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DVD-Ti<br />
Silence<br />
In Filmen, in denen Liam Neeson<br />
eine Hauptrolle spielt, erwartet<br />
man jede Menge Action, Spannung,<br />
Schießereien und vielleicht<br />
noch Autojagden und ein paar<br />
Explosionen. Das alles bekommt<br />
man im Film »Silence« des Regisseurs<br />
Martin Scorsese nicht<br />
zu sehen. Es geht durchaus auch<br />
um Grausamkeit, aber eben nicht<br />
um Action.<br />
1638 brechen die Jesuiten-Pater Sebastião Rodrigues und Francisco<br />
Garupe in <strong>das</strong> von der westlichen Welt abgeschottete Japan auf, um<br />
der Wahrheit hinter den Gerüchten nachzugehen, <strong>das</strong>s ihr berühmter<br />
Lehrer Ferreira seinem Glauben abgeschworen hat. Beide weigern sich,<br />
dies zu glauben.<br />
Ihr Weg führt sie zunächst in die portugiesische Kolonie Macau.<br />
Sie lernen den verstoßenen Konvertiten Kichijiro unter dubiosen Umständen<br />
kennen und segeln trotzdem mit seiner Hilfe heimlich nach<br />
Japan. Dort werden sie in dem Dorf Tomogi von einer im Untergrund<br />
lebenden christlichen Gemeinde empfangen. Ohne Priester wird dort<br />
nur <strong>das</strong> Sakrament der Taufe weitergegeben. Die Priester erfahren, <strong>das</strong>s<br />
in Japan Inquisitoren auf Christen – und ganz besonders auf Priester<br />
– ein Kopfgeld ausgesetzt haben.<br />
Zunächst verstecken sie sich in einer Hütte, werden aber durch<br />
ihre Unvorsichtigkeit von Bewohnern aus einem anderen Dorf entdeckt.<br />
Während Francisco im Dorf Tomogi bleibt, reist Sebastião alleine<br />
dorthin, um den Glauben zu verbreiten. Er erfährt, <strong>das</strong>s Kichijiros<br />
gesamte Familie getötet wurde und er nur überlebte, weil er vor<br />
seinen Verfolgern dem Christentum abschwor. In Tomogi haben die<br />
Inquisitoren mittlerweile mehrere Dorfbewohner festgenommen und<br />
verlangen entweder den Tod von vier Konvertiten oder die Auslieferung<br />
der Jesuiten. Auf die Frage der Konvertiten, wie sie am besten auf die<br />
Drohungen der Inquisitoren reagieren sollen, meint Sebastião, <strong>das</strong>s<br />
sie abschwören sollen.<br />
Angesichts der Ereignisse in einer Gesellschaft, die keine Toleranz<br />
kennt und in der der Tod an der Tagesordnung ist, stellt sich Rodrigues<br />
auf seiner Reise durch <strong>das</strong> von der Gewaltherrschaft zerrissene Land<br />
die Frage: Wie kann Gott zu all dem schweigen?<br />
Hörbuchti<br />
Nick Hornby<br />
»Just like you«<br />
Spätestens seit Nick Hornby 1998<br />
seinen Durchbruch mit »About<br />
a Boy« erlebte, ist klar, <strong>das</strong>s der<br />
Mann die menschliche Seele<br />
kennt, und zwar nicht nur die der<br />
Männer, die nicht erwachsen werden<br />
wollen. Immer wieder hat er in seinen Romanen Figuren geschaffen,<br />
die ein bisschen so waren, oder auch ganz viel so waren, wie der<br />
Autor selbst und seine Leserschaft auch. Andere erkennen und auch<br />
sich selbst, <strong>das</strong> macht wohl den Reiz seiner Bücher aus. Und natürlich<br />
der Humor, mit dem sich jede noch so bittere Pille schlucken lässt.<br />
Was für Leser wie mich, der ein hohes Interesse an den Briten, speziell<br />
den Engländern hat, noch zusätzlich attraktiv ist, ist die Gefühlslage<br />
der Menschen auf der Insel nach dem Brexit, den sie zum großen Teil<br />
selbst herbeigeführt haben.<br />
Zur Story: Es ist <strong>das</strong> Jahr 2016. Lucy ist 42, Mutter zweier Jungs, Lehrerin.<br />
Sie lebt von ihrem Mann getrennt und wählt linksliberal. Joseph ist 22,<br />
Aushilfsmetzger, Fußballtrainer und an Politik nicht interessiert. Und<br />
doch, Sie ahnen es, verlieben sich ausgerechnet diese beiden ungleichen<br />
Menschen ineinander. Wie heißt es so schön, Gegensätze ziehen<br />
sich an, aber kann so etwas gut gehen?<br />
Denn eigentlich ist der Mensch, mit dem du zusammen bist, ist<br />
genau wie du: ähnlicher Background, ähnliches Alter, ähnliche Hobbys<br />
und ähnliche Einstellungen. Doch dann geht die Beziehung in die Brüche,<br />
und wenn du am wenigsten damit rechnest, verliebst du dich in<br />
jemanden, der <strong>das</strong> genaue Gegenteil verkörpert. Und trotzdem hängt<br />
der Himmel voller Geigen. Lucy fragt sich angesichts ihrer Mitmenschen<br />
beim Theaterbesuch: »Wie viele von ihnen liebten Shakespeare? Oder<br />
wenigstens <strong>das</strong> Theater? Wie viele von ihnen kamen, weil sie dachten,<br />
sie müssten, oder weil sie dazu erzogen worden waren? Es waren keine<br />
jungen Leute in der Kloschlange, aber <strong>das</strong> lag vielleicht daran, <strong>das</strong>s<br />
sie nicht pinkeln mussten, und es gab nirgendwo Schwarze. Sie sah<br />
sich ihre Gesichter an und versuchte zu erkennen, ob einer von ihnen<br />
vielleicht für den Brexit gestimmt haben könnte, aber <strong>das</strong> war schwer<br />
zu sagen. Über die Hälfte des Landes hatte für den Brexit gestimmt,<br />
und einige von ihnen waren ganz sicher hier. Wie hätte Shakespeare<br />
wohl gestimmt? Das war hier die Frage.« Die ungekürzte Lesung mit<br />
Sprecherin Britta Steffenhagen ist erschienen im hörverlag.<br />
48 Das Stadtgespräch