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das Stadtgespraech Ausgabe Januar 2021

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DVD-Ti<br />

Silence<br />

In Filmen, in denen Liam Neeson<br />

eine Hauptrolle spielt, erwartet<br />

man jede Menge Action, Spannung,<br />

Schießereien und vielleicht<br />

noch Autojagden und ein paar<br />

Explosionen. Das alles bekommt<br />

man im Film »Silence« des Regisseurs<br />

Martin Scorsese nicht<br />

zu sehen. Es geht durchaus auch<br />

um Grausamkeit, aber eben nicht<br />

um Action.<br />

1638 brechen die Jesuiten-Pater Sebastião Rodrigues und Francisco<br />

Garupe in <strong>das</strong> von der westlichen Welt abgeschottete Japan auf, um<br />

der Wahrheit hinter den Gerüchten nachzugehen, <strong>das</strong>s ihr berühmter<br />

Lehrer Ferreira seinem Glauben abgeschworen hat. Beide weigern sich,<br />

dies zu glauben.<br />

Ihr Weg führt sie zunächst in die portugiesische Kolonie Macau.<br />

Sie lernen den verstoßenen Konvertiten Kichijiro unter dubiosen Umständen<br />

kennen und segeln trotzdem mit seiner Hilfe heimlich nach<br />

Japan. Dort werden sie in dem Dorf Tomogi von einer im Untergrund<br />

lebenden christlichen Gemeinde empfangen. Ohne Priester wird dort<br />

nur <strong>das</strong> Sakrament der Taufe weitergegeben. Die Priester erfahren, <strong>das</strong>s<br />

in Japan Inquisitoren auf Christen – und ganz besonders auf Priester<br />

– ein Kopfgeld ausgesetzt haben.<br />

Zunächst verstecken sie sich in einer Hütte, werden aber durch<br />

ihre Unvorsichtigkeit von Bewohnern aus einem anderen Dorf entdeckt.<br />

Während Francisco im Dorf Tomogi bleibt, reist Sebastião alleine<br />

dorthin, um den Glauben zu verbreiten. Er erfährt, <strong>das</strong>s Kichijiros<br />

gesamte Familie getötet wurde und er nur überlebte, weil er vor<br />

seinen Verfolgern dem Christentum abschwor. In Tomogi haben die<br />

Inquisitoren mittlerweile mehrere Dorfbewohner festgenommen und<br />

verlangen entweder den Tod von vier Konvertiten oder die Auslieferung<br />

der Jesuiten. Auf die Frage der Konvertiten, wie sie am besten auf die<br />

Drohungen der Inquisitoren reagieren sollen, meint Sebastião, <strong>das</strong>s<br />

sie abschwören sollen.<br />

Angesichts der Ereignisse in einer Gesellschaft, die keine Toleranz<br />

kennt und in der der Tod an der Tagesordnung ist, stellt sich Rodrigues<br />

auf seiner Reise durch <strong>das</strong> von der Gewaltherrschaft zerrissene Land<br />

die Frage: Wie kann Gott zu all dem schweigen?<br />

Hörbuchti<br />

Nick Hornby<br />

»Just like you«<br />

Spätestens seit Nick Hornby 1998<br />

seinen Durchbruch mit »About<br />

a Boy« erlebte, ist klar, <strong>das</strong>s der<br />

Mann die menschliche Seele<br />

kennt, und zwar nicht nur die der<br />

Männer, die nicht erwachsen werden<br />

wollen. Immer wieder hat er in seinen Romanen Figuren geschaffen,<br />

die ein bisschen so waren, oder auch ganz viel so waren, wie der<br />

Autor selbst und seine Leserschaft auch. Andere erkennen und auch<br />

sich selbst, <strong>das</strong> macht wohl den Reiz seiner Bücher aus. Und natürlich<br />

der Humor, mit dem sich jede noch so bittere Pille schlucken lässt.<br />

Was für Leser wie mich, der ein hohes Interesse an den Briten, speziell<br />

den Engländern hat, noch zusätzlich attraktiv ist, ist die Gefühlslage<br />

der Menschen auf der Insel nach dem Brexit, den sie zum großen Teil<br />

selbst herbeigeführt haben.<br />

Zur Story: Es ist <strong>das</strong> Jahr 2016. Lucy ist 42, Mutter zweier Jungs, Lehrerin.<br />

Sie lebt von ihrem Mann getrennt und wählt linksliberal. Joseph ist 22,<br />

Aushilfsmetzger, Fußballtrainer und an Politik nicht interessiert. Und<br />

doch, Sie ahnen es, verlieben sich ausgerechnet diese beiden ungleichen<br />

Menschen ineinander. Wie heißt es so schön, Gegensätze ziehen<br />

sich an, aber kann so etwas gut gehen?<br />

Denn eigentlich ist der Mensch, mit dem du zusammen bist, ist<br />

genau wie du: ähnlicher Background, ähnliches Alter, ähnliche Hobbys<br />

und ähnliche Einstellungen. Doch dann geht die Beziehung in die Brüche,<br />

und wenn du am wenigsten damit rechnest, verliebst du dich in<br />

jemanden, der <strong>das</strong> genaue Gegenteil verkörpert. Und trotzdem hängt<br />

der Himmel voller Geigen. Lucy fragt sich angesichts ihrer Mitmenschen<br />

beim Theaterbesuch: »Wie viele von ihnen liebten Shakespeare? Oder<br />

wenigstens <strong>das</strong> Theater? Wie viele von ihnen kamen, weil sie dachten,<br />

sie müssten, oder weil sie dazu erzogen worden waren? Es waren keine<br />

jungen Leute in der Kloschlange, aber <strong>das</strong> lag vielleicht daran, <strong>das</strong>s<br />

sie nicht pinkeln mussten, und es gab nirgendwo Schwarze. Sie sah<br />

sich ihre Gesichter an und versuchte zu erkennen, ob einer von ihnen<br />

vielleicht für den Brexit gestimmt haben könnte, aber <strong>das</strong> war schwer<br />

zu sagen. Über die Hälfte des Landes hatte für den Brexit gestimmt,<br />

und einige von ihnen waren ganz sicher hier. Wie hätte Shakespeare<br />

wohl gestimmt? Das war hier die Frage.« Die ungekürzte Lesung mit<br />

Sprecherin Britta Steffenhagen ist erschienen im hörverlag.<br />

48 Das Stadtgespräch

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