tassilo - das Magazin rund um Weilheim und die Seen - Ausgabe Januar/Februar 2021
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Zustand gelangt <strong>die</strong> Ware letztlich<br />
auch in den Teeladen von Dietmar<br />
Weier, der <strong>die</strong>se Ein-Kilogramm-<br />
Beutel erst dann aufreißt, wenn<br />
der Altbestand aus den kultigen,<br />
blechernen Teedosen, <strong>die</strong> in den<br />
Ladenregalen stehen, verkauft<br />
wurde. „Was in der Regel, je nach<br />
Beliebtheit, innerhalb von einigen<br />
Tagen bis drei Wochen der Fall<br />
ist.“ Heißt: Wer im Teehaus Ettling<br />
in <strong>Weilheim</strong>s Innenstadt einkauft,<br />
bekommt tatsächlich immer frische<br />
Qualitätsware, <strong>die</strong> je nach Sorte<br />
sowie Vorlieben des Teetrinkers<br />
unterschiedlich zubereitet werden<br />
kann. „Ich trinke Tee am liebsten<br />
pur“, sagt Dietmar Weier, der<br />
selbst für <strong>die</strong> klassische Zubereitung<br />
wertvolle Tipps parat hat: „Je<br />
weicher, sprich kalkfreier <strong>das</strong> Wasser<br />
ist, desto feiner schmeckt auch<br />
der Tee. Deshalb verwende ich<br />
ausschließlich gefiltertes Wasser<br />
z<strong>um</strong> Teetrinken.“ Wasser für Grünen<br />
Tee soll, je nach Sorte, auf 65<br />
bis 85 Grad erhitzt werden. Wasser<br />
für Schwarzen Tee soll kochen. Die<br />
Ziehzeit bei Grünem Tee darf bis zu<br />
elf Minuten betragen, was jedoch<br />
nicht wirklich empfehlenswert ist.<br />
„Sobald Grüner Tee länger als zwei<br />
Minuten zieht, werden Gerbstoffe<br />
freigesetzt, <strong>die</strong> für einen bitteren<br />
Geschmack sorgen.“ Unabhängig<br />
davon kann Grüner Tee je nach<br />
Sorte bis zu drei Mal aufgegossen<br />
werden, jedes Mal anders schmeckend.<br />
„Weil <strong>die</strong> Aromen aus dem<br />
inneren des Blattes freigesetzt<br />
werden.“ Die Ziehzeit bei Schwarzem<br />
Tee dagegen soll g<strong>r<strong>und</strong></strong>sätzlich<br />
nie länger als zwei Minuten<br />
dauern. Außerdem kann Schwarzer<br />
Tee nur einmal aufgegossen<br />
werden, „weil durch <strong>das</strong> spezielle<br />
Herstellungsverfahren, <strong>die</strong>ses Fermentieren,<br />
sich <strong>die</strong> Aromen außen<br />
auf dem Blatt absetzen, <strong>und</strong> bei<br />
Kontakt mit kochendem Wasser<br />
sich nahezu vollständig vom Blatt<br />
lösen.“ Unabhängig davon ist in<br />
beiden Sorten Koffein enthalten,<br />
8 | <strong>tassilo</strong><br />
Märchenhafte Landschaft: Teeplantagen in Darjeeling, In<strong>die</strong>n.<br />
<strong>das</strong> ganz anders wirkt als Koffein in<br />
Kaffee. Letzteres regt vorwiegend<br />
<strong>das</strong> Herz-Kreislauf-System an. Koffein<br />
aus Grünem oder Schwarzen<br />
Tee dagegen wirkt eher auf <strong>das</strong><br />
Nervensystem <strong>und</strong> geht direkt ins<br />
Gehirn. Oder wie Dietmar Weier es<br />
beschreibt: „Es macht unser Gehirn<br />
wach.“<br />
Spinatig, grasig<br />
oder heuig<br />
Global betrachtet ist Tee sogar <strong>das</strong><br />
zweitbeliebteste Getränk der Welt,<br />
steht in der Rangliste direkt hinter<br />
reinem oder mit Kohlensäure<br />
versetztem Wasser. Die Engländer<br />
behaupten bis heute, <strong>das</strong>s sie<br />
Tee <strong>und</strong> Teekultur nach Europa<br />
gebracht haben. „Was aber nicht<br />
stimmt“, sagt Weier, der sich heute<br />
auf wissenschaftlich belegte Daten<br />
berufen kann <strong>und</strong> deshalb ziemlich<br />
genau weiß: „Es waren tatsächlich<br />
<strong>die</strong> Holländer.“ Deutschlandweit<br />
werden aktuell bis zu 300 Liter<br />
Tee pro Kopf <strong>und</strong> Jahr getrunken.<br />
Die unangefochtenen Teetrink-<br />
Meister der B<strong>und</strong>esrepublik? „Die<br />
Ostfriesen, <strong>die</strong> nicht nur viel Tee<br />
trinken, sondern sich auch viel Zeit<br />
dafür nehmen, <strong>und</strong> leckere Kreationen<br />
daraus machen.“ Z<strong>um</strong> Beispiel<br />
mit Milch oder Sahne sowie<br />
speziellen Kandiszucker-Formen.<br />
Über zu wenig Tee-Absatz im bayerischen<br />
Voralpenland kann sich<br />
Auch qualitativ hochwertige Aufgussmischungen, hier Früchte, sind Teil<br />
des Sortiments, aber nicht mit originalem Tee zu verwechseln.<br />
Dietmar Weier aber auch nicht<br />
beschweren. Allein an <strong>die</strong>sem<br />
Dienstagvormittag ertönt trotz Corona-bedingter<br />
Schutzauflagen im<br />
Minutentakt <strong>die</strong> Ladentürglocke.<br />
Einen gut verträglichen für den<br />
Magen möchte <strong>die</strong> eine K<strong>und</strong>in,<br />
einen etwas fruchtig-milderen ein<br />
anderer K<strong>und</strong>e. In <strong>die</strong>sem Falle<br />
sind es keine originalen Teesorten,<br />
sondern <strong>die</strong>se erwähnten<br />
Kräuter- oder Früchtemischungen,<br />
„<strong>die</strong> wir natürlich auch im Sortiment<br />
haben“. Ein echter Grüner<br />
Tee schmeckt nämlich spinatig,<br />
grasig, heuig, wirkt – z<strong>um</strong>indest<br />
unterstützend – krebshemmend<br />
<strong>und</strong> enthält vielfältig Vitamine<br />
<strong>und</strong> Mineralien. Ein Schwarzer Tee<br />
dagegen karamellig, spritzig, dezent<br />
fruchtig. „Wobei es im Detail<br />
natürlich extreme Unterschiede<br />
gibt“, sagt Dietmar Weier, der in<br />
etwa immer 180 verschiedene Teesorten<br />
führt <strong>und</strong> zwei Mal im Jahr<br />
einen Teil des Sortiments – den<br />
Jahreszeiten angepasst – wechselt.<br />
Obendrein seinen Teesorten,<br />
sofern sie noch nicht von Seiten<br />
des Herstellers getauft wurden,<br />
ausgefallene Namen gibt. „Glücklicher<br />
Augenblick“, „Hanf im<br />
Glück“ oder „Mango-Tango“ sind<br />
nur drei Beispiele, in <strong>die</strong>sem Falle<br />
für Aufgussgemische. Originale<br />
Teesorten heißen dagegen „Tamaryokucha“<br />
– ein grüner Bio-Tee<br />
aus Japan. „Pussimbing“ – ein<br />
grüner Bio-Tee aus <strong>die</strong>sem berühmten<br />
Anbaugebiet Darjeeling.<br />
„Steinthal“ – ein schwarzer Bio-<br />
Tee aus ebenfalls Darjeeling. Oder<br />
„Lung Ching“ – ein hochwertiger<br />
grüner Bio-Tee aus China. Dietmar<br />
Weier trinkt seinen Schwarzen<br />
oder Grünen Tee nicht nur pur, er<br />
nimmt sich inzwischen auch Zeit<br />
dafür. Erst dann kommen <strong>die</strong> bis<br />
zu 800 verschiedenen Aromen,<br />
<strong>die</strong> sich in einem Tee-Blatt verstecken,<br />
geschmacklich voll <strong>und</strong> ganz<br />
z<strong>um</strong> Tragen. Und Geist <strong>und</strong> Körper<br />
zur Ruhe.<br />
js