LADR-75 Jahre-Jubiläumsbuch
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1945–1950<br />
eingerichtet. Der postalische Versand bereitet noch Probleme.<br />
Dafür können die Menschen erstmals ohne Vermittlung<br />
telefonieren: Das Medizinische Zentral-Laboratorium<br />
ist über die Nummer 640 direkt erreichbar.<br />
Dr. Kramer beschließt, selbst zu bauen. Pläne werden gezeichnet,<br />
Genehmigungen müssen beschafft werden. Der<br />
„Runde Berg“ an der Lauenburger Straße zeigt sich noch<br />
wenig besiedelt, liegt aber in der Nähe des im Bau befindlichen<br />
neuen Krankenhauses. Das passt. Es gelingt, ein Darlehen<br />
für das Baugeld zu erhalten, die Stadt und das Land<br />
unterstützen das Vorhaben ebenfalls. Am 2. April 1950 erfolgt<br />
der erste Spatenstich, am 1. Juli wird das neue Labor<br />
und Wohnhaus eingeweiht. Die Keimzelle der Laborarztpraxis<br />
Dr. Kramer & Kollegen kann wachsen. •<br />
16<br />
Der stolze Bauherr Dr. Siegfried Kramer (ganz rechts) mit<br />
den Handwerkern der Gewerke zur Feier des Richtfestes<br />
am 05.05.1950<br />
Die Gründung des Medizinischen Labors Dr. Siegfried Kramer im<br />
Jahr 1945: das Jahr des ersten Antibiotikums Penicillin<br />
Für die Entdeckung des Antibiotikums Penicillin und<br />
seiner Heilwirkung bei verschiedenen Infektionskrankheiten<br />
erhalten 1945 Alexander Fleming, Ernst Boris<br />
Chain und Howard Walter Florey gemeinsam den Nobelpreis<br />
für Medizin. Gerade nach dem Krieg mit vielen<br />
Seuchen und Infektionskrankheiten ist dieses Therapeutikum<br />
ein Segen für die Menschheit. Bis heute sind<br />
Antibiotika ein grundlegender Baustein der Therapie<br />
bakterieller Infektionen. Der unkritische Einsatz bedingt<br />
allerdings resistente Bakterien, und im 21. Jahrhundert<br />
erscheint es umso wichtiger, auf die Anfänge<br />
der bakteriologischen Diagnostik und Therapie zurückzublicken.<br />
Denn: Es ist ein neuer Aufbruch notwendig –<br />
sowohl was den gezielten und kritischen Einsatz von<br />
Antibiotika angeht, um weitere Resistenzen zu vermeiden,<br />
als auch was die Neu- und Weiterentwicklung<br />
dieser wichtigen Therapeutika angeht. Die Vergangenheit<br />
zeigt, dass auch im Einfachen Lösungen verborgen<br />
sein können. Auf einen neuen Zufall sollte die Welt sich<br />
aber nicht verlassen.<br />
Wie wird Penicillin entdeckt? Der medizinische Bakteriologe<br />
Alexander Fleming (1881–1955) bemerkt zufällig im<br />
Labor, wie Schimmelpilze der Gattung Penicillium, die<br />
in eine seiner Staphylokokken-Kulturen hineingeraten<br />
sind, eine wachstumshemmende Wirkung auf Bakterien<br />
haben. Weitere Untersuchungen führen später zum<br />
Antibiotikum Penicillin. Erst 1941 kommt es zur ersten<br />
erfolgreichen Behandlung eines Patienten mit Penicillin,<br />
nachdem die chemische Herstellung in ausreichend reiner<br />
Form gelungen ist.<br />
Plättchen. Bei Resistenz wachsen die Bakterien an das<br />
Plättchen heran. Erst 1966 wird der Test als Kirby-<br />
Bauer-Test standardisiert.<br />
Doch bereits vor Fleming sind Ärzte und Forscher aufmerksam!<br />
Bartolomeo Gosio (1863–1944) isoliert bereits<br />
1893 aus einem Schimmelpilz der Gattung Penicillium<br />
die Mycophenolsäure, die er sogar kristallin darstellen<br />
kann. Gosio beobachtet, dass er damit das Wachstum des<br />
Milzbranderregers behindern kann. Dies gilt als Erstbeschreibung<br />
eines Antibiotikums.<br />
Der Militärarzt Ernest Duchesne (1874–1912) reicht 1897<br />
seine Doktorarbeit ein – die erste wissenschaftliche Arbeit,<br />
die sich mit den Möglichkeiten eines therapeutischen Einsatzes<br />
von Schimmelpilzen aufgrund deren antimikrobieller<br />
Eigenschaften auseinandersetzt. Sie wird zunächst<br />
vom Institut Pasteur abgelehnt. Die wissenschaftliche Anerkennung<br />
ergeht erst posthum 1949. Angeregt sind seine<br />
Forschungen durch die Beobachtung, dass die im Militärhospital<br />
beschäftigten arabischen Stallknechte die Sättel<br />
für die Pferde in einem dunklen, feuchten Raum aufbewahren,<br />
um die Bildung von Schimmelpilzen zu fördern.<br />
Auf Duchesnes Frage, warum sie das täten, antworten die<br />
Stallburschen, dadurch würden die Wunden, die durch das<br />
Scheuern der Sattel entstünden, schneller abheilen.<br />
Die Folgeseite fasst die Historie der Zell- und Mikrobiologie<br />
zusammen.<br />
Die Belegschaft des Medizinischen Zentral-Labors<br />
Dr. Kramer nach dem Einzug in die Lauenburger Straße,<br />
1950<br />
Auch der Hemmhoftest zur Untersuchung der Empfindlichkeit<br />
geht auf die Beobachtung Flemings zurück:<br />
Filterpapierblättchen werden mit einem Antibiotikum<br />
einer bestimmten Konzentration getränkt und auf<br />
eine Bakterienkultur gelegt. Bei Empfindlichkeit zeigt<br />
sich eine Wachstumshemmung, ein Hemmhof, um das