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db 2020-4 WEB

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gnügt die großen und kleinen Fische, Heringe und Sardinen,

die in dichten Schwärmen über dem gewellten Meeresgrund

schwebten. Zum Glück war die Wasserfläche niemals so ruhig,

dass sie spiegeln konnte. Diese unbekannte und unbegreifliche

Furcht hatte im Laufe der Zeit noch zugenommen.

Er ließ sich von den Kellnern verwöhnen, genoß das kalte

und warme Büfett - und zwar so sehr, dass sich seine vordem

so schlanke Figur an gewissen Stellen unübersehbar rundete -

und sprach allabendlich der Sangria reichlich zu. Nachts sank

er ermattet vom Tanzen in der Disco und schläfrig vom vielen

Alkohol auf die weißen Laken seines Bettes.

Manchmal störte ihn der leere Horizont, wenn er aufs Meer

hinausblickte, und dann hatte er so eine Ahnung, als fräße sich

diese Leere immer weiter auf sein Hotel zu, um es zu verschlingen.

Die Menschen um ihn herum schienen diese Gefahr

nicht zu registrieren - wenn es überhaupt eine war. Sie lachten

viel, waren fröhlich und ausgelassen und lenkten ihn oft genug

von trüben Gedanken ab.

Dann kam der Tag, an dem ihn der unwiderstehliche Drang

überfiel, in den Spiegel sehen zu müssen. Es war ein Donnerstag

morgen. Seit seiner Ankunft war eine Woche verstrichen.

Seine Armbanduhr zeigte 11:45 Uhr an. Genau um diese Zeit

vor einer Woche war ich noch in der Luft, dachte er. Es ist Unsinn,

Angst vor Spiegeln zu haben. Sie spiegeln doch nur wider,

was man ist. Eine Woche lang habe ich mich nicht gesehen. Ich

bin direkt neugierig auf mich. Über seine frühere Furcht lachte

Kurzgeschichte

er nur noch mitleidig und kam sich jetzt idiotisch vor, wenn

er an sein seltsames Gebaren in der Hotelhalle zurückdachte.

Mutig schritt er ins Badezimmer, schaltete das Licht an und

sah in den Spiegel.

Er hatte eigentlich gehofft, sich vollständig sehen zu

können, vom Kopf bis zu den Füßen, wenn er ein wenig an

die gekachelte Wand zurücktrat, denn der Spiegel war groß

genug, und das Waschbecken hing so tief wie bei ihm zu

Hause. Aber unten fehlte ein Stück. Die Füße und Teile der

Unterschenkel konnte er selbst dann nicht sehen, wenn er

sich auf die Zehenspitzen stellte. Ja, eigentlich begann sein

Körper erst von den Knien an. Darunter war nur eine blutige,

fleischige Masse. Auch seine rechte Gesichtshälfte fehlte,

und der rechte Arm war abgerissen. An seiner Stelle klaffte

am Körper ein blutiges, dunkles Loch, was auf ein Fehlen

des rechten Schulterblattes hindeutete. Er rieb sich mit der

linken Hand über die Augen. Eine Vision zweifellos! Und

so echt, so verdammt echt! Er öffnete die Augen und sah

sich um. Nicht länger mehr stand er im Badezimmer seines

Hotels. Über ihm schaukelten sinnlos die Sauerstoffmasken.

Unter sich sah er den aufgerissenen Boden der Flugkabine.

Taschen, Sitzreihen und Glieder wirbelten durch die dünne

Luft. Mit unheimlichen Kreischen riß der Boden weiter auf,

und dann gab es kein Halten mehr. Seine Sitzreihe mit dem

Dicken neben ihm wirbelte durch die sauerstoffarme Atmosphäre

der Erde entgegen.

Dieter Stündel

Kultur erleben und mit allen Sinnen genießen –

Hilchenbach und Erndtebrück bieten dazu viele Gelegenheiten.

Do. 14. Jan. 18 + 20.30 Uhr

Gebrüder-Busch-Theater

Basta: „Eure liebsten Lieder“

heißt Bastas neue a-capella-

Show. Die Gruppe erfreut ihre

Fans mit neuen Lieblingsliedern,

aus denen sich das Publikum die

liebsten aussuchen darf.

So. 17. Jan. 17 Uhr

Do. 21. Jan. 20 Uhr

Do. 4. Feb. 20 Uhr

Evangelische Kirche Erndtebrück

Une Soirée Française: Kammermusik

mit Musiker/innen der

Gebr.-Busch-Theater

Nessie Tausenschön:

Gebrüder-Busch-Theater

Philharmonie Südwestfalen. Sie

„Knietief im Paradies“ ist Notos Quartett: Das Ensemble

gilt als eine der heraus-

präsentieren Werke von Camille

eine wunderbare Welt

Saint-Saëns, Gabriel Fauré, Claude

Debussy und Jules Massenet.

aus Kabarett und Musik, ragenden Kammermusikformationen

der Gegenwart.

Politik und Zeitgeist,

Tanz und Theater. Gespielt werden: W. A. Mozart,

J. Françaix und J. Brahms.

Karten und Informationen:

Bürgerbüros Hilchenbach und Erndtebrück/Gebr.-Busch-Kreis e.V., Tel. 02733/53350

www.gebrueder-busch-kreis.de / www.proticket.de

Träume

Träume sind der Witz am Leben,

halten wach und treiben an,

lassen kühn nach vorne streben,

zeigen, was man sonst noch kann.

Träume sind wie Seifenblasen,

wenn man sie als Traum nur träumt,

treten auf mit hohlen Phrasen,

zuckersüß und aufgeschäumt.

Träume machen Blicke weit,

Träume wischen dir durchs Auge.

Jene sind aus Wirklichkeit,

diese nur aus Seifenlauge.

Träume gibt’s in allen Größen,

einzeln und in großen Stößen.

Jene gibt es, sie zu leben,

andre, um sie aufzugeben.

Jene sind für dich goldrichtig,

andre nicht und auch nicht wichtig.

Manche bringen eine Wendung,

andre sind nur Zeitverschwendung.

Manche sind ganz unerfüllbar,

schnell als Schnapsidee enthüllbar,

andre besser, als man meint,

nicht so blöde, wie es scheint.

Manche strahlen wie die Sterne,

vorzugsweise aus der Ferne,

und verlieren ihren Glanz

bei verminderter Distanz.

Manche Träume muss beizeiten

man geduldig vorbereiten,

manche stemmt man nur mit Mut,

andre ohne auch ganz gut.

Mit den einen musst du ringen,

weil sie dich nach vorne bringen,

und die andern musst du lassen,

weil sie gar nicht zu dir passen.

Träume gibt’s, die dich betrügen,

weil sie sich als Traum genügen,

andre bringen das ans Licht,

was du kannst und dir entspricht.

Träume gibt’s in vielen Sparten

und noch viel mehr Unterarten.

Träumt man sie mit wachen Augen,

sieht man bald, wozu sie taugen.

Jörn Heller

aus „Gute Gedichte

und solche die es gerne wären“

Alpha Buchhandlung Siegen

38 durchblick 4/2020

Fürstlich fühlen

im Oberen Schloss

Einst war es die Residenz der Grafen

und Fürsten von Nassau. Heute beherbergt

das Obere Schloss mit dem

Siegerlandmuseum eine bedeutende

Sammlung zur Kunst– und Kulturgeschichte

der Region.

Auf www.siegerlandmuseum.de finden

Sie Informationen zu Dauer- und

Sonderausstellungen, Führungen und

museumspädagogischen Angeboten.

Wir freuen uns auf Ihren Besuch!

Kontakt: Siegerlandmuseum

Oberes Schloss 3 • 57072 Siegen

Telefon (0271) 23041-0

siegerlandmuseum@siegen.de

www.siegerlandmuseum.de

Öffnungszeiten:

dienstags bis sonntags, 10 bis 17 Uhr,

Sonderöffnungszeiten an Feiertagen.

4/2020 durchblick 39

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