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Bundesregierung mit ihrem Gesetzentwurf weit über das<br />

hinaus, was durch die EU-Richtlinien vorgegeben wurde.<br />

Eine Ausdehnung der völlig unbestimmten Antidiskriminierungstatbestände<br />

auf alle Bereiche zivilrechtlichen Miteinanders<br />

war weder gefordert, noch besteht ein Bedarf hierfür.<br />

Nicht nachvollziehbar ist zudem die Haftungserweiterung<br />

der Arbeitgeber für ihre Mitarbeiter oder die geplante<br />

Möglichkeit von Verbandsklagen, die sogar gegen den Willen<br />

des Betroffenen erfolgen können. Ziel eines Antidiskriminierungsgesetzes<br />

muss doch sein, denjenigen Hilfe zu<br />

bieten, die wirklich Hilfe brauchen und nur die Sachverhalte<br />

zu regeln, die einer Regelung bedürfen.<br />

dfb: Im Zusammenhang mit dem ADG wird insbesondere<br />

auf die hohen Bürokratiebelastungen verwiesen. Sehen Sie<br />

das auch als Problem?<br />

Dr. Oesingmann: Eindeutig ja! Der Entwurf sieht eine viel<br />

zu weitreichende Beweislastumkehr vor, das heißt, der Arbeitgeber<br />

muss beweisen, dass er nicht diskriminiert. Zweifelsfragen<br />

gehen also zu seinen Lasten. Das ist abwegig,<br />

zumal er sich gegebenenfalls zusätzlich noch Schadensersatzansprüchen<br />

ausgesetzt sieht. Um sicher zu gehen, dürfte<br />

er kein Gespräch mehr ohne Zeugen und umfangreiche<br />

Dokumentation führen. Arbeitgeber müssen also zukünftig<br />

sämtliche Bewerbungsunterlagen bis ins Einzelne prüfen<br />

und bewerten, alle Unterlagen mindestens 6 Monate aufbewahren,<br />

Kopien aller Unterlagen anfertigen, nur um später<br />

den eventuellen Gegenbeweis antreten zu können, dass<br />

man bei der Nichtberücksichtigung eines Bewerbers nicht<br />

diskriminiert hat. So entsteht keine „Kultur der Antidiskriminierung“,<br />

wie es die Bundesregierung wünscht, sondern<br />

eine „Kultur des Misstrauens“, die für die Schaffung und<br />

Neubesetzung von Arbeitsplätzen Gift ist.<br />

dfb: Warum ist das Thema überhaupt für Freiberufler von<br />

Bedeutung?<br />

Dr. Oesingmann: Freiberufler sind zweifach betroffen: Zum<br />

einen in ihrer Funktion als Arbeitgeber. Hier spielen die übermäßigen<br />

Bürokratiekosten eine große Rolle, denn diese fallen<br />

in kleinen Betriebseinheiten, wie sie in den Freien Berufen<br />

üblich sind, immer überproportional an. Zum anderen<br />

sind Freiberufler u. U. in ihrer Funktion als Leistungserbringer<br />

betroffen. Ein Großteil der Freiberufler unterliegt der<br />

Verschwiegenheitspflicht. Um zu verhindern, dass der Freiberufler<br />

in Konflikt mit seinen Verschwiegenheitspflichten<br />

gerät, muss sichergestellt sein, dass sein Berufsgeheimnis<br />

im Falle einer notwendigen Exkulpation in seiner Funktion<br />

als Arbeitgeber Vorrang vor den Regelungen des ADG hat.<br />

Das haben wir so auch dem Gesetzgeber mitgeteilt. Das<br />

Gesetz lässt diese wie viele andere Fragen leider unbeantwortet<br />

und sorgt für Verwirrung bei allen Beteiligten.<br />

dfb: Diese Rechtsunsicherheit müsste doch die Rechtsanwälte<br />

erfreuen.<br />

Dr. Oesingmann: Das wird fälschlicherweise immer behauptet.<br />

Wie die Steuerberater, die sich ein einfaches und<br />

klares Steuersystem wünschen, wollen die Rechtsanwälte<br />

klar auslegbare Gesetze. Die Rechtsanwaltschaft ist im Übri-<br />

gen voll auf unserer Seite und<br />

kritisiert das ADG vehement.<br />

Weil das Gesetz unzählige unbestimmte<br />

Rechtsbegriffe beinhaltet<br />

und Definitionen vermissen<br />

lässt, wirft es mehr Fragen<br />

auf als es beantwortet.<br />

Außerdem stellt das ADG eine<br />

Beschränkung der Vertragsfreiheit<br />

dar. Auf dieser basiert<br />

aber unsere Wirtschafts- und<br />

Rechtsverfassung und stellt<br />

insoweit auch die Grundlage<br />

anwaltlicher Arbeit dar.<br />

dfb: Wird es jetzt zu einer<br />

Klageflut kommen?<br />

Dr. Oesingmann: Auszuschließen<br />

ist das nicht. Das Gesetz<br />

bietet aufgrund seiner unbestimmten<br />

Begriffe zu viele Angriffsmöglichkeiten.Grundsätzlich<br />

appelliere ich aber an<br />

die Vernunft sowohl der<br />

Arbeitgeber als auch der<br />

potenziellen Bewerber. Bis heute ist es doch so, dass das<br />

Auftreten von Problemen in der dem Gesetz zugrunde liegenden<br />

Weise bisher höchst selten zu beklagen ist. Allerdings<br />

provoziert das Gesetz regelrecht, sich diskriminiert zu<br />

fühlen und dagegen vorzugehen.<br />

dfb: Wie, glauben Sie, geht es jetzt weiter mit dem ADG?<br />

Wird es in dieser Form kommen?<br />

Dr. Oesingmann: Die Bundesregierung hat ja mittlerweile<br />

angekündigt, den Entwurf nachzubessern. Aber noch immer<br />

will sie im zivilrechtlichen Teil viel weiter gehen als es die<br />

EU-Vorgaben vorsehen.<br />

Das Problem sind hierbei nach meiner Meinung ganz klar<br />

die Grünen: Sie betreiben Klientelpflege und sind auf Stimmenfang<br />

bei Randgruppen für die NRW-Wahl und die Bundestagswahl.<br />

Es wird interessant sein, ob NRW-Ministerpräsident<br />

Steinbrück auch nach den kleinen Nachbesserungen<br />

standhaft bei seiner Ablehnung des Gesetzes bleibt. Er weiß<br />

zwar einige Parteimitglieder, darunter die Bundesminister<br />

Eichel und Clement, hinter sich. Ob er deswegen aber einen<br />

Koalitionskrach in NRW riskiert, ist für mich fraglich.<br />

Meines Erachtens ist es auch gar nicht damit getan, den Entwurf<br />

einfach nur nachzubessern. Das Gesetz ist handwerklich<br />

schlecht – das bestätigen uns alle namhaften Juristen.<br />

Es müsste ersetzt werden durch einen komplett neuen Entwurf.<br />

Dieser sollte sich darauf beschränken, die EU-Vorgaben,<br />

die im Übrigen ihrerseits von der Bundesregierung auf<br />

Vereinbarkeit mit EG-Recht geprüft werden sollten, umzusetzen.<br />

Das Interview führte Marcus Kuhlmann, Geschäftsführer des BFB.<br />

Mit freundlicher Genehmigung aus<br />

„der freie beruf, 5/2005“<br />

ZAHNÄRZTLICHE<br />

NACHRICHTEN<br />

NIEDERSACHSEN 7/05<br />

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