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antriebstechnik 1-2/2021

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19174<br />

01-02 FEBRUAR <strong>2021</strong><br />

Organ der Forschungsvereinigung Antriebstechnik e.V.<br />

ELEKTROZYLINDER<br />

Hohe Verfahrgeschwindigkeit und Kraft<br />

<strong>antriebstechnik</strong>.de


WISSEN SCHAFFT IDEEN<br />

19174<br />

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DIE GESAMTE<br />

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Dieses jährlich erscheinende Tabellenwerk<br />

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für alle Antriebsspezialisten aus<br />

Konstruktion, Produktion, Einkauf<br />

und der Unternehmensleitung.<br />

Über 1.000 Firmen sind mit detaillierten<br />

Angaben zu ihren antriebstechnischen<br />

Produkten und Dienstleistungen für die<br />

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Vertrauensgarantie: Die Bestellung kann innerhalb von 14 Tagen ohne Begründung bei der Vereinigten Fachverlage GmbH widerrufen werden.<br />

Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung.<br />

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Straße oder Postfach<br />

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Ihre Daten werden von der Vereinigten Fachverlage GmbH gespeichert, um Ihnen berufsbezogene, hochwertige Informationen zukommen zu lassen. Sowie möglicherweise von<br />

ausgewählten Unternehmen genutzt, um Sie über berufsbezogene Produkte und Dienstleistungen zu informieren. Dieser Speicherung und Nutzung kann jederzeit schriftlich beim<br />

Verlag widersprochen werden (vertrieb@vfmz.de).<br />

Vereinigte Fachverlage GmbH . Vertrieb . Postfach 10 04 65 . 55135 Mainz<br />

Telefon: 06131/992-0 . Telefax: 06131/992-100 . E-Mail: vertrieb@vfmz.de . Internet: vereinigte-fachverlage.de<br />

„Marktübersicht <strong>antriebstechnik</strong>“ ist eine Publikation der Vereinigten Fachverlage GmbH, Lise-Meitner-Straße 2, 55129 Mainz,<br />

HRB 2270, Amtsgericht Mainz, Geschäftsführer: Dr. Olaf Theisen, Matthias Niewiem, Umsatzsteuer-ID: 149063659, Gerichtsstand: Mainz


EDITORIAL<br />

WIDERSPRÜCHLICHE SIGNALE<br />

Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />

vor wenigen Wochen noch waren die Aussichten<br />

für das Jahr <strong>2021</strong> sehr positiv. Impfstoffe gegen<br />

das Corona-Virus wurden zugelassen. Der VDMA<br />

meldete im November fünf Prozent mehr<br />

Auftragseingänge als im November 2019.<br />

Unternehmen kündigten uns bemerkenswerte<br />

Neuheiten für das nächste Jahr an. Die Auftragsbücher<br />

der Industrie wuchsen im siebten Monat in<br />

Folge, wie eine Befragung der Agentur Reuters im<br />

Januar <strong>2021</strong> ergab. Und Messeveranstalter<br />

strahlten eine große Zuversicht aus, Messen bald<br />

wieder mit persönlichem Kontakt auszurichten.<br />

Inzwischen haben sich einige der Erwartungen<br />

zerschlagen. Pandemie-Maßnahmen wurden<br />

wieder strenger und trotz Impfungen ist ein Ende<br />

noch nicht in Sicht. Die Hannover Messe gab kurz<br />

vor Weihnachten bekannt, nur als digitales Event<br />

über die Bühne zu gehen. Die Fachmesse Interpack<br />

fällt gleich komplett aus. In solchen Zeiten<br />

gewinnen Fachzeitschriften an Bedeutung.<br />

Wir informieren Sie in unserem Special ab Seite 32<br />

ausführlich über Antriebstechnik in Verpackungsmaschinen.<br />

Und was Messen angeht, haben wir<br />

auf Seite 8 Branchenstimmen gesammelt. Ich bin<br />

trotz allem gespannt auf <strong>2021</strong> und freue mich<br />

darauf, Ihnen bald wieder persönlich zu begegnen.<br />

Ihr<br />

Miles Meier<br />

m.meier@vfmz.de<br />

THE GEAR COMPANY<br />

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* bei Planetengetrieben<br />

Das ist bewusst vergleichende Werbung: Vergleichen Sie uns<br />

mit dem Wettbewerb. Geringe Laufgeräusche, ein geringes Verdrehspiel<br />

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www.<strong>antriebstechnik</strong>.de <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2021</strong>/01-02 3


EDITORIAL<br />

03 Widersprüchliche Signale<br />

SOFTSTARTER<br />

06 Standpunkt: Gefälschte Wälzlager – Das Risiko bleibt<br />

07 Menschen, Unternehmen, Märkte<br />

08 Konkret Nachgefragt: Messen <strong>2021</strong><br />

14<br />

24<br />

ELEKTRISCHE ANTRIEBSTECHNIK<br />

LINEARTECHNIK<br />

10 TITEL Falzen mit Elektrozylindern<br />

ELEKTROMOTOREN<br />

14 Mit dem Rollstuhl auf die Rennstrecke<br />

18 Passende Motoren für die kunststoffverarbeitende<br />

Industrie<br />

DIREKTANTRIEBE<br />

22 Mikroantriebe mit großem Innovationspotenzial<br />

DREHGEBER<br />

24 Für unterschiedliche Anwendungen passgenau<br />

konfiguriert<br />

34<br />

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SEW-Eurodrive GmbH & Co KG,<br />

Bruchsal<br />

4 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2021</strong>/01-02 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de


MECHANISCHE ANTRIEBSTECHNIK<br />

GETRIEBE UND GETRIEBEMOTOREN<br />

28 Flugzeugbauteile auf Herz und Nieren geprüft<br />

SPECIAL: ANTRIEBSTECHNIK IN<br />

VERPACKUNGSMASCHINEN<br />

32 Wenn der Antrieb zum Sensor wird<br />

34 Gute Führung ohne Schmierung<br />

36 Alles im Takt<br />

FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG<br />

38 Auf dem Weg zur autonomen<br />

Werkzeugmaschine – mechatronische<br />

Dämpfungssysteme als Befähiger<br />

SERVICE<br />

43 Impressum<br />

MEIN TIPP<br />

Modifizierte Drehgeber<br />

kommen in den unterschiedlichsten<br />

Umgebungen<br />

zum Einsatz. In<br />

Gezeitenkraftwerken<br />

erfassen sie den Winkel<br />

der Unterwasser-Rotorblätter.<br />

Für Schiffspropeller<br />

ermitteln sie Position<br />

und Rotationsgeschwindigkeit.<br />

Welche Eigenschaften<br />

Drehgeber dafür<br />

mitbringen müssen, lesen<br />

Sie auf Seite 24.<br />

Ivo Greuloch, Redakteur,<br />

i.greuloch@vfmz.de<br />

DIE KUPPLUNG.<br />

FÜR DIE WELT DER<br />

PRÄZISION<br />

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STANDPUNKT<br />

GEFÄLSCHTE WÄLZLAGER:<br />

DAS RISIKO BLEIBT<br />

Die Verbreitung von Wälzlager-Plagiaten ist ein zunehmendes<br />

Ärgernis für seriöse Hersteller und Anwender gleichermaßen,<br />

beklagt Dr. Ulrich Nass, CEO des Wälzlagerherstellers NSK Europe.<br />

Nicht nur kleine Standard-Wälzlager, sondern auch große<br />

Wälzlager aus dem Hochleistungsbereich seien inzwischen<br />

betroffen. Doch es gibt Möglichkeiten sich zu schützen, sagt Nass.<br />

Das Szenario, mit dem die Techniker<br />

in unserem European<br />

Technology Center regelmäßig<br />

konfrontiert werden, folgt einem<br />

bekannten Muster: Ein Maschinenbauer<br />

oder ein Anwender von Maschinen hat ein<br />

vermeintliches NSK-Wälzlager verbaut,<br />

das innerhalb kürzester Zeit ausfällt.<br />

Manchmal stellt der Anwender selbst fest,<br />

dass es sich um ein Plagiat handelt – zum<br />

Beispiel wenn das häufiger verwendete<br />

Lager nur sieben statt acht Kugeln hat,<br />

wenn die Verpackung anders gestaltet ist<br />

oder wenn die Kennzeichnung fehlt.<br />

Manchmal aber sind die Anwender nach<br />

der Begutachtung des Lagers durch NSK<br />

überrascht, dass sie unwissentlich eine<br />

Fälschung erworben haben.<br />

NSK engagiert sich weltweit gegen solche<br />

Wälzlagerplagiate – zum Beispiel durch<br />

gerichtliche Verfolgung der Fälscherwerkstätten,<br />

die sich hauptsächlich in China<br />

befinden, und durch Aufklärung der<br />

Anwender hierzulande.<br />

Das Problem ist in den vergangenen Jahren<br />

nicht kleiner geworden – im Gegenteil. Es<br />

betrifft zunehmend nicht nur kleinere<br />

Standardwälzlager, sondern auch Hochleistungslager<br />

und größere Wälzlager für<br />

spezielle Einsatzfälle. Die Fälscher<br />

verhalten sich also genau wie „normale“<br />

Marktteilnehmer und erschließen sich<br />

neue Anwendungsfelder. Aus Sicht des<br />

Anwenders ist hier das Schadenspotenzial<br />

nochmals größer, weil der Aufwand für den<br />

Lageraustausch deutlich höher ist.<br />

Lohnenswert ist der Einsatz von Plagiaten<br />

übrigens nie, denn sie erreichen nicht<br />

annähernd die Leistungsdaten und die<br />

Lebensdauer von Markenlagern. Sie werden<br />

aus minderwertigen Werkstoffen auf meist<br />

veralteten Maschinen hergestellt. Ziel der<br />

Fälscher ist es nur, einen optischen Zwilling<br />

zu erzeugen; die vom Anwender erwarteten<br />

Funktionen der Originallager spielen kaum<br />

eine Rolle. Nach unseren Erfahrungen kann<br />

der Unterschied in der Gebrauchsdauer bis<br />

zum Faktor 20 betragen.<br />

Aus Sicht von NSK sind die Plagiate ein<br />

Ärgernis, weil sie unseren guten Ruf als<br />

Hersteller hochwertiger und langlebiger<br />

Wälzlager schädigen. Den Anwendern<br />

entsteht Schaden, weil die minderwertigen<br />

Lager Maschinenstillstände verursachen<br />

und daraufhin schnell ausgetauscht und<br />

durch Markenprodukte ersetzt werden müssen.<br />

Je nach Anwendung birgt der Einsatz<br />

der gefälschten Lager auch erhebliche<br />

Sicherheitsrisiken. Es profitiert also letztlich<br />

niemand – außer den Fälschern.<br />

Im Umkehrschluss heißt das aber:<br />

Hersteller und Anwender sind gleichermaßen<br />

daran interessiert, dass Markenwälzlager<br />

eingesetzt werden. Wie können<br />

sich die Anwender diesem Ziel nähern?<br />

Hier gibt es einige ganz einfache Maßnahmen.<br />

Zum Beispiel gehört dazu der Kauf<br />

bei vertrauenswürdigen Quellen, am<br />

besten bei den zertifizierten Distributoren<br />

der bekannten Markenhersteller.<br />

Auch die Prüfung der Verpackung und der<br />

Lager selbst sollte zur Gewohnheit werden:<br />

Gibt es Auffälligkeiten? Ist die Kennzeichnung<br />

vorhanden? Diese Prüfung kann<br />

DIE FÄLSCHER<br />

VERHALTEN SICH<br />

GENAU WIE<br />

‚NORMALE‘ MARKT-<br />

TEILNEHMER UND<br />

ERSCHLIESSEN<br />

SICH NEUE<br />

ANWENDUNGS-<br />

FELDER<br />

Dr. Ulrich Nass ist CEO bei<br />

NSK Europe Ltd.<br />

auch sinnvoll sein, wenn externe Servicebetriebe<br />

Wälzlager austauschen. Hilfreich<br />

ist auch die „Verify“-App von NSK. Durch<br />

Scannen des 2D-Barcodes auf der Verpackung<br />

lässt sich feststellen, ob das Lager<br />

echt ist. Die World Bearings Association<br />

(WBA) hat eine ganz ähnliche, aber<br />

herstellerneutrale und ebenfalls kostenlose<br />

App entwickelt.<br />

Diese Tools sollten Wälzlager-Anwender<br />

nutzen. Und sie sollten wachsam sein,<br />

denn trotz aller Bemühungen kommen<br />

auch in Deutschland immer noch gefälschte<br />

Wälzlager auf den Markt. Das Risiko<br />

bleibt also, aber es kann minimiert werden.<br />

www.nskeurope.de<br />

6 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2021</strong>/01-02 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de


SOFTSTARTER<br />

VERÄNDERUNGEN IN DER GESCHÄFTSFÜHRUNG BEI EBM-PAPST<br />

Stefan Brandl (l.), 52, Vorsitzender der Geschäftsführung der<br />

ebm-papst Gruppe, hat sich entschlossen, das Unternehmen zum<br />

30. Juni <strong>2021</strong> zu verlassen, um eine neue berufliche Herausforderung<br />

als Vice Chairman der Dräxlmaier Group anzunehmen.<br />

Ab 1. Juli <strong>2021</strong> wird Thomas Wagner (m.), seit 2002 Geschäftsführer<br />

Produktion und stv. Vorsitzender der Geschäftsführung der<br />

ebm-papst Gruppe, den Vorsitz der Geschäftsführung übernehmen.<br />

Thomas Nürnberger (r), seit 2016 CEO von ebm-papst China, wird<br />

ab 1. April <strong>2021</strong> in der Gruppengeschäftsführung das Vertriebsressort<br />

verantworten.<br />

Stefan Brandl hat bei ebm-papst in über 30 Jahren in verantwortlichen<br />

Positionen, zuletzt als CEO, gearbeitet. Unter seiner Führung wurde durch die Umsetzung der „one“-Strategie aus drei dezentral<br />

geführten Einheiten ein starker Unternehmensverbund mit klarem Fokus auf die Wachstumsmärkte China und Nord-Amerika.<br />

Bild: ebm-papst/Phillip Reinhard<br />

www.ebmpapst.com<br />

EIN JAHR INTORQ BEI<br />

KENDRION: EINE<br />

POSITIVE BILANZ<br />

Japanese quality – trusted worldwide since 1921<br />

Ein Jahr nach der Übernahme des<br />

Bremsenspezialisten Intorq durch<br />

die niederländische Kendrion-<br />

Gruppe fällt die Bilanz positiv aus.<br />

Aus den beiden Unternehmen sei<br />

trotz Corona-Einschränkungen<br />

ein gutes Team geworden. Die<br />

Marke Intorq gehört nun zur neu<br />

geschaffenen Geschäftseinheit<br />

Industrial Brakes bei Kendrion.<br />

Bisher war die Einheit Industrial<br />

Drive Systems auf Permanentmagnetbremsen<br />

spezialisiert. Durch<br />

den Zusammenschluss ist nun ein<br />

Komplettanbieter für elektromagnetische<br />

Bremsen, Federkraftbremsen<br />

und Kupplungen<br />

entstanden. Zwar hätten die<br />

pandemiebedingten Kontaktbeschränkungen<br />

das Kennenlernen<br />

erschwert. Es hätten sich aber<br />

neue Wege der Kommunikation<br />

aufgetan, die schlussendlich zu<br />

einer verbesserten Effizienz in der<br />

Zusammenarbeit geführt hätten,<br />

berichtet Andreas Laschet (Bild),<br />

Director Industrial Brakes.<br />

„Obwohl wir Corona-bedingt<br />

Umsatzeinbrüche zu verzeichnen<br />

haben, werden wir doch in<br />

anderen Aspekten gestärkt aus<br />

dieser Krise hervorgehen.“<br />

www.intorq.com<br />

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1921<br />

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<strong>2021</strong><br />

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<strong>2021</strong><br />

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SOFTSTARTER<br />

DIE SITUATION DER<br />

MESSEN AUS<br />

BRANCHENSICHT<br />

KONKRET<br />

NACHGEFRAGT<br />

DR. ANDREAS GRUCHOW<br />

Vice-President, European Chapter Chair des<br />

internationalen Messeverbands UFI und Mitglied des<br />

Vorstands der Deutschen Messe AG<br />

Das Messejahr 2020 war von<br />

großer Unsicherheit geprägt.<br />

Welche Messe stattfinden würde<br />

und in welchem Format war<br />

lange unklar. Tatsächlich wurden<br />

viele Messen rein digital<br />

durchgeführt. Es gab hybride<br />

Formen und Unternehmen<br />

schufen sich auch eigene,<br />

unabhängige Präsentationsplattformen.<br />

Viele freuten sich<br />

schon auf <strong>2021</strong> – aber nun ist<br />

auch die Hannover Messe schon<br />

als rein digitaler Event<br />

angekündigt. Wir haben bei<br />

Messeakteuren nachgefragt.<br />

Nach einem international sehr erfolgreichen Messejahr 2019 hat die<br />

Corona-Pandemie die Messebranche hart getroffen. Zwar wurden schnell<br />

tragfähige Hygienekonzepte erarbeitet, die auf elektronische Registrierung<br />

und Tracking sowie erhöhtem Hygienestandard und einer definierten<br />

Personendichte basieren. Aber Austeller und Besucher kamen nicht mehr zu<br />

normalen Messen, zum Teil wegen Reisebeschränkungen, aber auch aus<br />

wirtschaftlichen Gründen. Deshalb mussten digitale Events geschaffen<br />

werden. Die UFI hat ihre Mitgleider befragt. Das Ergebnis zeigt, dass<br />

physische Messen sehr wichtig sind. Dennoch gab es positive Effekte<br />

digitaler Messen, so hat sich etwa die Reichweite erhöht. Corona hat auch<br />

bei Messeunternehmen Digitalisierungsprozesse beschleunigt. Digitale<br />

Elemente werden Messen in Zukunft verstärkt begleiten. Messen werden<br />

auf Pandemielagen reagieren, indem sie digitale und physische<br />

Messeelemente wie mit einem Schieberegler gewichten werden.<br />

FRANK BLASE<br />

Geschäftsführer und Unternehmer<br />

bei der Igus GmbH<br />

SVEN KARPSTEIN<br />

Geschäftsführer<br />

bei KBK Antriebstechnik<br />

Aus meiner Sicht war das Messejahr 2020 sehr<br />

unbefriedigend. Wir nutzen Messen für den Kontakt mit<br />

Kunden, Lieferanten und die Beobachtung des Wettbewerbs.<br />

Das digitale Format hat da nicht viel mehr zu bieten als eine<br />

intensive Recherche im Internet. Überraschende<br />

Entdeckungen und Begegnungen bleiben im digitalen Umfeld<br />

aus. Wir haben den Kontakt zu unseren Kunden anders, aber<br />

trotz allem erfolgreich gepflegt. Virtuelle Messen haben mich<br />

daher nicht überzeugt. Ich hoffe, dass sich das Messeleben im<br />

Jahr <strong>2021</strong> schnell wieder normalisiert.<br />

Normalerweise wäre Igus 2020 auf 222 Messen und Kongressen<br />

weltweit vertreten gewesen, es waren dann nur 26. Wir haben<br />

schnell gehandelt und eine Lagerhalle bei uns in Köln zu einer<br />

echten Messe umgebaut und sie virtuell zum Kunden gebracht.<br />

Besucher können sie entweder selbst online begehen oder einen<br />

Termin mit einem technischen Verkaufsberater vereinbaren, der<br />

per Videochat und live vor Ort über die Messe führt. Diese<br />

Möglichkeit des Messebesuchs kommt gut bei unseren Kunden<br />

an und wir werden das Konzept fortführen. Andererseits ist der<br />

persönliche Austausch vor Ort und das Erleben der Produkte<br />

wichtig. Wie jedes Jahr haben wir dazu unseren mobilen<br />

Road-Show-Messestand eingesetzt. Jedoch fehlen uns die<br />

klassischen Messen mit den vielen persönlichen Gesprächen, die<br />

sich eben auch häufig aus der Spontaneität heraus ergeben. Eine<br />

Messe ist auch immer ein Forum, auf dem wir innerhalb kurzer<br />

Zeit Trends beobachten und auf „zufällige“ Ideen stoßen. Meiner<br />

Einschätzung nach wird es <strong>2021</strong> wenn möglich hybride Formate<br />

geben. Ich gehe davon aus, dass nur wenige Messen stattfinden,<br />

die Stände kleiner werden und sich neue Formate entwickeln.<br />

8 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2021</strong>/01-02 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de


SOFTSTARTER<br />

SENSORIK- UND MESSTECHNIK-BRANCHE STABILISIERT SICH<br />

Nachdem die Sensorik und Messtechnik bis Mitte 2020 deutliche<br />

Verluste verzeichnete, lässt das 3. Quartal auf langsame Erholung<br />

hoffen. Die Auftragseingänge legten um 4 % zu, das stimmt die<br />

Branche optimistisch. Die Umsätze stiegen in dem Zeitraum um<br />

1 %, wie aus einer Umfrage des Branchenverbands AMA unter<br />

seinen 450 Mitgliedern hervorgeht. Erwartet hatten die Unternehmen<br />

zuvor ein Minus von 3 %. Bei den großen Unternehmen<br />

entwickelten sich die Umsätze der Zulieferer überproportional<br />

gut. Die Umsätze der Zulieferer in den Maschinenbau stagnierten,<br />

die der Automobilzulieferer stabilisieren sich langsam. Der<br />

Anteil der Unternehmen, die im 3. Quartal Kurzarbeit einführten<br />

oder beibehielten, lag bei 58 %. Hier zeigten sich die Zulieferer in<br />

die Automobilindustrie, die zu 80 % in Kurzarbeit sind, als besonders betroffen. Bei einem Viertel der Befragten wurden pandemiebedingt<br />

die Lieferketten unterbrochen, und 42 % davon fanden keinen adäquaten Ersatz.<br />

www.ama-sensorik.de<br />

BOSCH REXROTH: DR. STEFFEN HAACK IN VORSTAND BERUFEN<br />

Bosch Rexroth ordnet seinen Vorstand neu. Dr. Steffen Haack (54) hat ab 1. Januar den Bereich<br />

Entwicklung übernommen. Seine Aufgaben umfassen die Entwicklungsaktivitäten des Unternehmens<br />

sowie die Verantwortung für die drei Produktbereiche der industriellen Hydraulik. Seine Aufgabe als<br />

Leiter der Business Unit Industriehydraulik behält Haack bei. Haack stieg nach seiner Promotion auf<br />

dem Gebiet der Fluidtechnik 1996 bei Bosch ein. Seit 2017 führt Haack den Produktbereich Industrial<br />

Hydraulik. Die Verantwortung für die Fabrikautomation wird im Vorstand Dr. Marc Wucherer (51)<br />

zugeordnet – also die drei Produktbereiche Automation and Electrification Solutions, Assembly<br />

Technology und Linear Motion Technology.<br />

www.boschrexroth.com<br />

Der Eiffelturm in Paris (Frankreich), der Heimat<br />

unseres Tochterunternehmens Binder magnetic.<br />

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LINEARTECHNIK<br />

TITEL<br />

10 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2021</strong>/01-02 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de


TITEL<br />

LINEARTECHNIK<br />

AUTOMATISIERTE BÖRDELMASCHINE<br />

FALZEN MIT<br />

ELEKTROZYLINDERN<br />

Um Fügeprozesse zu verbessern,<br />

hat die Firma Ruegenberg eine<br />

Doppelfalztechnologie mit Servotechnik<br />

entwickelt. Die automatisierte<br />

Bördelmaschine führt Positionier- und<br />

Schließbewegungen mit Elektrozylindern<br />

von SEW-Eurodrive aus. Die Falzungen<br />

weisen dadurch eine bessere Haltbarkeit<br />

auf und haben keine gefährlichen<br />

Schnittkanten mehr.<br />

Gunthart Mau ist Referent Fachpresse<br />

bei der SEW-Eurodrive GmbH & Co KG in Bruchsal<br />

www.<strong>antriebstechnik</strong>.de <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2021</strong>/01-02 11


LINEARTECHNIK<br />

TITEL<br />

Bad Sobernheim liegt im Landkreis Bad Kreuznach in Rheinland-Pfalz.<br />

Die Stadt mit 7 000 Einwohnern ist Verwaltungssitz,<br />

staatlich anerkanntes Heilbad und gehört zum Weinbaugebiet<br />

Nahe. In dieser Region spielt traditionell die<br />

Landwirtschaft eine wichtige Rolle. Doch längst haben auch neue<br />

Ideen und Zukunftsvisionen in Bad Sobernheim Platz gefunden,<br />

z. B. bei der Roland Ruegenberg GmbH, einem Unternehmen mit<br />

Kernkompetenz in Bördel- und Falztechnologien.<br />

Durch die Entwicklung und den Bau zahlreicher Falzanlagen sammelte<br />

Ruegenberg viel Know-how auf diesem Gebiet. Ihre Anlagen<br />

verbinden zwei Blechelemente ohne zu schweißen schnell und zuverlässig.<br />

Dadurch kann der Anwender Zeit und Geld sparen. Neben dem<br />

Verarbeiten von Metallen bietet das Unternehmen auch Lösungen für<br />

einen ebenen Bord sowie für einen besonders kleinen und enganliegenden<br />

Falz. Die Bearbeitungszeiten liegen unter 30 s pro Teil in<br />

vollautomatisierten Anlagen, die den Bearbeitungsprozess ausführen.<br />

SYNCHRONLAUF UND HOHE VERFAHR­<br />

GESCHWINDIGKEITEN GEFORDERT<br />

Ende 2018 erhielt Ruegenberg den Auftrag eines Automobilzulieferers<br />

für mehrere automatische Falzanlagen. Besondere Herausforderungen<br />

hierbei waren die Produktvielfalt, die Rüstzeit, enge<br />

Platzvorgaben und ein anspruchsvoller Terminplan. Anstelle von<br />

Hydraulik kam innovative Servoantriebs- und Steuerungstechnik<br />

zur Anwendung. Hohe Verfahrgeschwindigkeiten und Dynamik<br />

sowie hohe Anforderungen an Kraft, Performance und synchron im<br />

Verbund fahrend – bei unterschiedlichen Kräften – waren einige der<br />

Herausforderungen. Darüber hinaus sollten die einzelnen Motoren<br />

leicht und individuell konfigurierbar sein. Aufgrund der Zusammenarbeit<br />

bei vorangegangenen Aufträgen entschied sich Ruegenberg<br />

bei der Antriebstechnik für SEW-Eurodrive.<br />

ELEKTROZYLINDER STATT HYDRAULIKZYLINDER<br />

Zunächst mussten verschiedene Tests durchgeführt werden. „Dazu<br />

verwendeten wir ein hydraulisch angetriebenes Probewerkzeug“,<br />

erläutert Matthias Scheffler, CAD-Konstrukteur bei Ruegenberg.<br />

„Allerdings ist ein Hydraulikzylinder langsam und nicht punktgenau<br />

zu steuern.“ Matthias Kürzer, Ruegenbergs Abteilungsleiter<br />

Elektrik, führt aus: „Bei der Vorserie hatten wir bereits einen Vierer-<br />

Achsverbund mit Elektrozylindern für die Arbeitshübe und Zwischenpositionen<br />

eingesetzt. Der Zweier-Achsverbund für die<br />

Schließbewegung wurde aber zunächst mit Hydraulikzylindern<br />

realisiert.“ Nach den Tests entschloss sich das Entwicklungsteam<br />

um die beiden Fachleute den Hydraulikhub ebenfalls mit Elektrozylindern<br />

auszuführen.<br />

An der Beladestation werden durch einen Werker Hitzeschilde und<br />

Bauteil zusammengesetzt. Dieser Prozess wird von einer Kamera<br />

überwacht. Die Bauteile wiegen bis zu 20 kg. Mittels eines Drehtellers<br />

wird das Bauteil in die Maschine geschwenkt. Ein Roboter<br />

übernimmt das weitere Bauteilhandling. Über die Codierung der<br />

Werkzeuge ist sichergestellt, dass er stets das richtige Werkzeug<br />

bedient. Nach dem Bördel- bzw. Crimpvorgang bringt der Roboter<br />

das Bauteil zur Laserstation. In diesem Prozessschritt werden ein<br />

DataMatrix-Code (DMC) sowie Klarschrift aufgelasert. Im Anschluss<br />

an die Lasermarkierung wird ein Etikett gedruckt und automatisch<br />

aufgeklebt.<br />

NEUES VERFAHREN SCHLIESST FALZKANTEN<br />

AUCH IN RADIEN UND KURVEN<br />

Die bisherige Falztechnologie basierte auf einem einfachen Falz im<br />

Verbund mit einer Punktschweißung. Die Festigkeit dieser Verbindung<br />

liegt allerdings unter der des neuentwickelten Crimpverfahrens.<br />

Scheffler erläutert: „Die größten Herausforderungen beim<br />

Doppelfalzen sind Faltenlagen in den Hitzeschild-Blechen. Dazu<br />

kommt die Unsicherheit bei den dabei zu erwartenden Prozesskräften.<br />

Die genaue Dosierbarkeit der Einzelkräfte ist daher äußerst<br />

wichtig, damit zum einen jeder Einzelvorgang gesamtumfänglich<br />

korrekt ausgeführt wird und zum anderen die schmalen Stempel<br />

und Matrizen des Werkzeugs nicht beschädigt werden. Daher haben<br />

wir den Crimp zunächst mit einer Handvorrichtung erzeugt und<br />

dabei den erforderlichen Kraftaufwand gemessen.“<br />

Die Besonderheit dieses Verfahrens zeigt sich darin, dass auch in<br />

Radien und Kurven die Falzkante geschlossen ist. Dies ermöglicht,<br />

das Bauteil mit einem rundum geschlossenen Falz ohne Unterbrechung<br />

zu versehen. Durch das zweifache Falzen und anschließendes<br />

Aufstellen der Falzkante wird eine höhere Festigkeit erzielt.<br />

Die innenliegende Isolierung ist vor eindringenden Flüssigkeiten<br />

wie Wasser oder Öl geschützt. Auch die thermischen Eigenschaften<br />

werden verbessert. Der Doppelfalz ist weniger anfällig gegenüber<br />

Vibrationen als eine punktgeschweißte Verbindung und weist<br />

somit eine längere Lebensdauer auf. Durch den Crimpprozess<br />

entstehen keine offenen oder scharfen Kanten. Daher stellt dieser<br />

Falz kein Sicherheitsrisiko für die Werker in der Endmontage dar.<br />

Denn scharfkantige Blechverbördelungen können sogar Schutzhandschuhe<br />

durchschneiden.<br />

ELEKTROZYLINDER FÜHREN POSITIONIER- UND<br />

SCHLIESSBEWEGUNGEN AUS<br />

Jede Bördelmaschine ist mit sechs Elektrozylindern von SEW-<br />

Eurodrive ausgestattet. Vier Zylinder der Baureihe CMSB71 im achs-<br />

01


TITEL<br />

LINEARTECHNIK<br />

seriellen Aufbau bilden eine Gruppe und realisieren Arbeitsbewegungen<br />

und Zwischenpositionen der Werkzeugplatten. Die zweite<br />

Gruppe, ebenfalls achsseriell aufgebaut, besteht aus zwei Elektrozylindern<br />

vom Typ CMSMB71. Diese beiden Zylinder, ebenfalls<br />

durch Servomotoren angetrieben, sind für die Schließbewegung<br />

des Werkzeugs verantwortlich und erzeugen die Vorspannung. Jeder<br />

der Antriebe kann Druckkräfte bis 24 kN aufbauen. Eine Verriegelung<br />

der Werkzeughälften verhindert, dass die Zylindergruppen<br />

gegeneinander arbeiten. „Wir lösen alles mit vertikalen Arbeitsbewegungen,<br />

auf engstem Raum. Die schlanke Bauweise der Servoachsen<br />

von SEW-Eurodrive half uns dabei, die strengen Platzvorgaben<br />

des Kunden zu erfüllen“, erläutert Scheffler.<br />

Abteilungsleiter Kürzer ergänzt: „Eine Anforderung an die Anlage<br />

war, dass auf ihr unterschiedliche Bauteile gefertigt werden, die drei<br />

verschiedene Werkzeuge erfordern.“ Wenn in Zukunft neue Bauteile<br />

hinzukommen, heißt das: Man designt ein neues Werkzeug, ohne<br />

die modular aufgebaute Anlage verändern zu müssen. „Wir spielen<br />

dann lediglich ein neues Rezept mit den Verfahrwegen und Kraftgrenzen<br />

der Motoren auf“, so Kürzer.<br />

POSITIONS- UND DREHMOMENTREGELUNG<br />

Die Bewegungssteuerung der Falzanlage erfolgt durch einen Movi-C<br />

Controller power von SEW-Eurodrive. Auf diesem Controller läuft<br />

das Softwaremodul Movikit MultiAxisController, um die beiden<br />

Zylindergruppen anzusteuern. Jan Messerschmitt, Applikationsingenieur<br />

bei SEW-Eurodrive, war an der technischen Lösung beteiligt.<br />

Er erläutert: „Der MultiAxisController ermöglicht, sowohl<br />

die Position in der Vierergruppe exakt zu halten als auch das Drehmoment<br />

zu regeln, wie es für den Prozess erforderlich ist – ohne<br />

dass die Position verletzt wird. Das Wichtigste ist, dass die Platten<br />

nicht verkanten und Funktionssteine nicht kollidieren. Immerhin<br />

liegt die Toleranz bei Bruchteilen von einem Millimeter.“<br />

Für den Nutzer ergibt sich durch den MultiAxis-Controller ein<br />

hoher Bedienkomfort. Der Anwender hat eine einzige Schnittstelle<br />

und das Movikit übernimmt die Regelung/Ausgleichfunktionen für<br />

die gesamte Gruppe. Die übergeordnete Steuerung der gesamten<br />

Anlage wird über Ethernet/IP angebunden. Sie wurde nach einer<br />

Vorgabe des Endkunden bereitgestellt.<br />

PROJEKT ERFORDERTE ENGE ZUSAMMENARBEIT<br />

Den Auftrag zum Bau der Falzanlage erhielt Ruegenberg im Herbst<br />

2018. Kurz darauf erfolgte der Projektstart mit der Planung und<br />

Konstruktion. Ab Mai 2019 fand die Bau- und Erprobungsphase<br />

statt. Der Laser wurde in Betrieb genommen und erste Versuche<br />

mit den Testwerkzeugen durchgeführt. Schließlich konnte im<br />

Frühsommer 2019 der erste Prototyp fertiggestellt werden. Konstrukteur<br />

Scheffler: „Es gelang uns gemeinsam eine Technologie zu<br />

entwickeln, die es vorher noch nicht gab. Bei so einem heißen Projekt<br />

muss die Zusammenarbeit klappen! Es begann alles mit einer<br />

Idee und einem handtellergroßen, aus mehreren Teilen bestehenden<br />

‚Würfel‘ .“<br />

SEW-Kundenbetreuer Frank Schnell resümiert: „Dieses Projekt<br />

war eine Herausforderung.“ Als großer Vorteil für die Firma Ruegenberg<br />

erwies sich, dass man mit den Ansprechpartnern bei SEW-<br />

Eurodrive fortlaufend in Kontakt stand. Auf diese Weise vereinfachte<br />

sich die Projektkoordination spürbar. „Die Kommunikation muss<br />

funktionieren“, betont Scheffler. „Reaktionen und Rückrufe erfolgten<br />

stets zeitnah; das ist nicht überall so. Es erleichtert die Zusammenarbeit<br />

ungemein. Auch der Support vor Ort war lückenlos und<br />

zielführend“, stellt er fest. Mittlerweile trat die Falzanlage ihren Weg<br />

zum Kunden in Asien an, weitere sind gegenwärtig in Planung<br />

bzw. im Bau.<br />

Fotos: Aufmacher, 02: SEW Eurodrive GmbH & Co KG;<br />

01: Roland Ruegenberg GmbH<br />

www.sew-eurodrive.de<br />

www.r-find-r.de<br />

DIE IDEE<br />

„Das Falzen stellt eine große technische<br />

Herausforderung dar. Zum einen<br />

herrscht oft Ungewissheit über die<br />

wirkenden Falzkräfte. Andererseits<br />

stand die Forderung des Kunden nach<br />

kompakten Baumaßen der gesamten<br />

Anlage im Fokus. In umfangreichen<br />

Vorversuchen stellten wir fest, dass<br />

sich ein Bördelprozess am besten<br />

eignet: Durch mehrmaliges Einfalten<br />

und eine spezifische Form weist der<br />

Falz eine überragende Stabilität auf.<br />

Es gelang uns gemeinsam mit viel<br />

Engagement, eine Technologie zu<br />

entwickeln, die es vorher noch nicht<br />

gab. Das ist Hightech!“<br />

02<br />

01 Die Bewegungssteuerung der<br />

Falzanlage ermöglicht sowohl die<br />

Position in der Vierergruppe exakt<br />

zu halten als auch das Drehmoment<br />

zu regeln, wie es für den Prozess<br />

erforderlich ist<br />

02 Durch das zweifache Falzen<br />

und anschließendes Aufstellen<br />

der Falzkante wird eine höhere<br />

Festigkeit erzielt. Zudem ist<br />

die Blechverbördelung weniger<br />

anfällig für Vibration und weist<br />

keine scharfen Kanten auf<br />

Matthias Scheffler, CAD-Konstrukteur,<br />

Roland Ruegenberg GmbH,<br />

Bad Sobernheim<br />

www.<strong>antriebstechnik</strong>.de <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2021</strong>/01-02 13


DIREKTANTRIEBE<br />

ELEKTRISCHE KLEINANTRIEBE<br />

MIT DEM<br />

ROLLSTUHL<br />

AUF DIE<br />

RENNSTRECKE<br />

Der Cybathlon ist ein einzigartiger Wettkampf, bei dem sich Menschen mit<br />

Behinderungen mittels moderner technischer Assistenzsysteme beim Absolvieren<br />

alltagsrelevanter Aufgaben messen. In den hochtechnisierten Hightech-Rollstühlen und<br />

der darin verbauten Robotik übernehmen elektrische Kleinantriebe eine ganze Reihe<br />

wichtiger Funktionen.<br />

Unfall, Krankheit, Krieg oder Alltagsgebrechen, eine Behinderung<br />

kann jeden treffen. Deshalb haben Menschen<br />

schon seit langem nach Lösungen gesucht, um den Betroffenen<br />

das Leben zu erleichtern. Als Vorreiter gelten die Chinesen,<br />

die bereits um 1300 v. Chr. eine Art Sessel mit Rollen genutzt<br />

haben sollen. Seither haben sich Rollstühle enorm weiterentwickelt<br />

und sind heute Hightech-Geräte, die ständig verbessert werden. Der<br />

Cybathlon, den die ETH Zürich ins Leben gerufen hat und seit 2016<br />

wie die Olympischen Spiele alle vier Jahre stattfindet, soll zu dieser<br />

Weiterentwicklung beitragen. Auch zwischen den Veranstaltungen<br />

gibt es immer wieder Rennen, meist im Rahmen von Fachmessen.<br />

DIE CYBATHLON RENNSTRECKE<br />

In der Kategorie Wheelchair Race absolvieren Piloten mit einer<br />

schweren Gehbehinderung in einem motorisierten Rollstuhl eine<br />

definierte Hindernisstrecke. Die einzelnen Stationen enthalten beträchtliche<br />

Herausforderungen, z. B. Treppen, Rampen, Slalomstre-<br />

cken oder ganz allgemein unebenes Terrain. Mit bislang zwei Goldtrophäen<br />

ist dies die Paradedisziplin des Teams HSR Enhanced der<br />

Hochschule für Technik Rapperswil in der Schweiz.<br />

Der Antriebshersteller Faulhaber ist dabei mit an Bord – mit<br />

Hochleistungsmotoren im Rollstuhl sowie als Sponsor des HSR-<br />

Teams. „Als 2016 der erste Cybathlon in Zürich ausgerichtet wurde,<br />

haben wir ziemlich spät davon erfahren“, erinnert sich Prof. Dr.<br />

Christian Bermes vom Institut für Laborautomation und Mechatronik<br />

der Hochschule für Technik Rapperswil (HSR). „Es blieben uns<br />

gerade mal zehn Monate, um aus dem Nichts einen wettbewerbsfähigen<br />

Rollstuhl zu entwickeln. Aber die Aufgabe war reizvoll, die<br />

technische Herausforderung ausgesprochen interessant.“<br />

STETIG HÖHERE ANFORDERUNGEN<br />

Das Hochschulteam, das sich dann schnell zusammenfand, holte<br />

sich gleich in 2016 beim ersten Anlauf die Goldmedaille beim<br />

Cybathlon. Ein Erfolg, den das Team drei Jahre später bei den<br />

14 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2021</strong>/01-02 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de


DIREKTANTRIEBE<br />

01 Cybathlon-Pilot Florian Hauser<br />

in seinem Wettkampf-Rollstuhl,<br />

der von einem Ingenieursteam der<br />

Hochschuhe Rapperswil ständig<br />

weiterentwickelt wird<br />

Cybathlon Wheelchair Series im japanischen Kawasaki bestätigte.<br />

Aber ausruhen auf ihren Lorbeeren kommt nicht in Frage – und das<br />

nicht nur wegen der starken Konkurrenz. Wie im Motorsport reagiert<br />

die Regelsetzung auf den technischen Fortschritt, und die<br />

Messlatte wird ständig höher gelegt.<br />

„In Zürich waren nur drei Treppenstufen zu bewältigen“, erinnert<br />

sich Bermes. „In Kawasaki waren es schon sechs. Die Tür durfte<br />

dort nicht mehr vom Fahrer selbst, sondern nur von einem Roboterarm<br />

geöffnet und nach der Durchfahrt wieder geschlossen werden.“<br />

Die einzelnen Aufgaben enthalten also beträchtliche technische<br />

Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt. Für das Treppensteigen<br />

z. B. haben die verschiedenen Teilnehmerteams ganz<br />

unterschiedliche Ansätze entwickelt. Einige von ihnen setzen bspw.<br />

auf Raupen, die auch die Fortbewegung auf flachem Untergrund<br />

bewältigen. HSR Enhanced verwendet dagegen ein hybrides Antriebskonzept<br />

mit Raupen für die Treppe und einzeln lenkbaren Rädern,<br />

die den Rollstuhl auf ebenem Gelände sehr wendig machen.<br />

EINSETZBAR ALS RAD- ODER RAUPENFAHRZEUG<br />

Für die Treppe gibt es das absenkbare Zusatzmodul „Herkules“ unter<br />

dem Fahrgestell, das den Rollstuhl für die Treppe von einem<br />

Rad- in ein Raupenfahrzeug verwandelt. Damit der Pilot auch in<br />

der Schräglage sicher sitzt, wird der Fahrersitz und damit der<br />

Schwerpunkt verschoben. Die Verlagerung hat zudem Einfluss auf<br />

die Traktion und das Fahrverhalten, kommt dem Fahrer aber auch<br />

in Alltagssituationen entgegen: Ist der Sitz vorn, sind seine Füße unten,<br />

und er kann bequem an einen Tisch heranfahren. In der hinteren<br />

Position – der Standard für die Fahrt auf ebenem Untergrund –<br />

liegen die Beine oben, was die Kombination aus Pilot und Rollstuhl<br />

kürzer und kompakter macht.<br />

Motoren von Faulhaber kommen im Treppenmodul, bei der Sitzverstellung<br />

und bei der Einzelradlenkung zum Einsatz. Für die Absenkung<br />

des „Herkules“ werden zwei leistungsstarke grafitkommutierte<br />

Motoren der Baureihe CR verwendet, die das Gesamtgewicht<br />

von rund 180 kg von den Rädern auf die Raupen heben. Der gleiche<br />

Motortyp verschiebt mit Getriebe und Spindel versehen auch den<br />

Sitz. Die DC-Motoren mit Grafitkommutierung sind mit Durchmessern<br />

von 38 mm kompakt und leicht. Durch die Konstruktion als<br />

Glockenankermotor mit der patentierten, freitragenden Rotorspule<br />

mit Schrägwicklung, die um einen ruhenden Magneten rotiert,<br />

kann fast der gesamte Motordurchmesser für die elektrische Spulenwicklung<br />

genutzt werden. Dadurch sollen die Motoren im Verhältnis<br />

zu ihrer Größe und ihrem Gewicht höhere Leistungen und<br />

Drehmomente als konventionelle Ausführungen erreichen.<br />

Für die Lenkbewegung der Räder sorgen vier bürstenlose Motoren<br />

der BXT-Serie mit passendem Getriebe. Sie liefern mithilfe ihrer<br />

innovativen Wicklungstechnik und Auslegung ein hohes Drehmoment<br />

von 10,2 mNm und das bei 14 mm Höhe und 22 mm Durchmesser.<br />

Mit einer Drehzahl von bis zu 10 000 min -1 können sie die<br />

www.<strong>antriebstechnik</strong>.de <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2021</strong>/01-02 15


DIREKTANTRIEBE<br />

02<br />

02 Für die Absenkung des<br />

Treppenmoduls werden zwei<br />

grafitkommutierte Motoren der<br />

Baureihe CR verwendet, die das<br />

Gesamtgewicht von rund 180 kg<br />

von den Rädern auf die Raupen<br />

heben<br />

03<br />

03 Vier bürstenlose Motoren der<br />

BXT-Serie mit passendem Getriebe<br />

sorgen für die Lenkbewegung der<br />

Räder und liefern mithilfe ihrer<br />

innovativen Wicklungstechnik und<br />

Auslegung ein hohes Drehmoment<br />

Lenkbewegung praktisch verzögerungsfrei umsetzen. Die standardmäßig<br />

integrierten digitalen Hallsensoren sorgen zudem für<br />

eine präzise Drehzahlregelung.<br />

KOMPAKTE ANTRIEBE MIT HOHEM<br />

WIRKUNGSGRAD<br />

„Wir versuchen die Ausmaße der Module grundsätzlich zu minimieren“,<br />

so Bermes. „Das gleiche gilt natürlich für das Gewicht – jedes<br />

Gramm weniger macht das Fahrzeug beweglicher und besser zu<br />

handhaben. Außerdem wollen wir keine Akkuleistung verschwenden,<br />

weshalb wir Antriebe mit hohem Wirkungsgrad brauchen.“<br />

Die Arbeit am Cybathlon-Boliden ist ein ingenieurwissenschaftliches<br />

Projekt und passt ausgezeichnet zum Rapperswiler Institut<br />

für Laborautomation und Mechatronik, das sich mit angewandter<br />

Forschung beschäftigt. Das Zusammenspiel von Elektronik und<br />

Mechanik, von Soft- und Hardware ist dort ein wesentlicher<br />

Schwerpunkt. Man arbeitet dabei eng mit Unternehmen sowie dem<br />

schweizerischen Forschungs- und Entwicklungsverbund Innosuisse<br />

zusammen. Der Wettbewerb ist quasi der Praxis-Härtetest für die<br />

entwickelten Technologien. „Insgesamt sind über alle Kategorien<br />

rund hundert Teams aus der ganzen Welt beteiligt. Da kommt eine<br />

enorme Entwicklungsleistung zusammen, von der Menschen mit<br />

Behinderung profitieren“, betont Professor Bermes. „Das komplexe<br />

Zusammenspiel der Module lässt sich aber auch auf andere Bereiche<br />

übertragen, zum Beispiel auf die Automation und Robotik.“<br />

MIT SPORTSGEIST UND EHRGEIZ ZUM ERFOLG<br />

Bei der Vorbereitung auf das jeweils nächste Rennen kommt zum<br />

technischen Anspruch noch ein entscheidender Faktor hinzu:<br />

Sportsgeist! Teamleiter Bermes selbst bezeichnet sich als sportbegeistert<br />

und Florian Hauser, der seit einem Motorradunfall querschnittsgelähmte<br />

Pilot des Cybathlon-Rollstuhls, ist ein ehrgeiziger<br />

Sportler, der beim Training und im Rennen alles gibt. Derselbe<br />

Geist herrscht im Team aus Bachelor- und Master-Studierenden<br />

und Ingenieuren. Bermes erklärt: „Es ist wie in der Formel 1: Wir<br />

versuchen die technischen Möglichkeiten komplett auszureizen.<br />

Zugleich muss das Material robust und zuverlässig sein, damit es<br />

den schwierigen Parcours sicher bewältigt und das Rennen durchhält.<br />

Während der Fahrt ist es dann aber ausschließlich der Pilot,<br />

der die Leistung auf die Strecke bringt. Mit Florian haben wir dafür<br />

den perfekten Piloten im Cockpit.“<br />

Bei einem anspruchsvollen Technologiewettstreit wie dem<br />

Cybathlon wachsen alle Beteiligten an ihren Aufgaben und versuchen<br />

immer wieder Grenzen zu überwinden. Das gilt für die<br />

Schweizer Entwickler an der HSR genauso wie für die deutschen Ingenieure<br />

bei Faulhaber in Schönaich. Dort nutzt man die Synergieeffekte<br />

aus den gesammelten Erfahrungen z. B. für Optimierungen<br />

und die Entwicklung neuer Produkte in den Applikationsbereichen<br />

Human Augmentation und Prothetik. Von diesem Technologietransfer<br />

profitieren zuerst Applikationsingenieure und später Menschen<br />

mit Behinderungen weltweit. Ob myoelektrische Handprothesen,<br />

Arm- und Beinprothetik bis hin zu Exoskeletten und Workbots.<br />

Die Liste der Anwendungsbereiche, für die der Antriebsspezialist<br />

passende Antriebslösungen im Portfolio hat ist lang.<br />

Fotos: Aufmacher HSR, 01 Manuel Gutjahr, sonstige Faulhaber<br />

www.faulhaber.com<br />

DIE IDEE<br />

„Bei einem anspruchsvollen Technologiewettstreit<br />

wie dem Cybathlon<br />

wachsen alle Beteiligten an ihren<br />

Aufgaben. Das gilt für die Schweizer<br />

Entwickler an der Hochschule<br />

Rapperswil genauso wie für die<br />

deutschen Ingenieure bei Faulhaber<br />

in Schönaich. Hier nutzen wir die<br />

Synergieeffekte aus den gesammelten<br />

Erfahrungen und Lösungen im<br />

technischen Grenzbereich für<br />

Optimierungen und die Entwicklung<br />

neuer Produkte in den Applikationsbereichen<br />

Human Augmentation und<br />

Prothetik.“<br />

Dipl.-Ing. (BA) Andreas Seegen, Leiter<br />

Marketing, Faulhaber, Schönaich<br />

16 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2021</strong>/01-02 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de


MARKTPLATZ<br />

DEZENTRALER BETRIEB FÜR VIELE<br />

APPLIKATIONEN<br />

Synchron-Servoantriebe<br />

mit leistungsstarken<br />

Motorsystemen<br />

und integrierter<br />

Regelelektronik<br />

bietet Engel in der<br />

Reihe HFI an. Die<br />

kompakten<br />

Antriebe eignen sich<br />

für dezentrale<br />

Anwendungen in<br />

ein- und mehrachsigen Systemen an 24 oder 48 VDC. Die<br />

hochauflösende Winkelerfassung macht sie zu dynamischen<br />

Servo-Systemen mit einer konstanten, gleichmäßigen Drehmomententwicklung<br />

und guten Regeleigenschaften. Die Ansteuerung<br />

und Sollwertvorgabe des Grundgerätes erfolgt über<br />

analoge/digitale Signale oder über das CANopen Interface. Mit<br />

einem Feldbusmodul lassen sich die Geräte in Ethernet-basierte<br />

Feldbusse einbinden. Dabei unterstützen sie die Betriebsarten<br />

Profile Position, Profile Velocity und Profile Torque Mode. Die<br />

Positionierung erfolgt auf absolute und relative Zielvorgaben. In<br />

Singleturn-Ausführung wird auf Endschalter, mechanischen<br />

Endanschlag oder auf die aktuelle Position referenziert. Die<br />

Antriebe sind auch mit funktionaler Sicherheit erhältlich.<br />

www.engelantriebe.de<br />

ROBUSTE UND LEICHT ZU REINIGENDE<br />

MOTOREN<br />

Für die Nahrungsmittelherstellung<br />

bietet Groschopp<br />

die Induktionsmotoren<br />

der IGK- und<br />

IGL-Serie, die<br />

EGK-Servomotoren<br />

sowie Schneckengetriebe<br />

nun auch<br />

komplett in Edelstahl oder sila-coatiert an. Diese lassen sich<br />

flexibel wie aus dem Baukasten kombinieren und halten der<br />

Reinigung mit dem Hochdruckreiniger oder mit aggressiven<br />

Reinigungsmitteln stand. Die Beschichtung Sila-Coat bietet<br />

im Vergleich zum Hartcoatieren den Vorteil, dass durch die<br />

Versiegelung der Oberfläche mit einem Elektrophorese-<br />

Tauchlack die Korrosions- und die Alkalibeständigkeit der<br />

Komponenten gesteigert wird. Zudem entsteht so eine<br />

glatte Oberfläche, an der klebrige Lebensmittel wie z. B.<br />

Teigreste nicht haften bleiben. Das reduziert den Einsatz<br />

von Reinigungsmitteln. Für besonders raue Umgebungen<br />

wie z. B. in Fleischereibetrieben gibt es die Motoren und<br />

Getriebe in der Edelstahlvariante. Es sind auch Kombinationen,<br />

z. B. aus einem Sila-Coat-Motor mit einem Edelstahlgetriebe,<br />

möglich.<br />

www.groschopp.de<br />

Seit mehr als 25 Jahren sind wir der Spezialist für Laseranwendungen zur Herstellung von individuellen<br />

und anspruchsvollen Fein- und Mikropräzisionskomponenten. Als innovativer Entwicklungspartner<br />

und zuverlässiger Fertigungsdienstleister für die Laserfeinbearbeitung von Sonderwerkstoffen<br />

sind wir für Kunden aus den Bereichen Leistungselektronik, Sensorik & Systeme,<br />

E-Mobilität & Energietechnik sowie Feinmechanik & Gerätebau tätig.<br />

So fertigen wir nach Kundenzeichnung beispielsweise anspruchsvolle Elektrobleche mit Blechdicken<br />

von 0,1 bis 0,5 mm und scharfen Konturen speziell für Miniaturisierung und Mikromotoren.<br />

Darüber hinaus produzieren wir Kernpakete für Rotoren und Statoren mittels Klebetechnik<br />

(Backlack) und Laserfeinschweißen.<br />

Vielfalt in Material und Anwendung.<br />

Wir sind der richtige Partner für Sie:<br />

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modernste Lasertechnologie<br />

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Mail: stan@lcpgmbh.de<br />

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ELEKTROMOTOREN<br />

ANTRIEBSKONZEPTE IM WANDEL<br />

PASSENDE MOTOREN FÜR DIE<br />

KUNSTSTOFFVERARBEITENDE INDUSTRIE<br />

Gleichstrommotoren haben sich als Antriebe für Dosieranlagen bewährt.<br />

In der Kunststoffproduktion kommen sie in zahlreichen Ausführungen zur<br />

Anwendung. Niederspannungsservomotoren bieten hingegen eine höhere<br />

Einsatzflexibilität und stellen eine Alternative für die Zukunft dar.<br />

André Coolen-Pearse ist Marketing- und Vertriebsleiter<br />

bei der Groschopp AG Drives & More in Viersen<br />

18 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2021</strong>/01-02 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de


ELEKTROMOTOREN<br />

Für das Dosieren von rieselfähigen Kunststoffgranulaten und<br />

Pulvern in unterschiedlichen Formen und Körnungen<br />

braucht die kunststoffverarbeitende Industrie technische Lösungen,<br />

deren Herstellung ein breites verfahrenstechnisches<br />

Know-how erfordert. Genau darauf hat sich die Firma Woywod aus<br />

Gräfelfing bei München spezialisiert. Das Unternehmen wurde<br />

Ende der 70er Jahre als Einmannbetrieb gegründet und zeichnet<br />

sich durch jahrzehntelange Erfahrung in der Kunststoffverarbeitung<br />

aus. Die ersten Produkte des damaligen Ingenieurbüros für<br />

Extrusionstechnik wurden noch in der Garage des Gründers entwickelt.<br />

1980 erwarb Woywod dann die Rechte an dem Misch- und<br />

Dosiersystem Plasticolor.<br />

ETABLIERTE ANTRIEBSTECHNIK MIT<br />

GLEICHSTROMMOTOREN<br />

Zu den Kunden von Woywod gehören neben Herstellern von Kabeln,<br />

Leitungen und Lichtwellenleitern auch Produzenten von<br />

technischen Profilen, Monofilamenten, Folien, Platten und Baustoffen<br />

sowie Fertigungsbetriebe von Spritzgussprodukten. Noch<br />

heute bilden die Plasticolor-Dosiergeräte von damals die Basis für<br />

das aktuelle Produktportfolio des Herstellers. Angetrieben werden<br />

die kontinuierlich modifizierten und weiterentwickelten Geräte<br />

seitdem von permanenterregten Gleichstrommotoren. Neuerdings<br />

fertigt Woywod auch Dosiersysteme mit Niederspannungsservomotoren.<br />

Alle Antriebe bezieht das Unternehmen seit fast vier Jahrzehnten<br />

von den Antriebsspezialisten der Groschopp AG.<br />

Die permanenterregten Gleichstrommotoren der Serie PM1 85-40<br />

mit einem Leistungsbereich von 125 Watt werden bei Woywod in<br />

Kombination mit einem KT3-Tachogenerator und zwei Stirnradgetrieben<br />

der Serie SG 80 von Groschopp betrieben. Die Motoren<br />

bieten eine gute Regelbarkeit mit einem Regelbereich von etwa<br />

1:30. Bei einer Übersetzung von i=25,1 erreichen sie abtriebsseitig<br />

etwa 160 min -1 oder bei i=7,8 etwa 512 min -1 .<br />

Die Stirnradgetriebe zeichnen sich durch einen guten Wirkungsgrad<br />

sowie ihre kompakte und robuste Bauform aus. Der Motor sitzt<br />

am Ende des Dosiergerätes und ist über eine Kupplung mit der Dosierschnecke<br />

verbunden, die das Material in der gewünschten<br />

Menge in den Verarbeitungsprozess austrägt. Die Einsatzgebiete<br />

der Groschopp-Motoren reichen von der Zudosierung von Additiven<br />

bis hin zur kompletten Dosierung und Vormischung auf Kunststoffverarbeitungsmaschinen.<br />

In der Praxis sieht das dann wie folgt aus: Die Zudosieranlagen<br />

sind für Verarbeitungsmaschinen mit möglichst konstantem Ausstoß<br />

konzipiert. Das Hauptmaterial fließt wie beim Einzelgerät frei<br />

in die Schnecke des Extruders oder der Spritzgussmaschine. Alle<br />

Additivkomponenten werden zum Hauptmaterialstrom hinzudosiert.<br />

Die Drehzahlen der Dosierschnecken werden mit der Drehzahl<br />

der Verarbeitungsmaschine synchronisiert. In der Produktionsmaschine<br />

werden die Materialien dann sehr gleichmäßig vermischt.<br />

www.<strong>antriebstechnik</strong>.de <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2021</strong>/01-02 19


ELEKTROMOTOREN<br />

01 Permanenterregte Gleichstrommotoren<br />

für Dosiergeräte sind je nach<br />

Anwendungsbedarf in unterschiedlichen<br />

Motor-Getriebe-Kombinationen<br />

verfügbar<br />

01 02<br />

02 Durch ihren integrierten Regler<br />

benötigen Niederspannungsservomotoren<br />

wenig Bauraum und bieten<br />

dank programmierbarer Software neue<br />

elektronische sowie konstruktive<br />

Möglichkeiten<br />

ZAHLREICHE MOTOR-GETRIEBE-VARIANTEN<br />

Um ein breites Produktspektrum vom einzelnen Dosiergerät bis hin<br />

zur volumetrischen oder gravimetrischen Mischanlage abzudecken,<br />

lassen sich die einzelnen Komponenten des modularen Plasticolor-Systems<br />

nach Bedarf kombinieren. Gefertigt werden sie<br />

ausschließlich im Woywod-Werk in Werneuchen, Seefeld. Die<br />

Montage erfolgt durch ausgebildete Fachkräfte. So ist das Unternehmen<br />

in der Lage, auf individuelle Anfragen schnell und flexibel<br />

zu reagieren. Kleinstserien bis hin zur Serienproduktion mit großen<br />

Stückzahlen stellen für Woywod kein Problem dar.<br />

Mit verschiedenen Motor-Getriebe-Kombinationen möchte<br />

Woywod den Anforderungen einer großen Bandbreite an Anwendungen<br />

gerecht werden. Somit kann auch der permanenterregte<br />

Gleichstrommotor PM6 93-50 (200 Watt) mit einem KT5-Tachogenerator<br />

und zwei Stirnradgetrieben der Serie SG150 in den Dosierund<br />

Mischsystemen verbaut werden. Er ist von der Bauform her etwas<br />

größer als der PM1 85-40 und wird in den Geräten und Anlagen<br />

zur Kunststoffverarbeitung mit einem Übersetzungsverhältnis von<br />

i=6 bzw. i=12 betrieben.<br />

NIEDERSPANNUNGSSERVOMOTOREN SPAREN<br />

BAUTEILE UND SIND PROGRAMMIERBAR<br />

Als Alternative zu den permanenterregten Gleichstrommotoren hat<br />

Woywod gemeinsam mit Groschopp ein Antriebssystem mit Niederspannungsservomotor<br />

(24 V/80 W) entwickelt. Der EGK65-<br />

30NA mit integriertem Regler und einem Planetengetriebe MPL65<br />

ist eine Weiterentwicklung der Black-Panther-Servomotoren von<br />

Groschopp. Dieses Antriebssystem zeichnet sich durch eine hohe<br />

Leistungsdichte, Positioniergenauigkeit und Energieeffizienz aus.<br />

Durch die Integration des Reglers benötigt der Motor nur wenig<br />

Bauraum. Durch seine frei programmierbare Software sowie flexiblen,<br />

elektronischen und konstruktiven Möglichkeiten ist der Antrieb<br />

für zahlreiche Anwendungen konfigurierbar. Das reicht vom<br />

einfachen Dosiergerät bis hin zur volumetrischen oder gravimetrischen<br />

Mischanlage.<br />

„Je flexibler in der jeweiligen Anwendung dosiert werden muss,<br />

desto mehr empfehlen wir es, den Servomotor einzusetzen“, erläutert<br />

René Günther, Vertriebsleiter bei Woywod. Gravimetrische<br />

Mischanlagen verfahren z. B. nach dem „loss-in-weight-Prinzip“.<br />

Jedes Plasticolor-Element ist mit einer Trichterwaage ausgestattet<br />

und arbeitet abhängig vom Materialverbrauch der Verarbeitungsmaschine.<br />

Die Weitbereichsmotoren von Groschopp mit ihrem<br />

hohen Regelbereich folgen dabei dem Durchsatzwert der<br />

Mischanlage. Somit stellen sie die exakte Einhaltung der eingestellten<br />

Rezeptanteile sicher.<br />

„Unser Ziel ist es, eine optimal abgestimmte Lösung, bestehend<br />

aus Dosiertechnik, Motoren und Regeltechnik anzubieten,“ so Günther,<br />

„daher planen wir langfristig, die neuen Niederspannungsservomotoren<br />

als Einheitsmotor für unsere Produkte zu etablieren.“<br />

Da aber noch viele Anwender die PM-Varianten einsetzen, werde<br />

dieser Prozess noch etwas Zeit brauchen.<br />

Fotos: Aufmacher: Woywod Kunststoffmaschinen; 01-02: Groschopp<br />

www.woywod.de<br />

www.groschopp.de<br />

DIE IDEE<br />

„In der Kunststoffindustrie muss oft<br />

flexibel dosiert werden, wie es z. B.<br />

gravimetrische Mischanlagen, die<br />

nach dem loss-in-weight-Prinzip<br />

arbeiten, vermögen. Niederstrommotoren<br />

mit integriertem Regler und<br />

Planetengetriebe sind für jede<br />

Anwendung konfigurierbar und<br />

folgen mit ihrem hohen Regelbereich<br />

dem Durchsatzwert der Maschine.<br />

Somit können Rezeptanteile exakt<br />

eingehalten werden. Die Anschaffung<br />

einer zweiten Dosierschnecke<br />

entfällt.“<br />

André Coolen-Pearse, Marketing- und<br />

Vertriebsleiter, Groschopp AG<br />

Drives & More<br />

20 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2021</strong>/01-02 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de


MARKTPLATZ<br />

SMART, VERNETZT UND FUNKTIONAL SICHER<br />

Dunkermotoren hat<br />

erstmalig die Profinet-<br />

Funktionalität samt dem<br />

Profil PROFIdrive mit<br />

Applikationsklassen 1<br />

und 4 serienmäßig in<br />

Motoren integriert. Den<br />

Anfang machte der<br />

BG 95 dPro PN. Bereits<br />

verfügbar ist auch die<br />

externe Steuerungselektronik BGE 5510 dPro PN, deren<br />

Anwendung bei begrenzter Motorlänge von Vorteil ist.<br />

Angeboten wird zudem die BLDC-Baureihe dPro mit EtherCAT<br />

Schnittstelle, die mit integriertem Servoregler (BG 66 dPro EC<br />

bis BG 95 dPro EC) oder als externe Version (BGE 5510 dPro EC)<br />

bezogen werden kann. Kennzeichnend sind in beiden Fällen<br />

sogenannte „Distributed Clocks“, die eine Synchronisation im<br />

Millisekunden-Bereich ermöglichen. Ferner sollen künftig<br />

auch dPro-Motoren zwischen 20…3900 W mit funktionaler<br />

Sicherheit (STO – Safe Torque Off) verfügbar sein. Elektronische<br />

Schaltkreise ersetzen mechanische Relais und sorgen für<br />

eine drehmomentfreie Schaltung. Da mit dem Auslösen von<br />

STO die Logikspannung erhalten bleibt, entfällt ein Referenzieren<br />

nach Wiederanlauf.<br />

www.dunkermotoren.de<br />

KEIN RASTMOMENT MIT NUTENFREIEN<br />

SLOTLESS-MOTOREN<br />

Servotecnica führt neben<br />

Slotted-Motoren auch<br />

Antriebe mit eisenlosen<br />

Statoren (slotless) im<br />

Programm. In Servo-unterstützten<br />

Systemen<br />

sorgen sie für einen<br />

gleichmäßigen Betrieb<br />

mit guter kt-Linearität. Bei<br />

bürstenlosen Motoren mit<br />

Permanentmagneten kann es passieren, dass das Rastmoment<br />

eine Drehmoment- und Drehzahlwelligkeit erzeugt. Folge ist ein<br />

unerwünschtes, nicht lineares Verhalten in der Steuerung des<br />

Motors. Die Slotless-Motoren von Servotecnica hingegen sind mit<br />

freitragenden Wicklungen versehen und darauf ausgelegt, ein<br />

voraussehbares Ausgangsdrehmoment mit minimierten,<br />

nichtlinearen Effekten sicherzustellen. Bei korrekter Anordnung<br />

interagieren die Spulen mit dem Permanentmagneten, um Kraft<br />

oder ein Drehmoment zu erzeugen. Das Rastmoment wird dabei<br />

eliminiert, da keine Diskontinuität mehr entstehen kann. Weil das<br />

gesamte Drehmoment vom Phasenstrom bestimmt wird, ist die<br />

Slotless-Technologie insbesondere für Präzisionssysteme mit<br />

direktem Antrieb geeignet.<br />

www.servotecnica.de<br />

AUF HOHE DREHMOMENTDICHTE GETRIMMT<br />

B&R führt die Servomotoren 8LW und 8LS neu im Programm. Durch das<br />

Konstruktionsprinzip und die Servoverstärker ACOPOS wird gegenüber<br />

vergleichbaren Modellen ein um bis zu 75 % höheres Nenndrehmoment<br />

erreicht.<br />

Ein neuartiges Wicklungsdesign reduziert zudem Gleichlaufschwankungen.<br />

Parallel wurden die Wärmeabführung sowie die Positions- und<br />

Wiederholgenauigkeit verbessert. Die Motoren 8LW und 8LS eignen<br />

sich für Anschlussspannungen von 325 oder 750 VDC und sind in<br />

Höhen bis 4 000 m einsetzbar. Sie werden als Einkabel-Lösung für<br />

EnDat 2.2 in Verbindung mit skalierbaren Sicherheitsfunktionen sowie<br />

als Zweikabel-Lösung für Resolver und EnDat 2.2 angeboten. Die<br />

IP64-Motoren verfügen über ein elektronisches Typenschild, das alle<br />

relevanten Daten beinhaltet. So ist der gesamte Antriebsstrang identifizierbar. Parametrierarbeiten entfallen und die<br />

Inbetriebnahme wird verkürzt. Darüber hinaus hilft ein einfacher Abgleich der Maschinenkonfiguration, fehlerhafte Anordnungen<br />

sofort zu diagnostizieren.<br />

www.br-automation.com<br />

Ihr Partner für maßgeschneiderte Antriebslösungen<br />

» Kundenspezifische Servomotoren und Linearaktuatoren<br />

» Linearmotoren und Direktantriebe<br />

» Planetenrollengewindetriebe und Kugelumlaufspindeln<br />

» PM-Synchronmotoren bis 1 MW<br />

» PM-Generatoren<br />

» Servoregler<br />

Moog GmbH • Niederlassung Griesheim<br />

Wiesenstraße 6 • 64347 Griesheim • +49 6155 797421-0 • info.vsm@moog.com<br />

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www.<strong>antriebstechnik</strong>.de <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2021</strong>/01-02 21


DIREKTANTRIEBE<br />

MINIATURISIERUNG<br />

MIKROANTRIEBE MIT GROSSEM<br />

INNOVATIONSPOTENZIAL<br />

Mikroantriebe vereinen<br />

mechanische und<br />

elektrische Funktionen<br />

in einem Bauteil.<br />

Das spart viel Platz,<br />

um Geräte aus<br />

unterschiedlichen<br />

Bereichen technisch zu<br />

verkleinern und zu<br />

optimieren.<br />

Integrierte Stell- und Antriebsmodule kombinieren mechanische<br />

und elektrische Funktionen in einem Bauteil. Dadurch können<br />

hinreichende Performanceansprüche auf kleinstmöglichem<br />

Formfaktor erreicht werden. Zu den integrierten Komponenten<br />

gehören Aktuatoren, Positionssensoren, Präzisionsmechanismen,<br />

Treiberelektronik und Mikroprozessor mit Steuerfirmware.<br />

Das Antriebsmodul ist ein Komplettbauteil mit einem mechanischen<br />

und einem Software-Interface. Zudem verfügt es über einen<br />

elektrischen Busanschluss. Um das Antriebsmodul in eine Anwendung<br />

zu integrieren, müssen Entwickler nur Versorgungsspannung<br />

sowie Busanschlüsse verbinden. Anschließend kann die Bewegung<br />

mit High-Level-Kommandos programmiert werden. Vergleichbar<br />

mit einer einfachen I2C- oder einer SPI-Slave werden sperrige Elektronik,<br />

Leitungen und Stecker, die um ein Vielfaches größer als das<br />

bewegte Objekt sein können, eliminiert.<br />

Maximilian Dreher ist Vertriebsingenieur für Miniaturantriebsmodule<br />

bei der SI Scientific Instruments GmbH in Gilching bei München<br />

KOMPLEXE GERÄTE IN TRAGBARER FORM<br />

Geräteentwickler nutzen integrierte Antriebsmodule und andere<br />

Mikroinnovationen, um kleinere Produkte für eine Vielzahl von Anwendungen<br />

neu zu kreieren. Dazu gehören die Spektroskopie, die<br />

Mikroskopie, bildgebende Verfahren, die biometrische Identifikation,<br />

die patientennahe Diagnostik sowie die DNS-Sequenzierung<br />

und Navigation. Es ist jetzt denkbar portable Geräte zu entwickeln,<br />

die aufgrund ihrer Komplexität nur in Form stationärer Systeme<br />

herstellbar waren.<br />

In diesem Kontext haben M3 (Micro Mechatronic Motion)-Module<br />

das Potenzial anderen Mikrotechnologien zum Durchbruch zu<br />

verhelfen, indem man sie mit Präzisionsmechanismen, den neuesten<br />

Mikroprozessoren und Steuersoftware kombiniert. Miniaturisierung<br />

birgt einzigartige Entwurfsherausforderungen, die nur mit<br />

neuartigen Ansätzen für Lager, Materialien, Bauteiltoleranzen und<br />

Herstellungsmethoden bewältigt werden können. Einfach konventionelle<br />

Teile aus größeren Antriebs- oder Positioniersystemen zu<br />

verkleinern, ist nicht praktikabel.<br />

Die Baureihen der M3-Module zeigen die Komplexität der winzigen<br />

Bewegungsmechanismen, damit Reibung, Präzision und Ertrag<br />

die gewünschten Leistungsvorteile einbringen.<br />

22 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2021</strong>/01-02 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de


DIREKTANTRIEBE<br />

DIE IDEE<br />

Das M3-F Fokusmodul von New Scale nutzt z.B. eine lineare Stiftbuchsenführung<br />

in einer Polymerstruktur. Das Modul stellt damit eine hinreichende Genauigkeit<br />

sowie geringe Reibung sicher. Eine dynamische Neigung von


DREHGEBER<br />

ABSOLUTWERTGEBER<br />

FÜR UNTERSCHIEDLICHE ANWENDUNGEN<br />

PASSGENAU KONFIGURIERT<br />

Das Unternehmen Hengstler ist ein europäischer Hersteller industrieller Zählund<br />

Steuerungskomponenten für die Automatisierung. Hengstler hat sich auf<br />

die Produktion anwenderspezifisch konfigurierter Drehgeber, Zähler, Drucker<br />

und Relais für Anwendungen spezialisiert, die sich nicht mit Standard-Produkten<br />

realisieren lassen. Das macht die Produkte des Herstellers vielfältig einsetzbar.<br />

Die Wellen branden geräuschvoll an die Steilküste im Norden<br />

Schottlands. Mit einer Geschwindigkeit von 3,5 m/s strömt<br />

das Wasser hier an den Unterwasser-Rotoren eines Gezeitenkraftwerks<br />

vorbei. Diese Anlage wird in Zukunft<br />

elektrische Energie für 175 000 Haushalte produzieren und damit<br />

weltweit die größte ihrer Art sein.<br />

Im Portland Firth herrschen optimale Bedingungen für die Erzeugung<br />

von Strom durch Wasserkraft, denn hier gibt es nicht nur<br />

Wind im Überfluss, sondern auch Ebbe und Flut. Alles zusammen<br />

sorgt dafür, dass im Meer vor der Küste eine starke Oberflächenströmung<br />

entsteht – und Wellen, die nicht selten Höhen von fast 20 m<br />

Leslie Wenzel ist Manager Marketing und Communications<br />

bei der Hengstler GmbH in Aldingen<br />

erreichen. Das Gezeitenkraftwerk nutzt diese Wetterverhältnisse<br />

gezielt aus: Riesige Rotoren mit Durchmessern von bis zu 18 m sind<br />

in 35 bis 100 m Tiefe mit einem Stahl-Fundament am Meeresboden<br />

verankert. Die starke Strömung setzt die Rotoren in Bewegung, die<br />

dann Strom erzeugen.<br />

DREHGEBER SICHERN HOHEN STROMERTRAG<br />

Um eine große Energieausbeute erzielen zu können, müssen die<br />

Rotorblätter in einem bestimmten Winkel zur Strömung ausgerichtet<br />

sein. Die Einstellung des Rotorblatt-Anstellwinkels übernimmt ein<br />

Pitch-Control-System des Windkraftanlagenbauers SBB. Sein Herzstück<br />

ist der Absolutwertgeber Acuro AC58 von Hengstler, der die<br />

exakte Position des Rotorblattes erfasst und an die Steuerung meldet.<br />

Den Acuro AC58 wählte SBB, weil man einen Drehgeber suchte,<br />

der sowohl wasserdicht als auch salzwasserbeständig sein musste.<br />

24 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2021</strong>/01-02 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de


DREHGEBER<br />

Darüber hinaus wurde eine redundante Ausführung des Encoders<br />

gefordert.<br />

SBB setzt den optischen Drehgeber AC58 von Hengstler schon<br />

seit langem in seinen Pitch-Control-Systemen für Windkraftanlagen<br />

ein. Der Encoder verfügt über eine Auflösung von bis zu 34 Bit, eignet<br />

sich für Drehzahlen bis 5000 min -1 und besitzt eine robuste Sensoreinheit<br />

(Schockfestigkeit bis 200 g).<br />

IN RAUEN UMGEBUNGSBEDINGUNGEN<br />

EINSETZBAR<br />

Für den Einsatz in der Pitch-Verstellung der Rotorblätter im Gezeitenkraftwerk<br />

mussten die AC58-Drehgeber allerdings modifiziert<br />

werden. Peter Elbel, Manager Application Management bei Hengstler<br />

und seine Kollegen statteten die AC58 mit einem salzwasserbeständigen<br />

Gehäuse aus, das den rauen Bedingungen besser standhält<br />

als ein normales Gehäuse mit Beschichtung. Durch diese anwenderspezifisch<br />

entwickelte redundante Ausführung eignet sich der<br />

Drehgeber auch für Unterwasser-Anwendungen (DNV/Det Norske<br />

Veritas). Darüber hinaus wurden die Drehgeber redundant ausgeführt<br />

– d. h., die Ingenieure verbauten zwei Drehgeber in einem<br />

Gehäuse. Beide übertragen die jeweilige Position des Rotorblattes,<br />

sodass die Funktionsfähigkeit der Anlage beim Ausfall eines Encoders<br />

nicht gefährdet ist.<br />

Robust müssen auch die Drehgeber sein, die in Antrieben von Versorger-Schiffen<br />

für Windkraftanlagen zum Einsatz kommen. Eine<br />

norwegische Reederei hat bei einem Hersteller von Schiffsmotoren<br />

elektrische Propeller-Antriebe für vier neue Schiffe dieses Typs<br />

bestellt. Das Unternehmen Hengstler liefert die Drehgeber für die<br />

Erfassung der Position und Rotationsgeschwindigkeit der Propeller.<br />

Die Kenntnis der exakten Propeller-Position ist essentiell, um das<br />

Schiff möglichst präzise und kraftstoffsparend navigieren zu können.<br />

Eine der wichtigsten Anforderungen des Schiffsmotor-Herstellers<br />

an die Drehgeber war die Zertifizierung nach DNVL-GL. Darüber<br />

01 In einem Gezeitenkraftwerk sorgt der Acuro AC58-Drehgeber<br />

von Hengstler für die genaue Ausrichtung der Rotorblätter<br />

hinaus mussten sie kompatibel mit Siemens-SPS-Controllern sein.<br />

Der verschleißfreie elektronische Multiturn-Absolutgeber Acuro AR62<br />

von Hengstler erfüllt diese Vorgaben. In jedem der vier neuen Versorger-Schiffe<br />

werden zwei Antriebe mit je zwei AR62-Drehgebern<br />

verbaut sein.<br />

FÜR HOHE DREHZAHLEN GEEIGNET<br />

Individuell konfigurierte Drehgeber von Hengstler sind auch in<br />

Motorenprüfständen zu finden. Auf diesen Anlagen werden Pkw-<br />

Motoren, Schiffsdiesel, Flugzeugturbinen oder Antriebe von Baumaschinen<br />

auf ihre Funktionsfähigkeit überprüft. Für eine erfolgreiche<br />

Durchführung der Tests muss der Prüfstand die genaue Position der<br />

Motor-Zylinder kennen. Die Ermittlung dieser Werte übernehmen<br />

hochgenaue Drehgeber, die aber noch eine weitere Eigenschaft besitzen<br />

müssen: Sie sollen die Zylinder-Position auch bei den hohen<br />

Drehzahlen von Elektromotoren noch zuverlässig und genau ermitteln<br />

können. „Da der Trend in Richtung Elektromobilität geht,<br />

möchte der Anwender seine Prüfplätze dafür mit der passenden<br />

Technologie ausstatten“, so Peter Elbel.<br />

Die Ingenieure bei Hengstler verfügen über umfangreiches Knowhow<br />

und erweiterten kurzerhand den Drehzahlbereich ihres Absolutwertgebers<br />

Acuro AC58. In der Standardversion ist der AC58 für Drehzahlen<br />

von 6 000 ... 10 000 min -1 ausgelegt. „Für diese Anwendung<br />

haben wir ihn so modifiziert, dass er auch noch bei Drehzahlen von<br />

bis zu 20 000 min -1 hochpräzise arbeitet.“ Der Auftrag war nicht ungewöhnlich:<br />

„Wir liefern schon seit 25 Jahren Encoder mit Drehzahlen<br />

von bis zu 25 000 min -1 für Spinnerei-Maschinen“, berichtet Elbel.<br />

www.<strong>antriebstechnik</strong>.de <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2021</strong>/01-02 25


DREHGEBER<br />

BETRIEB AUCH IM VAKUUM<br />

Manche Anwendungen erfordern auch Drehgeber mit besonderer Druckfestigkeit.<br />

So orderte der Vakuumpumpen-Hersteller Leybold bei Hengstler für seine<br />

Prüfstände einen Inkrementalgeber, der auch bei Unterdruck einwandfrei und<br />

hochgenau funktioniert. Der Encoder erfasst auf den Testständen die exakte<br />

Position der Vakuumpumpen und ermöglicht so deren genaue Ausrichtung für<br />

die Prüfung. Hengstler ist in der Lage, sowohl Singleturn- als auch Multiturn-<br />

Drehgeber für den Einsatz in solchen Applikationen anzupassen. Sie werden<br />

zudem – anders als in der Branche üblich – als Motorfeedback-Lösung ausgeführt.<br />

So kann der Anwender den Drehgeber im Vakuum mit einem Motor gekoppelt<br />

als Gesamtsystem verwenden.<br />

BRANDSICHERE KABEL FÜR DREHGEBER<br />

Ein weiteres Beispiel für die vielzähligen anwenderspezifischen Lösungen von<br />

Hengstler sind Drehgeber mit brandsicheren Kabeln. Sie werden u. a. in Rolltreppen<br />

im U-Bahn-Bereich verbaut, da für elektrische Komponenten hier strenge Anforderungen<br />

an die Brandsicherheit gelten. Der Hintergrund: Sollte ein Feuer ausbrechen,<br />

müssen die Passagiere ausreichend Zeit haben, den Gefahrenbereich<br />

unverletzt zu verlassen. Herkömmliche PVC- oder PUR-Kabel würden im Brandfall<br />

aber schnell giftige Gase absondern und eine große Rauchentwicklung verursachen.<br />

Der Fluchtweg wäre so versperrt.<br />

Die Drehgeber, die Hengstler an einen Hersteller von U-Bahn-Rolltreppen<br />

lieferte, waren deshalb mit halogenfreien, schwer entflammbaren Kabeln<br />

ausgestattet. Sie setzen im Falle eines Feuers keine korrosiven Brandgase<br />

frei (IEC 61034 + EN 61034), sind flammhemmend und selbstverlöschend<br />

(IEC 60332-1-2 + EN 60332-1-2) und verhindern die Brandweiterleitung<br />

(nach IEC 60332 + EN 50266).<br />

02 Ist für den Einsatz in<br />

maritimen Anwendungen zugelassen:<br />

Der Absolutwertgeber Acuro AR62<br />

DIE IDEE<br />

„Durch unser modulares Baukastensystem<br />

können wir einige unserer<br />

Produkte passend für die unterschiedlichen<br />

mechanischen und<br />

elektrischen Anwenderbedürfnisse<br />

konfigurieren. Da wir unsere<br />

Produkte zudem grundsätzlich robust<br />

auslegen, sind sie auf einen weit<br />

gefächerten Bereich an Umgebungsbedingungen<br />

abgestimmt. Sollten<br />

die vordefinierten Varianten und<br />

Ausprägungen einmal nicht passen,<br />

können wir nahezu alle Anforderungen<br />

über anwenderspezifische<br />

Erweiterungen abdecken.“<br />

VIELFÄLTIGES PRODUKTPROGRAMM<br />

Zum Produkt-Programm gehören neben Drehgebern und Zählern auch Sicherheitsrelais.<br />

Hengstler entwickelt und fertigt darüber hinaus Einbaudrucker z. B.<br />

für Fahrkartenautomaten und Kontoauszugsdrucker und ist einer der größten<br />

Hersteller von Abschneidern Europas. Auf Wunsch des Anwenders übernimmt<br />

das Unternehmen die komplette Projektabwicklung.<br />

Fotos: Aufmacher Alex Mit / shutterstock.com, 02 Tawansak / shutterstock.com,<br />

sonstige Hengstler<br />

www.hengstler.de<br />

Peter Elbel, Manager Application<br />

Management, Hengstler GmbH<br />

in Aldingen<br />

26 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2021</strong>/01-02 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de


MARKTPLATZ<br />

NEUE SPIROPLAN GETRIEBEBAUREIHE MIT<br />

HOHEM WIRKUNGSGRAD<br />

Die neuen W..29- und<br />

W..39-Getriebe von<br />

SEW-Eurodrive ermöglichen<br />

durch ihren<br />

2- bzw. 3-stufigen<br />

Aufbau eine weite<br />

Spanne an Übersetzungen<br />

und bieten hohen<br />

Wirkungsgrad über den<br />

gesamten Übersetzungsbereich.<br />

Mit ihrem Drehmomentbereich von bis zu 130 bzw.<br />

bis zu 200 Nm sind sie in vielen Anwendungen einsetzbar.<br />

Spiroplan-Getriebe und -Getriebemotoren sind seit vielen Jahren<br />

fester Bestandteil des Getriebeportfolios von SEW-Eurodrive. Die<br />

spezielle Spiroplan-Verzahnung ermöglicht einen wirtschaftlichen<br />

Aufbau der Getriebe und ist gleichzeitig eine zuverlässige<br />

und verschleißfreie Winkelgetriebestufe. Bei den W..9-Getrieben<br />

befindet sich die Spiroplan-Verzahnung in der ersten Stufe mit<br />

einer verhältnismäßig kleinen Übersetzung. Die zweite und, je<br />

nach Gesamtübersetzung dritte Getriebestufe werden mit<br />

Stirnradverzahnungen realisiert. Dadurch liegt der Gesamtwirkungsgrad<br />

des Getriebes auch bei großen Gesamtübersetzungen<br />

auf einem sehr hohen Niveau.<br />

www.sew-eurodrive.de<br />

OBERFLÄCHENSCHUTZ FÜR DIFFERIERENDE<br />

ANWENDUNGEN<br />

Um seine Antriebssysteme<br />

vor Korrosion, Chemikalien,<br />

Abrieb, Kratzern und<br />

Feuchtigkeit zu schützen,<br />

nutzt Nord Drive Systems<br />

auf den Einsatzfall<br />

zugeschnittene Verfahren<br />

– von der Beschichtung bis<br />

zur Veredelung.<br />

Bei Lackierungen verwendet<br />

Nord High-Solid-Lacke<br />

mit einem Feststoffanteil bis 80 %, die die Emissionsvorteile von<br />

Hydrolacken mit der Funktionalität lösemittelhaltiger Beschichtungsmaterialien<br />

vereinen. Für die Elektroindustrie empfiehlt der<br />

Hersteller leitfähige Pulverlacke, die auch ein statisches Aufladen<br />

der Antriebstechnik verhindern und frei von Lösungsmitteln sind.<br />

Die nsd tupH-Veredelung zielt hingegen darauf, Aluminium<br />

ähnlich korrosionsfest wie Edelstahl zu gestalten. Dabei wird eine<br />

permanent mit dem Grundwerkstoff verbundene Schutzschicht<br />

erzeugt. So kann nichts abplatzen oder abblättern. Etwaige<br />

Beschädigungen bleiben lokal und breiten sich nicht aus. Die<br />

Antriebe lassen sich leicht reinigen und sind weitgehend resistent<br />

gegen Säure und Laugen.<br />

www.nord.com<br />

MODULARE GETRIEBELÖSUNG FÜR ALLE MOTOREN<br />

In der Regel sind Adapter erforderlich, um Getriebe und Motor miteinander zu verbinden.<br />

Der daraus resultierenden Schnittstellenproblematik begegnet Nabtesco mit Servomotoren<br />

der neuen Neco-Serie. Statt jeden Motortyp über ein eigenes Interface anzubinden,<br />

ermöglicht das modulare Baukastensystem eine problemlose Adaption aller gängigen<br />

Servomotoren. Durch die Kombinationen standardisierter Elemente entstehen definierte<br />

Interfaces, die ein breites Spektrum an Antrieben abdecken. So lassen sich die Getriebe mit<br />

allen auf dem Markt verfügbaren Motorenmarken nutzen. Bei der Neco-Reihe handelt es<br />

sich um vollständig geschlossene Getriebeeinheiten. Sie erreichen eine hohe Präzision mit<br />

einem Hystereseverlust von 0,5 arc.min und verfügen über doppelt gelagerte Exzenterwellen sowie eine gelagerte Antriebswelle.<br />

www.nabtesco.de<br />

www.<strong>antriebstechnik</strong>.de <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2021</strong>/01-02 27


GETRIEBE UND GETRIEBEMOTOREN<br />

ZAHNSTANGENGETRIEBE<br />

FLUGZEUGBAUTEILE AUF<br />

HERZ UND NIEREN GEPRÜFT<br />

Flugzeugkabinen können in starke Schwingungen geraten, die den Komfort und<br />

die Sicherheit der Passagiere beeinträchtigen. Die Technische Universität<br />

Hamburg entwickelt deshalb Dämpfungselemente, die Vibrationen verringern<br />

und zudem die Fertigung von Flugzeugteilen in Leichtbauweise ermöglichen<br />

sollen. Das Zahnstangengetriebe Lifgo 5.3 von Leantechnik spielt eine zentrale<br />

Rolle in dem Forschungsprojekt.<br />

Die Entwicklung von Leichtbaustrukturen für Flugzeugkabinen<br />

ist einer der Schwerpunkte des Instituts für Produktentwicklung<br />

und Konstruktionstechnik (PKT) der<br />

TU Hamburg. Mehrere Forschungsprojekte beschäftigen<br />

sich mit dem Thema, bei dem die Reduzierung von Vibrationen<br />

eine große Rolle spielt. Diese Vibrationen entstehen u. a. durch Turbulenzen<br />

oder durch die Schwingungen defekter Turbinen. Da die<br />

Kabine fest mit der tragenden Struktur des Flugzeugs verschraubt<br />

ist, werden diese Schwingungen von außen direkt ins Innere der<br />

Maschine übertragen.<br />

Sven Schürmann ist Marketingreferent<br />

bei der Leantechnik AG in Oberhausen<br />

Bei einer Unwucht in der Turbine kann es zu einem starken Aufschwingen<br />

der Kabinenstruktur kommen, sodass eine Verletzungsgefahr<br />

für Personal und Passagiere besteht. Würde man eine Möglichkeit<br />

finden, die Kabine zu dämpfen, wäre das nicht nur ein<br />

Fortschritt im Hinblick auf Sicherheit und Komfort. Dann ließen<br />

sich aufgrund der geringeren Belastungen auch die massiven Verbindungen<br />

durch leichtere Konstruktionen ersetzen.<br />

GERINGERER EMISSIONSAUSSTOSS DANK<br />

LEICHTBAUWEISE<br />

Durch die Fertigung der Kabine im Leichtbau würden die Flugzeuge<br />

weniger Kerosin verbrauchen – für die Hersteller ein wichtiges zusätzliches<br />

Verkaufsargument im harten Wettbewerb. Die Luftfahrt<br />

hat großes Interesse daran, die Kabinenelemente zu dämpfen. Bis­<br />

28 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2021</strong>/01-02 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de


GETRIEBE UND GETRIEBEMOTOREN<br />

her haben sich die Flugzeug-Hersteller allerdings hauptsächlich mit<br />

Dämpfungsmaßnahmen einzelner Komponenten, anstatt mit der<br />

Dämpfung der Flugzeug-Struktur als solches beschäftigt. Das würde<br />

eine aufwändige Grundlagenforschung erfordern, die sehr teuer ist.<br />

Deshalb haben sich die Hamburger Wissenschaftler um Projektleiter<br />

Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dieter Krause des Themas angenommen.<br />

ZIEL DES PROJEKTS<br />

Das Ziel ihres von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG)<br />

finanzierten Projekts ist es, Feder-Dämpferelemente (Impedanz-<br />

Elemente) zu entwickeln, die zwischen Außenstruktur und Kabine<br />

installiert werden und einen Großteil der Vibrationen auffangen<br />

sollen. Impedanz-Elemente sind Maschinenelemente, welche aus<br />

einem einstellbaren Federelement und einem einstellbaren Dämpfungselement<br />

bestehen. Es können z. B. Hydraulikdämpfer, bestehend<br />

aus zwei Fluid-Kammern, die durch einen schmalen einstellbaren<br />

Kanal miteinander verbunden sind, verwendet werden. In<br />

der Mitte des Elements befindet sich dann die Kolbenfläche, die<br />

sich nach links und rechts bewegt, um dabei das Fluid von einer<br />

Kammer in die andere zu strömen. Dadurch, dass das Fluid nur<br />

durch den kleinen Kanal von einer Kammer in die andere gelangen<br />

kann, entsteht Fluidreibung, die eine dämpfende Wirkung hat.<br />

An dem Projekt beteiligen sich neben den Hamburger Wissenschaftlern<br />

auch Kollegen des Instituts für Produktentwicklung<br />

(IPEK) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und<br />

der Product Development Group (pd|z) des Institute of Design,<br />

Materials and Fabrication der ETH Zürich. Während die Hamburger<br />

sich auf die Entwicklung von Impedanz-Elementen für Flugzeuge<br />

konzentrieren, erforschen die Wissenschaftler am KIT unter der Leitung<br />

von Univ.-Prof. Dr.-Ing. Sven Matthiesen Dämpfungselemente<br />

für Power-Tools wie Bohrhammer und in der Schweiz arbeitet<br />

Univ.-Prof. Dr.-Ing. Mirko Meboldt mit seinem Team an Impedanz-<br />

Elementen für die Robotik.<br />

ZAHNSTANGENGETRIEBE ERMÖGLICHTE TESTS<br />

Für die Entwicklung der Impedanz-Elemente sind umfangreiche Tests<br />

nötig. Eigentlich müsste für jedes Testszenario ein eigenes Feder-<br />

Dämpfungselement konstruiert werden, das die realen mechanischen<br />

Eigenschaften abbildet. Da dies jedoch sehr kostenintensiv<br />

wäre, entwickeln die Wissenschaftler Impedanz-Elemente, deren<br />

Steifigkeits- und Dämpfungsverhalten sich an den jeweiligen Testfall<br />

anpassen lässt.<br />

Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dieter Krause und sein Team konstruieren sowohl<br />

translatorische als auch rotatorische Impedanz-Elemente, die<br />

auf entsprechenden Prüfständen getestet werden. Der rotatorische<br />

Prüfstand des Instituts ist allerdings für die Versuche an den relativ<br />

kleinen Dämpfungselementen zu groß – die Tests wären sehr aufwändig.<br />

Emil Heyden und seine Kollegen hatten deshalb die Idee,<br />

eine kleinere translatorische Prüfvorrichtung zu einem rotatorischen<br />

Teststand umzubauen. „Dazu brauchten wir ein Zahnstangengetriebe<br />

mit möglichst geringem Spiel, das die translatorische<br />

Bewegung der Hydraulikzylinder in eine rotatorische Bewegung<br />

übersetzt“, erinnert sich Emil Heyden, Doktorand am PKT. „Wir<br />

haben am Markt zuerst keine passende Komplett-Lösung gefunden<br />

www.<strong>antriebstechnik</strong>.de <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2021</strong>/01-02 29


GETRIEBE UND GETRIEBEMOTOREN<br />

02<br />

01 Das Zahnstangengetriebe<br />

übersetzt die<br />

translatorische Bewegung<br />

des Hydraulikzylinders in<br />

eine rotatorische<br />

Bewegung, die dann auf<br />

den Prüfling einwirkt<br />

02 Der neue Prüfstand<br />

der TU Hamburg:<br />

Unmittelbar vor dem<br />

Fixierungselement (oben)<br />

befindet sich der Prüfling –<br />

an das Zahnstangengetriebe<br />

(unten) ist ein<br />

Hydraulikzylinder<br />

angeschlossen, der<br />

translatorische<br />

Bewegungen erzeugt<br />

01<br />

und waren schon dabei selbst eines zu bauen,<br />

als wir auf die Lifgo-Zahnstangengetriebe<br />

von Leantechnik gestoßen sind.“<br />

HOHE PRÄZISION UND<br />

VIELZÄHLIGE AUSFÜHRUNGEN<br />

Die Lifgo-Zahnstangengetriebe der Oberhausener<br />

Anbieter von linear gelagerten<br />

Zahnstangenhubgetrieben erfüllen die Anforderungen<br />

der Wissenschaftler aufgrund<br />

ihrer hohen Präzision. Die Zahnstangengetriebe<br />

sind in vier Baugrößen und sechs<br />

verschiedenen Ausführungen verfügbar<br />

und können mithilfe ihrer vierfach-rollengeführten<br />

Edelstahl-Zahnstange Quer- und<br />

Hubkräfte von bis zu 25 000 N aufnehmen.<br />

Das Modell mit einfacher Zahnstange lässt<br />

sich zudem zum Lifgo Linear umbauen und<br />

kann dann in Anwendungen mit langen<br />

Verfahrwegen eingesetzt werden.<br />

Die Variante Lifgo Doppel verfügt über<br />

zwei parallel laufende Zahnstangen und ist<br />

für Handling-Aufgaben konzipiert, die mithilfe<br />

von Zentrier- oder Greiferbewegungen<br />

ausgeführt werden. Mit dem Lifgo<br />

Linear Doppel wiederum können Greifund<br />

Zen trierbewegungen in Anwendungen<br />

mit langen Verfahrwegen bewältigt<br />

werden. Das Lifgo SVZ ist mit einer schrägen<br />

Verzahnung ausgestattet, die einen leisen<br />

Betrieb ermöglicht. In der Ausführung<br />

Lifgo Excenter lässt sich das Zahnflankenspiel<br />

individuell einstellen.<br />

STARKEN BELASTUNGEN<br />

AUSGESETZT<br />

Emil Heyden und seine Kollegen wählten<br />

für ihren rotatorischen Prüfstand die Version<br />

Lifgo 5.3 in der Excenter-Ausführung mit<br />

individuell einstellbarem Zahnflankenspiel.<br />

So können sie das Getriebe für verschiedene<br />

Testszenarios individuell einstellen, um<br />

möglichst wenig Spiel zu haben und aussagekräftige<br />

Messergebnisse zu bekommen.<br />

Das Lifgo 5.3 kann Hubkräfte von bis zu<br />

15 900 N aufnehmen und Drehmomente<br />

von bis zu 477 Nm übertragen. In dem Prüfstand<br />

der TU Hamburg erzeugt das Zahnstangengetriebe<br />

von Leantechnik eine rotatorische,<br />

sinusförmig gesteuerte oszillierende<br />

Bewegung des Prüflings, also des Impedanz-Elements.<br />

Dabei wirken Momente von<br />

bis zu 100 Nm auf die Dämpfungselemente<br />

ein – in Frequenzen von bis zu 30 Hz und in<br />

einem Winkel von ±30°. „Das bedeutet, dass<br />

wir das Zahnstangengetriebe bis zu 30-mal<br />

pro Sekunde nach links und nach rechts<br />

schwenken“, so Heyden.<br />

Die Lifgo-Zahnstangengetriebe werden in<br />

vielzähligen Anwendungen eingesetzt, bei<br />

denen sie hohen Belastungen standhalten<br />

müssen. So kommen sie u. a. in Positioniersystemen<br />

in der Automobil-Industrie zum<br />

Einsatz, die den Robotern Karosserien oder<br />

Motorhauben zur Weiterverarbeitung zuführen.<br />

Oder sie schieben ausgehärtete<br />

Kunststoff-Kartuschen mit großem Druck<br />

aus den Spritzgusswerkzeugen eines Klebstoff-Herstellers.<br />

Daneben liefern die Oberhausener<br />

unter dem Namen Leantranspo<br />

auch komplette, funktionsfertige Positioniersysteme,<br />

die nur noch angeschlossen<br />

werden müssen.<br />

Fotos: Aufmacher AdobeStock/stockphoto-graf,<br />

Einklinker Leantechnik, sonstige TU Hamburg<br />

www.leantechnik.com<br />

DIE IDEE<br />

„Der Einsatz von anpassbaren<br />

Feder-Dämpferelementen in der<br />

Luftfahrt ermöglicht weitreichende<br />

Optimierungen des Schwingungsverhalten<br />

in der Flugzeugkabine. Für<br />

unsere Versuche mussten wir einen<br />

neuen Teststand bauen, da die<br />

bisherigen Großkomponenten<br />

Prüfstände an unserem Institut dafür<br />

ungeeignet gewesen wären. Ohne<br />

die hochgenauen spielfreien Zahnstangengetriebe<br />

von Leantechnik<br />

hätten wir das kaum geschafft. Ein<br />

Getriebe-Eigenbau wäre sehr<br />

aufwändig gewesen.“<br />

Emil Heyden, Doktorand am Institut<br />

für Produktentwicklung und Konstruktionstechnik<br />

(PKT), TU Hamburg<br />

30 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2021</strong>/01-02 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de


SICHERHEITSKUPPLUNG FÜR INDIREKTE<br />

ANTRIEBE<br />

Die Sicherheitskupplungen<br />

der<br />

Baureihe ECI von<br />

Enemac sind für<br />

indirekte Antriebe<br />

mit einer Passfedernut-Nabe<br />

im<br />

Bereich zwischen<br />

zwei und 900 Nm<br />

konstruiert und<br />

zeichnen sich durch<br />

eine breite Lagerstelle<br />

für Anbauteile<br />

aus. Mechanische Drehmomentbegrenzer schützen<br />

Maschinen und Produkten. Sie reagieren sekundenschnell<br />

binnen weniger Winkelgrade und greifen zwangstrennend<br />

und unabhängig von Stromausfällen in die Drehmomentübertragung<br />

ein, indem sie bei Überlast Antrieb und<br />

Abtrieb trennen. Enemac Sicherheitskupplungen sind mit<br />

einer 360°-Synchron-Raststellung versehen. Das verhindert<br />

lange Montagearbeiten beim Wiederanfahren nach<br />

einer Kollision. Die Kupplung rastet nach einer Umdrehung<br />

wieder selbstständig ein und überträgt das Drehmoment<br />

anschließend wieder zuverlässig. Anwender können<br />

die Sicherheitskupplungen bei bis zu 3 000 U/min in einer<br />

Umgebungstemperatur zwischen -30 und 200 °C verwenden.<br />

Die ECI-Baureihe ist in 15 Baugrößen erhältlich.<br />

www.enemac.de<br />

Shift to<br />

tra<br />

performance<br />

MULTI-ACHS-CONTROLLER ALS<br />

ALTERNATIVE ZUR SPS<br />

Maxon lanciert<br />

die nächste<br />

Generation<br />

seiner Motion<br />

Controller. Die<br />

Steuerung<br />

MiniMACS6-<br />

AMP-4/50/10<br />

kommt dort<br />

zum Einsatz, wo<br />

sich SPS-Lösungen<br />

nicht rechnen oder im Individualfall ungeeignet sind.<br />

Mit dem MiniMACS6-AMP-4/50/10 bringt der Hersteller<br />

einen kompakten Multi-Achs-Controller auf den Markt,<br />

der bis zu sechs DC- oder vier BLDC-Motoren dynamisch<br />

und präzise ansteuern kann (bis 540 W Dauerleistung und<br />

1,6 kW Spitzenleistung). Er eignet sich insbesondere für<br />

die Steuerung von autonomen Robotern und Shuttle-<br />

Systemen. Die neue Mehrachslösung lässt sich mit der<br />

Automatisierungssoftware ApossIDE und der lizenzfreien<br />

Motion Control-Library (C-Sprache) programmieren. Der<br />

Datenaustausch mit überordneten Steuerungen erfolgt<br />

über integrierte Bus- Schnittstellen. Komplette Prozessabläufe<br />

können aber auch autark ohne SPS oder PC ausgeführt<br />

werden. Einen ersten Eindruck vom MiniMACS6<br />

Mastercontroller vermittelt Maxon auf seinem virtuellen<br />

Messestand: virtualbooth.maxongroup.com.<br />

www.maxonmotor.com<br />

Xtra kompakt<br />

Xtra torsionssteif<br />

Xtra belastbar<br />

Das Xtra starke XP +<br />

WITTENSTEIN alpha – intelligente Antriebssysteme<br />

www.wittenstein-alpha.de


SPECIAL: ANTRIEBSTECHNIK IN VERPACKUNGSMASCHINEN<br />

CONDITION MONITORING<br />

WENN DER ANTRIEB ZUM SENSOR WIRD<br />

Erfahrene Mitarbeiter in der Produktion können buchstäblich hören, wenn eine<br />

Verpackungsmaschine nicht mehr einwandfrei läuft. Aber man muss sich nicht auf gute<br />

Ohren verlassen. Es gibt smartere Methoden – ganz ohne zusätzliche Sensorik. Gerade in<br />

der Verpackungsindustrie und bei der Getränkeabfüllung kann man davon profitieren.<br />

Ein plötzlicher Maschinenausfall schmerzt den Betreiber immer.<br />

Eine Gegenmaßnahme besteht in der ständigen Überwachung<br />

des Gesundheitszustandes einer Maschine oder eines<br />

Systems: dem Condition Monitoring. Vielen Maschinenbauern<br />

erscheint diese Methode zu komplex und zu teuer. Auf den Einsatz<br />

teuerer Sensoren kann zumindest verzichten, wer die Informationen<br />

aus den Devices der Maschine deutet.<br />

Immer wieder werden Condition Monitoring und Predictive<br />

Maintenance fälschlicherweise als synonyme Bezeichnungen verwendet.<br />

Predictive Maintenance ist die Vorhersage von Ereignissen<br />

oder der Wahrscheinlichkeit von Ereignissen, beispielsweise wann<br />

die Wahrscheinlichkeit, dass ein Getriebedefekt in den nächsten<br />

20 Betriebsstunden auftritt, auf über 95 Prozent steigt. Mit einer<br />

solchen Prognose könnte man den Austausch des Getriebes vor<br />

dem tatsächlichen Ausfall planen.<br />

Beim Condition Monitoring geht es zunächst darum überhaupt<br />

zu erkennen, dass sich der Zustand des Getriebes verschlechtert.<br />

ABWEICHUNGEN VOM MODELL?<br />

Leider gibt es in der Regel keine Möglichkeit, den Zustand oder<br />

die „Gesundheit“ einer Maschine oder einer einzelnen Komponente<br />

direkt zu messen. Das Condition Monitoring stützt sich<br />

daher auf die Interpretation vorhandener Daten. Dazu bedarf es<br />

eines tiefen Verständnisses von Maschinen und Prozessen, um<br />

aus „nackten“ Messwerten gehaltvolle Informationen zu generieren.<br />

Dieses Wissen ist bei OEMs, die ihre Maschinen kennen und die<br />

Prozesse der Anwender verstehen, bereits vorhanden. Analysen<br />

auf Basis von Machine Learning (ML) und Künstlicher Intelligenz<br />

(KI) können das Aufspüren von Anomalien unterstützen.<br />

Um daraus tragfähige Anwendungen zu schaffen, gibt es zwei<br />

unterschiedliche Ansätze. Der erste ist modellbasiert. Ihm liegt eine<br />

angenommene mathematische Beschreibung der Maschine zugrunde,<br />

aus der sich bestimmte Soll-Werte ergeben, die den<br />

Normalzustand beschreiben. Überschreiten die gemessenen Werte<br />

Klaas Nebuhr, Head of digital Portfolio bei Lenze Digital in Bremen


estimmte Toleranzen, kann dies als Störung interpretiert werden, die in<br />

einem Condition-Monitoring-Dashboard eine Warnung auslöst.<br />

GESCHÄFTSMODELLE GEMEINSAM ENTWICKELN<br />

Der andere Ansatz ist datenbasiert. Ein Algorithmus lernt zunächst das<br />

Verhalten des Systems und die gegenseitige Beeinflussung der gemessenen<br />

Parameter. Dies können bei einer Verpackungsmaschine beispielsweise<br />

Geschwindigkeit, Beschleunigung, Drehmoment, Position oder<br />

Stromaufnahme eines Antriebs sein. Die im laufenden Betrieb gemessenen<br />

Werte werden mit dieser erlernten Beschreibung verglichen, um<br />

Abweichungen zu definieren.<br />

Beide Ansätze greifen auf bereits vorliegenden Messwerte zurück<br />

und bedürfen keiner zusätzlichen Sensorik. Denn bereits beim Zusammenspiel<br />

von Stromaufnahme, Beschleunigung und Drehmoment werden<br />

Abweichungen sichtbar, die auf einen verschlechterten Zustand<br />

hinweisen.<br />

Wie diese Dateninterpretation in der Praxis funktioniert, lässt sich anhand<br />

einer Verpackungsmaschine veranschaulichen, in der Hubbewegungen<br />

über einen Spindelantrieb generiert werden.<br />

Für den Spindelantrieb lässt sich ein mathematisches Modell skizzieren,<br />

das unter anderem Stromaufnahme, Drehmoment und Beschleunigung<br />

beschreibt. Bei immer gleich schweren Werkstücken sollten diese Werte<br />

immer gleichbleiben. Ein möglicher Defekt, etwa an den Kugellagern,<br />

führt zu einer höheren Reibung an der Spindel. Die gemessenen Werte<br />

zeigen in diesem Fall eine Abweichung. Die Interpretation der ungewöhnlichen<br />

Ist-Werte führt zu dem Schluss, dass ein Problem am Spindelantrieb<br />

vorliegt, und der Anwender muss darüber informiert werden.<br />

Lenze als Anbieter eines umfangreichen Automatisierungsportfolios<br />

liefert nicht nur Antriebe und die passende Programmierumgebung,<br />

sondern auch vorgetestete Algorithmen für verschiedene Anwendungen,<br />

die eine schnelle Entwicklung von Condition-Monitoring-Lösungen erlauben.<br />

Zudem unterstützt der Hersteller Maschinenbauer dabei, ihre nutzensteigernden<br />

Geschäftsmodelle für Condition-Monitoring-Services gemeinsam<br />

zu entwickeln. Lenze kann mit seiner Erfahrung Maschinenbauern<br />

helfen, die Informationsschätze zu heben, die sich aus der Interpretation<br />

von Daten auf Basis ihres Prozess-Know-hows und Maschinenwissens<br />

gewinnen lassen.<br />

EDGE-BASED UND CLOUD-LÖSUNGEN<br />

Die datenbasierte Auswertung kann lokal erfolgen, etwa wenn der flexible<br />

Cabinet Controller c750 zum Einsatz kommt. Dieser hybride Rechner,<br />

der klassische SPS-Funktionen als auch eine Windows-10-Plattform<br />

vereint und damit einen zusätzlichen Industrie-PC im Schaltschrank<br />

überflüssig macht, bietet genügend Rechenleistung für einfache ML- und<br />

KI-Anwendungen.<br />

Für Anwendungen, bei denen sehr komplexe Modelle gerechnet oder<br />

mehrere Maschinen miteinander verglichen werden sollten, steht mit<br />

dem Lenze- IIoT- Gateway x500 auch der Weg in die Cloud offen. Auch<br />

hier ist der Anwender frei in seiner Entscheidung. Nutzt er bereits eine<br />

Plattform, etwa Microsoft Azure oder Amazon Web Services, kann er seine<br />

Maschinendaten dort auswerten lassen. Er kann aber auch auf die X4-<br />

Solutions von Lenze zurückgreifen. Der Vorteil dieser schlüsselfertigen<br />

Lösung liegt in der Integration umfangreicher Funktionen für OEM und<br />

Anwender. Die Lösung unterstützt dabei, die Auswertung in selbst konfigurierten<br />

Dashboards zu visualisieren, Alarme einrichten und Live-<br />

Überwachung ermöglichen. Beim Showcase wird durch eine Maschinensimulation<br />

der digitale Zwilling abgebildet und die problembehaftete<br />

Komponente wird farblich hervorgehoben.<br />

Fotos: Lenze<br />

www.lenze.com<br />

Lokale Datenauswertung: Hybride Rechner, die<br />

SPS-Funktionen und Windows-10-Plattform<br />

kombinieren, bieten genügend Rechenleistung<br />

für einfache ML- und KI-Anwendungen<br />

DIE IDEE<br />

„Für ein effizientes Condition Monitoring<br />

ist eine zusätzliche Sensorik<br />

nicht zwingend notwendig. Die<br />

Devices der Maschine können als<br />

Sensoren dienen. Der entscheidende<br />

Faktor ist der OEM und sein Maschinenund<br />

Prozesswissen, das es ihm<br />

ermöglicht, sich zum Data Scientist<br />

seiner Maschinen zu entwickeln. Ein<br />

Anbieter wie Lenze, der in allen<br />

beteiligten Feldern – Hardware,<br />

Software, Vernetzung und Cloud-<br />

Applikationen– aktiv ist, kann seinen<br />

Partnern dabei wertvolle Unterstützung<br />

geben.“<br />

Klaas Nebuhr, Head of digital<br />

Portfolio bei Lenze Digital<br />

www.<strong>antriebstechnik</strong>.de <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2021</strong>/01-02 33


SPECIAL: ANTRIEBSTECHNIK IN VERPACKUNGSMASCHINEN<br />

TRIBOPOLYMERE IN VERPACKUNGSMASCHINEN<br />

GUTE FÜHRUNG OHNE<br />

SCHMIERUNG<br />

In der neuen Generation der Thermoform-Verpackungsanlagen<br />

PowerPak Plus hat das Unternehmen GEA eine Vielzahl von<br />

Innovationen miteinander vereint. Wichtige Kriterien für die<br />

eingesetzten Komponenten waren: Verzicht auf aktive<br />

Schmierung, lange Lebensdauer, hygienegerechte Konstruktion<br />

und Eignung für intensive Reinigungsprozesse.<br />

Beim Verpacken von frischen Lebensmitteln – insbesondere von Fleisch und<br />

Käse – hat sich das Thermoformen durchgesetzt. Eine stabile Unterfolie wird in<br />

die vom Anwender gewünschte Schalenform gebracht, die Ware eingelegt<br />

(wenn gewünscht im Vakuum oder unter Schutzgas) und mit einer meist transparenten<br />

Oberfolie versiegelt.<br />

Lebensmittelhersteller, die dabei auf hohe Verpackungsqualität sowie auf eine lange<br />

Lebensdauer der Verpackungslinie achten, nutzen für diese Aufgabe häufig die Maschinen<br />

der PowerPak Serie von GEA Food Solutions. Entsprechend hoch waren die Anforderungen<br />

bei der Entwicklung der neuen PowerPak Plus. Auch die Reputation von GEA<br />

– einem international führenden Anbieter von Prozesstechnik für die Nahrungsmittelindustrie<br />

mit einem Umsatz von 4,83 Milliarden Euro (2018) – legte die Messlatte hoch.<br />

Die Erwartungen wurden jedenfalls erfüllt, denn die PowerPak Plus verkauft sich gut.<br />

Was auch nicht überrascht, denn die GEA Konstrukteure in Biedenkopf-Wallau haben<br />

echte Innovationen mit klarem Kundennutzen realisiert und dabei, wie schon bei der<br />

Vorgängerserie, den Igus-Konstruktionsbaukasten zu Hilfe genommen.<br />

Eine Innovation der neuen Thermoformanlage ist die freie Sicht auf den Prozess. Die<br />

klassischen Schutzhauben wurden durch eine einzige Schiebetür ersetzt, die sich über<br />

die gesamte Arbeitsbreite von bis zu drei Metern nach unten schieben lässt. Geführt<br />

wird die Tür an beiden Seiten über Igus Linearsysteme der Serie Drylin W und das entsprechende<br />

Drylin Hybrid-Rollenlager. Sie sind verdeckt eingebaut und werden über<br />

Gegengewichte in der gewünschten Position gehalten. Mit dieser unkonventionellen<br />

Lösung haben die GEA Ingenieure auch die Sicherheitsexperten der Berufsgenossenschaft<br />

überzeugt. Jürgen Niesar, Konstrukteur in der Forschung und Produktentwicklung:<br />

„Sie haben nur als zusätzliche Absicherung eine Lichtschranke am oberen Abschluss<br />

der Tür gefordert.“<br />

DIE IDEE<br />

„Verpackungsmaschinen sind aufgrund<br />

der komplexen Anforderungen,<br />

die sich aus zu verpackendem Produkten<br />

und der Notwendigkeit der<br />

Reinigung ergeben, ein anspruchsvolles<br />

Umfeld für Konstrukteure. Die<br />

Polymere von Igus lösen einige der<br />

Probleme. Sie sind schmiermittelfrei<br />

und daher hygienetechnisch sehr<br />

geeignet und werden sowohl als<br />

Gleitlager als auch als Kugellager<br />

eingesetzt. In der elektrisch leitfähigen<br />

Variante entschärfen die<br />

Igus-Tribopolymere auch die Gefahren<br />

elektrostatischer Aufladungen<br />

beim Folienabrollen.“<br />

Lars Braun, Leiter Branchenmanagement<br />

Verpackungsindustrie bei Igus<br />

in Köln<br />

34 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2021</strong>/01-02 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de


KEINE AKTIVE SCHMIERUNG<br />

Die Vorteile der Schiebetür bestehen in der freien Sicht und dem<br />

optimalen Zugang zum Arbeitsraum. Die Drylin Linearführungen<br />

bieten den Vorteil, dass sie ein leichtgängiges Auf und Ab der Tür<br />

ermöglichen und ohne aktive Schmierung auskommen. Das ist für<br />

GEA aus mehreren Gründen eine zentrale Anforderung. Jürgen<br />

Niesar: „Da die Maschinen Nahrungsmittel verpacken, verzichten<br />

wir auf Schmierung, da sie Kontaminationen verursachen könnte.“<br />

Auch die aus Hygienegründen erforderliche Reinigung der Anlagen<br />

und weitere Umgebungsbedingungen erschweren die Auswahl<br />

von Antriebskomponenten: Einige Anwender reinigen ihre Verpackungsmaschinen<br />

mit Heißdampf, andere schäumen sie mit Säuren<br />

oder Laugen ein. Auch Trockeneis kommt zum Einsatz. Das alles sind<br />

extreme Belastungen für die Lagerstellen. Schmierstoff würde schnell<br />

ausgewaschen, deshalb fordert GEA schmierstofffreie Komponenten.<br />

Zudem ist die Umgebung wegen der Reinigung meist feucht und<br />

die Temperatur kann sehr kalt (zum Beispiel bei der Verpackung von<br />

Fleisch- und Wurstwaren) oder warm (in Großbäckereien) sein.<br />

All das stellt besondere Anforderungen an rotative und lineare<br />

Lager. Die Antriebskomponenten von Igus sind für solche Anwendungen<br />

entwickelt. Bei den Linearlagern werden Aluminium- oder<br />

Edelstahlführungen verwendet, auf denen Gleitelemente aus Tribo-Polymeren<br />

mit inkorporiertem Schmierstoff verfahren. Diese<br />

Werkstoffkombination kommt ohne zusätzliche Schmierstoffe aus<br />

und bewährt sich unter den widrigen Umgebungsbedingungen der<br />

Nahrungsmittelverarbeitung und –verpackung.<br />

EINFACH AUFGEBAUT UND<br />

ELEKTRISCH LEITFÄHIG<br />

Die meist dünnen Oberfolien der Verpackungen werden mit einer<br />

definierten Bahnspannung abgerollt. Ein von GEA selbst entwickelter<br />

Torquemotor bewegt die bis zu 200 Kilogramm schwere Folienrolle,<br />

eine „schnelle“ Regelung hält die Bahnspannung im gewünschten<br />

Bereich. Das Spannsystem – eine verstellbare Rolle –<br />

wird rezeptabhängig voreingestellt, die bislang übliche „Tänzerrolle“<br />

entfällt. Beim Folienwechsel fährt die Verstellung die Rolle aus<br />

dem Spannsystem. Diese lineare Verstellung wird automatisch über<br />

ein Lineargleitlager vom Typ Drylin JUM vorgenommen, bei dem<br />

ein Tribokunststofflager aus leitfähigem Iglidur F2 eine elektrostatische<br />

Aufladung der Folie verhindert. Frank Sabato, Konstrukteur in<br />

der Produktentwicklung Horizontalverpackung: „Wir haben ein<br />

Gleitlager in die Gleitfläche integriert, die als Linearfolie ausgeführt<br />

ist. Das funktioniert in der Praxis sehr gut und ersetzt das Ableiten<br />

über ein Kupferband.“<br />

Die Führungsrollen selbst werden mit den Xiros Polymerkugellagern<br />

gelagert. Frank Sabato: „Auch hier nutzen wir den Vorteil der<br />

elektrostatischen Ableitung. Beim Einsatz konventioneller Kugellager,<br />

kann es zum Funkenüberschlag kommen.“ Einen weiteren Vorteil<br />

zeigt Frank Sabato, indem er eine Rolle leicht in Drehung versetzt:<br />

Sie läuft und läuft und läuft, da aufwendige Dichtungskonzepte beim<br />

Xiros Design überflüssig sind. Die Kombination von Polymergehäuse<br />

und Edelstahlkugeln ermöglicht einen schmiermittel- und wartungsfreien<br />

Betrieb, die FDA-Zulassung dokumentiert die Eignung für die<br />

Nahrungsmittelverpackung. Zudem kann GEA nun mit nur drei hygienisch<br />

geschlossenen, elektrisch leitfähigen und leichtgängigen Serienrollen<br />

alle Umlenkungen der PowerPak Plus realisieren.<br />

Der Folienlauf muss nicht nur im Hinblick auf Abrollgeschwindigkeit<br />

und Spannung reguliert werden, sondern auch in der Längsrichtung.<br />

Jürgen Niesar: „Ein Sensor erfasst die Bahnkante und gibt<br />

der Steuerung eines Stellmotors in der Rollentrommel das Signal<br />

zum Nachregeln. Für den Anwender heißt das: Er kann verschiedenste<br />

Folienqualitäten verarbeiten.“ Technisch wird die Bahnkantenverstellung<br />

wiederum mit dem Igus Antriebsbaukasten gelöst:<br />

Ein DC-Motor treibt eine Drylin Trapezgewindespindel an, die<br />

Mutter aus Iglidur Tribokunststoff verschiebt die Rolle axial (Bild 3).<br />

HUBSYSTEM FÜR TIEFZIEH- UND SIEGELSTATIONEN<br />

Ein für die Thermoformanlagen ganz wichtiger Bewegungsablauf<br />

wurde schon bei der Vorgängergeneration der PowerPak Plus mit<br />

Igus Lagern dargestellt. Die schweren Werkzeuge der Tiefzieh- und<br />

Siegelstationen, in denen die Unterfolie unter Einwirkungen von<br />

Druck und Wärme ihre Form erhalten, müssen in vertikaler Richtung<br />

beweglich sein. Dies gewährleisten Hubstationen mit Linearhub-<br />

und Kniehebelsystemen. Ihre Achsen werden in Iglidur Gleitlagern<br />

geführt, wobei je nach Anwendung zwei verschiedene Polymerwerkstoffe<br />

– Iglidur J und Iglidur Z – zum Einsatz kommen und<br />

hohe Kräfte aufnehmen. Für die Linearhübe werden Drylin Linearfolien<br />

und Linearclipslager der Serie Iglidur JUCM verbaut.<br />

Mit der neuen PowerPak Plus-Baureihe hat GEA die Erwartungen<br />

der „Verpacker“ bestens erfüllt. Die Igus Antriebselemente leisten<br />

dazu einen wesentlichen Beitrag.<br />

Bilder: Igus & GEA<br />

www.igus.de<br />

Auch in der Unterfolienabwicklung<br />

wird die verschiebbare<br />

Sicherheitseinhausung<br />

mit leichtgängigen Linearführungen<br />

bewegt<br />

www.<strong>antriebstechnik</strong>.de <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2021</strong>/01-02 35


MAGNETKUPPLUNGEN FÜR REIBUNGSLOSEN BETRIEB<br />

ALLES IM TAKT<br />

Verpackungsmaschinen müssen schnell, präzise und möglichst<br />

unterbrechungsfrei arbeiten. Und das am besten über lange Zeiträume ohne<br />

Verschleiß ausgleichen zu müssen. Diese hohen Anforderungen können durch<br />

den Einsatz von berührungslosen Magnetkupplungen sehr gut erfüllt werden.<br />

Magnetkupplungen sind langlebiger und zuverlässiger<br />

als mechanische Ausführungen, denn sie übertragen<br />

das Drehmoment berührungslos und unterliegen deshalb<br />

keinerlei Verschleiß. Bei mechanischen Kupplungen<br />

entsteht dagegen im Betrieb nicht nur Abrieb, der die Funktion<br />

der Maschine beeinträchtigen kann. Auf die Dauer verändert sich<br />

durch die Abnutzung auch das Drehmoment. Da beides in Verpackungsmaschinen<br />

nicht gewünscht ist, kommt Magnetkupplungen<br />

bei der Konstruktion des Antriebsstrangs eine große Bedeutung zu.<br />

Sie können nicht abnutzen und übertragen das gewünschte Drehmoment<br />

daher konstant und ohne Abweichungen.<br />

MAGNETKUPPLUNGEN IN VIELEN VARIANTEN<br />

Bei der Integration von Magnetkupplungen in Verpackungsmaschinen<br />

ist die Wahl der richtigen Ausführung entscheidend für die<br />

optimale Funktion der Anwendung. Ein großes Angebot an Magnetkupplungen<br />

finden Konstrukteure bei KBK Antriebstechnik:<br />

„Wir bieten Maschinen- und Anlagenbauern eine große Vielfalt,<br />

damit jeder die ideale Lösung für seine Applikation findet“, beschreibt<br />

KBK-Geschäftsführer Dipl.-Ing. (FH) Sven Karpstein seine<br />

Philosophie. Das Unternehmen aus dem unterfränkischen Klingenberg<br />

hat nicht nur verschiedenen Hysteresemagnet-Kupplun-<br />

gen im Programm, sondern fertigt auch Permanentmagnet-Kupplungen.<br />

Diese eignen sich für Anwendungen mit Drehmomenten<br />

von 1,2 ... 150 Nm sowie Wellendurchmessern von 3 bis 44 mm und<br />

gleichen sogar teilweise radialen Wellenversatz aus – bei minimalen<br />

Rückstellkräften.<br />

Hysteresemagnet-Kupplungen hat KBK in vielen verschiedenen<br />

Ausführungen.– z. B. mit beidseitiger Klemmnaben-Anbindung,<br />

mit aufgelaserter Skala und individuell einstellbarem Überlastmoment<br />

oder als Variante speziell für Anwendungen mit Schraub- und<br />

Wickelvorgängen. Die Hysteresemagnet-Kupplungen sind für niedrige<br />

Drehmomente zwischen 0,1 und 5 Nm ausgelegt, wie sie unter<br />

anderem in Getränke-Abfüllanlagen für PET-Flaschen benötigt<br />

werden.<br />

FORDERUNGEN AN SCHRAUBVERSCHLIESSER<br />

In diesen Verpackungsanlagen ist das Aufbringen des Schraubverschlusses<br />

ein kritischer Moment. Er muss mit exakt dem richtigen<br />

Drehmoment auf das Gewinde der Flaschenmündung aufgezogen<br />

werden: Bei einem zu hohen Anzugsmoment sitzt der Verschluss zu<br />

fest und lässt sich vom Verbraucher kaum lösen. Wird der Deckel<br />

dagegen mit zu wenig Kraft angezogen, sind die Flaschen undicht.<br />

Eine Hysteresemagnet-Kupplung im sogenannten Verschließkopf<br />

36 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2021</strong>/01-02 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de


SPECIAL: ANTRIEBSTECHNIK IN VERPACKUNGSMASCHINEN<br />

01<br />

02<br />

01 Hysteresemagnet-Kupplungen<br />

rutschen im Fall einer Überlast sanft<br />

durch. Sie eignen sich damit für den<br />

Einsatz an Schraubverschließern von<br />

Getränkeabfüllanlagen oder in<br />

Dehnfolien-Verpackungsmaschinen<br />

02 Permanentmagnet-Kupplungen<br />

von KBK wurden speziell für<br />

Anwendungen mit hohen<br />

Dreh momenten entwickelt<br />

des Schraubverschließers sorgt deshalb dafür, dass die Deckel mit<br />

konstantem Drehmoment auf die Flasche aufgebracht werden. Sobald<br />

das erforderliche Anzugsmoment erreicht ist, wird der Verschließkopf<br />

durch die Magnetkupplung gleitend vom Antrieb des<br />

Schraubverschließers abgekoppelt. Würde man hierfür eine Permanentmagnet-Kupplung<br />

verwenden, käme es zu einer ruckelnden<br />

Trennung der Kraftübertragung zwischen Schraubverschließer und<br />

Deckel. Dadurch würde der Verschluss sehr fest angezogen und wäre<br />

dann nur noch schwer zu öffnen. Beim Verschließen von Glasflaschen<br />

ist dieser Effekt dagegen ausdrücklich erwünscht, um eine<br />

optimale Abdichtung der Flasche zu erzielen. Die Schraubverschließer<br />

dieser Anlagen sollten daher mit Permanentmagnet-<br />

Kupplungen ausgestattet werden.<br />

STÖRUNGEN OHNE PRODUKTIONSSTOPP<br />

Ein anderes wichtiges Einsatzgebiet von Magnetkupplungen sind<br />

Stauförderer, wie sie u. a. in Großbäckereien zum Transport der<br />

Backwaren verwendet werden. Diese Anlagen müssen rund um die<br />

Uhr an sieben Tagen in der Woche störungsfrei arbeiten. Mechanische<br />

Kupplungen eignen sich für diese Anwendung nicht besonders<br />

gut, da sie im Fall einer Überlast An- und Abtrieb voneinander<br />

trennen und dann erst mühsam manuell wieder eingerastet werden<br />

müssen. Durch diesen Vorgang entstehen Stillstandzeiten, die hohe<br />

Kosten verursachen.<br />

„Mit Magnetkupplungen hat man dieses Problem nicht“, berichtet<br />

Sven Karpstein. „Der Betrieb der Anlage kann sofort weiterlaufen,<br />

wenn z. B. durch ein verkeiltes Brot eine Störung aufgetreten ist<br />

und diese behoben wurde.“ Darüber hinaus erfüllen Magnetkupplungen<br />

auch die strengen Hygienevorschriften, da sie im Gegensatz<br />

zu mechanischen Kupplungen keinen Abrieb erzeugen, der ins<br />

Produkt gelangen könnte. Und schließlich muss dieser Kupplungstyp<br />

nicht gewartet werden, sodass in dieser Hinsicht keine Investitionen<br />

oder Fertigungsstopps nötig sind. Magnetkupplungen<br />

eignen sich vor allem deshalb ideal für Verpackungsmaschinen,<br />

weil sie eine Vielzahl an Überlastvorgängen überstehen ohne dabei<br />

zu verschleißen. Überlasten treten bei Verpackungsmaschinen immer<br />

wieder auf: So werden z. B. bei Horizontal-Kartonierern die in<br />

den Karton einzufüllenden Produkte parallel zur Faltschachtel auf<br />

einem Kassettenband angeliefert und von einem Schieber in die<br />

Schachtel geschoben. Bei diesem Vorgang kann es leicht zu Überlasten<br />

kommen.<br />

Ein anderes Beispiel sind Kartonform- oder Kartonverschließanlagen:<br />

Hier können die Schneidwerkzeuge verkanten und somit eine<br />

Überlast verursachen. Auch sind Dehnfolien-Verpackungsmaschinen<br />

zu nennen, bei denen die Folie immer in einer konstanten<br />

Spannung gehalten werden muss. „Sobald sich diese Spannung ändert<br />

oder es beim Spannvorgang ruckelt, reißt die Folie“, weiß Karpstein.<br />

Setzt der Maschinenbauer aber Hysteresemagnet-Kupplungen<br />

ein, bleibt die Folienspannung konstant.<br />

KBK liefert Herstellern von Verpackungsmaschinen eine große<br />

Vielfalt an Magnetkupplungen. Das zeigt sich auch in der Materialauswahl:<br />

„Wir fertigen auf Wunsch jede Magnetkupplung aus Edelstahl<br />

oder setzen spezielle Magnete und Klebstoffe ein – z. B. für<br />

Hochtemperatur-Applikationen“, berichtet Karpstein. Er und sein<br />

Team unterstützen die Kunden zudem bei der Auslegung und Berechnung<br />

der erforderlichen Dreh- und Überlastmomente.<br />

In Zukunft wird KBK sein Portfolio an Magnetkupplungen weiter<br />

ausbauen. Die Antriebstechnik-Profis haben nämlich ein ehrgeiziges<br />

Ziel: Sie wollen ihren Kunden möglichst viele Ausführungen<br />

und Varianten für ihre Anwendungen anbieten.<br />

Fotos: KBK Antriebstechnik & adobe Stock<br />

www.kbk-<strong>antriebstechnik</strong>.de<br />

DIE IDEE<br />

„Magnetkupplungen haben gegenüber<br />

anderen Kupplungen den Vorteil,<br />

verschleißfrei zu sein. So können sie<br />

häufigen Überlastvorgängen, wie sie<br />

beim Verschrauben oder Folienziehen<br />

häufig auftreten, gut wegstecken. Je<br />

nach Einsatzgebiet eignen sich<br />

Hysteresemagnetkupplungen oder<br />

Permanentmagnetkupplungen besser.<br />

KBK will seinen Kunden beide Sorten in<br />

möglichst vielen Varianten anbieten.“<br />

Dipl.-Ing (FH) Sven Karpstein,<br />

Geschäftsführer KBK Antriebstechnik,<br />

Klingenberg am Main<br />

www.<strong>antriebstechnik</strong>.de <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2021</strong>/01-02 37


FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG<br />

SYSTEMVERHALTEN VON MASCHINEN<br />

AUF DEM WEG ZUR AUTONOMEN<br />

WERKZEUGMASCHINE – MECHATRONISCHE<br />

DÄMPFUNGSSYSTEME ALS BEFÄHIGER<br />

Eine Werkzeugmaschine zur Autonomie zu befähigen ist ein großes Ziel der<br />

aktuellen Ingenieurswissenschaft. Wichtig ist dabei die Kontrolle und ggf. die<br />

Kompensation von Umgebungseinflüssen. Das Institut für<br />

Werkzeugmaschinen der Universität Hannover forscht in dieser Hinsicht an<br />

mechatronischen Schwingungsdämpfern.<br />

EINLEITUNG<br />

Autonom von der Bauteilzeichnung zum perfekten Bauteil – In der<br />

Vision der autonomen Werkzeugmaschine konfiguriert sich die<br />

Maschine selbst und führt den Produktionsprozess selbstständig<br />

aus. Hierbei wählt die Maschine eigenständig ihre Prozessparameter<br />

und passt diese bei schwankenden Produktionsbedingungen<br />

an. Die Autonome Werkzeugmaschine reagiert dabei selbstständig<br />

auf äußere Störeinflüsse. Äußere Störeinflüsse können z. B. durch<br />

schwankende Umgebungseinflüsse sowie Maschinenschwingungen<br />

entstehen und destabilisieren den Bearbeitungsprozess. Um<br />

instabile Prozesse reaktionsschnell zu kompensieren und gleichzeitig<br />

maximale Prozessparameter realisieren zu können, sind Maschinenkomponenten<br />

und Zusatzsysteme erforderlich, die eigenständig<br />

auf entsprechende Störungen reagieren.<br />

In Bild 01 sind die Stufen der Automatisierung von Maschinenkomponenten<br />

dargestellt. Der Übergang vom menschlichem Eingriff<br />

zur Modifizierung der Maschinenstruktur hin zum autonomen<br />

maschinellen Eingriff in die Maschinenstruktur ist in fünf<br />

Stufen gegliedert. Hierbei werden ähnlich zu dem Standpunktpapier<br />

„Industriearbeitsplatz 2025“ [BEH18] der Wissenschaftlichen<br />

Gesellschaft für Produktionstechnik (WGP) Analogien zur Vision<br />

des autonomen Fahrens aufgegriffen. Die unterste Stufe (Stufe 0)<br />

beinhaltet rein passive Zusatzsysteme. Die selbstlernende Adaptronik<br />

stellt die oberste Stufe (Stufe 4) der Automatisierung von<br />

Maschinenkomponenten dar. Es handelt sich hier um autonome<br />

Struktursysteme. Durch lernende adaptive Regelungssysteme<br />

werden die Systemgrenzen eigenständig erkannt und erweitert.<br />

Die Regelungssysteme sind hierbei autarke Einheiten innerhalb<br />

der Maschinenstruktur. Selbstlernende adaptronische Systeme<br />

können in die Maschinenstruktur integriert werden und modifizieren<br />

eigenständig das Systemverhalten der Maschine. Durch die<br />

Verbindung mit einer selbstlernenden Maschinen- und Prozessregelung,<br />

die höchste Stufe der Automatisierung von Produktionsprozessen<br />

nach [BEH18], lassen sich in Zukunft autonome Werkzeugmaschinen<br />

realisieren.<br />

Ziel aktueller Forschung ist es, Methoden und Anwendungen als<br />

Befähiger zur selbstlernenden Adaptronik und somit zur autonomen<br />

Werkezugmaschine zu erforschen. Das Institut für Fertigungstechnik<br />

und Werkzeugmaschinen (IFW) der Leibniz Universität<br />

Hannover forscht deswegen an integrierten, mechatronischen<br />

Dämpfungssystemen zur aktiven Schwingungskompensation.<br />

Diese bilden die Schwelle von mechatronischen Zusatzsystemen<br />

(Stufe 2) hin zur Adaptronik (Stufe 3) und stellen somit eine Schlüsseltechnologie<br />

auf dem Weg zur autonomen Werkzeug maschine<br />

dar. Im folgenden Beitrag wird anhand zweier Beispiele mechatronischer<br />

Dämpfungssysteme der Übergang zwischen den zwei Stufen<br />

vorgestellt.<br />

AKTIVE RUCKENTKOPPLUNG<br />

Für Bearbeitungsprozesse mit vielen Richtungswechseln ist ein<br />

schnelles Erreichen der eingestellten maximalen Achsbeschleunigung<br />

für die Erreichung minimaler Bearbeitungszeiten ausschlaggebend.<br />

Hierdurch können die maximalen Geschwindigkeiten für<br />

den Bearbeitungsprozess auch bei kurzen Verfahrwegen erreicht<br />

werden. Durch den Einsatz von Lineardirektantrieben mit hohen<br />

Kraftanstiegsgeschwindigkeiten lassen sich solch hohe Beschleunigungsänderungen<br />

prinzipiell realisieren. Die Einleitung der Reaktionskraft<br />

in die Maschinenstruktur führt jedoch zu ungewollten<br />

Strukturschwingungen. Insbesondere die impulsartigen Beschleunigungsänderungen<br />

führen dazu, dass die kritischen Eigenformen<br />

der Maschinenstruktur durch ein breitbandiges Kraftspektrum angeregt<br />

werden. Als Folge kommt es zu dynamischen Auslenkungen<br />

der Struktur und somit zu einer Relativbewegung zwischen Werkzeug<br />

und Werkstück [ALT11]. Die Konsequenz dieser Relativbewegung<br />

ist eine Reduzierung der Werkstückqualität.<br />

Um die Strukturschwingungen zu vermeiden bzw. zu reduzieren,<br />

erfolgt i. d. R. eine softwareseitige Begrenzung des Rucks. Hierfür<br />

wird in der Bahnplanung der Ruck auf einen Maximalwert begrenzt.<br />

Dies resultiert jedoch in einer Verringerung der Achsdynamik<br />

und führt somit zu längeren Bearbeitungszeiten als theoretisch<br />

mit höherem Ruck realisierbar. Die am Institut für Fertigungstechnik<br />

und Werkzeugmaschinen (IFW) entwickelte Methode der aktiven<br />

Ruckentkopplung ermöglicht eine Erhöhung der Ruckwerte bei<br />

gleichzeitiger Verringerung der Strukturschwingungen.<br />

Die Methode der aktiven Ruckentkopplung basiert auf der Integration<br />

eines zusätzlichen Aktorelements in den Kraftfluss zwischen<br />

38 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2021</strong>/01-02 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de


FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG<br />

01 Stufen der Automatisierung von Maschinenkomponenten in Anlehnung an [BEH18]<br />

Stufe 0<br />

Passiv<br />

Stufe 1<br />

Assistiert<br />

Stufe 2<br />

Automatisiert<br />

Stufe 3<br />

Teil-Autonom<br />

Stufe 4<br />

Autonom<br />

Menschlicher<br />

Eingriff<br />

Passive Zusatzsysteme<br />

Exakte<br />

Abstimmung des<br />

Systems auf<br />

zuvor bekannte<br />

Störungen<br />

Adaptierbare<br />

passive Zusatzsysteme<br />

Manuelle<br />

Adaption des<br />

Systems auf<br />

identifizierte<br />

Störungen und<br />

Systemänderungen<br />

Mechatronische<br />

Zusatzsysteme<br />

Aktorik + Sensorik<br />

+ Regler nicht<br />

strukturintegriert<br />

Aktive<br />

Kompensation von<br />

unerwarteten<br />

aber bekannten<br />

Störungen<br />

+<br />

Erkennen der<br />

Systemgrenzen<br />

Adaptronik<br />

Aktorik + Sensorik<br />

strukturintegriert<br />

Aktive<br />

Kompensation von<br />

unerwarteten<br />

aber bekannten<br />

Störungen<br />

+<br />

Erkennen der<br />

Systemgrenzen<br />

undAdaption an<br />

geänderte<br />

Bedingungen innerhalb<br />

der<br />

Systemgrenzen<br />

Selbstlernende<br />

Adaptronik<br />

Autonom<br />

Aktorik + Sensorik<br />

+ Regler<br />

strukturintegriert<br />

Aktive<br />

Kompensation von<br />

unerwarteten<br />

und unbekannten<br />

Störungen<br />

+<br />

Erweitern der<br />

Systemgrenzen<br />

undAdaption an<br />

geänderte<br />

Bedingungen<br />

Autonome Maschinenkomponenten<br />

Bh/89236 © IFW<br />

Antrieb und Maschinenstruktur. In Bild 02 ist das Prinzip der aktiven<br />

Ruckentkopplung als Mehrkörper-Ersatzmodell dargestellt.<br />

Das Ersatzmodell bildet die vereinfachte Maschinenstruktur der X-<br />

Achse mit integriertem Entkopplungsaktor ab. Das dynamische<br />

Verhalten der vereinfachten Maschinenstruktur entspricht hierbei<br />

den dominanten Starrkörperschwingungen der Vorschubachse.<br />

Die Starrkörperschwingungen setzen sich aus den Schwingungen<br />

der Massen von Maschinenbett und Ruckentkopplungsschlitten<br />

(REK-Schlitten) in X-Richtung zusammen. Hierbei resultiert die<br />

Starrkörperschwingung des Maschinenbetts aus elastischen Verformungen<br />

der Aufstellelemente (hier als Feder-Dämpfer-Elemente<br />

(FDE) dargestellt). Der REK-Schlitten ist zwischen Achsantrieb und<br />

Maschinenbett platziert. Die Anbindung des REK-Schlittens an das<br />

Maschinenbett erfolgt über Feder-Dämpfer-Elemente. Die Strukturschwingung<br />

des REK-Schlittens wird aus der Anbindung über<br />

die Feder-Dämpfer-Elemente an das Maschinenbett hervorgerufen.<br />

Der REK-Schlitten führt so eine Schwingung relativ zum Maschinenbett<br />

aus. Eine Kopplung des REK-Schlittens an das Maschinenbett<br />

über Feder-Dämpfer-Elemente wird als „passive Ruckentkopplung“<br />

bezeichnet. Ziel der passiven Ruckentkopplung ist die<br />

Entkopplung von Spektralanteilen der Antriebskräfte, die zu einer<br />

Resonanzüberhöhung der Schwingung des Maschinenbetts führen.<br />

Das Konzept der passiven Ruckentkopplung wurde bereits in<br />

[HES08] und [GÜM14] erforscht. Bei Verfahren der Achse wirkt die<br />

Reaktionskraft -F M<br />

des Motors auf den REK-Schlitten. Durch die<br />

Platzierung des REK-Schlittens in den Kraftfluss zwischen Antrieb<br />

und Maschinenbett, wirkt die passive Ruckentkopplung als mechanischer<br />

Tiefpass zweiter Ordnung (PT2-Glied). Als Folge wird das<br />

Frequenzspektrum der Motorkraft gefiltert in das Maschinenbett<br />

02 Mehrkörper-Ersatzmodell einer Vorschubachse mit<br />

integriertem Entkopplungsaktor<br />

Achsantrieb<br />

F M<br />

F M<br />

Entkopplungsaktor<br />

-F A<br />

F A S N<br />

REK-Schlitten<br />

x REK<br />

Maschinenbett<br />

Feder-Dämpfer<br />

Austellelemente<br />

X<br />

Z<br />

Elemente PREK<br />

Fundament<br />

Bh/xxxxx<br />

Bh/89231 ©IFW<br />

gekoppelt. Aufgrund des PT2-Verhaltens kommt es jedoch zu einer<br />

Resonanzüberhöhung bei der Eigenfrequenz der passiven Ruckentkopplung.<br />

Um diese zusätzliche Resonanzüberhöhung der passiven<br />

Ruckentkopplung zu dämpfen, wird eine aktive Komponente<br />

(Entkopplungsaktor) in die Struktur integriert. Resultierende Starrkörperschwingungen<br />

von REK-Schlitten und Maschinenbett werden<br />

mit Hilfe von Beschleunigungssensoren auf REK-Schlitten und<br />

Maschinenbett detektiert. Anhand des Systemmodells werden anschließend<br />

im Regelungssystem die Aktorkraft F A<br />

und die Aktordynamik<br />

des Entkopplungsaktors berechnet. Die durch den Entkopplungsaktor<br />

eingebrachte Aktorkraft F A<br />

wirkt den Strukturschwingungen<br />

entgegen. Durch die Schwingungskompensation<br />

x G<br />

www.<strong>antriebstechnik</strong>.de <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2021</strong>/01-02 39


FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG<br />

Bei der Hochgeschwindigkeitszerspanung stellt nicht mehr die<br />

Leistungsfähigkeit der Antriebe die Leistungsgrenze dar, sondern<br />

die Prozessstabilität von Fräsoperationen. Für hohe Zeitspanvolumina<br />

werden die Grenzen der Produktivität durch Ratterschwingungen<br />

bei instabilen Prozesszuständen erreicht. Ratterschwingungen<br />

sind selbsterregte Schwingungen, die aufgrund einer ungünstigen<br />

dynamischen Wechselwirkung aus Zahneingriffsfrequenz<br />

(Drehzahl) und Strukturschwingungen des Werkzeugs<br />

entstehen. Wird die Spindelwelle durch Kräfte infolge des Zahneingriffs<br />

zu Schwingungen angeregt, entstehen Relativverlagerungen<br />

zwischen Werkzeug und Werkstück. Aufgrund dieser Verlagerung<br />

kann es zu einer Variation der Spanungsdicke bei jedem Zahneingriff<br />

kommen. Hieraus resultiert eine sich zeitlich ändernde<br />

Schnittkraft F C<br />

. Eine zeitliche Änderung der Schnittkraft wirkt auf<br />

die Spindelstruktur zurück, sodass eine geschlossene Wirkkette<br />

entsteht. Ist die Strukturdämpfung der Spindel nicht hinreichend<br />

hoch, wird der Zerspanprozess instabil, und die Werkzeugmaschine<br />

„rattert“. Diese Ratterschwingungen reduzieren die Werkstückqualität<br />

sowie die Lebensdauer von Werkzeug und Maschine.<br />

Um Prozessinstabilitäten zu vermeiden, wird in der Regel die<br />

Schnitttiefe beziehungsweise -breite verringert. Zur Kompensation<br />

von Ratterschwingungen an der Hauptspindel erforscht das IFW<br />

gemeinsam mit dem Institut für Antriebssysteme und Leistungselektronik<br />

(IAL) der Leibniz Universität Hannover eine Methode<br />

zur motorintegrierten Spindeldämpfung. Die Methode ermöglicht<br />

eine Erhöhung der Grenzschnitttiefe bei gleichzeitiger Verringerung<br />

der Strukturschwingungen.<br />

Der Ansatz der motorintegrierten Spindeldämpfung basiert auf<br />

der Integration eines elektromagnetischen Aktors in das Aktivteil<br />

eines Synchronmotors [BIC15]. Hierfür wurde der Bauraum einer<br />

bestehenden Motorspindelkonstruktion verändert. In Bild 05 oben<br />

ist das Funktionsmuster a) im Querschnitt als Prinzipdarstellung<br />

gezeigt. Die dynamische Schnittkraftänderung führt zu einer dominanten<br />

Biegeeigenform der Werkzeugspindel (siehe Bild 05, blaue<br />

strichpunktierte Linie). Um die Biegeeigenform der Spindel zu beeinflussen,<br />

ist das externe Aktorwicklungssystem mittig zwischen<br />

zwei Motorsegmente positioniert. Die Permanentmagnete auf dem<br />

Rotorblechpaket werden im Bereich des Aktorwicklungssystems<br />

durch einen magnetischen Rückschluss ersetzt. Durch die Anordnung<br />

von drei um 120° versetzten Aktorsträngen um den Spindelschaft<br />

(Bild 05, rechts) kann ein Kraftvektor, ähnlich wie bei einem<br />

Magnetlager [MAS09], erzeugt werden. Zur Detektion der Spindelschwingungen<br />

sind drei Wirbelstromsensoren in unmittelbarer Nähe<br />

zu der Aktorwicklung verbaut. Anhand eines Systemmodells<br />

werden dann in einem Regelungssystem die notwendige Stellkraft<br />

und die Kraftrichtung berechnet. Durch Transformationsberechnungen<br />

werden Kraft und Kraftrichtung anteilig für die Aktorstränge<br />

berechnet. Die entsprechenden Aktorstränge werden bestromt,<br />

sodass die resultierenden Grenzflächenkräfte den Schwingungen<br />

entgegen wirken, sodass diese aktiv gedämpft werden.<br />

Das Konzept der motorintegrierten Spindeldämpfung wurde mit<br />

Hilfe von Fräsversuchen anhand des Funktionsmusters a) evaluiert.<br />

In den Versuchen wurden Nuten in ein Werkstück aus dem Werkstoff<br />

EN AW-7075 (3.4365) mit unterschiedlichen Werkzeugdurchmessern<br />

(D WZ = 25 mm und D WZ = 16 mm) gefräst. Um die Leiswerden<br />

die Schwingungen vom Maschinenbett entkoppelt. Die aktive<br />

Ruckentkopplung wirkt so als Tiefpass zweiter Ordnung ohne<br />

Reso-nanzüberhöhung, wie sie bei einer passiven Ruckentkopplung<br />

auftritt.<br />

Um die Eigenschaften aktiv ruckentkoppelter Vorschubachsen zu<br />

erforschen, wurde am IFW ein Kreuztisch-Prüfstand mit integrierter<br />

aktiver Ruckentkopplung konzipiert und aufgebaut (Bild 03).<br />

Der Versuchsstand ermöglicht den experimentellen Vergleich von<br />

aktiver Ruckentkopplung, passiver Ruckentkopplung und einer<br />

starren Anbindung des REK-Schlittens an das Maschinenbett. Die<br />

aktive Ruckentkopplung ist hierbei in die überlagerte X-Achse des<br />

Kreuztisches implementiert. Der Entkopplungsaktor ist als konventioneller<br />

Lineardirektantrieb 1 FN3600-4WC00 der Siemens AG, mit<br />

einer Nennkraft von F A<br />

= 5 kN, zwischen REK-Schlitten und Y-<br />

Schlitten positioniert. Das Sekundärteil des REK-Aktors ist auf dem<br />

REK-Schlitten und das Primärteil auf dem Y-Schlitten angebracht.<br />

Zur Evaluierung der aktiven Ruckentkopplung wurde das dynamische<br />

Strukturverhalten des Kreuztisches bei passiver Ruckentkopplung,<br />

aktiver Ruckentkopplung und starrer Anbindung im Frequenz-<br />

und im Zeitbereich bestimmt. Für die Betrachtung im Frequenzbereich<br />

wurde das Nachgiebigkeitsverhalten zwischen<br />

Hauptantrieb und Maschinengestell anhand des Nachgiebigkeitsfrequenzgangs<br />

analysiert. Hierfür wurde die Maschinenstruktur<br />

über den Hauptantrieb der X-Achse über eine sinusförmige Kraftanregung<br />

mit einer Amplitude von F M<br />

= 350 N in einem Bereich von<br />

3 Hz bis 250 Hz bei einer Schrittweite von 0,5 Hz angeregt. Mit Hilfe<br />

eines Laservibrometers (Polytec, OFV 303) wurden die resultierenden<br />

Gestellschwingungen in X-Richtung am Y-Schlitten bei aktiver<br />

Ruckentkopplung, passiver Ruckentkopplung und starrer<br />

Anbindung ermittelt. Links in Bild 04 ist der Nachgiebigkeitsfrequenzgang<br />

des Gestells bei passiver Ruckentkopplung (blau), aktiver<br />

Ruckentkopplung (rot) und starrer Anbindung (schwarz)<br />

dargestellt. Bei starrer Anbindung ist eine Resonanzüberhöhung<br />

bei 38 Hz zu sehen. Die Starrkörperschwingung des Maschinengestells<br />

wird bei dieser Frequenz maximal angeregt. Die dynamische<br />

Nachgiebigkeit beträgt dabei δ = 250 µm/kN. Durch das Tiefpassverhalten<br />

der passiven Ruckentkopplung wird die maximale dynamische<br />

Nach giebigkeit bei 38 Hz um 80 % reduziert (von δ = 250<br />

µm/kN auf 50 µm/kN). Zu erkennen ist die zusätzliche Resonanzerhöhung<br />

in der Eigenfrequenz der passiven Ruckentkopplung bei<br />

5 Hz. Die dynamische Nachgiebigkeit beträgt bei der Eigenfrequenz<br />

δ = 100 kN/µm. Durch den Einsatz der aktiven Ruckentkopplung<br />

wird die Resonanzüberhöhung durch die passive Ruckentkopplung<br />

um 50 % (von δ = 100 kN/µm auf 50 µm/kN) reduziert. Die Wirkung<br />

der aktiven Ruckentkopplung als Tiefpass zweiter Ordnung wird<br />

anhand der Reduzierung der beiden Resonanzüberhöhungen bei<br />

passiver Ruckentkopplung ersichtlich.<br />

Zur Validierung des Ansatzes wurden Positioniersprünge mit einem<br />

Weg s = 120 mm bei einem trapezförmigen Beschleunigungsprofil<br />

(a max<br />

= 15 m/s², v max<br />

= 0,5 m/s) für unterschiedliche Ruckwerte<br />

durchgeführt. In Bild 04 rechts ist die Auslenkung des Maschinengestells<br />

für einen Ruck von r = 500 000 m/s³ über der Zeit dargestellt.<br />

Dieser Ruck stellt die maximale Belastung der starren Anbindung<br />

dar und wurde als Referenzwert verwendet. Es zeigt sich, dass<br />

durch die passive Ruckentkopplung die maximale Amplitude im<br />

Vergleich zur starren Anbindung um 40 % (von x G<br />

= 42 µm“ auf<br />

25 µm) reduziert wird. Die Gestellschwingung bei passiver Ruckentkopplung<br />

weist jedoch eine um 40 % höhere Ausschwingzeit auf.<br />

Die Auslenkung des Maschinengestells bei aktiver Ruckentkopplung<br />

hat eine ähnliche Amplitude wie die passiver Ruckentkopplung.<br />

Die Ausschwingzeit ist gegenüber der passiven<br />

Ruckentkopplung jedoch um 50 % kürzer.<br />

Ziel weiterer Forschung ist der Vergleich der Entkopplungs-Maßnahmen<br />

innerhalb einer Werkzeugmaschine im Fräsversuch. Hierfür<br />

wird eine Werkzeugmaschine mit existierender passiver Ruckentkopplung<br />

um die aktive Ruckentkopplung erweitert.<br />

MOTORINTEGRIERTE SPINDELDÄMPFUNG<br />

40 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2021</strong>/01-02 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de


FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG<br />

tungsfähigkeit der Spindeldämpfung zu bewerten,<br />

wurden Bearbeitungsparameter gewählt, die im ungedämpften<br />

Fall zu einem instabilen Bearbeitungsprozess<br />

führen. Aus den Prozessparametern resultiert<br />

beim Werkzeug mit D WZ = 25 mm ein instabiler<br />

Bearbeitungsprozess. Bei den Versuchen wurde eine<br />

Hälfte der Nut mit deaktivierter Dämpfung bearbeitet.<br />

Im Anschluss erfolgten eine Unterbrechung des<br />

Vorschubs und eine Aktivierung der Dämpfung. Der<br />

Rest der Nut wurde mit aktivierter Dämpfung bearbeitet.<br />

Bild 06 oben zeigt das Messsignal des internen<br />

Schwingungsmesssystems in X-Richtung für<br />

den Bearbeitungsprozess mit den gewählten Prozessparametern.<br />

Das Messsignal resultiert aus der<br />

kartesischen Transformation der drei Wirbelstromsensoren.<br />

Im ungedämpften Fall ist anhand des Anstiegs<br />

der Schwingungsamplitude ab dem Zeitpunkt<br />

t = 2,7 s eine Instabilität erkennbar. Nach dem Einschalten<br />

der aktiven Dämpfung nehmen die Schwingungsamplituden<br />

um 40 % ab. Anhand einer optischen<br />

Betrachtung des Nutgrunds (Bild 06, Mitte) ist<br />

im gedämpften Fall eine Oberfläche ohne signifikante<br />

Rattermarken zu erkennen. Der Nutgrund des<br />

ungedämpften Prozesses weist hingegen deutliche<br />

Rattermarken auf. Die Messung des Flankenprofils<br />

(Bild 06, unten) erfolgte über ein taktiles Rauheitsmessgerät.<br />

Die Analyse des Flankenprofils zeigt,<br />

dass durch eine aktive Spindeldämpfung der Mittenrauwert<br />

R a<br />

um 95 % und die gemittelte Rautiefe R z<br />

um 88 % reduziert werden können [BIC15].<br />

Durch die externe Dämpfungswicklung ergibt sich<br />

jedoch eine Einschränkung beim Betrieb des Funktionsmusters<br />

a). Das Aktivteil des Spindelmotors ist in<br />

diesem Konzept in zwei Teile unterteilt. Die Dämpfungswicklung<br />

ist zwischen den beiden Statorteilen<br />

positioniert. Als Folge ist die Aktivteillänge des Stators<br />

im Vergleich zu einem baugleichen Motor um<br />

57 % reduziert (von 140 mm auf 60 mm). Im gleichen<br />

Maße wird das maximale Motormoment (von 38 Nm<br />

auf 16,34 Nm) und die entsprechende Motorleistung<br />

(von 43,5 kW auf 18,7 kW) reduziert [BIC15].<br />

Um dieser Einschränkung zu begegnen, wird am<br />

IFW aktuell ein neuartiges Konzept erforscht. Hierbei<br />

werden die Aktorstränge in das Statoraktivteil eines<br />

konventionellen Motors integriert. In Bild 05<br />

unten ist das Konzept schematisch dargestellt<br />

(Funktionsmuster b). Als Motor wurde für dieses<br />

Konzept ein Synchronmotor mit vergrabenen Permanentmagneten<br />

ausgewählt. Der Vorteil gegenüber<br />

einer Variante mit oberflächenmontierten Permanentmagneten<br />

sind ein kleinerer magnetisch<br />

wirksamer Luftspalt für die Aktorstränge und ein<br />

besserer Schutz der Permanentmagnete gegen Demagnetisierung.<br />

Die Anordnung der drei Aktorstränge<br />

in den Nuten der Statorwicklung zeigt<br />

Bild 05 unten rechts. Die Aktorwicklung beanspruchen<br />

hierdurch einen Teil des Bauraums der Statorwicklung.<br />

Die Dämpfungskräfte werden entsprechend<br />

über die gesamte Länge des Motors aufgebracht.<br />

Für die Messung der Spindelschwingungen<br />

sind nur geringfügige Änderungen der konventionellen<br />

Konstruktion notwendig. Hierfür wird in der<br />

Nachgiebigkeit δ<br />

Beschleunigungssensor<br />

REK-<br />

Schlitten<br />

Y-Schlitten<br />

KGT<br />

Y-Achse<br />

Maschinenbett<br />

Y<br />

µm/kN<br />

X<br />

10 1<br />

10 0 Aktive Ruckentkopplung<br />

10 -1 Passive Ruckentkopplung<br />

0 10 20 30 Hz 50<br />

Frequenz f<br />

Bh/89234 © IFW<br />

03 Kreuztisch-Prüfstand<br />

04 Schwingverhalten der Maschinenstruktur im Frequenzbereich (links) und im<br />

Zeitbereich (rechts)<br />

Auslenkung Gestell x G<br />

60<br />

µm<br />

20<br />

0<br />

-20<br />

Hauptantrieb<br />

Gestell-<br />

10 3 Nachgiebigkeitsfrequenzgang<br />

-50 % Starre Anbindung -80 %<br />

Gestellschwingung bei<br />

Positionssprung<br />

Passive Ruckentkopplung<br />

Feder-Dämpfer<br />

Elemente<br />

Messfleck<br />

Vibrometer<br />

Bh/89233 © IFW<br />

Aktive Ruckentkopplung<br />

-50 %<br />

-40<br />

-60 -40 % Starre Anbindung<br />

0 0,2 0,4 0,6 s 1<br />

Zeit t<br />

Bh/89235 © IFW<br />

05 Prinzipieller Aufbau der motorintegrierten Dämpfungsaktoren. Funktionsmuster<br />

a) mit externem Aktor, Funktionsmuster b) mit im Stator integrierten Aktorwicklungen<br />

www.<strong>antriebstechnik</strong>.de <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2021</strong>/01-02 41


FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG<br />

DIE AUTOREN<br />

06 Stabilisierung eines instabilen Prozesszustands. Messsignal der Auslenkung des<br />

Rotormittelpunkts XM (oben), Oberflächen- (Mitte) und Primärprofil Pt (unten)<br />

Prof. Dr.-Ing. Berend Denkena,<br />

Geschäftsführende Leitung<br />

IFW Hannover<br />

Dr. Ing. Benjamin Bergmann,<br />

Bereichsleiter des Bereichs Maschinen<br />

und Steuerungen des Instituts<br />

für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen<br />

(IFW) Hannover<br />

Mitte des Rotors ein Messring positioniert. Die drei Wirbelstromsensoren werden jeweils<br />

durch eine Bohrung in einem Statorzahn montiert. Eine Herausforderung bei der<br />

Konstruktion ist die Dimensionierung der Kombination von Statorwicklung und Aktorwicklung<br />

im Statoraktivteil. Eine gegenseitige Spannungsinduktion zwischen den<br />

Wicklungssystemen muss durch eine magnetische Entkopplung weitgehend vermieden<br />

werden. Eine in der Antriebswicklung induzierte Spannung würde sonst zu unerwünschten<br />

Wechselwirkungen mit der Leistungselektronik führen. Wird eine Spannung<br />

in der Aktorwicklung induziert, verändert dies den Strom in den Aktorwicklungen<br />

und führt zu einer unerwünschten Beeinflussung der Dämpfungskräfte. Die Dimensionierung<br />

von magnetisch entkoppelten Wicklungen erfolgt mithilfe<br />

zweidimensionaler Finite-Elemente-Berechnungen (FEM) mit dem Ziel, eine zum<br />

Funktionsmuster a) vergleichbare Aktorkraft zu erreichen. Die Simulationen zeigen,<br />

dass mit einer bestimmten Polpaarzahl und Wicklungsvariante bei einer Aufteilung<br />

des Bauraums in 40 % für die Aktorwicklung und 60 % für die Antriebswicklung eine<br />

hinreichende Entkopplung und eine ausreichende Dämpfungskraft erreicht werden<br />

kann. Günstig ist die Wahl einer Polpaarzahl von p A<br />

= 6 für die Aktorwicklung und von<br />

p M<br />

= 3 für die Antriebswicklung. Verglichen mit dem Funktionsmuster a) kann so das<br />

Motormoment um über 70 % (von 16,34 Nm auf 28 Nm) und die Motorleistung um<br />

über 50 % (von 18,7 kW auf 28 kW) erhöht werden. Das Motormoment liegt so nur<br />

noch um 25 % und die Motorleistung nur noch um 35 % unter den Werten einer konventionellen<br />

Motorspindel gleicher Größe. Nach [BIC15] liegt jedoch die dynamische<br />

Prozessgrenze aufgrund von Rattern von Funktionsmuster a) weit unterhalb der elektrischen<br />

Leistungsfähigkeit des Motors. Eine Steigerung des Zeitspanvolumens mit<br />

Funktionsmuster b) ist somit im Vergleich zu einem baugleichen Motor theoretisch<br />

M. Sc. Frederic Böhse,<br />

Wiss. Mitarbeiter Maschinenkomponenten,<br />

IFW Hannover<br />

M. Sc. Jan Königsberg,<br />

Wiss. Mitarbeiter, Institut für<br />

Antriebssysteme und Leistungselektronik<br />

(IAL) Hannover<br />

DANKSAGUNG<br />

Das Forschungsprojekt „Aktive Ruckentkopplung für Werkzeugmaschinen“<br />

(Projektnummer: 269666724) und das Forschungsprojekt „Methode zur<br />

motorintegrierten Dämpfung von Spindelschwingungen bei Werkzeugmaschinen“<br />

(Projektnummer: 112455566) werden mit Mitteln der Deutschen<br />

Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert. Das IFW bedankt sich für die<br />

finanzielle Unterstützung in diesen Projekten.<br />

Prof. Dr.-Ing. Bernd Ponick,<br />

Vorstand IAL Hannover<br />

42 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>2021</strong>/01-02 www.<strong>antriebstechnik</strong>.de


FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG<br />

erreichbar. Eine Herausforderung bei der Erzeugung der Stellkräfte<br />

ist die rotorlageabhängige Kraftwirkung des Aktors bei Funktionsmuster<br />

b). Aufgrund einer Überlagerung des Aktormagnetfelds mit<br />

dem Magnetfeld der rotierenden Permanentmagnete kommt es zu<br />

einer Beeinflussung der Aktorkraft in Richtung und Amplitude<br />

[KOE18]. Hierdurch ergibt sich eine aufwändigere Regelung der<br />

Stellkräfte des Funktionsmusters b) als bei Funktionsmuster a).<br />

Durch Kenntnis der Wechselwirkung muss das Regelungssystem<br />

entsprechend erweitert werden. Auf Basis des dimensionierten<br />

neuartigen Wicklungskonzepts wurde von der Franz Kessler GmbH<br />

nun ein Funktionsmuster b hergestellt. Aktuell erfolgt die experimentelle<br />

Analyse des Funktionsmusters und die Evaluierung des<br />

Ansatzes in Fräsversuchen.<br />

ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK<br />

Autonome Maschinenkomponenten nehmen eine Schlüsselrolle<br />

zur Umsetzung autonomer Werkzeugmaschine ein. Durch selbstlernende<br />

adaptronische Systeme werden Maschinenkomponenten<br />

befähigt, eigenständig auf unbekannte Störungen zu reagieren und<br />

sich an verändernde Umgebungsbedingungen anzupassen. Hierbei<br />

stellen mechatronische Zusatzsysteme und die Adaptronik Vorstufen<br />

zur vollständigen Autonomie von Maschinenkomponenten dar.<br />

Der vorliegende Beitrag zeigt am Beispiel von mechatronischer<br />

Dämpfungssystemen den Übergang von mechatronischen Zusatzsystemen<br />

hin zu adaptronischen Systemen. Die mechatronischen<br />

Dämpfungssysteme erfassen Strukturschwingungen mit Hilfe integrierter<br />

Sensorik. Anhand von Systemmodellen werden die notwendigen<br />

Stellkräfte zur Kompensation der Schwingungen berechnet.<br />

Mittels aktiver Ruckentkopplung lassen sich Schwingungen des<br />

Maschinengestells aktiv dämpfen, die durch Reaktionskräfte der<br />

Vorschubantriebe hervorgerufen werden. Durch den Einsatz der<br />

motorintegrierten Spindeldämpfung werden Ratterschwingungen<br />

aktiv innerhalb der Motorspindel gedämpft. Mechatronische<br />

Dämpfungssysteme stabilisieren hierdurch den Bearbeitungsprozess<br />

und führen zu einer erhöhten Produktivität. Diese erkennen eigenständig<br />

die Grenzen des Systems.<br />

Durch die vorgestellten mechatronischen Dämpfungssysteme<br />

wurde die Schwelle zur dritten Stufe der Skala der Automatisierung<br />

von Maschinenkomponenten aufgezeigt. Die vierte Stufe beinhaltet<br />

vollautonome Maschinenkomponenten. Durch die Integration<br />

weiterer Schlüsseltechnologien, wie zum Beispiel des maschinellen<br />

Lernens, werden zukünftig weitere Meilensteine hin zur autonomen<br />

Werkzeugmaschine erreicht.<br />

Bilder: IFW Universität Hannover<br />

Literaturverzeichnis<br />

[ALT11] Altintas Y, Verl A, Brecher C, Uriarte L, Pritschow G (2011) Machine tool<br />

feed drives. CIRP Annals 60(2):779–796.<br />

[BEH18] Behrens B-A, Groche P, Krüger J, Wulfsberg JP (2018) WGP-Standpunkt<br />

Industriearbeitsplatz 2025, Standpunktpapier, Garbsen.<br />

[BIC15] Bickel W (2015) Frässpindel mit motorintegrierter aktiver Dämpfung,<br />

Dr.-Ing. Dissertation, Garbsen, Leibniz Universität Hannover, IFW.<br />

[GÜM14] Gümmer O (2014) Produktivitäts- und Genauigkeitssteigerung von<br />

Fräsmaschinen durch ruckentkoppelte Vorschubantriebe und magnetische<br />

Führungseinheiten, Dr.-Ing. Dissertation, Garbsen, Leibniz Universität Hannover,<br />

IFW.<br />

[HES08] Hesse P (2008) Energieeffizientes Relativführungskonzept für ruckentkoppelte<br />

Vorschubachsen. Dr.-Ing. Dissertation, Leibniz Universität Hannover.<br />

[KOE18] Koenigsberg J, Reiners J, Ponick B, Denkena B, Bergmann B (2018)<br />

Highly Dynamic Spindle Integrated Magnet Actuators for Chatter Reduction.<br />

INTERNATIONAL JOURNAL OF AUTOMATION TECHNOLOGY 12(5):669–677.<br />

[MAS09] Maslen EH, Schweitzer G (Hrsg.) (2009) Magnetic Bearings: Theory,<br />

Design, and Application to Rotating Machinery. Springer-Verlag Berlin<br />

Heidelberg, Berlin, Heidelberg.<br />

IMPRESSUM<br />

erscheint <strong>2021</strong> im 60. Jahrgang, ISSN 0722-8546<br />

REDAKTION<br />

Redakteure: Miles Meier (mm), Tel.: 06131/992-208,<br />

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(verantwortlich i.S.d. § 18 Abs. 2 MStV)<br />

Ivo Greuloch (Vol.) (ig), Tel.: 06131/992-353,<br />

E-Mail: i.greuloch@vfmz.de<br />

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E-Mail: v.weingaertner@vfmz.de<br />

Redaktionsassistenz:<br />

Melanie Lerch, Tel.: 06131/992-261,<br />

Petra Weidt, Tel.: 06131/992-371,<br />

Ulla Winter, Tel.: 06131/992-347,<br />

E-Mail: redaktionsassistenz_vfv@vfmz.de,<br />

(Redaktionsadresse siehe Verlag)<br />

GESTALTUNG<br />

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