch so ordentlich<br />
nachgelegt, dass ihr eigenes<br />
Büro bei „Abgeordnetenwatch.de“<br />
nach einer Löschung ihrer Antwort<br />
bitten musste. Und zwar twitterte<br />
sie am 3. Juli im Zuge einer öffentlichen<br />
Unterhaltung: „Und dass<br />
Zigaretten selbst bei bestimmungsgemäßem<br />
Gebrauch Gesundheitsschäden<br />
auslösen im Gegensatz zu<br />
Zucker oder Alkohol.“ Richtig gelesen.<br />
So etwas twittert die deutsche<br />
Bundesdrogenbeauftragte, nicht<br />
etwa ein (offizieller) skrupelloser<br />
Alkohol-Lobbyist oder jemand,<br />
der sich dumm gesoffen hat. Die<br />
deutsche Drogenbeauftragte spricht<br />
von einem „bestimmungsgemäßen<br />
Gebrauch“ von Alkohol und noch<br />
dazu davon, dass dieser dann keine<br />
Gesundheitsschäden auslösen würde.<br />
Was für ein Hohn! Dabei weiß<br />
noch der dümmste Attila-Hildmann-Verschwörungstheoretiker<br />
im ganzen Land, dass Alkohol auch<br />
bei geringer Dosierung ein Nervengift<br />
ist, dessen Wirkung schon in<br />
kleinen Mengen die DNA schädigt,<br />
von ganz anderen Effekten einmal<br />
abgesehen.<br />
Da nochmal einen draufzulegen,<br />
ist sich Daniela Lügwig<br />
dann leider auch nicht zu schade<br />
gewesen, sie wollte wohl ihre ganze<br />
Arroganz zur Schau tragen und<br />
beweisen, dass sie wirklich nur für<br />
Wirtschaftsinteressen im Amt sitzt<br />
und garantiert nicht, dafür, den<br />
Menschen zu helfen. Denn auf<br />
ihren frechen Tweet hin erreichte<br />
sie bei „Abgeordnetenwatch.de“<br />
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