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flip-Joker_2021-06

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STUDIEN-

INFOTAGE

7. Juni bis 6. Juli

Hochschule Offenburg

hs-offenburg.de/infotage

Juni 2021

32. Jahrgang

Gefährliche Einflussnahme im Netz

Im Gespräch: Andre Wolf, Kommunikationsexperte für Social Media

INHALT

THEATER_____________________ 4

Hedda Gabler-Inszenierung im Theater Freiburg

KUNST _____________________ 10

Friedemann Hahn im Museum für Neue Kunst

KULTOUR___________________ 16

Das Bildrausch Filmfest Basel feiert Jubiläum

VISION_____________________ 18

Kulturort Gaskugel

NACHHALTIG_______________ 25

Windkraft und Infraschall

LITERATUR___________________ 29

Neuster Schwarzwaldkrimi von Roland Weis

GESUNDHEIT________________ 33

Hilfe bei psychosomatischen Erkrankungen

MUSIK______________________ 35

Kleine Freiburger Musiktage

VERANSTALTUNGEN_________ 37

Die KulturBauStelle in Staufen

Andre Wolf kennt Social Media

und seine Probleme. Als

Mitarbeiter der Rechercheplattform

Mimikama setzt er

sich täglich mit Fake News,

Verschwörungsmythen und

rechtsextremistischen Inhalten

im Netz auseinander. Sein Ziel:

Aufklärung und Medienkompetenz

schaffen. Nur so könne

man dem „Angriff auf die Demokratie“

– so der Titel seines

neuen Sachbuchs – begegnen.

Unser Mitarbeiter Fabian Lutz

hat das Buch gelesen und mit

Andre Wolf über Chancen

und Risiken von Social Media,

rechtsextreme Taktiken

im Netz und über den Mythos

vom weißen Lieferwagen gesprochen.

Kultur Joker: Hass, Hetze, Verschwörungsmythen.

Davon liest

man in Ihrem neuen Buch viel.

Und all das findet online, auf

Social Media statt. War Social

Foto: Claudia Spiess

auch das Wissen, wie ich seriöse

Medien von Kommentaren, die

nicht als solche markiert sind,

unterscheiden kann.

Kultur Joker: Viele der problematischen

Fälle funktionieren

im Modus der Warnung, wie

Sie in Ihrem Buch anschaulich

beschreiben. Von ProdUsern

wird vor etwas gewarnt, das

noch nicht eingetreten ist, die

Empfänger*innen trotzdem in

Alarmbereitschaft setzt. Siegt

hier die menschliche Emotion

vor der Vernunft?

Andre Wolf: Absolut. Das ist

ein Phänomen, das wir schon

lange beobachten. Hier entstehen

ganze Phantomdiskussionen.

2014 haben wir das zum ersten

Mal bemerkt, als die Warnung

vor einem „weißen Lieferwagen“

auf Social Media kursierte.

Ein weißer Lieferwagen sei in

den Nachbarschaften unterwegs

Media schon immer ein so gefährlicher,

politischer Ort?

Andre Wolf: Grundsätzlich

nicht. Ich kann Ihnen aber einen

konkreten Zeitraum nennen, in

dem sich das änderte: Die Jahre

2013/14. Das war auch die Zeit,

in der Social Media besonders

populär wurde. Jeder wollte zu

diesem Zeitpunkt auf Social

Media vertreten sein. Deshalb

wandte sich auch die Politik

Social Media zu, um uns alle zu

erreichen. Dafür gab es die offiziellen

politischen Kanäle, aber

auch inoffizielle. Dort fand auch

viel Manipulation statt.

Kultur Joker: Gab es dafür bestimmte

gesellschaftliche Hintergründe?

Andre Wolf: Während der

Krim-Krise 2014 sind die Vorwürfe

gegenüber einer „Lügenpresse“

zum ersten Mal laut

geworden. In diesem Kontext

erschienen auch stark antieuropäische

Stimmen. Als 2015

viele Flüchtende nach Mitteleuropa

kamen, brachten sogenannte

„Alternative Medien“ bewusst

verdrehte Inhalte oder vollständige

Falschaussagen. Später erhielten

solcher Meldungen dann

häufig einen wahren Kern, der

jedoch bewusst falsch interpretiert

oder bebildert wurde oder

dem ein ganz neuer Frame, ein

neuer Bedeutungsrahmen gegeben

wurde.

Kultur Joker: Protagonist*innen

in Ihrem Buch sind vor allem die

sogenannten „ProdUser“: Privatpersonen,

die ohne Etikette,

Pressekodex oder andere Filter

eigene Inhalte verbreiten. Mitteilungen

solcher Menschen und

deren Quellen sind oft schwer

zurückzuverfolgen. Finden wir

hier den Nährboden für „alternative“

Berichterstattung und

Falschmeldungen?

Andre Wolf: Social Media beginnt

bei uns als Nutzerinnen

und Nutzern. Im Grunde ist das

eine tolle, demokratische Sache.

Wir alle haben eine Plattform,

auf der wir Inhalte teilen und

frei miteinander kommunizieren

können. Das Problem ist

nur, dass die Mechanismen von

Social Media ermöglichen, dass

diese Funktionen auch missbraucht

werden können. Manipulierte

Berichterstattung beginnt

auch bei Privatpersonen,

die Tatsachenberichte mit ihrer

persönlichen Meinung mischen.

Die Empfänger solchen Nachrichten

wissen oft nicht, wer der

eigentliche Absender, die Person

dahinter ist. Da fehlt oft grundlegende

Medienkompetenz und

und entführe Kinder. Da immer

und überall weiße Lieferwagen

unterwegs sind, haben sich viele

Menschen gleich bestätigt gefühlt.

Die Geschichte dahinter

war falsch, aber die Erzählung

war für die Menschen plausibel.

Das nennen wir ein plausibles

Fortsetzung des

Interviews auf

Seite 34

Kultur Joker

Tel.: 0761 / 72 0 72

www.kulturjoker.de

kulturjoker

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Liebe Leser*innen,

es ist offiziell: Theater, Museen, kleine und große

Bühnen dürfen wieder öffnen. Die ersten Open-Air-

Veranstaltungen werden angekündigt, langsam aber

sicher erwacht die Kultur aus einem viel zu langen

Schlaf.

Für die aktuelle Ausgabe haben wir mit dem Kommunikationsexperten

Andre Wolf über sein neues

Buch „Angriff auf die Demokratie“ gesprochen. Dabei

haben wir vieles über Taktiken rechtsextremer Gruppierungen

im Netz, und wie man sich davor schützen

kann, erfahren.

Das Dreiländereck bietet in diesem Sommer viel für

Kulturliebhaber*innen. Vom 16.-20. Juni feiert das

Bildrausch Filmfest in Basel 10-jähriges Jubiläum,

die Biennale für Freiburg präsentiert zwei ungewöhnliche

Publikumsformate im Juni und diverse Filme

aus aller Welt werden auf der Schwulen Filmwoche

(7.6.-13.6.) und den 30. Freiburger Lesbenfilmtagen

(bis 6. Juni) gezeigt.

Die Kampagne „Kultur_los!“ der Stadt Freiburg soll für die

Bindung zwischen Kulturszene und Publikum stehen. Annette

Hoffmann hat für uns bei den Initiatoren nachgefragt und

das Projekt für Sie zusammengefasst.

Über Social Profiling und Dark Ads im Netz und wie

Gegner*innen Erneuerbarer Energien diese zur Verbreitung

von Fake-News gegen Windkraftanlagen nutzen, schreibt

Eva Stegen auf unseren Nachhaltig-Seiten.

Wir wünschen Ihnen einen sonnigen Juni und viel Freude in

den Aufführungen der Theater, den Ausstellungen der Museen

und Veranstaltungen der Kulturstätten unserer Region.

Endlich geht’s wieder los!

Ihr Kultur-Joker-Team

In diesen schweren

Zeiten sind wir dankbar

für jedes Zeichen der

Solidarität; egal ob liebe

Worte oder eine finanzielle

Unterstützung, damit wir unsere Arbeit

fortsetzen können.

Empfänger: Art Media Verlag

IBAN: DE 26 680 5010 1000 2022 512

SCHÖN UND

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DIE HOHE SEE IM 19. JAHRHUNDERT

ab 5. Juni 2021

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THEATER KULTUR JOKER 3

Artistik pur

Freiburger Zirkustage „No Elephants“, Livestreams

aus dem E-Werk

Solo „O“ von Sandra Hanschitz mit ihrem Cyr-Wheel

Foto: E-Werk Freiburg

len immer wieder den Moment

des Scheiterns parodiert

und dazwischen mit staubtrockenen

Sätzen am Mikro

über die Kunst des Bückens

sinniert.

Überhaupt - Witz, Leichtigkeit,

Überraschendes, Freches

oder auch Erzählerisches – das

vermisst man bei dieser Auswahl.

So setzt auch Sandra

Hanschitz bei ihrem Work-in-

Progress-Showing „IIII“ auf

Introspektion und getragenen

Objekt-Dialog mit vielen

Tanzelementen (Choreografie:

Günter Klingler). Welche

Töne Joël Beierer dem erst

noch in Einzelteilen zerlegten

Cyr-Wheel entlockt, ist fantastisch,

futuristisch muten auch

die Balance-Kunststücke von

Hanschitz an, die mit Röhren

behängt maximale Beweglichkeit

auslotet. Bei ihrem Solo

„O“ wird dieses Konzept trotz

beachtlicher Körperbeherrschung

und Geschmeidigkeit

dann allerdings ziemlich langatmig:

Satte zwanzig Minuten

braucht es, bis sie das Rad das

erste mal besteigt, diese verspielte

Entschleunigung in immer

neuen Variationen bietet

kaum Spannungsbogen. Der

ätherische Chorgesang dazu ist

monoton und hilft nicht.

Dabei zeigt sich ein spannendes

Phänomen des

Livestreams: Die Kamera

macht diese Inszenierung mit

ihrer Aufsicht-Perspektive

nämlich spannender als sie für

die Zuschauer im Saal wäre.

Die würden von ihren Plätzen

aus kaum etwas sehen, wenn

Hanschitz und ihr Rad minutenlang

auf dem Boden agieren.

Höchste Zeit also Kunst

wieder selbst mit eigenen Sinnen

zu erleben!

Weitere Infos: www.infreiburgzuhause.de

Marion Klötzer

Ein echtes E-Werk-Highlight

waren in den letzten Jahren

die drei Cirque Nouveau-Produktionen

von Stefan Schönfeld,

dem Freiburger Leiter

des Künstlerkollektivs momentlabor:

Poetische, dramaturgisch

durchgefeilte Inszenierungen

mit internationalen

Künstler*innen, die Zirkuskunst

mit Live-Musik, Tanz

und Sprache verquickten. Weil

der zeitgenössische Zirkus

ganz anders als in Frankreich,

Belgien oder den Niederlanden

hierzulande noch ein Schattendasein

fristet, planten Kurator

Stefan Schönfeld und E-Werk-

Geschäftsführer Jürgen Eick

vor eineinhalb Jahren ein biennales

Freiburger Zirkusfestival.

„No Elephants!“ , so der

Titel der ersten, von Bund,

Stadt und Land geförderten

Ausgabe, die zwei Wochen

lang mit Gastspielen und Regional-Produktionen

das ganze

E-Werk bespielen wollte.

Corona-bedingt wurde abgespeckt,

stattdessen sollten drei

Livestreams auf der Plattform

infreiburgzuhause stattfinden.

Leider fiel der Auftakt mit der

vierten Produktion „Hyrrä Paratiisi“

von momentlabor aus,

weil sich einer der Artisten bei

der Hauptprobe verletzte, zu

sehen gab es nun mit „Shorts“

vier von Günter Klingler moderierte

Kurzstücke aus der

Freiburger Szene sowie das

Solo „O“ von Sandra Hanschitz

mit ihrem Cyr-Wheel.

Komplett schwarz ist die

Saalbühne des E-Werks, kein

Firlefanz, kein Zirkusglitzer,

geboten wird Artistik pur bei

konzentrierter Lichtdramaturgie.

In Jeans und Hemd statt

im Kostüm präsentiert auch

Akrobat und Tänzer Christian

Dittmann sein Solo „Spinn that

Ring“ mit selbstkonstruiertem

Objekt: Ein drehbarer Metallring

auf erst kurzer, dann langer

Stange – so spielt er zu romantischer

Klaviermusik mit

Dynamik und Balance, klettert,

schwingt, hängt kopfüber,

kreiselt einarmig. Poetische

Präzision! Traumhaft selbstvergessen

ist auch die Tanz-

Jonglage „The Wind“ von Ria

Rehfuss, die mit wirbelndem

Stock zu Ureinwohner-Gesängen

von Papua-Neuguinea die

Elemente beschwört. Das ist

sehr ästhetisch und beeindruckend,

wenn sie wie ein Derwisch

mit rotierendem Stab

herumwirbelt und diesen auf

Ellbogen, Fußsohle und großer

Zehe balanciert. Trotzdem

freut man sich dann über die

Selbstironie von Florian Reisbeck,

der bei seiner virtuosen

Jonglage mit vielen roten Bäl-

Die Waldhof-Akademie hat geöffnet

und freut sich auf Sie. Buchen Sie die

kommenden High-Lights bequem

über unser neues Buchungsportal:

www.waldhof-freiburg.de

Termine: High-Lights im Juni/Juli 2021

18.06. - 20.06.2021 Skulpturen à la Giacometti - mit Beate Krummer

26.06. - 27.06.2021 Ludwig II. - F. Nietzsche - R. Wagner - mit Marcus Schneider

28.06. - 01.07.2021 Rost – Patina – Korrosionsprozess - mit Any Blanca

02.07. - 04.07.2021 Encaustic-Malerei - mit Brigitte Himmelsbach

02.07. - 04.07.2021 Shiatsu – praktische Heilung im Alltag - mit Robert Hendricks

03.07. - 04.07.2021 Ex Oriente Lux? Oder: Das Lächeln des Buddha in Corona-Zeiten -

mit Prof. Dr. Dr. Bernhard Uhde

08.07. - 11.07.2021 Freies Malen und Zeichnen - mit Birgid Lord

11.07.2021 Zwischen Muse und Schöpferin (Matinee) - mit Andrea Knittel

12.07. - 16.07.2021 Kalligrafie für Anfänger und Fortgeschrittene - mit Johann Maierhofer

15.07.2021 Hölderlins Geister. Lesung - mit dem Autor Karl-Heinz Ott

Im Waldhof 16

79117 Freiburg-Littenweiler

Info und Anmeldung:

www.waldhof-freiburg.de


4 KULTUR JOKER THEATER Theater

Janna Horstmann spielt die Hedda Gabler

Das Zimmer gleicht einer

Galerie. Inmitten des Raumes

ein Sofa wie man es in einem

Museum finden könnte: oval,

so dass die Besucher Rücken

an Rücken von allen Seiten die

Bilder in Augenschein nehmen

könnten und in der Mitte ist

Platz für ein riesiges Blumenbouquet.

Nur, hier gibt es lediglich

ein Motiv vor sattblauem

Vorhang: Hedda Gabler (Janna

Horstmann), jetzt Tesman, in

den unterschiedlichsten Posen,

Aufgrund der konstant niedrigen

Inzidenzwerte in Freiburg dürfen

Theater, Kinos und sonstige Kulturhäuser

mit entsprechenden Hygienekonzepten

ab Anfang Juni

mal hoch auf dem Ross, mal eher

privat. Und dann sind da noch

zwei Vitrinen im abgedunkelten

Raum, in denen Roben Hedda

Gablers präsentiert werden als

handelte es sich um Museumsstücke.

Jörgen Tesman (Victor Calero)

muss seiner Frau sichtlich etwas

bieten. Das jung verheiratete

Paar ist gerade von seiner Hochzeitsreise

zurückgekehrt. Später

wird sie sich über ihren Gatten

beschweren, weil er auf der Reise

dem Archivstudium mehr Zeit

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Foto: Britt Schilling

widmete als ihr. Die frisch geschlossene

Ehe basiert eher auf

Kredit als auf Illusionen, und

dies gleich in doppelter Hinsicht.

Der Privatdozent spekuliert auf

eine Professur, die prächtige Villa

ist auf Pump gekauft, Hedda

wiederum spekuliert darauf,

dass Jörgen ihren Jugendfreund

Eilert Løvborg karrieremäßig in

den Schatten stellen wird. Damit

nicht genug, befindet sich

mit einem imposanten Waffenschrank

links, an dem eine Art

Bibliotheksleiter lehnt, ein weißer

Elefant im Raum. Wo Waffen

sind, werden sie auch benutzt

werden (Bühne: Bettina Meyer).

In Lydia Bunks Inszenierung

am Theater Freiburg, die bislang

lediglich als Livestream zu sehen

war, ist Hedda Gabler (Janna

Horstmann) Projektionsfigur

für das ganze 19. Jahrhundert-

Spektrum von Weiblichkeit.

Wie überhaupt diese „Hedda

Gabler“ den Zeitgeist Ibsens als

historisch gegeben annimmt.

Und doch streut Bunk Rätsel

ein, ist das Mädchen in unschuldiger

Rüschenseligkeit das Kind

Hedda oder ihr eigenes, das sie

nicht bekommen wird? Wird es

am Ende die Ordnung wieder

herstellen, wenn es sagt: „ so etwas

tut man doch nicht“? Doch

was tut man nicht? Die Mitmenschen

als Figuren in einem Spiel

An Fäden führen

Lydia Bunk zeichnet in ihrer Hedda Gabler-Inszenierung eine schillernde

Frauenfigur

anzusehen, das man bis zum

Äußersten treibt, einen Mann

heiraten, den man nicht liebt,

während Heddas eigentliche Liebe

zu Løvborg nur in einer Art

Glashaus oder Vitrine gedeihen

kann? Bianca Deigner jedenfalls

hat Hedda Gabler Kostüme auf

den Leib geschneidert, die ihre

Vorbilder in der Malerei, aber

auch im frühen Film haben. Das

eng anliegende lange Kleid, das

kleine Strudel auf ihren Körper

zeichnet, ist das einer Femme

fatale und könnte von einem

Klimt-Gemälde stammen, doch

in schwarzem Gehrock und mit

Zylinder wirkt sie wie ein Alter

Ego von Marlene Dietrich. Einmal

steht sie hinter ihrem Mann

und dem um sie herum scharwenzelnden

Assessor Brack

(Holger Kunkel) und führt sie

wie zwei Marionetten. Sie sacken

zusammen, Hedda Gabler

schnippt mit den Fingern und sie

heben mechanisch die Glieder.

Jana Horstmann vervielfältigt

diese Projektionen und spielt sich

so selbst als Projektion.

Von Freiheit, sei es innere Unabhängigkeit,

sei es Gestaltungsspielraum,

ist in Henrik Ibsens

Dramen ja oft wenig zu spüren,

zu deterministisch ist das naturalistische

Weltbild. Tesman

hüpft in Hausschuhen durch

sein neues Leben, man ahnt hier

Vorhang auf

Das Theater im Marienbad öffnet wieder seine Türen für das Publikum

wieder genesene, geimpfte und negativ

geteste Gäste empfangen. Das

Kinder- und Jugendtheater im Marienbad

ist natürlich mit vielfältigem

Programm mit am Start.

Los geht’s gleich am 5. Juni mit

der lang erwarteten Premiere von

Juli Zehs Gerichtsdrama „Corpus

Delicti“ unter der Regie von

Matthias Kaschig, der bereits mit

bildstarken Inszenierungen von u.a.

Kleists Michael Kohlhaas und Mike

Kennys Nachtgeknister im Marienbad

Theater zu Gast war. Neben

„Corpus Delicti“ wird das mit dem

Performancekollektiv Pulk fiktion

entwickelte Stück „RÄUMEN – ein

Spiel von Haben und sein“ erstmals

vor physisch anwesendem Publikum

gespielt werden, außerdem

übernimmt das Marienbad eine Produktion

des Züricher Theaters Neumarkt,

nämlich die Bühnenadaption

von Jennifer Clements gefeiertem

Roman Gun Love. Viel los also,

hinter den Türen. Und davor?

Für den pittoresken Außenbereich

des ehemaligen Jugendstilbads hat

sich das Team rund um Dramaturgin

und künstlerische Leiterin Sonja

Karadza gleich mehrere spannende

Projekte überlegt. Im Rahmen der

Aktion Kunstlücke wird das „Berührungslose

Kunsteinkommen“

wieder eingeführt – Briefe, Gedichte

und andere kreative Botschaften an

das Publikum, verpackt in kleine

Tütchen, die sich jede*r Vobeigehende

mitnehmen darf und soll. Zudem

wird es jeden Morgen um 9.50

Uhr eine künstlerische Proklamation

aus einem der Fenster des Theaters

geben, den sogenannten „Kopfsprung“.

Und last but not leat das

Highlight: das Geschichtenauto. Wer

möchte, kann in einem sehr alten

und sehr coolen Renault 4, der momentan

auf dem Hof des Marienbads

Die Inszenierung „RÄUMEN“

schon den zukünftigen Bettvorleger

und Ejlert Løvborg (Martin

Hohner) gibt mit halblangen

Locken und unkonventioneller

Kleidung das romantische (und

gefährdete) Originalgenie. Doch

die Bedrohung ist nah und sie

ist nicht minder zeittypisch wie

das Frauenbild. Løvborgs Genie

ist mehr dionysischer Art,

nur weniger pittoresk, auf die

denkbar erbärmlichste Art ist er

dem Alkohol ergeben. Nun ist

er clean, dank seiner biederen

Muse Frau Elversted (Stefanie

Mrachacz) im naiven gelben Volantkleid

und hat ein Werk hervorgebracht,

das Tesman in den

Schatten stellen wird. Dass Frau

Elversted den Mann, den sie liebt

nicht allein ihrer Rivalin, sondern

auch gleich dem Verderben

ausliefert, ahnt sie nicht.

Und da schon alles derart

schicksalshaft und bereits entschieden

ist, hat es bei Ibsen

auch kaum Platz für Ironie. Wobei

das Ende Løvborgs so wenig

mit Nietzsches apollinisch-dionysischem

Gedankengebäude

zu tun hat, dass es schon wieder

von sehr böser Ironie ist. Diese

Vorbestimmtheit markiert auch

eine Grenze in Lydia Bunks

sehenswerter Inszenierung, die

nicht hinterfragt wird.

Wird im Juli wiederaufgenommen.

Annette Hoffmann

steht, Platz nehmen und sich mittels

einem Pad vom Theater-Ensemble

eingesprochene Geschichten zum

Thema Reisen vorlesenen lassen,

die über eine Anlage im Auto abgespielt

werden. Zudem wird, wenn

das Wetter mitspielt, die Open-Air-

Bühne des Marienbads wiederbelebt,

das „Außenbecken“.

Weitere Infos, Vorstellungstermine

und Kartenreservierung unter www.

marienbad.org oder am Kartentelefon

unter der 0761/31470.

Foto: Erich Krieger


THEATER KULTUR JOKER 5

Verspielte Virtuosität und schwärmerische Romantik

Das 3. Hausfestspiel im Festspielhaus Baden-Baden stand unter dem Motto „Aufbruch in die Moderne“ – SWR

Symphonieorchester im Tutti und Kammermusik mit hochkarätigen Gästen

Nachgespräch mit Martin

Stadtfeld, Hanno Dönneweg

und Intendant Benedikt Stampa

Souveränität mit einem

persönlichen Ton. Insgesamt

vier Konzerte wurden live gestreamt,

auch eines mit dem

SWR Symphonieorchester unter

der Leitung von Antonello

Bereits zum zweiten Mal

musste man die mit dem SWR

Symphonieorchester und seinem

Chefdirigenten Teodor

Currentzis geplanten Pfingstfestspiele

im Festspielhaus

Baden-Baden absagen. Aber

den „Aufbruch in die Moderne“

wagt Intendant Benedikt

Stampa mit dem 3. Festival

„Hausfestspiel“ schon in diesem

Jahr. Mit Robert Schumann

und Igor Strawinsky

wurden für das Eröffnungskonzert

zwei Komponisten

gewählt, die für Aufbruchsstimmung

in der klassischen

Musik stehen und zugleich

eine Beziehung zu Baden-

Baden haben, auch wenn diese

im Fall von Robert Schumann

eher durch seine Frau Clara

bestand. Den Abend eröffnen

acht Mitglieder des SWR Symphonieorchesters,

in einem

großen Halbkreis aufgestellt,

mit Strawinskys Oktett für

Blasinstrumente (1923). Es ist

das erste eigene neoklassizistische

Werk des Komponisten,

nachdem Strawinsky wie im

Ballett „Pulcinella“ zuvor alte

Musik verfremdet hatte. Von

Beginn an treffen die Musikerinnen

und Musiker den

nüchternen, mechanischen,

mitunter auch verspielten Ton

dieser Musik, ohne dabei eine

hohe klangliche Qualität vermissen

zu lassen. Das klare,

dennoch weiche Trompetenspiel

von Jörge Becker und

Christof Skupin beglückt, die

Fagotte (Hanno Dönneweg,

Angela Bergmann) werden zu

leichtgängigen, virtuosen Energiespendern.

Den zweiten

Satz „Tema con Variazioni“

interpretiert das Ensemble mit

musikantischem Zugriff, wobei

Anne Romeis (Flöte) und

Dirk Altmann (Klarinette) die

halsbrecherischen Läufe in der

Variation D zu prickelndem

Champagner veredeln. Auch

die Posaunen (Tobias Burgelin,

Stefanie Scheuer) klingen

konturiert und leicht. Das Finale

läuft so präzise wie ein

Uhrwerk, ehe Strawinsky am

Ende mit groovenden Synkopen

noch eine Jazznote dazumixt.

Von Strawinskys antiromantischer

Grundhaltung geht es

mit Robert Schumanns Klavierquintett

in Es-Dur (1843)

mitten hinein in die schwärmerische,

beseelte, hier auch

draufgängerische Romantik.

Der bekannte Pianist Martin

Stadtfeld zeigt sich im Zusammenspiel

mit Michael Hsu-

Wartha (Violine 1), Soo Eun

Lee (Violine 2), Dora Scheili

(Viola) und Panu Sundqvist

(Cello) als hinhörender Kammermusiker.

Immer wieder

wendet er sich den Streichern

zu, um die richtige Balance

auszuhören. Stadtfeld lässt

nicht nur im Kopfsatz in den

schnellen Passagen einen Sog

entstehen, von dem sich die

Moderatorin

Jasmin Bachmann,

Pianist Martin Stadtfeld,

Klarinettist Dirk Altmann,

Intendant Benedikt Stampa

Foto: Andrea Kremper

anderen mittreiben lassen. Besonders

eindrucksvoll gelingt

das Scherzo molto vivace mit

seinen aufstrebenden und abstürzenden

Tonleiterketten,

die sich nahtlos vom Klavier

zu den Streichern fortsetzen.

Das erste Trio hat Eleganz und

Raffinesse. Das zweite macht

gehörig Dampf und wird zum

echten Showpiece. Der Trauermarsch

in c-Moll hat eine

große emotionale Spannung.

Nur die beiden gesanglichen

Dur-Abschnitte könnten noch

eine Spur entrückter musiziert

werden, um die verschiedenen

Welten klarer voneinander zu

trennen. Auch im mit einer

Doppelfuge gekrönten Finale

zeigt das Ensemble hohe Musikalität

und sensibles Zusammenspiel.

Die Kameras fangen

die Musik lebendig ein, Jasmin

Bachmann verbindet in ihren

Moderationen und im lockeren

Wir sind trotz Baustelle

weiterhin für Sie da!

Seit April werden die Gleise vom Bertoldsbrunnen bis zum

Schwabentor erneuert - unser Fachgeschäft in Freiburg

bleibt trotzdem für Sie geöffnet. Sie erreichen uns in dieser

Zeit zu Fuß, die nächstgelegenen Haltestellen der Linie 1 sind

der Bertoldsbrunnen oder der Schwabentorplatz. Verlassen

Sie sich weiterhin auf unseren gewohnten Service.

Wir freuen uns auf Ihren Besuch.

Manacorda und Werken von

Jörg Widmann, Hector Berlioz

und der siebten Symphonie von

Beethoven. „Wir möchten die

digitalen Erlebnisse rund um

unser Programm in Zukunft

weiter ermöglichen“, sagt Intendant

Benedikt Stampa. Das

Festspielhaus Baden-Baden ist

in eine neue Ära aufgebrochen

– das ist eine schöne Erfahrung

in diesen schwierigen Zeiten.“

Die Konzertübertragungen

sind noch bis 13. Juni verfügbar

unter https://www.festspielhaus.de/magazin/konzertverpasst

Georg Rudiger

iffland.hören. in Ihrer Nähe:

Filiale Freiburg Mitte

Oberlinden 4

79098 Freiburg

Fon 07 61 - 2 26 33

freiburg@iffland-hoeren.de

Kostenfreier Online-Hörtest:

www.iffland-hoeren.de

raumkontakt.de


6 KULTUR JOKER Theater

Kammerstücke

Unter Pandemiebedingungen: „Zerbrechlichkeiten und andere Geschichten“ der Cie La Performance

Die Farben sind wie ausgewechselt.

Bestimmten doch den ersten

Teil der Trilogie „Out of order“

die anthrazit- und schlammfarbenen

Kostüme der Tänzerinnen

und die allgegenwärtige Erde, die

Requisit der Performance und

auch Teil des Bühnenbilds war.

Und nun starkfarbene Kleider

und Hosen sowie Strumpfhose.

Es ist nicht so, dass dem neuen

Stück von Julie Jaffrennou „Zerbrechlichkeiten

und andere Geschichten“

dadurch die Schwere

genommen würde, es ist eher so,

dass die Rot- und Blautöne der

Atmosphäre etwas Rückwärtsgewandtes

und leicht Nostalgisches

geben. Denn die Zerbrechlichkeiten,

auf die der Titel verweist,

haben etwas mit Erinnerungen zu

tun. Und die sind in der Performance

von Cie La Performance in

Kammern organisiert.

Kammern kann man verschließen,

die Tür hinter sich zu

machen, sich selbst einsperren

oder sie offen stehen lassen. Die

Pandemie und die damit verbundenen

Auflagen haben in

„Zerbrechlichkeiten und andere

Geschichten“ stark eingegriffen.

Die Odyssee für Kinder als

Großprojekt zu Corona-Zeiten –

furchtbar kompliziert und ganz

schön mutig! Mit ausgeklügeltem

Hygienekonzept, über achtzig

Beteiligten und vielen Leinwand-

Projektionen feierte jetzt das Musiktheater

„Kinder auf der Suche

nach Odysseus“ mit vier Aufführungen

per Livestream Premiere

(Regie: Karin Maßen, musikalische

Leitung: Abélia Nordmann).

Die Bühnenadaption nach Homers

Pre

mie

re

wir

Spie

len!

Corpus Delicti

Von Juli Zeh, Regie: Matthias Kaschig ⁄⁄ 15 +

Ab 5. Juni 2021

rÄUMen – ein Spiel von Haben und Sein

Eine Koproduktion mit pulk fiktion,

Regie: Hannah Biedermann ⁄⁄ 6 +

Ab 17. Juni 2021

infos & Tickets unter www.marienbad.org

VAYA Art of Human Movement: „My Blue is Your Green“

Pre

mie

re

GUn lOVe

Von Jennifer Clement, Regie: Tom Schneider

Im englischen Original mit deutschen Übertiteln ⁄⁄ 15 +

Ab 30. Juni 2021

Was als begehbarer Parcours angelegt

war, musste als Stream gezeigt

werden. Anstatt großzügig

viel Zeit in den einzelnen Räumen

zu verbringen, musste sich

das Publikum der Bildregie und

der Zeitökonomie des Videos anvertrauen.

Was als Nacheinander

gedacht war, wird durch Schnitte

nun zu einer Gleichzeitigkeit, die

vermutlich ganz andere Kombinationen

schaffen als die, die man

sehen würde, könnte man sich frei

im Raum bewegen. Das ist den

Umständen geschuldet, bewirkt

„Odyssee“ ist die achte Kooperation

des Theaters Tempus fugit mit

dem Burghof Lörrach, mit dabei

sind dieses Mal professionelle

Schauspielerinnen und Schauspieler,

Musikerinnen und Musiker,

das junge Spielzeitteam, der Kinderchor

Lörrach, die Klasse 1b der

Karl-Tschamber-Schule und Kinder

aus der Kreativwerkstatt.

Das Bühnenbild ist eindrucksvoll:

Ein Wald aus meterlangen

Metallstangen baumelt von der

Deutsch

lanD

Premiere

aber, dass „Zerbrechlichkeiten

und andere Geschichten“ kompakter

ist und Interpretationen

stärker lenkt.

Ein Stuhl, ein Schlafsack mit

Blümchenmuster, Olivia Maridjan-Koop

saugt an ihrem Daumen.

An Momente der Einsamkeit

reihen sich lustige Kinderspiele

im nächsten Raum, doch

nach einem Moment schleicht

sich Unbehagen ein und man fragt

sich, was man sonst noch alles mit

dem Springseil machen könnte.

Erneuter Szenenwechsel: Alice

Decke, je nach Beleuchtung und

Geschichte sind sie mal Schiffsmasken,

mal Speere oder Gefängnis.

Auf zwei große Segel wird der

sehr schön singende Kinderchor

projiziert, linkerhand steht ein goldenes

Stufenpodest mit Papierrolle,

auf die Penelope mit Riesenfeder

ihre Geschichten schreibt. Denn

irgendeinen Grund und Sinn muss

es ja haben, dass ihr Odysseus nach

zwanzig Jahren immer noch nicht

zu seiner Familie heimgekehrt ist…

Sie jedenfalls will ihren Mann inmitten

machtgieriger Heiratskandidaten

nicht vergessen!

Ganz anders sieht das Sohn Telemachos:

Der hat die Nase voll von

seinem unbekannten Helden-Vater,

dessen Schatten so schwer auf

ihm lastet und in dessen goldener

Rüstung er fast ertrinkt. Erlebt er

wirklich Abenteuer und ist so listig,

wie alle sagen? Die jungen Akteure

tragen Halbmasken und lange Stangen,

mit denen sie die Kontur eines

Schiffes auf der Bühne formen.

Eine ist an den Mast gefesselt und

versucht sich mit aller Kraft zu

befreien: So gefährlich ist der Gesang

der Sirenen! Im Hintergrund

kämpfen Schatten in Stummfilm-

Manier. - Das sind starke Bilder

und die Geschichte entwickelt

dank mehreren Erzähler- und Rollenwechsel

durchaus Dynamik,

dürfte aber in ihrer Textlastigkeit

als Einstieg für Kinder ab acht

Fotos: Dimitri Tuttle

Gartenschläger sitzt breitbeinig

auf einem Stuhl, neben sich ihre

Handtasche, in die sie wenig später

ihre rote Strumpfhose stopfen

wird, die sie eben ausgezogen hat.

Noch später wird sie sich auch

ihres BHs und Slips entledigen.

In ihren Nacken greifen und in

das lange Haar greifen. Salim Ben

Mammar, Tjadke Biallowons,

Alice Gartenschläger sowie Olivia

Maridjan-Koop und Michael

Schmitter entwickeln aus eigenen

Erinnerungen und allgemeingültigen

Familienkonstellationen

Versprechen und Enttäuschung

„Kinder auf der Suche nach Odysseus“, Kooperation des Theaters Tempus fugis mit dem Burghof

Jahren auch verwirrend-schwierig

sein. Nach und nach werden neue

Ebenen eingeführt, die immer

wieder die eigentlichen Odyssee-

Stationen unterbrechen ,um den

spielerischen Transfer ins Hier

und Jetzt zu initiieren: Mittels direkter

Publikumsansprache von der

„Erzählerinsel“ werden Figuren,

Motive und Hintergründe erklärt,

es gibt witzige choreografische

Einlagen, die Götter stellen sich

mit all ihren Macken vor, Hermes

präsentiert seine flinken Schühchen,

schwarze Ballonseide wird

zum wogenden Meer und Monster.

Die Schlacht um Troja samt

Pferdetrick, die Zauberin Kirke,

die Jahre bei der Nymphe Kalypso

– all das wird angespielt und auch

besungen. Im Mittelpunkt stehen

„Kinder auf der Suche nach Odysseus“

intime Szenen und Bewegungsmuster

mit hohem Wiedererkennungswert.

Manchmal wirkt das

vertraut und vertrauensvoll, dann

wieder beengend, indem Abhängigkeitsverhältnisse

und regressive

Momente durchscheinen.

Tatsächlich möchte man da gerne

ein bisschen durchlüften, um dem

Pathos seine Wucht zu nehmen.

Doch das war unter den derzeitigen

Umständen nicht möglich.

Annette Hoffmann

aber Telemachos Fragen: Warum

verließ sein Vater überhaupt Frau,

Kind und Volk? Ist er ein Held? Ein

größenwahnsinniger Abenteurer

und Herumtreiber? Oder nur ein

bemitleidenswerter Spielball des

Schicksals, der seinen Eid nicht

halten kann? Kinderstimmen aus

dem Off erzählen dazu über ihre

Erfahrungen mit Versprechen und

Enttäuschungen… Eine komplexe

und ambitionierte Annäherung,

die für beteiligte Schulklassen per

Theaterspaziergang aufbereitet

werden kann.

Theaterfilm der Onlinebühne der

Kinder-und Jugendtheater Baden-

Württemberg unter www.theaterstream.de

Marion Klötzer

Fotos: Burghof


Kunst KULTUR JOKER 7

Ein Fest von Farbe und Licht

„Impressionismus in Russland. Aufbruch zur Avantgarde“ –

Ausstellung im Museum Frieder Burda in Baden-Baden

Paris im Regen. Paris am

Morgen. Paris im Sonnenuntergang.

Man sieht den Gemälden

an, wie faszinierend russische

Maler die französische Hauptstadt

und die neue Kunstrichtung

des Impressionismus im

letzten Drittel des 19. Jahrhunderts

empfunden haben. In der

Ausstellung „Impressionismus

in Russland. Aufbruch zur

Avantgarde“ folgt das Museum

Frieder Burda in Baden-Baden

den Spuren russischer Künstler

von ihren Studienaufenthalten

in Frankreich bis in ihre russische

Heimat und zeichnet

dabei deren künstlerische Entwicklung

von Impressionismus

über Pointillismus bis zu Fauvismus

und Kubismus nach.

Man sollte sich von all den

-ismen nicht abschrecken lassen.

Die in Zusammenarbeit

mit dem Museum Barberini in

Potsdam und der Tretjakow-

Galerie Moskau entstandene

Schau ist ein Fest von Farbe

und Licht. Befreit von den Regeln

und Zwängen der akademischen

Malerei machte sich

die erste Generation russischer

Impressionisten daran, en plein

air zu arbeiten. Ilya Repin malte

1879 einen Familienausflug

mit den Kindern durch die

Felder, alles wirkt leicht und

luftig. Die lichtdurchfluteten

Räume der Sommerhäuser auf

dem Land waren ein beliebtes

Motiv und lassen an herrlich

entspannte Wochen denken.

Bevor man dem Zauber der

vermeintlich guten alten Zeit

erliegt, sollte man aufmerksam

das Gemälde der „Freundinnen“

studieren. Hier hat

der Künstler ausdrucksvoll

die müden Gesichter und abgearbeiteten

Hände der beiden

Bauersfrauen eingefangen, die

vermutlich längst nicht so alt

waren wie sie auf dem Bild

aussehen.

Einige russische Maler

wollten gar nicht mehr nach

Hause. Auf ihren Porträts in

der Ausstellung wirken die

verwegen aussehenden Gestalten

mit dunklen Bärten und

wilden Haaren alle ein bisschen

wie Rasputin. Tatsächlich

waren sie brave Familienväter.

Nicolas Tarkhoff zum Beispiel

heiratete eine Französin und

blieb bis zu seinem Tod 1930

in Frankreich. Seine Familie

war eines seiner liebsten Motive.

In starken, leuchtenden

Farben hielt er zum Beispiel

das Frühstück von Ehefrau

und Tochter fest, ein Bild, das

damals wie heute Aufsehen

erregt.

Der Aufbruch in die Avantgarde

war keine reine Männerdomäne.

Olga Rosanowa

machte sich in einem ihrer

Gemälde den Spaß, nicht wie

ihre Kollegen das Licht einzufangen,

das von außen in das

dargestellte Interieur fällt. Sie

malte stattdessen sehr plastisch

den steinernen Fensterrahmen

und die Fensterbank, von außen

betrachtet. Das Innere

bleibt hinter einer Topfpflanze

verborgen. Natalja Gontscharowa

entwickelte ihren Stil von

einem leicht hingetupften, sehr

lebendigen Impressionismus

wie im Gemälde „Eberesche“

zu einer sehr reduzierten modernen

Formensprache

in den „Ruderern“

(dieses Werk ist

nur bis Ende Mai zu

sehen).

Am spannendsten

sind vielleicht die ausgewählten

Werke von

Kasimir Malewitsch.

Man kennt ihn als

radikalen Avantgardisten,

der 1915 die

Kunstwelt mit dem

„Schwarzen Quadrat“

in Aufruhr versetzte.

In Baden-Baden sieht

man überrascht einen

impressionistisch malenden

Malewitsch,

der 1930 zwei gleich

gekleidete Schwestern

in schönstem

Sonnenschein durchs

Gemälde spazieren

lässt. Des Rätsels Lösung

liegt in der Politik.

Stalin hielt nichts

von der Abstraktion, russische

Künstler mussten das Rad der

Avantgarde zurückdrehen.

Die 73 ausgewählten, in den

Jahren und Jahrzehnten um

1900 entstandenen Arbeiten

zeigen Licht in allen Schattierungen.

Das macht nicht einmal

vor der „Mondnacht“ halt,

die Nikolai Meschtscherin in

eine Fülle von Blau-, Mauveund

Grüntönen gehüllt hat.

Neben diesem zarten Meisterwerk

hängen Gemälde, deren

kraftvoller Farbauftrag und

strahlende Farbgebung bis

heute eine grandiose Wirkung

entfalten. Bis zum 15. August

sind die Farbenkraft, Lebens-

und Experimentierfreude des

„Impressionismus in Russland“

zu sehen. Es ist zugleich

eine Hommage an den Museumsgründer

Frieder Burda,

der noch vor seinem Tod 2019

dafür gesorgt hat, dass diese

Ausstellung nach Baden-Baden

kommt.

„Impressionismus in Russland.

Aufbruch zur Avantgarde“.

Museum Frieder Burda,

Lichtentaler Allee 8b, 76530

Baden-Baden, Di-So 10-18

Uhr, www.museum-friederburda.de

Nike Luber

Natalja

Gontscharowa:

„Eberesche“.

Panino bei

Wjasma,

1907-1908

Ilja Repin: „Auf dem Feldweg. Wera Repina mit ihren Kindern“, 1879 Nikolai Meschtscherin: „Mondnacht“, 1905 Alle Fotos: Frieder Burda Museum


8 KULTUR JOKER kunst

Die Wahrnehmung des Raumes

Das Projekt „Beyond Matter. Cultural Heritage on the Verge of Virtual Reality“ im ZKM in Karlsruhe

Ausstellungsansicht „Spatial Affairs. Worlding – A tér világlása“,

2021 Foto: The Rodina

Hier will ich lernen:

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Derzeit ist überall viel von

Digitalisierung die Rede. Das

ZKM Zentrum für Kunst und

Medien in Karlsruhe hat in

dieser Hinsicht einen deutlichen

Vorsprung. Schon im

Oktober 2019 startete das

Projekt „Beyond Matter. Cultural

Heritage on the Verge

of Virtual Reality“, eine internationale

Koproduktion

zwischen dem ZKM, dem

Museum Georges Pompidou

in Paris, dem Ludwig Museum

Budapest, der Kunsthalle

Tallinn und dem Art Lab im

albanischen Tirana, um nur

einige der Partner zu nennen.

Das Gesamtbudget dafür liegt

bei 2,7 Millionen. Davon kommen

1,35 Millionen über das

Programm Creative Europe

der EU. Lívia Nolasco-Rózsás

leitet das vielschichtige Projekt,

an dem allein im ZKM

21 Menschen mitarbeiten und

zu dem neben Forschungsarbeit

auch vergangene, aktuelle

und zukünftige Ausstellungen

gehören.

Im Ludwig Museum Budapest

läuft derzeit die von Livia

Nolasco-Rózsás kuratierte

Ausstellung „Spatial Affairs“.

Sie ist Teil des Projekts „Beyond

Matter“ und setzt sich

mit unserer Wahrnehmung des

Raumes auseinander. Längst

stehen in unserem Alltag neben

realen Räumen auch virtuelle,

computergenerierte

Räume. Das hängt schlicht

mit der alltäglichen Nutzung

von Computern zusammen,

erklärt Nolasco-Rózsás. Was

das mit unserer Wahrnehmung

macht, zeigt sich in der digital

zugänglichen Ausstellung in

spektakulären Bildern.

Ein anderer Teil des Projekts

sucht nach Wegen, vergangene

Ausstellungen digital

wiederzubeleben. „Es ist nicht

einfach“, sagt Livia Nolasco-

Rózsás. Man kann keinen digitalen

Zwilling erstellen. Immerhin

kann das Projektteam

bei „Iconoclash“, der legendären

ZKM-Ausstellung 2002,

auf die 3 D-Modelle zurückgreifen,

die der Ausstellungsarchitekt

damals verwendet

hat. Viele Ausstellungsstücke

sind inzwischen digitalisiert

worden und einige Objekte

wurden von vornherein computerbasiert

erschaffen.

Am Ende sollen aber „Iconoclash“

und „Les Immatériaux“,

eine große Ausstellung

des Museums Georges Pompidou

von 1985, nicht einfach

nur online am heimischen

PC zu sehen sein. Das Projektteam

arbeitet an einem

speziellen Bildschirm, der im

Modellentwurf überlebensgroß

und halbrund ist. Dieses

„Immaterial Display“ soll es

Museumsbesuchern ermöglichen,

vor Ort in andere, virtuelle

Museumsräume einzutauchen

und so zusätzlich andere

Ausstellungen zu sehen als

die, die gerade vor Ort laufen.

Vielleicht wird man sich künftig

sogar in solchen virtuellen

Ausstellungsräumen begegnen

und austauschen können?

Im Rahmen der Artist-in-

Residence-Programme will

ein Architektenkollektiv eine

virtuelle Ausstellung erschaffen,

die nur auf der Beyond

Matter-Homepage zu sehen

ist. Parallel dazu arbeiten die

für eine Residency ausgewählten

Kunstschaffenden in der

Kunsthalle Tallinn und im Art

Lab Tirana an weiteren neuen

Möglichkeiten, Kunst virtuell

erlebbar zu machen.

„Wir haben noch zahlreiche

Pläne“, verrät Livia Nolasco-

Rózsás. „Beyond Matter“ soll

Ende September 2023 auslaufen.

In jedem Fall wird es

eine umfangreiche Publikation

geben, dazu ein Toolkit für

alle Museen als Ideensammlung

und praktischen Ratgeber.

Denn Digitalisierung

kann viel mehr sein als nur

eine Notlösung in Pandemiezeiten.

Darauf weist auch die

große Nachfrage nach Onlineführungen

hin, die es für

die Digitale Kunsthalle auf

der Homepage des ZDF gibt

(www.digitalekunsthalle.zdf).

Für diese Digitale Kunsthalle

hat das ZKM eigens die Ausstellung

„Berechenbar – Unberechenbar“

kreiert, die bis

zum Herbst zugänglich ist.

Auch die große Anselm Kiefer-Schau

der Mannheimer

Kunsthalle und weitere Ausstellungen

sind dort bis Oktober

zu sehen und ermöglichen

einen Zugang zu Kunst, ohne

sich auf eine Anreise begeben

zu müssen. Das alles soll kein

Ersatz für Ausstellungen in

realen Räumen sein, sondern

immer eine Erweiterung um

zusätzliche, neue Möglichkeiten.

Nike Luber


KUNST KULTUR JOKER 9

Schreibexperimente und Glassammlungen

Die erste Biennale Freiburg mit zwei ungewöhnlichen Publikumsformaten im Juni

Seit Mai sorgt die erste Biennale

Freiburg für ungewöhnliche

Kunstinitiativen im ganzen

Stadtraum. Freiburg wird bis

Oktober zum Experimentierfeld

und Diskussionsgegenstand

verschiedener Künstler*innen

und ihrer Projekte. Und auch die

Bewohner*innen sind eingeladen

mitzuwirken. Im Juni bieten sich

dafür zwei Gelegenheiten: Sarah

Lehnerers, Inka Meißners und

Jackie Grassmanns Projekt„A

Day’s Work“ und Andreas von

Ows “Zwischen dem Pflaster

liegt der Strand! A slow walk for

a green (Freiburg)“.

18. Juni, 11–15 Uhr im Musikpavillon

im Stadtgarten. Leitende

sind Inka Meißner und Sarah

Lehnerer. Hier stehen die Teilnehmenden

vor dem berühmten

leeren weißen Blatt und stellen

sich Fragen nach dem Beginn

des Schaffens aus dem Nichts.

Mit Blick auf Material aus dem

Tagebucharchiv Emmendingen

werden die Anfänge von Texten

Anderer verglichen, diskutiert

und selbst welche versucht. Ein

steter Dialog, der auf die Offenheit

und Kreativität der Schreibanfänge

zielt. Abends wird ein

Gastvortrag von Keren Cytter in

Texte ergründen unter anderem,

wie Krankheit, Spiritualität, Prozesse

künstlerischen Arbeitens,

Biografisches und Begegnungen

mit Freund*innen und Fremden

auf das Schreiben einwirken. Die

Veranstaltung ist bi-lingual auf

deutsch und englisch und stellt die

Texte auch in gedruckter Version

zum Mitlesen zur Verfügung.

Beide Workshops und Veranstaltungen

sind inklusiv und teilweise

barrierefrei. Jede*r ist willkommen.

Geschlechtsneutrale

Toiletten sind leider nicht vorhanden.

Die Veranstalter*innen können

bei speziellen Bedürfnissen

gerne vorab kontaktiert werden,

damit etwaige Vorkehrungen getroffen

werden können.

„Zwischen dem Pflaster liegt

der Strand! A slow walk for a

green (Freiburg)“

Zu einem speziellen Spazier-

träger mehrschichtig

zu einer Farbmalerei

aus dem Grün

in all seinen Facetten

verdichtet. Hier

bekommt die Farbe

nun ihren Körper,

das Grün bekommt

sein „Fleisch“. Dieses

Werk wird in

der Ausstellung zur

Biennale öffentlich

zu sehen sein. Aber

bereits zuvor, im

Studioprogramm

der Biennale beginnt

das künstlerische

Experiment.

Der Blick der Spazier-gänger*innen

ändert sich und

Fragen tauchen auf: „Wie wandelt

sich der eigene Blick auf

das Stadt- und Landschaftsbild,

wenn man auf ‚Grün‘ fokussiert

Andreas von Ow: „Haus Pfeffermann,

Indigoblau, Rubinrot

(Rhön) 2017-2

Foto: Andreas von Ow

Sarah Lehnerer: „A Day‘s Work“, 2021, glazed ceramic,

ca. 30 x 30 cm,

Foto: Sarah Lehnerer

„A Day‘s Work“

„Formen eines zunächst

nicht-zweckorientieren, intimen

Schreibens“ zu hinterfragen, ist

Motivation des Projekts „A Day‘s

Work“ und entspricht damit dem

Studioprogramm, das den ersten

Teil der Biennale kennzeichnet.

Die Künstler*innen dahinter haben

bereits eine umfangreiche

Recherche im Deutschen Tagebucharchiv

Emmendingen

hinter sich und bringen die dort

gefundene Inspiration nun in

Workshops ein, die das Schreiben

auf der Schwelle zwischen

alltäglicher Notation und künstlerischer

Produktion untersuchen

sollen. Durchaus persönlich wird

es dabei, denn Schreibsituationen

bietet unser Alltag genug. Und

manchmal wird aus der Routine,

Dinge zu notieren ein künstlerischer

Akt. Begleitet werden die

Workshops durch eine Installation

von Sarah Lehnerer bestehend

aus gemalten Raumteilern und

Nutzgegenständen, Keramik-Möbeln

und Schreib-Equipment. Die

räumliche Installation „A Day‘s

Work“ wird im September die

Ergebnisse der Workshops neben

der raumgreifenden Kunst Lehnerers

als Teil des Ausstellungsparcours

der Biennale präsentiert.

„Zimmer ohne Wände“ ist der

Titel des ersten Workshops am

englischer Sprache die Simulation

einer Probe ihrer aktuell entstehenden

Performance durch zwei

Laienschauspielerinnen im Literaturhaus

Freiburg inszenieren.

Keren Cytter lässt das Publikum

die Entstehung live mitverfolgen

und vergleicht sie am Ende mit

der aufgezeichneten Version der

Original-Performance. Diese

Veranstaltung findet in englischer

Sprache statt.

„Echos als Antwort“ ist der

zweite Workshop, unter der Leitung

von Jackie Grassmann und

Sarah Lehnerer am 02. Juli, 11-15

Uhr im Musikpavillon im Stadtgarten.

Dabei stellen die Teilnehmenden

Fragen an ihre Gegenüber

oder andere Bezugspunkte

ihres Schreibens. Mithilfe ausgewählter

Textfragmente wird der

Versuch unternommen, herauszufinden,

welche Kräfte, Echos, Gegenstände

oder andere Elemente

jenseits des Autor*innen-Ichs die

treibende Kraft des Schreibens

sind und welche Formen dadurch

entstehen. Kleine Schreibübungen

experimentieren damit,

diesen Kräften explizit Raum im

Schreiben zu geben. Am Abend

desselben Tages wird es eine öffentliche

Lesung aus dem neuen

Buch der Künstler*in Johanna

Hedva „Minerva: The Miscarriage

of the Brain“ geben. Hedvas

gang lädt der Künstler Andreas

von Ow am 26. Juni, 11 Uhr ein

(Treffpunkt: Musikpavillon im

Stadtgarten). Gewitzt steht darüber

der Titel „Zwischen dem Pflaster

liegt der Strand! A slow walk

for a green (Freiburg)“ – und der

ist Programm! Der Spaziergang

führt je ein Paar in unterschiedliche

Gebiete der Stadt, auf der

Suche nach Grün in Form von

Glas. Dieses stellt für Andreas

von Ow, genauso wie andere Materialien

wie etwa Katzenaugen,

Rücklichter und Bohrstaub oder

Organisches wie Lingusterbeeren

und Hollunderblütensaft, das

Ausgangsmaterial für die Farben

seiner Malerei dar. In Freiburg

werden die wertvollen Rohlinge

für die Grünpigmente aus dem

Umfeld, dem Stadtbild, entnommen.

Das Sammelgut wird von

Andreas von Ow zu Pigment in

verschiedenen Korngrößen weiterverarbeitet,

mit Bindemittel

angereichert und auf einem Bild-

ist? Was erzählen die Spuren von

grünem Glas über den Ort? Was

passiert mit unserem Farbsehen

und mit unserer Wahrnehmung

der Umgebung? Und was bedeutet

es uns schließlich, sich für die

Kunst in einer Gesellschaft einzusetzen?“

Gesprächsstoff und -bedarf

ist also gegeben, daher gibt

es um 17 Uhr auch eine Kollekte

der gesammelten Fundstücke,

Farbeindrücke, Gespräche und

gemeinsamen Reflexionen bei

einem Umtrunk im Stadtgarten.

Aber auch zwei Tage vorab wird

der Künstler seine künstlerische

Arbeit vorstellen. Über Uhrzeit

und Ort informiert die Website

der Biennale.

Weitere Informationen auf

der Website der Biennale für

Freiburg und in den kommenden

Ausgaben des Kultur Joker.

www.biennalefuerfreiburg.de

Anmeldung für die Veranstaltungen

unter: anmeldung@biennalefuerfreiburg.de

Andreas von

Ow: „Zwischen

dem Pflaster

liegt der Strand,

a slow walk for

a green (Freiburg)“,

Arbeitsprozess,

2021

Foto:

Andreas von Ow


10 KULTUR JOKER KUNST

Wie richtige Bilder

Das Museum für Neue Kunst Freiburg widmet Friedmann Hahn eine Ausstellung

Es war wohl nur eine Frage

der Zeit bis Friedemann Hahn

Bob Ross entdecken würde. Der

bekannte TV-Star hat unzählige

zu Hobbymalern gemacht. Jeder,

so war sein Credo, ist in der

Lage ein Bild zu malen. Und so

hat nicht nur er, sondern auch

die Besucher seiner Kurse und

die Zuschauer seiner Fernsehsendungen

unzählige kitschige

Sonnenauf- und -untergänge

sowie das bekannte Spektrum

idealtypischer amerikanischer

Landschaften reproduziert.

„Make it look like a real painting“

lautete sein Slogan. Diese

unerschütterliche Gewissheit

etwas zu schaffen, was wie ein

richtiges Bild aussieht, muss

für Maler zumindest ambivalent

sein. Bei Friedemann Hahn

jedoch kommt hinzu, dass der

ehemalige Dreher-Schüler

sich an Illusionisten aller Art

abarbeitet: Filmschaffende,

Literaten und die Landschaft.

Die Auseinandersetzung mit

unserem kulturellen Archiv einerseits,

andererseits wirkliche

Bilder zu schaffen, könnte eine

Lebensaufgabe sein.

Friedemann Hahn geriet vor

einigen Jahren dann doch in

eine Schaffenskrise. Er rettet

sich aus ihr durch das Schreiben,

was immer seine zweite

Lebensaufgabe war und durch

die Auseinandersetzung mit

Vorbildern. In der Ausstellung

Friedemann Hahn „Foresta

Nera“, die derzeit im Museum

für neue Kunst gezeigt wird,

sind also einige neue Arbeiten

zu sehen. Und auch die beiden

Bilder „Bergsee“ (2003) und

„Foresta Nera“ (2009) sind

darunter. Wüsste man nichts

von diesem Einfluss, man sähe

darin ein Exempel der malerischen

Mittel Friedemann

Hahns. Eine grüne, mit Ocker

und Blau durchzogene Fläche

durchbricht etwa in der horizontalen

Mitte das Bild. Vor

ihr scheinen die senkrechten

Pinselstriche zurückzutreten,

an denen kurze Zweige sind.

Die Grundfarbe ist von einem

tiefen Blau. Wer hier einen

Bergsee sehen will, sieht ihn,

doch man hat es eben auch mit

abstrakter Malerei zu tun. Die

kleine Einzelschau, die das Museum

dem Künstler widmet, der

lange mit dem Schwarzwald

verbunden war, ihn seit einigen

Jahren nun schon mit Norddeutschland

eingetauscht hat,

wirkt wie eine Studienausstellung.

Manche der Bilder lehnen

an Tischen ausgestellt an

der Wand, vor sich die entsprechenden

Kataloge zum Weiterlesen.

Und zugleich schafft sie

Zusammenhänge, etwa indem

sie seine malerischen Auseinandersetzungen

mit Filmplakaten

zusammen zeigt.

Das alles ist noch immer

großes Pathos. Man erinnere

sich an die Bilder erhabener

Kinomomente, die Friedemann

Hahn stürmisch und plakativ

malte. Nun sind sie anderen

Figuren gewichen, etwa dem

Kriminalautor Friedrich Glauser,

dem Mordopfer Elisabeth

Short, dem japanischen Autor

Yukio Mishima. Sie kannten

sich mit etwas aus, was vermutlich

nicht in Bob Ross‘ Wortschatz

vorkam, dem Scheitern.

Foresta Nera. Eine Ausstellung

zu ausgewählten Werken

von Friedemann Hahn. Museum

für neue Kunst, Marienstr.

10a, Freiburg. Di-So 10-17

Uhr, Do 10-19 Uhr. Bis 29. August.

Weitere Infos zur Corona-

Lage unter freiburg.de/museen

Annette Hoffmann

Friedemann Hahn: „Der Tod des Malers“, 2020

Foto: Ina Steinhausen

Der Untergrund als Erfahrungsraum

Die Galerie Marek Kralewski zeigt mit der Ausstellung „Raum ohne Fenster“ die Arbeiten des Künstlers Jochen Damian Fischer

Die Galerie Marek Kralewski

scheint aktuell sowohl

tagsüber als auch nachts geöffnet

zu sein. Von der Basler

Straße aus gesehen, zieht ein

beleuchteter Kreisausschnitt

die Aufmerksamkeit der Fußgänger

auf die rote Flügeltür

der Galerie im Innenhof. Der

ansonsten offene Ausstellungsraum

wirkt in diesen Tagen

kleiner, intimer und zum Teil

überraschend beklemmend.

In der aktuellen Ausstellung

„Raum ohne Fenster“ mit Arbeiten

von Jochen Damian Fischer

transportiert der Künst-

Schopfheimerstraße

2

ler die unwirtliche Umgebung

des urbanen Untergrundes in

die Räume der Galerie.

Aufgewachsen in der Subkultur

setzt sich der Künstler

schon seit Jugendjahren intensiv

mit gesellschaftlichen Themen

wie Isolation, Untergrund

und der Position des Menschen

in einer sich zunehmend von

ihm entfremdenden Umwelt

auseinander. Er begegnet den

sich aus diesem Themenkomplex

ergebenden existentiellen

Fragen mit einer unbequemen

und gattungsübergreifenden

künstlerischen Arbeit zwischen

Installation, Bildhauerei

und Architektur.

Dabei bedient er sich vornehmlich

an Elementen des

urbanen Umfeldes: Aus Materialien

wie Beton, Metall und

tiefschwarzer Offsetfarbe entstehen

in seinen Werken Parallelwelten,

die die Erlebniswelt

des Künstlers für sein Publikum

direkt erfahrbar machen.

Eine große, raumbestimmende

und -bildende Installation,

die eigens für diese Ausstellung

konzipiert wurde, teilt

Jochen Damian Fischer: „Höhle“ 2010

die Präsentationsfläche in zwei

separate Räume und entfaltet

in Verbindung mit der Projektion

der Arbeit subterran eine

ungeheure Sogwirkung. Über

die Eisenstufen der begehbaren

Installation gelangt man

in einen intim abgedunkelten

Raum, wo die Besuchenden atmosphärisch

beleuchtete Bronzearbeiten

erwarten. Sie sind

als eigenständige Kunstwerke

zu verstehen, welche das architektonische

Raumverständnis

des Künstlers verdeutlichen

Foto: Jochen Damian Fischer

und mit ihren einzigartigen

Raumkonzeptionen ein Wechselspiel

zwischen Partizipation

und Isolation anstoßen.

In der Ausstellung stellt Jochen

Damian Fischer jedoch

nicht nur aktuelle Werke vor,

sondern gibt anhand sorgfältig

ausgesuchter und kombinierter

Objekte auch einen Überblick

über sein abwechslungsreiches

und doch homogenes OEuvre.

So entführt der Blick in einen

Lichtbildbetrachter die Besuchenden

in die klaustrophobische

Enge eines Kanalrohrs

und bietet so die Möglichkeit,

die ansonsten unzugängliche

Arbeitshöhle zu erleben,

wo zerlaufene Quadrate aus

schwarzer Offsetfabe Erinnerungen

an archaische Höhlenmalereien

wachrufen. Diese

frühe Installation kontrastiert

der Künstler mit der Arbeit

„re-carré“. Die vier rechteckigen

Platten, grundiert mit

derselben Offsetfarbe, kombiniert

mit den Überresten

der zerstörten Arbeit „carré“,

bieten Anreiz über Wandel,

Symbiosen und Vergänglichkeit

zu sinnieren und spannen

so einen Bogen von den frühen

zu den aktuellen Werken des

Künstlers.


KUNST KULTUR JOKER 11

Faszinierende Lichtkunst

Das Museum Ritter widmet dem ZERO-Mitbegründer Heinz

Mack zum 90. Geburtstag eine umfassende Einzelausstellung

Das vielseitige Werk des bis

heute ungebrochen produktiven

Künstlers Heinz Mack

wird im Museum Ritter in

Waldenbuch in rund 60 Werken

vorgestellt. Zu sehen sind

plastische Arbeiten, kleinere

Skulpturen, Malereien und

Zeichnungen sowie nicht zuletzt

der preisgekrönte Film

Tele-Mack (1968/69).

Der Maler und Bildhauer

Heinz Mack hat in rund 70

Schaffensjahren ein fulminantes

Werk entwickelt. Seine

Pioniertaten auf dem Gebiet

der Lichtkunst faszinieren

bis heute. Kaum ein Künstler

unserer Zeit kann es mit ihm

in puncto Produktivität und

Werkvielfalt aufnehmen. Sein

Œuvre umfasst Lichtkunst,

kinetische Arbeiten und Land-

Art ebenso wie Zeichnung,

Malerei, Plastik und Skulptur.

Trotz der Fülle an Ausdrucksmitteln

konzentriert

sich Heinz Mack mit bemerkenswerter

Beständigkeit auf

Themen, die er früh für sich

entdeckte: die Erforschung

des Lichts und die dynamische

Kraft von Strukturen.

Im Wunsch, sich vom Ballast

der Vergangenheit zu

befreien, und offen für neue

Werkstoffe, wagte Heinz

Mack mit seinen Mitstreitern

der Künstlergruppe ZERO

nach dem Zweiten Weltkrieg

einen radikalen Neuanfang.

Bereits 1958/59 konzipierte

er sein spektakuläres Sahara-

Projekt, dessen Ideen er in den

Folgejahren ausformulierte

und das in der Ausstellung

ausführlich beleuchtet wird.

Zu sehen ist unter anderem

die Sahara-Edition sowie der

preisgekrönte Film Tele-Mack

(1968/69), in dem der Künstler

das reine Licht in den Weiten

der Wüste experimentell

untersucht. Auch seine kinetischen

und plastischen Werke

erforschen das Licht. Neben

dreidimensionalen Arbeiten

aus modernen Materialien

wie Edelstahl, Aluminium,

Wellen- oder Acrylglas ist eine

Auswahl an kleinen Marmor–

skulpturen ausgestellt, die den

hohen Stellenwert der klassischen

Bildhauerei für den

Künstler verdeutlichen. Macks

Malerei wird schließlich anhand

neuerer Tuschzeichnungen

und großer Leinwandbilder

vorgestellt. In diesen

sogenannten Chromatischen

Konstellationen manifestiert

sich das Licht durch feinsinnige

Farbklänge und gemalte

Strukturen, die die Bildoberfläche

in Vibration versetzen.

Zur Ausstellung ist ein Katalog

im Verlag Das Wunderhorn,

Heidelberg erschienen

(22 Euro).

Heinz Mack. Werke im Licht

(1956 - 2017), Museum Ritter,

Waldenbuch. Bis 19.09.2021.

Infos: www.museum-ritter.de

Heinz Mack, der Künstler im Grand Erg Oriental, 1976 (Fotografie/Dokumentation)

© VG Bild-Kunst, Bonn 2021; Foto: Thomas Höpker /

Archiv Heinz Mack


12 KULTUR JOKER KUNST

Liebe auf den ersten Blick

Das Keramikmuseum in Staufen zeigt Arbeiten von Andreas Steinemann

Andreas Steinemann: „Vasen twist“

Im Keramikmuseum Staufen

zeigt der 1957 im Schweizer

Wallis geborene Keramiker

Andreas Steinemann neue

Arbeiten. Er stellt sein aktuell

entwickeltes Geschirrset mit

dem Namen „Leaf“ (Blatt)

vor. Vom ersten Augenblick

an verliebt man sich in diese

wunderbar organisch geformten

und so differenziert

Foto: Oliver Lang

zart getönten Gefäße. Seit

zwei Jahren entwickelt Steinemann

das Design der Formen

und bisher sind fünf Teile des

Sets entstanden, großer Teller,

tiefer Teller, Schale, Becher

und Krug. Alle Objekte

sind leicht aus der Mittelachse

verschoben, so dass der

Schwerpunkt nicht – wie gewohnt

- zentral liegt, sondern

die Gefäße ein wenig schief

stehen. Die winzige Neigung,

das aus der Mitte gekippte, ist

natürlich beabsichtigt, ja sogar

mit Hilfe von Kurvenformen

konstruiert und steigert die

Attraktivität der Gefäße. Denn

wie wir wissen und immer

wieder von Neuem erfahren,

entsteht wahre Schönheit erst

durch kleine Irregularitäten.

Das macht ihren Zauber aus.

Wie Handschmeichler liegen

die Teller und Schalen in der

Hand. Die Außenseite zeigt

das weiße, seidenmatte rohe

Porzellan, das so lange geschliffen

wird bis es sich fast

samten anfühlt. Die Innenseite

der Gefäße wird farbig glasiert

mit einer speziellen vom Keramikkünstler

ausgemischten

Farbpallette. Insgesamt sind

es circa 15 Farbtöne, die mit

der Spritzpistole aufgetragen

werden, um möglichst feine

Farbverläufe zu erzeugen. Alle

Farben lassen sich miteinander

kombinieren und zu exquisiten

Arrangements zusammenstellen.

Jetzt müssen nur noch

die darauf servierten Speisen

stimmen. Doch was sollte da

schon schiefgehen? Die einfachsten

Gerichte werden zu

einem sinnlichen Ereignis auf

solchen Tellern.

Andreas Steinemann nähert

sich seinen keramischen Themen

über das Papier. Er lässt

sich von der Natur inspirieren,

erste Ideenskizzen entstehen,

die in Zwischenstufen

verfeinert und über Papier-

Modelle geklärt werden, bis

schließlich der exakte Konstruktionsplan

vorliegt. Ein

Vorgehen, das seine Herkunft

aus dem Grafikdesign und der

Bildenden Kunst verrät. Und

so überrascht es nicht, dass

er Ende der 70er Jahre an der

Kunstgewerbeschule in Zürich

Grafikdesign studiert hat. Über

Malerei und Skulptur kam er

schließlich zur Keramik, seiner

eigentlichen Leidenschaft,

in der er Elemente aus den

anderen Kunstgattungen vereint.

Seit Mitte der 90er Jahre

betreibt er in Lenzburg in der

Nähe von Aarau in einer alten

Spielzeugfabrik sein Atelier,

ein hoher, heller und sehr aufgeräumter

Raum, in dem es

vieles zu entdecken gibt.

Eine Besonderheit ist Steinemanns

Vorliebe für die anspruchsvolle

Neriage-Technik.

Auch in Staufen sind Gefäße,

Vasen und Dosen, die in dieser

Technik gearbeitet sind, zu

sehen. Bei ihnen ist das Innenund

Außendekor gleich. Nach

einem genauen Plan, auch hier

bedarf es exakter Vorbereitung

auf dem Papier, werden

aus verschieden eingefärbten

Porzellanplatten geometrische

Formelemente wie Puzzelteile

mit einem Skalpell-artigen

Messerchen ausgeschnitten

und passgenau aneinandergesetzt.

Eine perfekte Ästhetik,

oft in puristischem Schwarz-

Weiß, zeichnet diese Gefäße

aus. Wunderschön anzusehen

und schwierig zu machen. Wer

das genauer wissen möchte,

kann auf Youtube den kurzen

Film über Andreas Steinemann

ansehen. In Staufen ist

zum Ausstellungsende eine

Finissage im Freien geplant.

Der Keramikkünstler wird anwesend

sein.

„Der perfekte Schnitt“, Andreas

Steinemann, Keramikmuseum

Staufen/ Studio-Ausstellung.

Bis 4. Juli 2021

Christiane Grathwohl

Berichtigung:

Hermann in der Kirche

In der Mai Ausgabe 2021, Seite 14, ist

uns ein Fehler unterlaufen. Dort hieß es in

der Unterüberschrift des Textes Hermann

in der Kirche „Neue sakrale Arbeiten des

Freiburger Künstlers Harald Hermann“.

Anstatt des vollen Namen war hier das

Kürzel HH angedacht, auf welches der

Autor sich in dem Schlusssatz des Artikels

bezieht. Im gleichen Zug ist die Bildunterschrift

des Werkes nicht „Maria von Magdalena“,

sondern „Maria von Magdala“.

Wir bitten dies zu entschuldigen!

Werde Teil vom Kultur Joker Team!

Wir suchen ab sofort zuverlässige Verteiler*innen für unsere

Auslagestellen im Freiburger Stadtgebiet.

Aufwand: ca. 2 Tage im Monat

(nach Absprache)

Voraussetzung: Ein Fahrrad

und/oder Pkw.

Bei Interesse anrufen:

0151 56375094

Wir freuen uns auf Sie!


KUNST KULTUR JOKER 13

Spurensuche in unterschiedlichen Lebenswelten

„Deutsches Design 1949-1989. Zwei Länder, eine Geschichte“ – Ausstellung im Vitra Design Museum in Weil am Rhein

VEB Textilkombinat Cottbus, DDR Damenmode, 1978

© akg-images/Günter Rubitzsch

Nun ist endlich ein Highlight

im Vitra Design Museum

wieder zugänglich, nämlich

die Ausstellung „Deutsches

Design 1949–1989. Zwei Länder,

eine Geschichte“, die

sich auf Spurensuche in die

Designgeschichte des geteilten

Deutschlands begibt. Die

Schau erhellt unterschiedliche

Lebenswelten, weist aber auch

auf Parallelen und Querbezüge

hin, die das Metier in Ost und

West immer verbunden haben.

Die Exponate zeigen, dass man

in beiden Teilen nach dem

Krieg zunächst auf Alltagsgegenstände

konzentriert war,

d.h. auf Möbel, Essgeschirr,

Leuchten, Uhren, Kleider und

Werkzeuge; zudem blickt die

Ausstellung auf Industriedesign,

Grafik und Wohnungsbau,

teils mit Filmsequenzen.

Geprägt durch Bauhaus und

Werkbund, erlangte Design aus

Deutschland seit den 1920er

Jahren weltweit Bedeutung. In

der Ära nach 1949 setzten sich

in beiden Hälften des gespaltenen

Landes die Trends der

Vorkriegszeit fort, trotz unterschiedlicher

Gesellschaften; in

dieser Hinsicht kann die Schau

mit Klischees und der simplen

Vorstellung aufräumen, dass

in der BRD ein kühler Funktionalismus

dominant war,

während DDR-Design dem

bunten Plastik frönte. Zwar

wurde in der DDR offiziell

ein Anknüpfen an die Lehren

des Bauhauses unterbunden,

in Abgrenzung zum Westen,

doch in den 1960er Jahren

war hier die Wende zu einem

modernen funktionalen Stil

kaum aufzuhalten. Ein vergleichender

Blick auf die Rolle

von Design im System von

Kapitalismus und Sozialismus

deutet auf viele Aspekte, u.a.

auf seine Wichtigkeit für Politik

und Propaganda; aber

rechts und links der innerdeutschen

Grenze entwickelten

sich Institutionen, für die Geschmacksbildung

und soziale

Verantwortung Priorität hatten.

Die Ausbildung von Designern

im Osten legte jedoch

vermehrt Wert auf Handwerk,

Haltbarkeit und sparsamen

Materialverbrauch, indessen

im Westen bereits Ressourcenverschwendung

herrschte;

so entstand etwa die konsumkritische

Design-Bewegung

„Des-in“, die Abfallprodukte

verarbeitete.

In der Ausstellung werden

auch bedeutende Protagonisten

Des-In (Jochen Gros und studentische Arbeitsgruppe an der

HfG-Offenbach), Reifensofa, 1975,

Foto: Jochen Gros

vorgestellt, darunter Dieter

Rams und Hans Gugelot im

Westen und Rudolf Horn und

Margarete Jahny im Osten, sowie

prägende Institutionen, insbesondere

die Burg Giebichenstein

in Halle oder die Hochschule

für Gestaltung in Ulm;

deren Nähe zeigt sich z.B. am

Stapelgeschirr von Margarete

Jahny (Ost) und Hans Roerich

(West). Hier wie dort setzte

man sich intensiv mit Problemen

und Verwendungen von

Gegenständen auseinander,

bevor sie Form erhielten. In

der BRD beschleunigte Design

die Exportwirtschaft „Made in

Germany“, in der DDR fachte

es die sozialistische Planwirtschaft

an, die erschwingliche

Produkte für breite Bevölkerungskreise

erstrebte. Design

kann ein Symbol getrennter

politischer Systeme sein, aber

überdies ein Medium für Subkulturen,

die nicht zuletzt zum

Fall der Mauer 1989 beigetragen

haben; diesbezüglich sind

in der Ausstellung bewegende

Filmaufnahmen zu sehen. Ein

Katalog präsentiert weiteren

Stoff zu einfallsreichen Objekten

und findigen Tüftlern,

die auch wissen, was unbedingt

wegzulassen ist. Zusätzliches

Vergnügen bietet ein Spaziergang

und Aufenthalt im öffentlichen

Bereich des Vitra-Campus

mit dem neuen „Perennial

Garden“ und vielen architektonischen

Besonderheiten.

Deutsches Design 1949-1989.

Zwei Länder, eine Geschichte.

Vitra Design Museum. Weil a.

Rhein. Momentan ein Zeitfenster

buchen: vitra-design-museum.de.

Bis 5. September 2021

Cornelia Frenkel

Bildtraditionen in Papier

Bettina Bosch arbeitet bekannte Motive ungewöhnlich um

Der Projektraum EDITH

ist eins der jüngsten Ausstellungsformate

Freiburgs. Gelegen

in den Räumlichkeiten der

Edith-Maryon-Kunstschule in

Freiburg-Munzingen ist der

Projektraum von außen vollständig

einsehbar und damit

rund um die Uhr und trotz

Corona-Beschränkungen zu

besichtigen.

Aktuell zu sehen sind die

Papierarbeiten der Bildhauerin

Bettina Bosch. In ihrer Ausstellung

„gedeih und verderb“,

die vom 4. Juni bis 4. Juli im

Projektraum EDITH präsentiert

wird, schafft Bosch aus

dem ungewöhnlichen Kunstmaterial

raumfüllende und

raumbildende Skulpturen. Einen

ästhetischen Schwerpunkt

bildet die Mehrdimensionalität.

Die Papierschnitte werden

zwischen Glas geschichtet

und zu Wandobjekten, deren

Vorbild die chinesischen Holzschnitte

des 9. bis 19. Jahrhunderts

sind. In Kontrast dazu

stehen die raumgreifenden

abstrakten Papierskulpturen,

die von der Decke bis zum

Boden reichen. Aufmerksame

Beobachter*innen werden die

Nähe zu pflanzlichen Strukturen

bemerken. Das ist von

der Künstlerin intendiert. Vorbild

ist die Tradition der Herbarien

des 19. Jahrhunderts,

die Pflanzen kunstvoll zu konservieren

wusste. Aber auch

traditionelle Konservierungsformen

und ihre eigentümliche

Ästhetik dienen der Künstlerin

als Vorlage, die sie eigensinnig

weiterentwickelt.

Geplante Vernissage der

Ausstellung „gedeih und verderb“

ist am 4. Juni, 19 Uhr.

Um Anmeldung wird gebeten:

galerie@bildhauer-kunststudium.com

Bettina Bosch:

„Atelierfenster“,

Papierschnitt

2021

Foto: Bettina Bosch


14 KULTUR JOKER Kunst

Die Kunst der Beschränkung

Die Galerie für Gegenwartskunst im E-Werk zeigt „Kunst im Setzkasten“

Was haben wir nicht alles

verpasst? Zahlreiche Ausstellungen,

die wir während diverser

Lockdowns nicht sehen

konnten oder die nicht einmal

stattfanden. Da verspricht

„Kunst im Setzkasten“ in der

Galerie für Gegenwartskunst

im Freiburger E-Werk so etwas

wie Entschädigung. Denn

die Rechnung ist schnell aufgemacht:

Sechs Setzkästen zu

jeweils 15 Schachteln machen

90 Arbeiten, wenn nicht gleich

Einzelausstellungen. Das Forum

Kunst Rottweil hat bereits

des Öfteren Formate geschaffen,

bei denen die kuratorische

Idee oder die Vermittlung im

Vordergrund steht, so als ob in

Rottweil nie eine Lynda Benglis

oder ein Daniel Spoerri

ausgestellt hätte. Nach Kunst

auf Fahnen und Schilder sowie

in Koffern, nun als Kunst im

Setzkasten. Um das Werkzeug

des Schriftsetzers vom biederen

Image der Nippessammlung

zu befreien und wieder

das Potential als kleinster

Nenner für alles Erdenkliche

zu sehen. Der künstlerische

Leiter des Forum Kunst Rottweil

Jürgen Knubben gehört

zusammen mit Nikolaus Bischoff

und Axel Zwach zu den

Initiatoren der Ausstellung, die

Heidi Brunnschweiler, Hartwig

Knack sowie Caroline von

Gunten und Simon Lieberherr

als Kuratorinnen und Kuratoren

hinzugebeten haben.

In der Galerie für Gegenwartskunst

fühlt man sich

derzeit also ein bisschen wie

auf Gullivers Reisen. Auf

sechs Tischen, die jeweils den

Kuratorinnen und Kuratoren

zugeordnet sind, stehen oder

liegen die jeweiligen Schachteln.

Der Umgang mit der

Beschränkung ist

unterschiedlich.

Manche Künstlerinnen

und

Künstler nutzen

die Box als Miniaturausstellung

und

spiegeln die Illusion

eines Kunstraumes

in Form

eines Modells

oder Diorama vor,

andere kondensieren

auf dem

wenigen Platz ihr

Werk. Viele nutzen

die Schachtel

als Pointe. Ottmar

Hörl etwa spielt

mit seinem Stück

Kunstrasen auf

Dürer an, Iskender

Yediler macht mit

seinem „Schneemann

im Ruhrpott“

einen Witz,

dadurch, dass er

ihn mit einer feinen

Rußschicht überzogen hat.

Susanne Kühn hat in eine aufwendige

Bettstatt eine Figur

gelegt, die wohl gleich Hand

anlegen wird an den „Black

Forest Tree“, hält dieses Maschinenwesen

doch eine Art

Säge in der Hand: ein potentielles

Kettensägen-Massaker.

Wer eine weiße Box als

Aufgabe und Ausstellungsarchitektur

ins Zentrum rückt,

wird schnell selbstreferentiell.

Denn wie sollte man nicht

die Schachtel als Hinweis auf

den White Cube deuten, jenen

ideal typischen Galerieraum,

der lange jede Betrachtung

von Kunst dominierte und von

der Außenwelt abschirmte?

„Kunst im Setzkasten“ tut dabei

so, als hätte sich seit Brian

O’Doherty Essays Mitte der

Nika Timashkova: „Hooked On a Feeling“,

2020 Foto: Kunst im Setzkasten

1970er Jahre über den White

Cube nichts getan, was die Präsentation

von Kunst betrifft,

aber auch was die Gesellschaft

angeht, in der diese entsteht.

Heidi Brunnschweiler etwa

hat als eine denkbare Antwort

darauf ausschließlich Künstlerinnen

eingeladen, die zudem

oft das Format sprengen, sei es

durch transparente Seiten oder

Sound. Kunst, so ist die Überzeugung

dieser Arbeiten, wird

dann erst richtig interessant,

wenn sie Schubladendenken

vermeidet.

Kunst im Setzkasten. Galerie

für Gegenwartskunst, E-Werk,

Eschholzstr. 77, Freiburg. Do/

Fr 17-20 Uhr, Sa 14-20 Uhr, So

12-18 Uhr. Bis 20. Juni.

Annette Hoffmann

Endgültig gelockert

Der Anschluss einer Freiburger Zeitschrift an den Dadaismus

1919 war der Erste Weltkrieg

zuende. Für die Dada-Bewegung

in Zürich war deshalb

aber noch lange nicht Schluss.

Ein gewisser Walter Serner präsentierte

auf einer Dada-Soiree

in Zürich stattdessen sein Manifest

„Letzte Lockerung“. Klingt

ein wenig zeitgenössisch, oder?

Das dachte auch eine Handvoll

Freiburger Künstler*innen, die

in unruhigen Pandemiezeiten

bei Serner den Anschluss fand.

2009 bereits entstand die Zeitung

„Vorletzte Lockerung“, für

2020 die Zeitung „Allerletzte

Lockerung“.

Die Zeitung „Allerletzte Lockerung“

2020, sollte bereits im

Juli 2020 im E-Werk vorgestellt

werden. Wegen der bestehenden

Umstände wurde der Ausstellungstermin

mehrmals verschoben.

Es ist nun vorgesehen,

dass die Zeitung vom 27. Juni

bis 4. Juli in der Galerie 1 im E-

Werk Freiburg in einer Ausstellung

gezeigt wird. Die Zeitung

versammelt Texte und Schnitte

von Catherine

Bierling,

J o h a n n e s

Bierling,

Rolf Hannes

und Klaus

Hietkamp.

G e d r u c k t

wurde sie im

Atelier im E-

Werk auf der

Buchdruckpresse von Johannes

Bierling, zu Teilen auch in der

Künstlerwerkstatt L6.

Variierende Öffnungszeiten

der Galerie 1 im E-Werk wie

folgt: So. (27.06.) 11–18 Uhr,

Mo.–Mi. 15–19 Uhr, Do.–Fr.

17–20 Uhr, Sa. 14–20 Uhr, So.

14–18 Uhr.

Text u. Holzschnitt von Klaus Hietkamp Foto: Joh.Bierling

MUSEEN & AUSSTELLUNGEN

REGIONAL, NATIONAL, INTERNATIONAL

Archäologisches Museum Colombischlössle

- „freiburg.archäologie - Leben vor der

Stadt“ -09.01.22

Augustinermuseum

- „Der Schatz der Mönche - Leben

und Forschen im Kloster St. Blasien“

-19.09.

Haus der Graphischen Sammlung

- „Spuk! Die Fotografien von Leif

Geiges“ -26.09.

Carl-Schurz-Haus

- „Gabriele Vallentin: Colors of America“

26.06.-26.07.

depot.K

- „Landschaft: Jörg Hilfinger, Dieter

Maertens“ 05.06.-27.07.

Projektraum Edith

- „Bettina Bosch: gedeih und verderb“

04.06.-04.07.

E-Werk / Galerie für Gegenwartskunst

- „Kunst im Setzkasten“ -20.06.

- „Allerletzte Lockerung“ 27.06.-04.07.

Faulerbad

- „Kunst auf der Liegewiese“ -12.06.

Galerie Claeys

- „Künstlerinnen der Galerie _ part

one“ -16.09.

Galerie Marek Kralewski

- „Jochen Damian Fischer: Raum

ohne Fenster“ -31.07.

JVA Freiburg

- „Strafraum - Absitzen in Freiburg“

-17.07.

Katholische Akademie

- „Harald Herrmann: Legenden der

Übertreibung - Heilige“ -30.07.

Kunsthaus L6

- „Sophie Innmann: Landscapes Of

Internet“ 10.06.-11.07.

Kunstverein Freiburg

- „Minia Biabiany: J‘ai tué le papillon

dans mon oreille“ 19.06.-08.08.

Museum für Natur und Mensch

- „Tierisch giftig!“ -23.01.22

Museum Für Neue Kunst

- „Friedemann Hahn: Foresta Nera“

-29.08.

- „Piktogramme, Lebenszeichen,

Emojis: Die Gesellschaft der Zeichen“

-12.09.

Museum für Stadtgeschichte

- „buochmeisterinne – Handschriften

und Frühdrucke aus dem Freiburger

Dominikanerinnenkloster Adelhausen“

-13.06.

PEAC Museum

- „Nearby - Wie Bilder zeigen“

-22.08.

Schwarzes Kloster

- „Nonnengruft - Schätze des Alten

Friedhofs“ 18.06.-24.07.

T66 Kulturwerk

- „artist in residence::13“ -18.06.

VHS

- „Gedok: Debut 2021“ 13.06.-04.07.

BASEL

FREIBURG

Antikenmuseum

- „Von Harmonie und Ekstase. Musik

in den frühen Kulturen“ -19.09.

Fondation Beyeler

- „Life von Olafur Eliasson“ -Juli

Haus der elektronischen Künste

- „Schweizer Medienkunst: Studer/

van den Berg, Maria Guta, Simone

C Niquille - Pax Art Awards 2020“

09.06.-15.08.

Historisches Museum Basel

- „Briefe von Exilautorinnen und

-autoren“ -13.06.

- „Wildsau & Kopfsalat“ 08.06.-31.12.

Kunsthalle Basel

- „Joachim Bandau: Die Nichtschönen,

Werke / Works 1967-1974“-06.06.

- „Judith Kakon“ -15.08.

Kunsthaus Baselland

- „Marina Rosenfeld: W‘ll start a fire“

11.06.-26.09.

- „Andrea Blum: Parallel Lives“

11.06.-26.09.

- „Anna Maria Maiolino: In the sky I

am one and many and as a human I

am everything and nothing“

11.06.-26.09.

Kunstmuseum Basel

- „Sophie Taeuber-Arp“ -20.06.

Museum Tinguely

- „Impasse Ronsin. Mord, Liebe und

Kunst im Herzen von Paris“ -29.08.

- „Leu Art Family. Caresser la peau du

ciel“ -31.10.

- „Bruce Conner. Light out of Darkness“

-28.11.

S AM

- „Access for All. São Paulos soziale

Infrastruktur“ -15.08.

ANDERE ORTE

ABU DHABI (AE)

Louvre Abu Dhabi

- „Abstraction and Calligraphy - Towards

a Universal Language“ -12.06.

Amsterdam (NL)

Foam Fotografiemuseum

- „Les Adu - I Am“ -27.06.

- „Laia Abril: A History of Misogyny,

Chapter Two: On Rape“ -27.06.

Ravestijn Gallery

- „Thomas Kuijpers: Volumes“ -26.06.

Van Gogh Museum

- „Here to stay: A decade of remarkable

acquisitions and their stories“

-29.08.

Augsburg

Galerie Noah

- „Alex Katz“ -13.06.

Baden-Baden

Kunstmuseum Gehrke Remund

- „Frida Kahlo: Leid und Leidenschaft“

-Dauer

Kurgarten

- „Jeppe Hein: Kunst findet stadt“

31.07.-05.09.

Museum LA8

- „Schön und gefährlich. Die hohe See

im 19. Jahrhundert“ -05.09.

Museum Frieder Burda

- „Impressionismus in Russland“

-15.08.

- „James Turrell: Accretion Disc“

(ständig)

Staatliche Kunsthalle

- „Yael Bartana: Resurrection I-II“

-28.06.

- „Jan St. Werner: Encourage The

Stream“ -17.10.

- „State and Nature“ 19.06.-17.10.

BARCELONA (E)

Museu d’Art Contemporani

- „Felix Gonzalez-Torres: The Politics

of Relation“ -12.09.

BERLIN

Galerie Brockstedt

- „Gemälde zeitgenössischer Kunst

aus den Beständen der Galerie“

-30.06.

Galerie Crone

- „Emmanuel Bornstein“ -05.06.

- „Ashley Hans Scheirl“ -18.06.

Gropius Bau

- „Yayoi Kusama: Eine Retrospektive“

-15.08.

Hamburger Bahnhof

- „Pauline Curnier Jardin: Fat to

Ashes“ -19.09.

Schwules Museum

- „Intimacy: New Queer Art From

Berlin And Beyond“ -30.08.

- „Irène Mélix: lonely hearts“ -23.08.

Willy-Brandt-Haus

- „25 Jahre FkWBH Photo“ -31.07.

BERN (CH)

Alpines Museum der Schweiz

- „Let‘s Talk about Mountains: Eine

filmische Annäherung an Nordkorea“

-03.07.22

Kunstmuseum Bern

- „August Gaul: Moderne Tiere“

04.06.-24.1.

Zentrum Paul Klee

- „Paul Klee. Ich will nichts wissen“

-29.08.

- „Riesen=Schöpfung. Die Welt von

Adolf Wölfli“ -15.08.

BIETIGHEIM-BISSINGEN

Städtische Galerie

- „Keine Schwellenangst! Die Tür

als Motiv in der Gegenwartskunst“

-06.06.

bilbao (e)

guggenheim Museum

- „The Roaring Twenties“ -19.09.

- „The Line Of Wit“ 11.06.-06.02.22

Bonn

Bundeskunsthalle

- „Aby Warburg: Bilderatlas Mnemosyne

- Das Original“ -25.07.

BREGENZ (A)

Kunsthaus Bregenz


KUnst KULTUR JOKER 15

- „Pamela Rosenkranz: House of

Meme“ -04.07.

- „Lois Weinberger“ -04.07.

- „Anri Sala“ 17.07.-10.10.

Vorarlberg Museum

- „2000 m über dem Meer“ -27.06.

BREMEN

Kunsthalle

- „The Picasso Connection. The Artist

and his German Gallerist“

-18.07.

- „Herzstücke: Von Kollwitz bis Miró“

-11.07.

BREISACH

Kunstkreis Radbrunnen

- „Beatrix Tamm und Mary Horstschulze“

20.06.-25.07.

Museum für Stadtgeschichte

- „Ausstellung zur Geschichte der

Stadt Breisach am Rhein” (ständig)

BRUCHSAL

Schloss Bruchsal

- „Busy Girl - Barbie macht Karriere“

-13.06.

BRÜSSEL (BEL)

Galerie Templon

- „Chiharu Shiota: Living Inside“

-24.07.

CHAUMANT (F)

- „Biennale internationale de design

graphique 2021“ -21.11.

COLMAR (F)

Musée Unterlinden

- „Yan Pei-Ming - Au nom du père“

-06.09.

DAKAR (SEN)

Galerie Cécile Fakhoury‘s space

- „Roméo Mivekannin“ -05.06.

DARMSTADT

Kunstforum der TU

- „Hilde Roth: Eine Zeitreise durch

Darmstadt 1950-1990“ -03.10.

DENZLINGEN

Galerie im Alten Rathaus

- „Angelina Kuzmanovic´“11.06.-11.07.

DRESDEN

Deutsches Hygienemuseum

- „Future Food. Essen für die Welt von

morgen“ -26.09.

DÜREN

Leopold-Hoesch-Museum

- „Alice Creischer: Komm, wir gehen

in die Wälder“ -08.08.

EBRINGEN

Badisches Kunstforum

- „Heinz Krüger: Moskau 1982“

25.06.-11.07.

FRANKFURT am main

- „4. internationale Triennale der

künstlerischen Fotografie und verwandten

Medien“ -12.09.

Kunststiftung DZ Bank

- „Adrian Sauer: Identitäten und

Ideologien“ -11.09.

Schirn Kunsthalle

- „Caroline Monnet: Transatlantic“

-05.09.

GRAZ (A)

Neue Galerie Graz

- „Kunst-Kontroversen“ -17.10.

Hamburg

Deichtorhallen

- „Katharina Sieverding“ -25.07.

- „William Kentridge“ -01.08.

- „Family Affairs“ -04.07.

HEIDELBERG

Sammlung Prinzhorn

- „Grenzgänger zwischen Kunst und

Psychiatrie / Werke der Sammlung

Kraft“ -11.07.

Karlsruhe

Badischer Kunstverein

- „Dinge, die wir voneinander ahnen:

21 Künstler*innen“ -04.07.

Badisches Landesmuseum/

Schloss

- „HumAnimal - Das Tier und Wir“

-06.06.

- „Räuber Hotzenplotz Mitmachausstellung

für Familien“ -06.06.

Naturkundemuseum

- „Kosmos Kaffee“ -06.06.

Städtische Galerie

- „Verborgene Spuren. Jüdische

Künstler*innen, Architekt*innen und

Fotograf*innen in Karlsruhe“ -08.08.

- „Daniel Roth: Stac Lee“ -12.09.

- „Peco Kawashima“ -08.08.

- „Wilhelm Loth. Figuration 1949-

1989“ -12.09.

ZKM

-“Chiharu Shiota. Connected to Life“

-11.07.

- „BarabásiLab. Hidden Patterns.

Netzwerkdenken“ -16.01.22

KIEL

Kunsthalle zu Kiel

- „Zauber der Wirklichkeit. Der Maler

Albert Aereboe“ -05.09.

KIRCHZARTEN

Kunstverein Kirchzarten

- „Aurora“ -20.06.

KOCHEL AM SEE

Franz Marc Museum

- „Anselm Kiefer: Opus Magnum“

-06.06.

KÖLN

in focus Galerie

- „Anna Halm Schudel: Blossom“

-01.07.

Museum Ludwig

- „Andy Warhol Now“ -13.06.

- „Sissi privat. Die Fotoalben der

Kaiserin“ -04.07.

Parrotta Contemporary Art Gallery

- „Les Fleures du Mal: Wo alles

Ungeheure so wie eine Blume sprießt“

-01.08.

LEIPZIG

Museum für Druckkunst

- „Zeit zu drucken“ -13.06.

LICHTENSTEIN (LIE)

Kunstmuseum Lichtenstein

- „Werke aus der Hilti Art Foundation“

-10.10.

LÖRRACH

Dreiländermuseum

- „Kunst und Nationalsozialismus“

-11.07.

- „Gefeiert und gefürchtet“ -11.07.

LUDWIGSHAFEN

Wilhelm Hack Museum

- „Katja Aufleger: Schwindelerregende

Höhen“ -22.08.

MADRID (E)

Museo Reina Sofía

- „Trilogía marroquí“ -27.09.

Mannheim

Kunsthalle Mannheim

- „Grenzenlos – Michael Buthes

Künstlerbücher“ -13.06.

- „Anselm Kiefer“ -22.08.

- „James Ensor“ 11.06.-03.10.

Reiss-Engelhorn-Museen

- „In 80 Bildern um die Welt“ -04.07.

MARCH

Kunstverein March

- „Skulptour - Der Kunstweg. Optische

Mitte. 8 KünstlerInnen“ -01.08.

- „30 Jahre Kunstverein March //

Format 30 X 30“ 05.06.-27.06.

MERZHAUSEN

Kulturverein artisse e.V.

- „Christel A. Steier: Autonome Räume

- Innere Landschaften“ -07.06.

METZ (F)

Centre Pompidou

- „Chagall. Überbringer des Lichts“

-30.08.

- „Aerodream. Architektur, Design und

Aufblasbare Strukturen 1950-2020“

-23.08.

MOSKAU (R)

Staatliche Tretjakow-Galerie

- „Träume von Freiheit. Romantik in

Russland und Deutschland“ -08.08.

MÜNCHEN

Lenbachhaus

- „Unter freiem Himmel. Unterwegs

mit Wassily Kandinsky und Gabriele

Münter“ -30.01.22

Pinakothek

- „Nicholas Nixon. The Brown Sister,

1975-2020“ -11.07.

- „Francis Alÿs: Re-Enactments“

-05.09.

Villa Stuck

- „Bis ans Ende der Welt und über

den Rand – mit Adolf Wölfli“ -25.07.

- „Lee Mingwei: Li, Geschenke, Rituale“

-12.09.

PARIS (F)

Galerie Miranda

- „Rebels & Dandys“ -26.06.

Galerie Templon

- „Gérard Garouste“ -19.06.

- „Jean-Michel Alberola“ -17.07.

Jeu de Paume

- „Michael Schmidt: A New German

Perspective“ -08.06.-28.09.

OFFENBURG

Städtische Galerie Offenburg

- „Peter Bosshart“ -20.06.

RIEGEL

Galerie Messmer

- „Richard Dubure: Today or not

today“ -04.07.

Kunsthalle Messmer

- „Linda McCartney: The Sixties and

more“ -04.07.

ROTTWEIL

Erich Hauser Kunststiftung

- „Sammlung“ -ständig

SPEYER

Historisches Museum der Pfalz

- „Medicus: Die Macht des Wissens“

-13.06.

- „Der Grüffelo“ -27.06.

STAUFEN

Galerie K

- „Restart 2.1“ b.a.w.

Keramikmuseum

- „Andreas Steinemann: Der perfekte

Schnitt“ -04.07.

STRASBOURG (F)

Archäologisches Museum

- „Archäologische Sammlung“-28.06.

Museum für bildende Kunst

- „Wofür wurden Bilder gemalt, als es

noch keine Museen gab?“ -02.08.

ST. Gallen (CH)

Kunstmuseum

- „Erker“ -21.11.

- „Welt am Draht“ -29.08.

- „Einblicke - Ausblicke. Sammlungsperspektiven

II“ 05.06.-10.10.

Museum im Lagerhaus

- „Durch die Linse: Fotografien aus

dem Psychatriealltag“ -11.07.

ST. Märgen

Kloster Museum

- „Holzräderuhren“ -2021

STUTTGART

Kunstmuseum

- „Frischzelle_27: Claudia Magdalena

Merk“ -19.09.21

- „Kamm, Pastell und Buttermilch“

-26.09.

Landesmuseum

- „Fashion?! Was Mode zu Mode

macht“ -24.04.22

Staatsgalerie

- „Mit allen Sinnen! Französischer

Impressionismus“ -04.07.

- „Joseph Beuys. Der Raumkurator“

-18.07.

- „Trotz allem. Fred Uhlman. Ein jüdisches

Schicksal“ -12.09.

TÜBINGEN

Art 28 Gallery

- „90 Jahre Janosch“ -28.08.

Kunsthalle

- „Karin Sander“ -04.07.

ULM

Kunsthalle Weishaupt

- “Intermezzo - Die Sammlung als

Zwischenspiel“

b.a.w.

WALDENBUCH

Museum Ritter

- „Heinz Mack. Werke im Licht (1956-

2017) -19.09.

WALDKIRCH

GeorgScholzHaus

- „Stefanie Höll: Temporary Setup“

13.06.-18.07.

WATTWILLER (F)

Fondation Francois Schneider

- „Les territoires de l‘eau“ -26.09.

WEIL AM RHEIN

Vitra Design Museum

- „Deutsches Design 1949–1989:

Zwei Länder, eine Geschichte“- 05.09.

- „Memphis. 40 Jahre Kitsch und

Eleganz“ -23.01.22

Wien (A)

Belvedere

- „Johann Jakob Hartmann“ -29.08.

- „Christine und Irene Hohenbüchler“

-12.09.

Kunstforum

- „Gerhard Richter: Landschaften“

-07.03.

- „Daniel Spoerri“ -27.06.

MUMOK

- „Hugo Canoilas. On the extremes of

good and evil“ -20.06.

WOLFSBURG

Kunstmuseum Wolfsburg

- „In aller Munde. Von Pieter Bruegel

bis Cindy Sherman“ -06.06.

- „Macht! Licht!“ -10.07.

- „Mischa Kuball. ReferenzRäume“

-19.09.

ZÜRICH (CH)

Kunsthaus

- „Gerhard Richter. Landschaft“-25.07.

- „Hodler, Klimt und die Wiener Werkstätte“

-29.08.

Migros Museum für Gegenwartskunst

- „Yael Davids: One Is Always a

Plural“ -05.09.

Museum Haus Konstruktiv

- „Dóra Maurer: Zimoun“ 10.06.-12.09.

Photobastei

- „Zürich - Schwarz auf Weiss“

-06.12.

„Distanz schärft

den Blick“

8. Schweizerische Triennale der Skulptur in

Bad Ragaz

Die Bad RagARTz 2021, eine

der renommiertesten Freiluftausstellungen

weltweit, ist

noch bis 31. Oktober 2021 zu

bestaunen. Während dieser

Zeit verwandeln sich der Kurort

Bad Ragaz und – erstmals

in der Geschichte der Ausstellung

– auch das idyllisch gelegene

Valens im Taminatal in

eine Landschaft voller Skulpturen.

Ergänzend findet im

Alten Bad Pfäfers das ebenso

beliebte Festival der Kleinskulpturen

statt.

Rund 80 Künstler*innen aus

zahlreichen Ländern zeigen

um die 400 Skulpturen. Das

Motto lautet heuer „Distanz

schärft den Blick“. Ursprünglich

inspiriert vom „Weltanschauungsmodell“

des bekannten

deutschen Künstlers

Ottmar Hörl hat der Slogan in

den letzten Monaten einiges an

Tragweite gewonnen.

Kunst hilft, Distanzen zu

überbrücken, zu verringern.

Zuversichtlich zeigen sich deshalb

in diesen für alle nicht

einfachen Tagen die Organisatoren

Esther und Rolf Hohmeister:

„Einmal mehr ist die

Kunst der Lichtblick und ein

hoffnungsvolles Zeichen für

eine Zukunft voller Kreativität,

Gemeinsamkeit und Freude“.

Die Kunstwerke bereichern

Skultpuren von Reiner Seliger bei der Triennale 2021 in Bad Ragaz

den sozialen Raum im Sarganserland

für mehrere Monate.

Auf der Liste der Kunstschaffenden

finden sich illustre Namen

wie Don Porcaro (USA),

Xhixha Helidon (Albanien),

Christina Wendt (Schweiz),

Liu Yonggang (China), Samuel

Salcedo (Spanien), Mahmoud

Obaidi (Irak) oder Christel

Lechner (Deutschland). Auch

der Freiburger Künstler Reiner

Seliger stellt bei der 8. Schweizerischen

Triennale der Skulptur

in Bad Ragaz und Valens

Skulpturen aus.

An der Bad RagARTz 2021

gibt es keine Türe und keinen

Eintritt. Man braucht nur die

Bereitschaft, der Kunst auf

Schritt und Tritt begegnen zu

wollen. Hinter dem Engagement

des Ehepaars Hohmeister

steht die Idee, Kunst aus

Foto: Reiner Seliger

Museen ins Freie zum Publikum

zu bringen. Events wie

DorfART oder die zahlreichen

Kunstführungen bereichern

die Skulpturenschau in diesem

Jahr.

„Distanz schärft den Blick“,

8. Schweizerische Triennale

der Skulptur in Bad Ragaz und

Valens. Bis 31. Oktober 2021.

Weitere Infos: www.badragartz.ch


16 KULTUR JOKER kultour

Alexandre Rockwell: „Sweet Things“ Foto: PD

Kinoträume und echte Begegnungen

Das Bildrausch Filmfest feiert Jubiläum – mit einem abwechslungsreichen hybriden Programm vor Ort und digital

Ein etabliertes Format hat

Grund zum Feiern. Das

Bildrausch Filmfest in Basel

findet 2021 zum nunmehr

zehnten Mal statt und schafft

zu schwierigen Zeiten Kinoerlebnisse

im hybriden Format.

Vom 16. bis 20. Juni

kommen Kinobesuche und

Streamingangebote zusammen

und eröffnen einen Blick

zurück und in die Zukunft –

die Zukunft des Bildrausch

Filmfests und die Zukunft

des Kinos überhaupt.

Das Bildrausch Filmfest versteht

sich von seinen Anfängen

im Jahr 2011 an als eine

Brücke zwischen Basel und

der Welt, dem Gestern und

dem Heute. Der Wettbewerb

„Cutting Edge“ war immer

international und bot Stimmen

und Bildern aus aller Welt

Raum. Eine Hommage bietet

das Bildrausch Filmfest im

Jubiläumsjahr dem Künstlerpaar

Joana Hadjithomas und

Khalil Joreige sowie dem kanadischen

Filmemacher Félix

Dufour-Laperrière. Sie alle

trennen Gegenwart nicht von

der Vergangenheit, das Öffentliche

nicht vom Privaten,

sondern suchen in ihren tiefgreifenden

Beobachtungen

Verschränkungen, die es erst

ermöglichen, die komplexe

Gegenwart begreifbar zu machen.

Aus dieser Perspektive

ergibt sich der Kampf gegen

repressive Systeme des Kolonialismus

oder des Patriarchats.

Ein Kampf, der nicht

immer ernst, sondern auch

mit Spiel und Humor beginnt,

bisweilen auch mit nackter Panik.

Am Ende bleibt die selbstbewusste

Pose jener, die den

Widerstand wagen, im Leisen

oder Lauten.

Im Jubiläumsjahr stellt das

Bildrausch Filmfest eine neue

Programmsektion vor: „Kaleidoskop“

ist ihr Name und ihr

Programm. Die Zeit, in der

wir leben, soll in allen Facetten

und Details, die uns das

Kino geben kann, gespiegelt

werden. Von Gattungsgrenzen

soll also erst gar nicht

gesprochen werden. Kunstexperimente

und Genrefilme

stehen Seite an Seite und bilden

ein vielfältiges Bild der

Wirklichkeit, dem sich das

Festival auch überhaupt verschreibt

– ebenso wie es sich

den Begegnungen auf und neben

der Leinwand verschreibt.

Im neuen Festivalzentrum auf

dem Theaterplatz, bei den

zahlreichen Partnerinstitutionen

oder beim nächtlichen

filmischen Stadtrundgang „A

City is a Cinema“ (18.06., 22

Uhr). Neu ist dieses Jahr der

digitale Begegnungsraum, der

alle mit Internetverbindung

dazu einlädt, die verschiedenen

Formate des Festivals

auch daheim zu entdecken.

Doch zurück zu den Ehrengästen

des Festivals. Das libanesische

Duo Joana Hadjithomas

und Khalil Joreige

schafft seit mehr als 25 Jahren

ein kritisches Bewusstsein

für das Land, in dem sie leben.

Die Ko-Leiter*innen des

Filmfests Nicole Reinhard und

Beat Schneider dazu: „An der

Schnittstelle zwischen Kunst

und Film ergründet ihr persönlich

geprägtes Werk die

Geschichte und Gegenwart

ihrer durch Krieg und Gewalt

gebeutelten Heimat.“ Ein Beispiel

dafür gibt ihr Dokufilm

„Khiam“ , der von dem gleichnamigen

Haftzentrum und

seinen Opfern erzählt. (18.06.,

14 Uhr) „Je Veux Voir“ zeigt

Catherine Deneuve und Rabih

Mroué auf ihrer Reise zu den

Schauplätzen des Libanonkrieges.

Fiktion und Realität

vermengen sich. (19.06., 19

Uhr) „The Lebanese Rocket

Society“ erzählt von der unwahrscheinlichen

Weltraummission

libanesischer Studierender

(20.06., 10.15 Uhr),

während „Memory Box“ ganz

persönlich Dokumente geflüchteter

libanesischer Frauen

erkundet (18.06., 21 Uhr). Privates

und Gesellschaftliches

sind bei Joana Hadjithomas

und Khalil Joreige nie zu trennen.

An einen anderen Ort lenkt

die nächste Hommage des

Filmfests. Félix Dufour-

Laperrière ist Chronist der

Zukunft und Geschichte des

kanadischen Quebec. „Seine

visuell betörenden Animationen

befreien das Kino von

herkömmlichen Zuschreibungen

und tauchen persönliches

Erleben und politische

Heimat in sinnliche Poesie“,

so die Ko-Leiter*innen.


kultour KULTUR JOKER 17

Von den Traditionen des Films

lässt sich Dufour-Laperrière

nicht beschränken. Die Werke

des jungen Filmmachers vereinen

Spiel-, Dokumentar-,

Animations- und Avantgardefilm.

„Transatlantique“ ist der

erste Film der kleinen Werkschau.

Hier steht ein Frachter

im Mittelpunkt, ein Frachter

und seine Begegnung mit den

Urgewalten des Atlantiks.

(19.06., 16 Uhr) Eine ganz anders

geartete Begegnung verspricht

„Ville Neuve“, der von

der Beziehung Josephs und

Emmas erzählt – in Tusche

und expressiver Farbe. (17.06.,

18.45 Uhr) Wer hier schon

die Abwechslung liebt, wird

mit dem Kurzfilmprogramm

bedient. Zehn kleine Filme

zeigen Dufour-Laperrières

Fähigkeit, Stil und Inhalt frech

und lebendig zu wechseln und

eigensinnige Werke zu gestalten.

(18.06., 16 Uhr).

Unter dem Titel „Im Neuen

Kino“ steht ein kleines Special

zu Ludwig Wüst. Dessen

Trilogie bestehend aus

„Das Haus meines Vaters“

(17.06., 18 Uhr), „Aufbruch“

(17.06., 20.30 Uhr), „3.30PM“

(18.06., 20.30 Uhr) erzählen

von Roadtrips zur „Heimat“,

ob das ein Elternhaus oder die

Transzendenz bedeutet.

Transzendenz im Mindesten

verspricht das neue Format

„Kaleidoskop“. Einen ungewöhnlichen

Blick bietet Joe

Odagiris Film „Aru Sendo

No Hanashi“ über einen Fährmann,

der auf eine Leiche

trifft. (20.06., 18 Uhr) Ganz

abstrakt sind „Bill Morrisons

Hypnotic Pictures“, eine Reise

durch Bild- und Tonwelten,

nah am filmischen Material.

(17.06., 21.30 Uhr) Ein Klas

siker des iranischen Kinos ist

„Gavaznha“, die Geschichte

des Diebes Ghodrat, der

die ganze Zeit auf der Flucht

bleibt. (19.06., 14 Uhr) Die

Begegnung zweier klassischer

Regisseure, Dennis Hopper

und Orson Welles, verspricht

die eigensinnige Dokumentation

„Hopper/Welles“. (20.06.,

11 Uhr) Eine bissige Satire

verspricht Franco Maresos

Portrait der Mafia: „La Mafia

Non É Più Quella Di Una

Volta“. (19.06., 17 Uhr) Experimentell

hingegen Siegfried

A. Fruhaufs Manipulation

idyllischen Bildmaterials –

mit halluzinogener Wirkung:

„Fruhaufs Kosmos“! (19.06.,

22.30 Uhr) In diesem wilden

Programm verschiedener Perspektiven

muss aber auch ein

bisschen Spiel sein. „Les Sorcières

De L‘Orient“ berichtet

vom legendären wie sonderbaren

Erfolg des Damenvolley-Teams

eines japanischen

Textilkonzerns in den 60ern.

(18.06., 18.30 Uhr) Ebenfalls

eine Geschichte über Frauen

Susanna Nicchiarelli: „Miss Marx“

bietet „The World to Come“,

eine leise lesbische Liebesgeschichte

im Jahr 1850. (18.06.,

18.15 Uhr) Auch „Zumirki“

spielt an einem entfernten

Ort, einer halbüberschwemmten

Flussinsel. Hier baut sich

Regisseur Oskar Alegria eine

Holzhüte, deren Inneres zum

kinematografischen Schauraum

wird. (20.06., 13.30 Uhr).

Zum Schluss zum Herzstück

des Bildrausch Filmfests, dem

internationalen Wettbewerb

„Cutting Edge“. Hier treten

Filme aus verschiedenen Ländern

gegeneinander an. Zum

Festivalende entscheidet eine

Expertenjury, welcher Film

gewinnt und zeichnet den/die

Schaffende dahinter mit dem

Bildrausch-Ring der Filmkunst

aus.

Im Wettbewerbsprogramm

ist auch der neue Film des

Ehrengasts Félix Dufour-

Laperrière: „Archipel“, eine

metaphorische wie tatsächliche

Reise auf die 234 Inseln

des kanadischen Hochelaga-Archipels.

(18.06., 21.15

Uhr; 19.06., 11.15 Uhr) Ganz

anders „Blutsauger“ – eine

Vampirkomödie zwischen Stalins

Russland und Amerika.

(18.06., 13 Uhr; 19.06., 21.15

Uhr) „Dashte Khamoush“ berichtet

vom Zusammenbruch

einer Backsteinfabrik im

Iran – mit alle seinen Folgen

für das tragische Individuum.

(17.06., 13.30 Uhr; 18.06.,

18.15 Uhr) Dominik Graf, der

den diesjährigen Ehrenpreis

des Filmfests erhält, ist mit

seiner Kästner-Verfilmung

„Fabian oder der Gang vor die

Hunde“ außer Konkurrenz im

Wettbewerb vertreten. (19.06.,

19.30 Uhr) Fiktionalisiert und

doch mit erschreckend realem

Vorbild ist „Feast“, das von

einer gezielten Infektion einiger

Männer mit HIV erzählt.

(18.06., 15.45 Uhr; 20.06.,

16.30 Uhr) Eine ebenfalls fatale

Begegnung beschreibt die

filmische Collage „Jenayat-E

Bi Deghat“ über einen Brandanschlag

auf ein iranisches

Kino 1978 und der Begegnung

von Tätern und Opfern vor

der Leinwand später. (17.06.,

13 Uhr; 19.06., 18 Uhr) „Në

kërkim të Venerës“ berichtet

von der Selbstermächtigung

einer jungen Frau im Kosovo.

(17.06., 10 Uhr; 19.06., 19.45

Uhr) Weitere Filme im Wettbewerbsprogramm,

das sich

von der letzt- und diesjährigen

Pandemielage nicht einschränken

lässt, sind das Biopic der

Marx-Tochter Eleanor „Miss

Marx“ (16.06., 18 und 19.15

Uhr), die Dokumentation „A

Pas Aveugles“ über die Würde

Inhaftierter in Konzentrations-

und Vernichtungslagern

(17.06., 21 Uhr; 18.06., 10 Uhr)

oder die Jugendrevolte voller

Fantasie in „Sweet Things“

(16.06., 21.30 Uhr; 18.06., 10

Uhr).

Eine Master Class mit Kevin

B. Lee (18.06., 11 Uhr), eine

Lecture zu Holz von Special

Guest Ludwig Wüst (18.06.,

16.30 Uhr), das Format „Filmschaffende

an den Kopftöpfen“

(19.06., 18.30 Uhr) oder

das Bildrausch Filmquiz

(19.06., 21.15 Uhr) bieten dazu

ein buntes Rahmenprogramm

und Raum für Begegnungen.

Für das Bildrausch Filmfest

ist ein Festivalpass erhältlich.

Der Vorverkauf ist eröffnet.

Das vollständige Programm

mit weiteren Filmen, Details,

Foto: PD

den Spielstätten sowie die

Möglichkeit zum Online-Streaming:

www.bildrausch-basel.

ch

Fabian Lutz


18 KULTUR JOKER VISION

Zur Vielfalt der Kultur in

Freiburg zählen die Orte, an

denen sich etwas ereignet. Seit

Ende 2020 ist die ehemalige Gaskugel

der Badenova im Gewann

Betzenhausen für eine neue Nutzung,

anstatt eines Abrisses, in

der Debatte. Martin Flashar

sprach mit der Initiatorin des

Vorhabens Heike Piehler.

Kultur Joker: Liebe Frau Piehler,

wie entstand die Idee zu dem

Gaskugel-Projekt?

Heike Piehler: Es ging darum,

die Kugel vor dem Abriss zu bewahren

– das war im Sommer

2019, als sich der Arbeitskreis

Gaskugel mit seinen vier Trägerinstitutionen

formierte. Gleichzeitig

brauchte es ein Nutzungskonzept,

um zu zeigen, was hier möglich ist,

und schließlich ein breites Netzwerk

von Mitdenker*innen und

Unterstützer*innen.

Kultur Joker: Als Kunsthistorikerin

und ehemalige kuratorische

Leiterin des E-Werks in Freiburg

kennen Sie die Szene und haben

ein Gespür für den Bedarf. Warum

die Gaskugel als neuer Kunstort?

Heike Piehler: Ich würde es anders

herum sehen: Die Gaskugel

Kulturort Gaskugel

Eine Chance für Freiburg

Heike Piehler, Initiatorin des Gaskugel-Projekts

Foto: privat Die stillgelegte Gaskugel Foto: Arbeitskreis Gaskugel

ist ja nicht neu, sie ist schon da,

ein Kulturdenkmal per se. Unser

Ziel ist, dieses imposante Bauwerk

für die Bürger*innen zu

öffnen und erlebbar zu machen.

Veranstaltungen wie im E-Werk

sind hier gar nicht möglich: Die

Echoakustik ist so spektakulär

und so dominant, dass hier nur

Aufführungen funktionieren, die

unmittelbar auf diese Akustik

eingehen, mit ihr spielen.

Kultur Joker: Verantwortlich

für das Projekt zeichnet eine

gemeinnützige GmbH. Wie finanziert

sie sich? Brauchen Sie

öffentliche Zuschüsse?

Heike Piehler: Die Freiburger

Stiftung BauKulturerbe hat der

Stadt und der Badenova angeboten,

die Kugel zu übernehmen. Sie

ist seit Beginn dabei und bringt

ihre Expertise ein. Wir planen

den Betrieb ohne institutionelle

Zuschüsse, als Bürgerprojekt,

gemeinnützig. Im Gegenzug sind

wir aber auf die Finanzierung der

notwendigen Baumaßnahmen

und der Erstausstattung angewiesen,

und auf Unterstützung bei

der Einwerbung überregionaler

Fördergelder.

Kultur Joker: Sie kennen natürlich

den Gasometer in Oberhausen,

Ausstellungshalle seit 25

Jahren. Und es gibt den ‚kleinen

Bruder‘ in Pforzheim, der stärker

interdisziplinär, aber auch

kommerzieller arbeitet, z. B. als

Event-Location. Wie sehen Sie

das künftige Profil der Freiburger

Gaskugel?

Heike Piehler: Der Gasometer

in Pforzheim wurde von innen

und außen komplett verkleidet,

da ist vom eigentlichen Denkmal

nicht mehr viel zu sehen. In Oberhausen

wurde das sehr viel besser

gelöst, puristischer, das wäre ein

gutes Vorbild. Wobei das Innenleben

einer rundum geschlossenen

Eisenkugel selbst schon

ein verrücktes Erlebnis ist, ein

Klang-Event, das man so schnell

nicht vergessen wird. Anders als

in Pforzheim und in Oberhausen

wird es ein intimeres Erlebnis nur

für kleine Besuchergruppen sein.

Eine größere Besucherzahl ist

wegen der speziellen Akustik gar

nicht möglich – also auch keine

kommerzielle Event-Location.

Kultur Joker: In Kürze erscheint

das Buch „Freiburger

Gasgeschichte(n)“ …

Heike Piehler: Um jedes Baudenkmal

rankt sich ein Stück Zeitgeschichte.

Wir hatten Glück, dass

mit Richard Funk ein ausgewiesener

Kenner ins Team gekommen

ist: Als Technischer Direktor

der früheren FEW (Freiburger

Energie- und Wasserversorgung

AG) hat er die Kugel mit geplant

und weiß viel zu erzählen. Im

Ruhestand hat er einen Rückblick

zur Freiburger Gasversorgung

seit 1850 verfasst. Inzwischen ist

Richard Funk 91 Jahre alt und ich

bin froh, dass wir sein wertvolles

Wissen festhalten können. Und

ich war überrascht, was sich in

den Bildarchiven noch alles fand,

zum Beispiel auch vom Bau der

Kugel oder der früheren Gasometer,

die längst abgerissen sind.

Kultur Joker: Also der bewusste

Fingerzeig auf die in Freiburg so

raren Industriedenkmale …?

Heike Piehler: Ja genau, es gab

z. B. noch eine zweite, kleinere

Kugel im Industriegebiet Nord,

das weiß heute fast niemand mehr.

Wir wollten aber auch wissen, wie

es künftig um die Gasversorgung

bestellt ist, ob Gas als fossiler

Energieträger überhaupt eine Zukunft

hat? Dieser Frage widmet

sich der Energiejournalist Bernward

Janzing in seinem Ausblick

mit interessanten Ergebnissen.

Wir sind inzwischen gerüstet, ab

sofort Führungen zur Gaskugel

anzubieten.

Kultur Joker: Derzeit arbeitet

Ihre Initiative an einem ‚Betriebskonzept‘,

das in ein bis zwei

Monaten der Öffentlichkeit vorgestellt

werden soll. Können Sie

schon erste Eckpunkte verraten?

Wie ist der weitere Zeitplan?

Heike Piehler: Wir wollen

die Kugel zugänglich machen

und sie bespielen, den Park

öffnen, ein Ausflugsziel vor

allem für Fußgänger*innen und

Fahrradfahrer*innen schaffen,

mit Gartencafé und der nötigen

Infrastruktur. Darüber hinaus

geht es darum, die Geschichte des

Denkmals zu vermitteln und ein

Doku-Zentrum zum Thema „Wasser

– Klima – Energie“ zu realisieren,

das den Blick in die Zukunft

richtet. In dem Betriebskonzept

versuchen wir, alles konkret zu

planen und mit Zahlen zu hinterlegen.

Sobald wir grünes Licht

von der Stadt und der Badenova

bekommen, geht es dann um die

Einwerbung von Drittmitteln. Unser

Ziel ist, in zwei bis drei Jahren

eröffnen zu können.

Kultur Joker: Liebe Frau Piehler,

wir danken für das Gespräch

und wünschen viel Erfolg!

Info:

www.gaskugel-freiburg.de

Der „Arbeitskreis Gaskugel“

ist eine gemeinsame Initiative

von: Bürgerverein Betzenhausen-

Bischofslinde e.V., Kultur- und

Geschichtskreis Betzenhausen-

Bischofslinde e.V., Arbeitsgemeinschaft

Freiburger Stadtbild

e.V. und Stiftung BauKulturerbe

gGmbH.

R. Funk, Freiburger

Gasgeschichte(n) – 1850 bis heute.

112 Seiten, Picea Verlag Freiburg.

14,80 €. Erscheint am 1. Juli

2021.

Satzung erweitert, offene Fragen

Kunstkommission bekommt mehr Befugnisse, aber auch Verantwortung

Die Kunstkommission der

Stadt Freiburg wurde 2014

neu eingesetzt – nachdem es

kulturpolitischen Protest gab,

sie zu reaktivieren. Das Vorgängergremium

war 2003 auf

Beschluss des Gemeinderats

aufgelöst worden. Mit der

Neuetablierung wurde eine

Satzung für die Kommission

verabschiedet. Nun entstand

Handlungsbedarf, selbige zu

erweitern.

Zum Jahresbeginn 2020

wurden nicht nur die Sachmittel

des Gremiums aufgestockt,

sondern auch eine 50

%-Stelle im Kulturamt für die

Geschäftsführung eingerichtet.

Der Gemeinderat hat am 24.

März 2021 die neue Satzung

verabschiedet. Auslöser waren

zwei Projekte im Rahmen

des sog. Stadtjubiläums, die

öffentlich aufgestellte Kunstwerke

betrafen, indes nicht mit

der Kommission abgestimmt

waren. Die wesentliche Änderung

besteht darin, dass auch

die „städtischen Gesellschaften

und städtischen Eigenbetriebe“

in den Verfügungsbereich

überschrieben werden. Gut ist

auch, dass temporäre Projekte

ab dreimonatiger Präsenz dem

Gremium vorzulegen sind. Zudem

kann und soll die Kommission,

was ohnedies klar

war, „konzeptionell arbeiten …

und zu einem innerstädtischen

Diskurs über Kunst im öffentlichen

Raum beitragen“. Das ist

ein deutlicher Auftrag! Es gab

einige öffentliche Veranstaltungen.

Doch seit Beginn der

Pandemie wurde es merklich

still. Erweiterte Impulse und

Formate sind also gefragt!

Ein Problem bleibt die Besetzung

des Gremiums. Die Mitglieder,

„zwei Künstler*innen,

zwei Kunstvermittler*innen,

ein Landschaftsarchitekt/in

oder Stadthistoriker/in“ werden

auf fünf Jahre berufen.

Aus der ersten Garde traten

die Künstlerin Andrea Mihaljevic

und der Architekt Michael

Gies nach Ablauf ihrer

Amtszeit 2019 nicht mehr an.

Aber wie erfolgt die Neubesetzung?

Das scheint auch durch

die Satzung in der erneuerten

Version nicht ganz eindeutig

zu sein. Der Gemeinderat hatte

keine alternativen Vorschläge,

konnte (und wollte wohl auch)

nicht debattieren und winkte

die Vorlage der Kulturverwaltung

am 11.10.2019 durch. Jetzt

sind da die Landschaftsarchitektin

Ane Nieschling und die

Kunststudentin Katrin Bauer

nachberufen. Ein Passus, der

sinnvollerweise auf eine einmalige

Wiederwahl limitiert,

fehlt auch in der neuen Satzung

noch.

Seit wenigen Tagen ist ein

50-minütiger (!) „Podcast“ der

Kommission online, zum Thema

„Street-Art“ und „Graffiti“

im öffentlichen Raum.

Viel persönliche Meinung der

Gremiumsmitglieder wird da

vorgelesen. Das Thema sollte

aber wirklich direkt mit den

angesprochenen Street-Art-

Künstlern, geführt sein – und

nicht ‚über sie‘. Im Moment

wirkt das wie ein Déjà-Vu, wie

ein Diskurs, der in anderen

Städten vor ca. 15 Jahren längst

schon gelaufen ist.

Martin Flashar






Kultur-los! KULTUR JOKER 23

Wir bleiben in Kontakt

Eine Kampagne steht für die Bindung zwischen Kulturszene und Publikum

S

eit gut einem Monat

infiltriert das

Futur II den öffentlichen

Raum in

Freiburg. Und noch

nie klang es optimistischer, so

als läge die Pandemie hinter

uns, so als wäre die Erfahrung

verarbeitet und längst

Teil des kollektiven Gedächtnisses.

Also: wer werden wir

gewesen sein? Doch wenn die

gemeinsame Aktion von Kulturamt

Freiburg, Theater Freiburg,

den Städtischen Museen

und der Stadtbibliothek etwas

nicht will, dann ist es, einfache

Antworten geben. Gemeinsam

mit den Kooperationspartnern

Schiffmann und der Agentur

Feyka und Herr haben die

städtischen Kulturinstitutionen

die Initiative kultur_los!

gestartet.

Sie ist eine Kampagne, die

den verschiedenen Institutionen

und Initiativen der Stadt

Sichtbarkeit geben will, aber

zugleich diese mit ihrem Publikum

verbinden möchte.

Denn kultur_los! meint nicht

nur, dass es jetzt doch endlich

mal wieder losgehen sollte mit

Theater, Museen, Kino, Konzerten

und Führungen, sondern

es meint auch ganz konkret

eine Verlosung. Lose sind

etwa Gutscheine für Aktionen

oder Veranstaltungen, um die

man sich bewerben kann.

In einer Zeit, in der die

Kultur in den Schatten des

Corona-Virus gerückt ist und

jenseits von Streamings einfach

nicht stattfindet, will die

Initiative diesen Verlust auch

als solchen bezeichnen. Und

aufzeigen, wie es weiter gehen

könnte, wenn die coronabedingten

Auflagen aufgehoben

sind. Kultur_los! ist ein Multiplikator

und ist offen für alle

jene, die gerade nicht spielen,

ausstellen oder Musik machen

können.

Entsprechend umtriebig ist

Kultur_los! in den sozialen

Medien. Und so haben sich

an die Initiative unter anderem

die Zinnfigurenklause,

die Schwule Filmwoche, aber

auch das Wallgraben Theater

angehängt. Gut 100 Einrichtungen

sind mittlerweile Teil

dieser Bewegung. „Kultur_los!

ist auch eine Auseinandersetzung

mit diesem Verlust und

der Frage, was bedeutet Kultur

und Kunst für mich“, sagt

Clementine Herzog vom Kulturamt

Freiburg. Die Idee kam

nach dem zweiten Lockdown

Wenn wir

auf heute

zurückblicken:

im vergangenen Herbst und

nach den Werkstattgesprächen

mit der freien Szene im Dezember

auf, die als Plattform

für einen gemeinsamen Austausch

von Kulturschaffenden

und den Häusern genützt wurden.

Finanziert wird Kultur_

los! von den vier Institutionen,

die als Initiatoren auftreten,

die jedoch keine Projektgelder

dafür verwenden. Was in Kultur_los!

fließt, wird nicht von

den Geldern abgezwackt, mit

denen etwa das Kulturamt die

freie Szene fördert.

Wer werden

wir

gewesen

sein?

Wenn die

Frage die

Antwort ist:

kulturlos.org

Und weil Kultur_los! zwar

keine einfachen Antworten

geben will, aber eben doch

der Kultur Räume eröffnen

möchte, breitet sich die Initiative

nicht nur wie ein Myzel

auf Instagram und Facebook

aus, sondern ist in der Stadt

durch eine Plakataktion, Flyer

und Sticker präsent. Die

Webseite bündelt alles. Die

Initiative will vor allem Anregungen

geben und so eine

Brücke schlagen zu der Zeit,

in der hoffentlich wieder alles

zugänglich ist. Und so machen

die Kulturschaffenden das,

was sie am besten können.

Die Stadtbibliothek etwa gibt

Lesetipps, Musikerinnen und

Musiker bieten Workshops an

wie etwa das ensemble aventure,

das Kulturamt lädt zu

Stadtführungen zum Thema

Kunst im öffentlichen Raum

ein. Ein bis zwei Verlosungen

pro Woche finden statt.

Die jeweiligen Formate

suchen Nähe zwischen Veranstalter

und Publikum. Beteiligen

sich möglichst viele,

dann schafft Kultur_Los! einen

Übergang zu den ersten

Veranstaltungen, gewinnt

vielleicht sogar ein neues Publikum

und schärft den Blick

für das, was uns wichtig ist.

Damit nicht genug, soll es

im Sommer ein eigenes Kultur_Los!

Festival geben. Im

Rahmen von Kultursommer

werden vom 5. bis 16. August

auf dem Alten Messplatz, dem

Stühlinger Kirchplatz und

dem Eschholzpark Bühnen

mit Konzerten bespielt. Das

Festival wird ein Funken sein,

den Kultur_los! in die Zukunft

schlägt, die hoffentlich nie

mehr ohne Kultur auskommen

muss.

Weitere Infos: www.kulturlos.org

Annette Hoffmann


24 KULTUR JOKER nachhaltig

Philosophie des fließenden Raumes

Japanische Shoji-Schränke: Faszinierendes Flair und intelligenter Stauraum

Shoji-Schiebetüren finden

ihren Ursprung im Japan des

siebzehnten Jahrhunderts und

gehören bis heute zum traditionellen

Bild japanischer Innenarchitektur.

Das Spiel aus

hölzernen Rahmen und dem

sogenannten Washi, also der

federleichten weißen Bespannung,

welche aus Pflanzenfasern

hergestellt wird, verleiht

jedem Raum eine schlichte

Eleganz.

Die Freie Holzwerkstatt, die

Freiburger Spezialisten für japanische

Schiebtürenschränke

entwickeln seit fast 30 Jahren

Shojilösungen für individuelle

Kundenwünsche.

„Was für mich die Shojis so

außergewöhnlich macht, ist,

dass sie mit der modernen,

reduzierten Gestaltung einen

Raum mit Leben füllen“,

schwärmt Schreinermeister

Thomas Bethmann. Seit 1978

steht die Freie Holzwerkstatt

in Freiburg für ökologische,

nachhaltige und ergonomische

Möbel und Küchen.

Die Freie Holzwerkstatt plant

und produziert mit grünem

Strom aus Blockheizkraftwerk,

Solarzellen und EWS Strom in

der FABRIK für Handwerk,

Kultur und Ökologie. Die Massivhölzer

werden mit lösungsmittelfreien,

zertifizierten

Ölen oberflächenveredelt.

Die japanischen Shojitüren

sind vielseitig einsetzbar und

sind durch die federleichte

Bauweise spielerisch leicht zu

schieben und durchfluten die

Räume mit warmem Ambiente.

Besonders beliebt sind die

neuen Modul Shoji- und die

Individual Shoji-Schränke, die

durch die federleichten Schiebetüren

(man kann sie tatsächlich

mit dem kleinen Finger

aufschieben!) nicht nur Platz

sparen, sondern jeden Raum

in eine Oase der Ruhe verwandeln.

„Für eine Musikern haben

wir vor kurzem einen Modul

Shoji mit eingebautem Laptoptisch

gebaut!“, erzählt Bethmann.

Durch die Anforderungen

im Leben und im Berufsalltag

vieler Menschen, habe

sich das Repertoire der Shojis

erweitert, Kreativität und gute

innovative Planungsei gefragt.

Das FH Team entwickelt optimale

Lösungen und erfüllt

Einrichtungswünsche! Gerade

fürs Homeoffice sind Shoji-

Schränke eine tolle Alternative

zum Regal, da sie zum einen

Ruhe in den oft kleinen Raum

bringen und zum anderen viel

Stauraum fürAktenordner,

Bücher & Co bieten.Individuelle

Extras für besondere

Anwendungen werden von

den Schreinern nach Kundenwunsch

entwickelt. „Viele unserer

Kunden nutzen die Shojis

als Hintergrund für Videokonferenzen

oder sogar professionelle

Webinare“, führt

Bethmann aus. Das schlichte

Design der Shojis kombiniert

mit kurzer Lieferzeit der FH

ModulShoji, der persönlichen,

individuellen Beratung und

dem guten Preis-Leistungs-

Verhältnis überzeugen.

Indirekte Beleuchtung verwandeltden

Shoji in ein Kunstwerk

aus Lichtspiel, das ein

echter Hingucker ist und ein

Leben lang Freude bereitet.

Im Schauraum in der Habsburgerstraße

9, in

der FABRIK können

Interessierte

verschiedene Shoji

probeschieben und

sich beraten lassen.

Bitte vereinbaren

Sie mit den

Schreinern einen

Besprechungs- und

Planungstermin.

Weitere Infos:

www.shoji.freieholzwerkstatt.de

/ www.freie-holzwerkstatt.de/

0761-

54 53 1

Schrank mit

Laptoptisch

Fotos: Freie Holzwerkstatt

Shoji-Schränke

verwandeln

Räume in Oasen

der Ruhe

Vom Acker auf den Teller

Wiederanbindung von Stadt und Umland durch regionale Versorgungsstrukturen

Die sichere Versorgung mit

Nahrungsmitteln war lange

ein wichtiger Bestandteil der

Beziehungen zwischen Stadt

und ländlichem Raum. Agrarsysteme

sind jedoch zunehmend

globaler und Wertschöpfungsketten

länger geworden.

Die Konsequenz: Städte und

urbane Ballungsräume werden

heute immer weniger aus dem

Umland versorgt.

Eine Wiederanbindung von

Stadt und Umland durch regionale

Versorgungsstrukturen

bietet große Potenziale für

Nachhaltigkeit. Im strukturschwachen

Umland kann eine

regionale Versorgung nicht

nur die Infrastruktur stärken,

sondern auch Möglichkeiten

zur bürgerlichen Teilhabe anregen.

Einer der prominentesten

Akteure in der Region

Freiburg, der sich im Feld der

bürgerlichen Teilhabe und

verantwortungsvoller Ernährungswirtschaft

engagiert, ist

die Regionalwert AG. Über die

Kapitaleinlagen (Bürgeraktien)

der Bürger*innen werden

ökologisch arbeitende Höfe,

Lebensmittelhandwerker und

-händler, Gastronomen wie

Dienstleister finanziert, um regionale

Wertschöpfungsketten

aufzubauen, die einen sozialökologischen

Mehrwert für

den Regierungsbezirk Freiburg

schaffen. Außerdem kann eine

nachhaltige, regionale Landwirtschaft

dem ‚Höfesterben‘

entgegenwirken oder auch

grüne, lebendige Kulturlandschaften

und Freiräume mit

hoher Erholungs- und Lebensqualität

fördern.

KOPOS (Neue Kooperations-

und Poolingmodelle für

nachhaltige Landnutzung und

Nahversorgung im Standt-

Land-Verbund), ein vom

Bundesministerium für Bildung

und Forschung (BMBF)

gefördertes Projekt, zielt auf

den Aufbau regionaler Versorgungsstrukturen

ab, um Stadt

und Land wieder stärker zu

verflechten und umweltfreundlich

zu wirtschaften. Regionale

Wertschöpfung zu stärken geht

mit Herausforderungen einher.

Dazu gehört, dass regionale

Akteur*innen im Vergleich zu

multilateralen Unternehmen

keine Größenvorteile (Skalenökonomien)

haben. Ein

weiterer erschwerender Faktor

ist, dass regionale Flächen und

lokale Arbeitskraft teuer sind.

Diesen Herausforderungen

widmet sich das KOPOS-Projekt,

indem es untersucht, wie

Kooperationen zwischen regionalen

Akteur*innen solche

Nachteile ausgleichen können.

Das Projekt umfasst zwei

Schwerpunkte: Während es

in Berlin-Brandenburg um

den Zugang zu und der Sicherung

von Flächen geht,

die in Ballungsgebieten immer

rarer und teurer werden,

adressiert die Projektregion

Freiburg im Breisgau den Aufbau

und Ausbau von kurzen

Wertschöpfungsketten. Um

Wertschöpfungsketten zu

verkürzen und zu regionalisieren

sind Kooperationen

zwischen Produzent*innen,

Verarbeitenden, Handel und

Konsument*innen unerlässlich

– vom Acker auf den Teller.

Eines von insgesamt fünf

Pilotprojekten im Freiburger

Handlungsfeld „Kurze Ketten“

ist die bürgerfinanzierte Regio-

BioKüche der Regionalwert

Immo GmbH & Co. KG – eine

mehrheitliche Tochtergesellschaft

der Regionalwert AG

Freiburg. Über die nächsten

eineinhalb Jahre wird das Projektteam

um Dominik Seidler

und Matthias Lohneis eng mit

den KOPOS-Wissenschaftlern

zusammenarbeiten. Weitere

Infos: www.kopos-projekt.de.

Menschen jeden Alters sollen

sich ökologisch, regional

und somit gesund ernähren

können – so der Anspruch der

RegioBioKüche. Ziel ist es, die

frische und saisonale Verpflegung

in Kitas, Schulen, Pflegeheimen

und Betriebskantinen

in Freiburg und dem gesamten

Umland zu verbessern – mit

100 Prozent Bioprodukten

(vorwiegend) aus der Region.

Ebenfalls soll die Großküche

Platz für eine Einmachküche

bieten, um das Lebensmittelhandwerk

im Südwesten zu

stärken und der Lebensmittelverschwendung

vorzubeugen.

Die Transparenz über fair gehandelte

und gesunde Lebensmittel

steht dabei ebenso im

Fokus, wie die Notwendigkeit,

das dazugehörige Wissen zu

vermitteln und schließlich das

Bewusstsein für hochwertige

Speisen bei Jung und Alt zu

schaffen.

Für den bevorstehenden Erwerb

des Grundstücks und

dem anschließenden Bau der

RegioBioKüche werden Beteiligungsmöglichkeiten

für

Bürger*innen, sowie Akteure

aller Art in unterschiedlichen

Größenordnungen angeboten.

Auch Unternehmen und

Kommunen können sich darüber

beteiligen. Weitere Infos:

www.regionalwert-immo.de/

projekte/.


nachhaltig KULTUR JOKER 25

Windkraft und Infraschall

Ein Lügengebäude zerfällt zu Staub

Man kennt es vom Brexit oder

der Trump-Wahl-Kampagne: Mit

den Informationen, die arglose

Nutzer:innen freigiebig an Datenhungrige

Internet-Konzerne geben,

wird ein Persönlichkeitsprofil

erstellt. Ähnlich wie die neugierigen

Nachbar:innen, die hinter

der Gardine alles mitbekommen,

„kennt“ nun die Datenkrake ihre

Pappenheimer und kann ihnen

gezielt Werbung und Unwahrheiten

auf den Bildschirm schicken.

Solche sogenannten Dark

Ads (Werbung im Verborgenen)

können unbemerkt in bestimmten

Kreisen zirkulieren, da diejenigen,

die es korrigieren könnten

oder hinter deren Rücken Lügen

verbreitet werden, gezielt vom

Informationsfluss ferngehalten

werden. Diese Form der digitalen

Wahlmanipulation wurde

bekannt als Cambridge Analytica

und Facebook damit aufflogen.

Doch Social Profiling und (Wahl-

) Manipulation funktioniert auch

im analogen Leben. Intrigante

Menschen, die Gerüchte über ihre

Mitmenschen verbreiten, um sich

einen persönlichen Vorteil zu verschaffen,

sind allseits bekannt. Sie

kommen ganz ohne elektronische

Datensammelfunktion aus, denn

sie kennen ihre Mobbing-Opfer

und auch diejenigen, bei denen

die Lügengeschichten verfangen

sollen.

Die analoge Kombination von

Social Profiling und Dark Ads

machen sich auch Gegner:inen der

Erneuerbaren Energien, insbesondere

der Windkraft zunutze. Jede:r

aus der Umgebung bekommt maßgeschneidert

seine persönliche

Angstmacher-Geschichte aufgetischt:

die Landwirtin bekommt

zu hören, dass ihre Kälber krank

werden, dem Gastwirt wird erzählt,

dass die Touristen wegbleiben,

den neuen Eigenheimbesitzern

wird gedroht, dass die

Immobilie bald nichts mehr wert

sei, Nerz-, Pferde- Tauben- oder

Kaninchen-Züchter:innen bekommen

eine spezielle Drohkulisse

für ihre jeweilige Tierart serviert.

Und diejenigen, die schon einmal

über ihre Krankheitsgeschichte

erzählt haben, bekommen für exakt

diese Krankheit eine Ansage,

wie viel schlimmer ihr persönliches

Leiden durch den Infraschall

wird. Hyperaktive Eiferer

haben das Potenzial ganze Dorfgemeinschaften

zu sprengen. Das

zerrissene Dorf „Unterleuten“ aus

dem gleichnamigen Roman ist

überall. Zum Glück kann an dieser

Stelle Entwarnung gegeben

werden. Ein besonders aufwändig

konstruierter Sprengsatz zündet

nicht mehr. Das Windkraft-Infraschall-Lügengebäude

zerfällt

gerade zu Staub, denn es basiert

auf einer Studie, deren grobe Rechenfehler

nun endlich durch die

bundesweite Berichterstattung

bekannt werden. Seit der Veröffentlichung

im Jahr 2009 hausieren

mit der fehlerhaften Studie

über den „unhörbaren Schall von

Wer sich in der Nähe von Windrädern vor Infraschall fürchtet, sollte nie wieder in ein Auto steigen,

zum Selbstschutz und aus Rücksicht auf Menschen, die an Straßen wohnen. Der Infraschall

(< 20Hz) in einem Auto bei 130km/h kann bis zu 50 dB stärker sein, als ein 150 m entferntes

Windrad.

Foto: Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg LUBW https://pd.lubw.de/47998

Die Seiten NACHHALTIG werden unterstütz von:

Vorbild für digitale Dark Ads und Mikrotargeting aus dem analogen Leben: hinter vorgehaltener

Hand verbreitete Gerüchte. Da die digitale Gerüchteküche Populisten in die Hände spielt, ist zu

erwarten, dass mit solchen Methoden auch hier Meinungsmanagement und Wahlkampf betrieben

wird.

Foto: Eva Stegen

Windkraftanlagen“ dienstbeflissene

Windkraftgegner:innen. Die

fragliche Studie wurde von einer

Bundesbehörde erstellt, die direkt

dem Wirtschaftsministerium

unterstellt ist, der Bundesanstalt

für Geowissenschaften und Rohstoffe

(BGR). Immerhin hat Wirtschaftsminister

Altmaier inzwischen

eingeräumt, dass »Welten«

zwischen den BGR-Zahlen lägen

und dem, »was tatsächlich der Fall

ist« und sich dafür entschuldigt,

dass durch diese falschen Angaben

die Akzeptanz der Windkraft

gelitten habe.

Doch bis dahin war es ein langer

Weg. Aufgespürt hatte die Behörden-Posse

der Wissenschaftler

Dr. Stephan Holzheu von der

Universität Bayreuth. Allerdings

hat er die Physik dahinter derart

gut verstanden, dass durch seine

Erklärungen zunächst nur wenige

die Dramatik des Fehlers verstanden.

Wer zuckt schon spontan

zusammen bei einer Differenz

von 36 Dezibel*? Zum besseren

Verständnis argumentierte er mit

Me-ssdaten einer Fachbehörde aus

Baden-Württemberg (LUBW),

die stärkeren Infraschall an Straßen

und im Auto aufzeigten: wer

sich in der Nähe von Windrädern

vor Infraschall fürchte, »sollte

nie wieder in ein Auto steigen«.

Holzheu bezifferte den »schwerwiegenden

Rechenfehler« der

BGR »auf einen Faktor 1.000 bis

10.000«. Da kaum ein Laie nachvollziehen

kann, wie gravierend

dieser Fehler ist, verglich er es mit

einem Brot, das auf seiner Waage

1 kg wiegt, während die BGR-

Waage für dasselbe Brot 1000 kg

anzeigt.

Anfangs suchte er den offenen

Austausch mit den BGR-

Studien-Autoren, wie es unter

Wissenschaftler:innen üblich ist,

weil man schließlich der Wahrheit

verpflichtet ist. Gute wissenschaftliche

Praxis ist es, die

eigenen Materialien und Methoden

öffentlich zu machen, damit

dasselbe Experiment überall

nachgekocht werden kann, was

unter gleichen Bedingung zu

den gleichen Ergebnissen führen

sollte. Doch statt eines seriösen

Austauschs gab‘s zur Einschüchterung

einen Anruf beim Vorgesetzten

und die Androhung

rechtlicher Schritte. Der Sensortechniker

Holzheu schrieb dutzende

Mails um die Ungereimtheiten

aufzuklären. Die von ihm

angefachte Debatte hinterlässt

beeindruckende Spuren im Internet

und auch im Blätterwald. Das

offensichtliche Bedauern aus der

Pro-Atomkraft-Szene darüber,

dass die Windkraftgegner mit

dem BGR-Schuldeingeständnis

ihre härteste Keule verlieren, ist

bemerkenswert.

* Schallintensitäten werden

auf einer logarithmischen Skala

dargestellt: 10 Dezibel mehr bedeuten

einen zehnmal so lauten

Schall, 20 Dezibel mehr bedeuten

einen hundertmal so lauten Schall

(10 x 10 = 100).

Eva Stegen

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26 KULTUR JOKER nachhaltig

Landwirtschaft – Kunst – Gemeinschaft

Das Projekt „Fruchtland“ des Zemtrum Paul Klee in Bern thematisiert dieses Jahr Flachs und nachhaltige Mode

Die Flachsernte

Foto: zpk

Das Zentrum Paul Klee lebt

Tag und Nacht. Insekten, Spinnen,

Eidechsen, Erdkröten aber

auch Igel, Hermeline und Hauswiesel

tummeln sich in der Natur

rund um die drei Hügel des

Gebäudes. Ihr Zuhause ist das

„Fruchtland“. Das Projekt fördert

Biodiversität und verbindet

aktuelle Fragen rund um die

nachhaltige Landwirtschaft mit

gemeinschaftlichen Projekten.

Dabei entstehen Demofelder

mit Faser- und essbaren Pflanzen.

Erstmals wird dieses Jahr

auch ein Gemeinschaftsgarten

initiiert. Das Schwerpunktthema

2021 ist Flachs, eine Pflanze

die in der nachhaltigen Modebranche

im Trend liegt.

Renzo Piano entwarf das

Zentrum Paul Klee als „Landschaftsskulptur“,

die sowohl

die Architektur als auch das

angrenzende Umland umfasst.

Seit 2015 thematisiert das Zentrum

Paul Klee mit dem Projekt

„Fruchtland“ die Bewirtschaf-

Herausgeber:

Art Media Verlagsgesellschaft mbH

Auerstr. 2 • 79108 Freiburg

redaktionsleitung (V.i.S.d.P.):

Christel Jockers

redaktion:

Cornelia Frenkel

Peter Frömmig

Annette Hoffmann

Marion Klötzer

Erich Krieger

Nike Luber

Fabian Lutz

Georg Rudiger

Claus Weissbarth

Friederike Zimmermann

u.a.

Terminredaktion:

Elisabeth Jockers

tung des Umlands und schlägt

Brücken zwischen Kunst und

Natur sowie Kultur und Agrikultur.

Dabei wird nach nachhaltig-ökologischen

Kriterien

schonend bewirtschaftet und

die Biodiversität aktiv gefördert.

Der Name bezieht sich auf

Klees Aquarell „Monument im

Fruchtland“ von 1929. Für Paul

Klee (1879–1940) ist Natur die

Grundlage allen künstlerischen

Schaffens. Die Schönheit und

Vielfalt, aber auch die Strukturen

und Prozesse der Natur

faszinierten und inspirierten

ihn. Er wollte die Prinzipien

sichtbar machen, welche den

Dingen eigen sind, um schlussendlich

die Schöpfung selbst

erkennbar zu machen: „Kunst

gibt nicht das Sichtbare wieder,

sondern macht sichtbar“.

Fast und Slow Fashion:

Schweizer Flachs

Die Modebranche produziert

Kleidung immer schneller und

Layout/Satz:

Art Media Verlag

Telefon: 0761 / 72072

E-mail: grafik@kulturjoker.de

redaktion@kulturjoker.de

Anzeigen/Telefon:

0761 / 72072

Druck:

Rheinpfalz Verlag und Druckerei

GmbH & Co. KG, Ludwigshafen

Das Copyright für vom Verlag gestaltete

Anzeigen und Artikel liegt beim Verlag.

Nachdruck, auch nur auszugsweise, nur mit

schriftlicher Genehmigung des Verlages.

Für unverlangt eingesandte Manuskripte,

Fotos, Vorlagen und für Programmhinweise

kann keine Garantie übernommen werden,

sie sind aber herzlich willkommen.

Flachs in der Blüte

günstiger. Die Situation von

Arbeiter*innen wie auch der

Umwelt ist dabei oft zweitrangig.

Mit dem großflächigen

Anbau von Flachs thematisiert

das Zentrum Paul Klee

im Rahmen von „Fruchtland“

diese und weitere Aspekte.

Durch Themen wie Klimawandel

und Nachhaltigkeit hat die

heimische Pflanze an Aktualität

gewonnen, denn ihr Anbau

ist nachhaltig und schont Ressourcen.

Flachs ist eine alte

und traditionelle Faserpflanze,

die bis nach dem Zweiten Weltkrieg

auch in der Schweiz weit

verbreitet war. Baumwolle und

schließlich einfach zu verarbeitende

synthetische Fasern verdrängten

ihn.

Aus den Flachsfasern lässt

sich Garn gewinnen aus dem

robuste Stoffe gefertigt werden.

Auch als Dämm- und Isoliermaterial

sind die Fasern sehr

beliebt. Die Leinsamen bieten

wertvolle ungesättigte Fettsäuren,

können roh verzehrt werden

oder verarbeitet als Speiseöl.

Auch als Öl für Lampen

diente Leinöl, und in der Kunst

wird Flachs vielseitig eingesetzt:

der Holzanteil der Stängel

kann zu Papier oder Leinwand

verarbeitet werden, das Leinöl

dient als Bindemittel, zum

Verdünnen von Farbe oder als

Firnis.

Die Firma Swissflax baut

seit 2014 im Emmental wieder

Flachs an und will den Anbau

von Flachs fördern. Denn die

heimische Pflanze gedeiht gut

im hiesigen Klima, die Transportwege

sind kurz und die Verarbeitung

findet in der Schweiz

statt. Auf dem Ackerfeld hinter

dem Zentrum Paul Klee wurde

dieses Jahr gemeinsam mit

SwissFlax und dem Landwirt

Ruedi Krähenbühl Flachs angebaut.

Im Begleitprogramm

zu „Fruchtland“ wird mit

Expert*innen die ganze Verwertungskette

vom Anbau bis

zum Konsum und der Verwendung

von Flachs und Leinen

durch Kunstschaffende

beleuchtet. Vor- und Nachteile

von Anbau und Verarbeitung

von Flachs im Vergleich mit

anderen Faserpflanzen bis

hin zur Nachhaltigkeit in der

Mode- und Textilbranche werden

ebenfalls angesprochen.

Ökosystem „Fruchtland“

und Gemeinschaftsgarten

Totholz, eine Trockenmauer

und über 50 Pflanzenarten sorgen

für einen paradiesischen

Lebensraum für Insekten und

Kleintiere. Ein Haufen Äste,

sogenanntes Totholz laden dazu

ein, diverse Tiere zu beobachten.

Dort tummeln sich Insekten,

Spinnen, Eidechsen und

Foto: zpk

Igel. Sie finden entweder einen

Unterschlupf oder ernähren

sich direkt vom Holz wie etwa

Käferlarven. In den Gängen,

die sie ins Holz fressen, können

sich wieder andere Tiere

wie Wildbienen einnisten. Das

„Fruchtland“ fördert insbesondere

auch die seltene Dunkle

Biene. Sie wurde von anderen

Arten verdrängt, obwohl sie

sich besonders gut für das Klima

in der Schweiz eignet. Bienenschaukästen

ermöglichen es

die Tiere bei ihrer Arbeit zu beobachten.

Sträucher, Wildrosen

und blütenreiche Wiesen auf

dem Areal sorgen dafür, dass

die Bienen und andere Insekten

immer Futter finden.

Das Areal rund um das Zentrum

Paul Klee lädt dazu ein,

sich mit Picknickdecke und

Lupe auf eine kleine Safari zu

begeben.

Weitere Infos: www.zpk.org


nachhaltig KULTUR JOKER 27

Zeitloses Design und einzigartige Raumkonzepte

Die Schreinerei Brender überzeugt durch Qualität und Kundennähe

Handwerkliches Geschick

und ein Gespür für die Bedürfnisse

des Kunden wurden

Thomas Brender von der

Schreinerei Brender in Freiburg

gewissermaßen in die

Wiege gelegt. Als Sohn eines

Schreiners und Enkel eines

Wagnermeisters hat er früh

gelernt, dass es die zufriedenen

Kundinnen und Kunden

Von der individuellen Planung

zum Unikat

Ein funktionales, individuell

gestaltetes und zeitloses Design

steht hinter der Philosophie,

die Thomas Brender und

sein Team verfolgen. „Unsere

Arbeit beginnt mit unserer

Leidenschaft zu Holz“, das,

wie kaum ein anderes Material,

Raum für Kreativität,

Platzwunder darstellen. Angepasst

an die Ergonomie und

Arbeitsweise der Kundschaft,

kann Brender eine stilvolle

Rundküche auf nur neun

Quadratmeter entwerfen, anfertigen

und nach Wunsch

luxuriöse Extras wie einen

eingebauten Wok realisieren.

Ob beim Küchenklassiker,

Landhaustil oder der moder-

Zum Kundenservice gehört

für Brender auch die gemeinsame

Auswahl der Materialien.

So fährt er gemeinsam

mit seinen Kundinnen und

Kunden zum Steinmetz seines

Vertrauens, um vor Ort die gewünschte

Natursteinplatte für

den individuellen Küchentraum

auszusuchen. Während

der gemeinsamen Autofahrt

Thomas Brender

Platzwunder: Rundmöbel bieten viel Stauraum

und bestechen durch ihren einzigartigen

Look

Elegante Küche im Landhausstil mit cleveren Aufbewahrungsmöglichkeiten

Fotos: Schreinerei Brender

sind, die ihm die besten Referenzen

bieten.

Um Handwerk und Kreativität

verbinden zu können,

machte sich Thomas Brender

vor bald 37 Jahren mit einer

kleinen Möbelwerkstatt selbstständig.

Heute führt er ein

fünfköpfiges Schreinerteam,

mit dem er gemeinsam auf

450 Quadratmetern im Industriegebiet

Hochdorf Küchen-,

Wohn- und Büroeinrichtungen

nach den Wünschen seiner

Kundinnen und Kunden im

In- und Ausland maßgetreu

anfertigt.

Ästhetik und Nachhaltigkeit

bietet.

Um seinen Kunden persönliche

Wohnraumideen erfüllen

zu können, entwickelt die

Schreinerei Brender im eigenen

Planungsbüro, gemeinsam

mit Kundin und Kunde, das

passende Raumkonzept, das

später in der Werkstatt durch

Thomas Brender und seine

Mitarbeiter realisiert wird.

Bekannt ist der Schreiner übrigens

für seine Rundmöbel, die

nicht nur ein Hingucker sind,

sondern für modernen Wohnraum

ein beeindruckendes

nen Designerküche, Brenders

Sinn für Ästhetik ist vielfältig

und reich durch einen großen

Erfahrungsschatz.

Doch ein Gespür für Ästhetik

beweist er nicht nur durch

Form und Funktionalität der

Möbel, auch bei der Auswahl

der Materialien setzt Brender

auf Handelsware und sagt

„Bloß nichts von der Stange!“.

Angefertigt werden die Wohnund

Büromöbel überwiegend

aus Edelholz, verfeinert wird

das Design durch den geschmackvollen

Einsatz von

Edelstahl, Glas und Naturstein.

würde er viel über seine Kunden

und deren Vorstellungen

erfahren. Das schafft Vertrauen

und überzeugt seine Kundschaft,

die nicht nur zwischen

vielseitigen Materialien, Formen

und Produkten wählen

kann, sondern zugleich weiß,

dass Thomas Brender gemeinsam

mit ihnen einen Ort

schaffen möchte, an dem sich

Generationen begegnen und

gemeinsame Erinnerungen

entstehen können.

Weitere Infos: www.brendermoebelwerkstaette.de


28 KULTUR JOKER nachhaltig

Architektur, Handwerk und Design

Gelungener Start für neu gegründetes Kompetenzzentrum „Bauwerk Schwarzwald e.V.“

Der Vorstand von Bauwerk Schwarzwald e.V. (v.l.): Stefan Kudermann, Diana Wiedemann, Adrian Probst

Foto: Martin Granacher, © Bauwerk Schwarzwald e.V.

Im Juli vergangenen Jahres

wurde mit „Bauwerk

Schwarzwald e.V.“ ein Kompetenzzentrum

für Schwarzwälder

Architektur, Handwerk

und Design gegründet,

im Februar bezog der Verein

im Glasbergweg 7 in Titisee-

Neustadt seine Geschäftsräume.

Erst seit Kurzem am Start

macht der Verein schon von

sich Reden, hat er doch beim

Wettbewerb „RegioWIN

2030“ den Zuschlag für eine

Förderung des Leuchtturm-

Projekts „Zentrum Holzbau

Schwarzwald“ aus dem regionalen

Fonds für regionale

Entwicklung (EFRE)

erhalten. Mit diesem wird

im Schwarzwald ein Innovations-

und Transferzentrum

entstehen, das die regionalen

Kompetenzen rund um den

Themenkomplex Holzbau

bündelt. Das Zentrum an

sich ist als ressourcenschonender

Holzbau mit einem

zukunftsweisenden Energiekonzept

geplant. Thematisch

wird vor allem die

nachhaltige Nutzung regionaler

Holzressourcen im Fokus

stehen, die durch einen

Rundholz-Computertomographen

– Hoffnungsträger

und unbestrittener „Star“

des ganzen Projekts – analysiert

werden. Neben Bauwerk

Haben Sie etwas gegen Schädlinge?

Wir auch!

Schwarzwald wurden für die

Region Südlicher Oberrhein-

Hochrhein noch zwei weitere

Leuchtturm-Projekte (Weinbau,

Nördliches Markgräflerland,

und „Zukunft.Raum.

Schwarzwald“, eine Vernetzung

bestehender und neuer

Innovationszentren in der

Gesamtregion) ausgezeichnet.

Gesamtvolumen: 19 Millionen

Euro, von denen acht

Millionen in die Region Südwest

einfließen sollen. Mit

der Umsetzung soll bereits

im nächsten Jahr begonnen

werden.

Das Projekt fügt sich hervorragend

ins Programm

von Bauwerk Schwarzwald

ein: Die regionale Bau- und

Handwerkskultur in der gesamten

Schwarzwaldregion

zu stärken, darin sieht der neu

gegründete Verein schließlich

seine Hauptaufgabe. „Die

Baukultur im Schwarzwald

ist einmalig. Eng damit verknüpft

ist auch das Handwerk

mit seinem entsprechenden

Know-How. Mit Bauwerk

Schwarzwald haben wir endlich

eine Organisation, die

beides fördert, um das identitätsstiftende

Gesicht des

Schwarzwalds auch für die

Zukunft zu bewahren“, fasst

Diana Wiedemann, Vorsitzende

des Vereins dessen

Ziele zusammen. Für deren

Umsetzung wird Bauwerk

Schwarzwald durch das Land

Baden-Württemberg über

drei Jahre hinweg mit jeweils

ca. 250.000 Euro unterstützt.

Mit einer digitalen Veranstaltungsreihe

steht Bauwerk

Schwarzwald bereits in den

Startlöchern: Den Auftakt

macht am 15. Juni die Berliner

Architektin Turit Fröbe

mit einem kurz(weilig)

en Impulsvortrag zum Thema

Bausünden, an den sich

eine Diskussion anschließen

wird. Am 13. Juli dreht sich

alles um die verschiedenen

Baustoffe, die der Region

ihr typisches Gesicht verleihen.

Die Veranstaltung am

5. Oktober über die Vor- und

Nachteile von Wettbewerbsverfahren

versteht sich als

eine Art Handreichung an die

Mitglieder.

Eine seiner Kernaufgaben

sieht der Verein in der

Gestaltungsberatung, wie

sie vormals beim Naturpark

Südschwarzwald e.V.

beheimatet war und nun an

Bauwerk Schwarzwald angeschlossen

wurde. Dieses

Netzwerk professioneller

Ansprechpartner*innen berät

sowohl private Bauherren

als auch öffentliche Verwaltungen

unabhängig und kostengünstig

zu allen Themen

rund um Neubau, Umbau und

Sanierung im Schwarzwald

und garantiert eine maßgeschneiderte

Hilfestellung zu

allen Aspekten der jeweiligen

Bauvorhaben.

Weitere Infos: www.bauwerk-schwarzwald.de


Literatur KULTUR JOKER 29

Spuk auf dem Hochfirstturm?

Der neuste Schwarzwaldkrimi von Roland Weis dreht sich um den Neustädter Hausberg

Liebhabern von Regionalkrimis

braucht man den Autor

Roland Weis nicht extra vorzustellen.

Mit seinem jüngsten

Buch „Geisterturm“ hat er seit

1997 bereits seinen zehnten

von fundiertem Lokalkolorit

gewürzten Schwarzwaldkrimi

vorgelegt. Für den editierenden

Rombach Verlag ist dies Anlass,

Weis auf der Titelseite als

„Das Original“ ab-, bzw. aufzustempeln.

Es ist der neunte

Roman um seine Hauptfigur

Alfred, einen mehr oder weniger

verkrachten und verschrobenen

Lokalreporter.

Alles beginnt mit einer von

übermäßigem Alkoholkonsum

geprägten Mitgliederversammlung

der Neustädter

Hornschlittenfahrer vom Verein

„Hornochsen“, zu dem

auch Alfred gehört, im Neustädter

Dennenbergstüble.

Nur im Alkoholnebel ist der

Beschluss erklärbar, in Form

eines Rennens mit echten

Schwarzwälder Hornschlitten,

die Geschwindigkeiten bis zu

70 Stundenkilometern erreichen

können, bei Nacht vom

Hochfirst, dem Neustädter

Hausberg, ins Tal abzufahren.

Man schreitet zur Tat und trifft

sich bei Sturm und Eiseskälte

auf dem Gipfel im Hochfirst-

Rasthaus. Auch hier kreisen

zunächst die Getränkerunden,

aus denen eine unselige Wette

zwischen Alfred und seinem

Vereinskollegen Tschorli entsteht.

Der nahe gelegene eiserne

Hochfirstturm hat zwei

gegenläufige Wendeltreppen

für auf- und abwärts. Man

könnte also ein Zweier-Wettrennen

nach oben auf die Aussichtsplattform

veranstalten.

Der Verlierer zahlt dann die

nächste Runde. Gesagt, getan!

Alfred verliert krachend gegen

seinen Kumpan, aber oben erwartet

beide eine böse Überraschung.

Im Schein der Taschenlampe

wird ein bizarres,

in Eis eingeschlossenes Gebilde

mit menschlichen Zügen

gesichtet. Assoziationen mit

dem „Balzer Herrgott“, eine

in eine Weidbuche eingewachsene

Christusfigur im Gebiet

der Gemarkung Gütenbach,

werden geweckt. Viel schlimmer

jedoch: Die vermeintliche

Skulptur entpuppt sich als veritabler,

an der Stahl- Außenwand

des Hochfirstturms festgefrorener

Leichnam.

Aus diesem grauenvollen

Setting entwickelt sich eine

zum Teil haarsträubend verworrene

Kriminalgeschichte,

denn bald wird klar, dass der

Tote ermordet wurde.

Da ist natürlich Alfred, der

eine zündende Story für seine

neugegründete Onlineplattform

„Goodwood Wälder-

News“ wittert. Seine Recherchen

auf eigene Faust bringen

ihn unweigerlich in Konflikt

mit seinem Widersacher Oberkommissar

Siegfried Junkel

von der Freiburger Kripo. Beide

verbindet so etwas wie eine

Hassliebe, weil sie zwar konkurrieren,

aber letztlich doch

der eine vom anderen profitiert.

Als Alfred bei einer neuen

Turmbegehung geheimnisvolle

Stimmen mit Sprachfetzen

hört, die wie militärische

Positionsmeldungen und Anweisungen

für Flakgeschütze

klingen und diese auch mit

dem Handy aufnimmt, eine

Neo-Nazi-Gang mit Namen

„Gerechte Rechte Dreisamtal“

sich auffällig für den Hochfirst-Turm

interessiert, worauf

die beiden Freiburger Linken

Hugo und Leo eine antifaschistische

Einheitsfront mit

militanten Ambitionen bilden,

ein deutsch-amerikanischer

Historiker auftaucht und nach

Spuren seiner Vorfahren im

Zusammenhang mit Spionagegeschichten

aus dem Zweiten

Weltkrieg sucht, gewinnt der

Mordfall neue Dimensionen.

Welche Rolle bei all dem noch

das verkorkste Liebesleben

von Alfred inklusive einer

nymphomanen Latein-Dozentin

und ein gefälschtes Masterzeugnis

der Philosophischen

Fakultät der Albert-Ludwigs-

Universität zu Freiburg und

eine entsprechende Eintragung

in die digitalen Stammakten

spielen und wie sich das Ganze

auflöst, muss man sich schon

selbst erlesen.

Der Krimi zeugt wie alle

Weis-Romane von profunden

Orts-, Sach- und Insiderkenntnissen,

die weit über Schwarzwald-Klischees

hinausweisen.

Er ist durch intelligente Überzeichnung

der Figuren sehr

unterhaltsam mit leichter Hand

geschrieben und somit ebenso

zu lesen.

Der „Geisterturm ist im

Rombach-Verlag erschienen

und im Buchhandel erhältlich.

Weitere Infos: www.rolandweis.de/krimis.html

Erich Krieger

„Es grimmt“

Freiluft-Lesungen und Märchen-Parcours im Freiburger Stadtgarten

Verhext, verwandelt, verwunschen:

Vom 22. bis 24.

Juni präsentiert die Freiluft-

Lesereihe „Es grimmt“ Märchen

und Fabeln im zeitgenössichem

Gewand. Im Freiburger

Stadtgarten dürfen Freiburger

Schulklassen und Familien

tagsüber den Märchen-Parcours

erkunden und Abends

auf der Freilichtbühne traditionellen

Märchenstoffen, aufgearbeitet

durch zeitgenössische

Autor*innen, lauschen.

Die Autorin Felicitas Hoppe

lädt am 22. Juni, 19.30 Uhr zu

einem Streifzug durch die Märchenwelt

ein und beschwört in

ihrem Werk „Grimms Märchen

für Heldinnen von heute und

morgen“ (Reclam, 2020) die

Leuchtkraft der Grimmschen

Frauenfiguren.

Als Kind hat Michael Köhlmeier

traditionelle Märchen

gelesen - heute schreibt er sie!

Am Mittwoch, 23. Juni, 19.30

Uhr liest er aus seinem Werk

„Die Märchen“ (Hanser, 2020),

in dem er die alte Frage nach

den ersten Menschen stellt,

denn wenn sie nicht gestorben

sind, dann leben sie noch heute

...

Für Ulrike Almut Sandig

ist jedes Märchen Poesie und

Fremdsprache zugleich. Die

Berliner Dichterin beschäftigt

sich in ihrer Arbeit mit den

Kinder- und Hausmärchen der

Grimms. Die Stimme und Performance

der Klangkünstlerin

geben den Märchen am Donnerstag,

24. Juni, 20.30 Uhr ein

neues Gewand, das durch die

Klänge elektronischer Musik

untermalt wird.

Die fabelhaft bezaubernden

Lesungen,

Gespräche und Konzerte

sind ein Muss

für alle kleinen und

großen Märchenfans!

Weitere Infos: www.

literaturhaus-freiburg.

de

Michael Köhlmeier

wird am 23. Juni aus

„Die Märchen“ im

Freiburger Stadtgarten

lesen

ROLAND WEIS Geisterturm

ROLAND WEIS

Geisterturm

Ein Kriminalroman

VERANSTALTUNGEN

JUNI 2021

SAMSTAG | 08.6. | 20 UhR

„dER zWEITE JAKob“

NoRbERT GSTREIN

LESUNG UNd GESpRäch

doNNERSTAG | 17.6. | 20 UhR

„ANNETTE - EIN hELdINNENEpoS“

ANNE WEbER

LESUNG UNd GESpRäch

SoNNTAG | 24.6. | 11 UhR

„KRASS“

MARTIN MoSEbAch

LESUNG UNd GESpRäch

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30 KULTUR JOKER Literatur

Das Jungfernhäutchen gibt es nicht!

Im Gespräch: Oliwia Hälterlein, Autorin und Kulturwissenschaftlerin

Als Kulturwissenschaftlerin,

Autorin und Dramaturgin

bewegt sich Oliwia Hälterlein

an der Schnittstelle

zwischen Feminismus und

Kunst. Im vergangenen Jahr

veröffentlichte sie ihr erstes

Buch „Das Jungfernhäutchen

gibt es nicht: Ein breitbeiniges

Heft“ (Maro Verlag,

2020). Elisabeth Jockers

sprach mit ihr.

Kultur Joker: Der Titel deiner

Publikation „Das Jungfernhäutchen

gibt es nicht“ stellt

die Welt mancher Leser*innen

auf den Kopf. Noch einmal für

uns erklärt: Was ist das Jungfernhäutchen?

Und was nicht?

Hälterlein: Der Titel ist auf

jeden Fall eine Provokation

und soll in erster Linie signalisieren,

dass das kulturelle Konstrukt

des Jungfernhäutchens

nicht existiert. Damit meine

ich, dass es kein Häutchen gibt,

das anzeigt, ob du Jungfrau bist

oder nicht, weder vor der Vagina

noch vor dem Penis. Das

Problem an diesem Mythos ist,

dass das Jungfernhäutchen für

viel mehr als nur Jungfräulichkeit

steht. Es symbolisiert Reinheit,

Unschuld und wird wie ein

Beweismittel gegen die Person

mit Vagina genutzt: Wenn du

beim ersten Mal nicht blutest,

kannst du keine Jungfrau gewesen

sein.

Kultur Joker: Ist das Jungfernhäutchen

also ein kulturelles

Konstrukt?

Hälterlein: Natürlich, ich

würde sogar sagen, dass es

an unserem Körper kaum ein

Merkmal gibt, das so ideologisch

aufgeladen ist, wie das

Jungfernhäutchen. Es wird ein

Häutchen erfunden, das bewei-

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sen soll, ob eine Person mit Vagina

– in der Sprache des Patriarchats:

die Frau – noch Jungfrau

ist, um sie anhand dessen

entsprechend zu bewerten.

Kultur Joker: Und wie kann

das in einer medizinisch aufgeklärten

Gesellschaft passieren?

Hälterlein: Bei der Auseinandersetzung

mit dem Thema

sind mir rund um die Vulva,

Vagina und Klitoris viele Leerstellen

und Halbwahrheiten

aufgefallen, obwohl es schon

einige Studien dazu gibt, die

anatomische Fakten liefern

könnten. Das ist in meinen Augen

das Hauptproblem, denn

wenn wir eine sexuelle Bildung

erhalten würden, die auf anatomischen

Fakten basiert, würde

es den Mythos und die damit

verbundene Auf- und Abwertung

weiblicher Sexualität nicht

geben.

Kultur Joker: Geschichtlich

gesehen gab es eine sexuelle

Revolution in den 1960/70er

Jahren, seitdem scheint sich

aber nicht viel verändert zu

haben. Welche Bedeutung hat

denn das Jungfernhäutchen

auch heute noch für Individuum

und Gesellschaft?

Hälterlein: Ich bin absolut

der Meinung, dass wir uns noch

immer an einem Punkt befinden,

an dem sexuelle Bildung

nicht adäquat stattfindet. Auch

wenn das Jungfernhäutchen im

Alltag nicht immer eine existenzielle

Rolle spielt, ist der

Mythos Jungfernhäutchen Teil

des Narrativs, wie wir über

Sex sprechen und urteilen. Was

mich persönlich stark getroffen

hat, ist, dass ich nicht die erste

Person bin, die darüber geschrieben

hat. Es gibt bereits

Unikat von Stephan Rambaud, Meilleur Ouvrier de France

unzählige Aktivist*innen und

Publikationen zu dem Thema.

Aber leider ist all das in einer

Nische passiert und selten im

Mainstream angekommen. So

wie unsere Welt gerade funktioniert,

sehe ich durch soziale

Medien eine Chance, diesen

Themen mehr Sichtbarkeit und

Nachhaltigkeit zu geben. Dennoch

ist es wichtig, dass wir

immer wieder darauf hinweisen.

Kultur Joker: In deinem Heft

beschreibst du ein Szenario,

bei dem du mit gespreizten

Beinen vor einem Spiegel sitzt

und deinen eigenen Körper entdeckst.

Du offenbarst, dass dir

ein feministischer Umgang mit

deinem eigenen Körper schwer

fällt und dir so einiges abverlangt.

Mit welchen angelernten

Mustern und Emotionen siehst

du dich in deinem Alltag konfrontiert?

Hälterlein: Ja, diese Szene

zeigt deutlich, dass wir uns

selbst nicht neutral begegnen

können. Es ist vielmehr so,

dass wir durch das Patriarchat,

das sich in Sprache und Kultur

widerspiegelt, genau gesagt bekommen,

was angeblich schön,

normal und gesund ist. Dadurch

sind wir überhaupt nicht mehr

im Stande, uns so zu begreifen,

wie wir tatsächlich sind: Individuen.

Das ist für mich das

perfide daran, denn auch wenn

ich mich total viel mit feministischen

Theorien beschäftige,

bin ich im Kern ein Teil dieser

Gesellschaft, der sich nicht frei

von äußeren Gefühlen und Zuschreibungen

machen kann.

Kultur Joker: Läuft in unserem

Bildungswesen, auch

oder gerade in Bezug auf sexuelle

Aufklärung, viel schief?

Hälterlein: Ja, da läuft mehr

als nur ein bisschen was schief.

Sexuelle Bildung wird häufig

mit der Prävention von Schwangerschaften

und Geschlechtskrankheiten

gleichgesetzt. Im

Mittelpunkt steht da natürlich

die Heterosexualität als Norm

für alle und Kindern werden binäre

Geschlechtsidentitäten aufgezwungen.

In diesem Narrativ

gewinnt natürlich der Penis und

die Lust des Penis, denn darum

geht es ja auch. Der Penis ejakuliert

und damit können Kinder

gezeugt werden. Aber wer hat

heutzutage denn nur noch Sex

um Kinder zu zeugen?

Kultur Joker: Wie werden

diese Inhalte vermittelt? Schulen

werden heute ja vermehrt

für veraltetes Material kritisiert…

Hälterlein: Wenn ich Unterrichtsmaterialien

sichte, dann

sehe ich da super erschreckende

Dinge. Es gibt keine äußeren

Genitalien, nur einen Schlitz

mit dem Vermerk „Scheide“.

Die gesamte Vulva und das

Lustzentrum um die Klitoris

werden noch immer komplett

verschwiegen und tabuisiert.

Da frage ich mich, woher diese

Angst vor der Sexualität der

Vulva kommt.

Kultur Joker: Das knüpft

daran an, dass du in deinem

Buch auf die Macht der Sprache

eingehst. Was macht das

mit mir, wenn mein Intimbereich

durch Begriffe wie

Schamhügel oder Schamlippen

immer wieder zu einem

Zentrum der Scham gemacht

werden?

Oliwia Hälterlein Foto: MINZ&KUNST

Hälterlein: Das Gefühl der

Scham ist eine angelernte Empfindung,

die wir als Kinder überhaupt

nicht spüren und erst mit

der Zeit lernen. Kleines Gedankenexperiment:

Was wäre, wenn

wir damit aufwachsen würden,

dass unser Intimbereich ein Ort

der Lust ist? Oder wenn wir neutrale

und anatomisch korrekte

Begriffe verwenden, beispielsweise

Vulva, und einen Körper

einfach mal Körper sein lassen,

ohne Be- und Abwertung.

Kultur Joker: Und gibt’s

schon Pläne für ein weiteres

Heft?

Hälterlein: Was ich konkret

plane sind Workshops für

Multiplikator*innen, also Personen

im sozialen und pädagogischen

Bereich, damit über den

Mythos auf unterschiedlichen

Ebenen aufgeklärt wird. Und

ich gebe Workshops für angehende

Mediziner*innen, wo ich

ihnen beibringe, was die Vulva

ist und wo der Mythos beginnt.

Mit dem Ziel, die anatomischen

Leerstellen und falschen Angaben

in den Medizinbüchern und

Unterrichtsmaterialien zu korrigieren.

Kultur Joker: Liebe Oliwia,

wir danken Dir für das Gespräch!

Weitere Infos: www.oliwiaismus.de

Petitionen: www.

change.org/p/keinbockaufmythen-schluss-mit-demjungfernh%C3%A4utchen-mythos

www.change.org/p/

bzga-r%C3%BCckruf-desjungfernh%C3%A4utchen-mythos


literatur KULTUR JOKER 31

„Ich bin ein Empfänger“

Der Schriftsteller Peter Frömmig wird 75 Jahre alt

Peter Frömmig, 2019

„Für mich ist Schreiben

gelebtes Leben“ sagte Peter

Frömmig einmal zu mir.

Davon hat Peter Frömmig

viel, denn er wird 75 Jahre

alt. Geboren wurde er am 11.

Juni 1946 in Eilenburg bei

Leipzig, aufgewachsen ist er

in Speyer. Sein Weg führte

ihn über Köln, Salzburg bis

in die USA. Hier lebte er

sechs Jahre, bevor er in Freiburg

im Breisgau Fuß fasste

und 1995 nach Marbach am

Neckar zog, wo sich unsere

Wege kreuzten. Seit Köln

arbeitete er als Schriftsteller,

Maler und Zeichner und

veröffentlichte Erzählungen,

Gedichte, Essays, Hörspiele

und Theaterstücke. Hier fand

er in dem Autor Rainer Taëni,

der dort an der Universität

lehrte, seinen ersten Mentor.

Doch zuvor machte er eine

Feinmechanikerlehre und darauf

folgten Fabrikarbeit und

Montage und dies scheint mir

als Betrachterin seiner vielfältigen

Werke eine wichtige

Grundlage seines Schaffens

zu sein. Im wunderbaren

Foto: Ingrid Marie Lehrer

Mundharmonika- und Maultrommelspiel

und auch im

Gesang zeigt Frömmig darüber

hinaus sein Gefühl für

Rhythmus. Wenn er an seinen

Texten ziseliert ist all das

rhythmisch Feinwerkige tief

in die gewählten Worte und

Bilder heinein zu spüren. So

war ihm stets wichtig, “dass

meine Gedichte für möglichst

viele zugänglich bleiben. Und

plastisch im eigentlichen Sinn

…” Die Geburt der Tochter

öffnete ihm neue Blickwinkel.

In Marbach gehört Peter

Frömmig seit vielen Jahren

zu den Kulturschaffenden der

Stadt und wirkt jenseits der

berühmten Literaturinstitute

auf der Schillerhöhe im und

ins Städtchen hinein. Über

viele Jahre hat er das kulturelle

Leben durch Lesungen

in der Wendelinskapelle, in

Friedrich Schillers Geburtshaus,

im Rathaus oder auf

dem Burgplatz bereichert. Darunter

in genialer Verwebung

mit Hadayatullah Hübsch.

Aber auch Ausstellungen seiner

Bilder konnte man sehen.

Wegbegleiter und Mentoren

waren auch Peter Salomon

und Christoph Meckel.

Man kann Frömmigs Dachwohnung

in der Niklastorstraße,

von der aus man Schillers

Geburtshaus sehen kann, auch

irgendwie als Elfenbeinturm

betrachten. Nicht immer sind

die Zeiten für Schriftsteller

rosig, auch oder vielleicht

gerade in einer Literaturstadt

wie Marbach, in der vor allem

mit großen Namen gehandelt

wird. Doch Peter Frömmig hat

den Kopf oben und äußert sich

immer, auch zu gesellschaftspolitischen

Themen.

Der Künstler Peter Frömmig

weiß, wie es den Menschen

geht. Bei seinen Spaziergängen

in der Stadt oder

am Neckar trifft man ihn als

genauen Beobachter, der seine

Antennen ausgefahren

hat. Nicht selten wortkarg. So

schafft er es, bei sich zu bleiben.

Wenn man seinen Worten

und Beobachtungen begegnen

möchte, schaut man am besten

in seine Bücher.

Im Buch “Freiburg! – Erkundung

einer Stadt”, das

er mir 2017 geschenkt hat,

schreibt er “Man muss nur

Herz und Sinne öffnen, den

Rest regelt der Verstand”. Ein

Satz, der in diesen Tagen eine

große Bedeutung entfaltet.

Heute spricht Frömmig von

beklemmender Erfahrung

wie in seiner Kindheit in der

DDR. Trotz fehlender Zirkulation

zwischen dem Innen

und Außen, bleibt er in seiner

Beharrlichkeit schöpferisch,

schwingt sich noch einmal

auf zu einem großen Werk,

einem Roman eines Lebens

“Der Nachhall des Gongs”

lässt mosaikartig ein Generationen

übergreifendes Panorama

entstehen.

Ende Mai las Peter Frömmig

im Zusammenhang mit einer

Preisverleihung beim Lyrik-

Wettbewerb der Gesellschaft

für zeitgenössische Lyrik

Leipzig. Die Lesung wurde

vor Ort aufgezeichnet und

wird im Sommer 2021 veröffentlicht.

Er selbst war 2019 mit dem

Gedicht “When we were

young” Preisträger des Wettbewerbs.

Dieser Poesiealbum

neu-Preis wurde ihm 2019 auf

der Leipziger Buchmesse verliehen.

Ein weiterer Satz aus dem

feinen Freiburgbuch soll hier

noch Gehör finden: „Deine

Vergangenheit ist der Schatten,

der dich begleitet. Sieh

zu, dass du ihn zu deinem

Kompagnon machst ...“ In

der Fortbewegung fand Peter

Frömmig zum Einklang

zwischen Schritt und Wort.

„Schreiten von Ort zu Ort,

von Wort zu Wort, bis Wörter

zu Sätzen werden ...“ In diesem

Sinne, lieber Peter, bleib

nie stehen.

Weitere Infos:

- www.lyrikgesellschaft.de/

events/fuenf-edelfedern/

- Werke von Peter Frömmig

im Pop-Verlag: https://

wp.pop-verlag.com/?p=3800

- Einblick in das Schaffen

von Peter Frömmig gewährt

die Dauerausstellung „Literaturszene

Stuttgart-Region“

in der Stadtbibliothek Stuttgart

www.stuttgart.de/stadtbibliothek

Sabine Willmann

Sabine Willmann

Filmemacherin, geboren

und aufgewachsen in Freiburg

im Breisgau, lebt seit 1996 in

Marbach am Neckar. Ihr 2009

ausgestrahlter Dokumentarfilm

„Im Schatten Schillers“,

entstanden im Auftrag des

SWR, begleitet Peter Frömmig,

nicht nur auf langen Wegen

in der kleinen Stadt ...

Foto: Sabine Willmann

Lieber Peter, wir vom

Kultur Joker gratulieren

dir ganz herzlich zu Deinem

Geburtstag und

danken dir von Herzen für

die jahrelange, unkomplizierte

und bereichernde

Zusammenarbeit und

Freundschaft.


MENSCH SEIN–MENSCH BLEIBEN

32 KULTUR JOKER Senioren

Einsamkeit und ihre Folgen

Senior*innen in der Pandemie

Corona hat uns alle getroffen

und uns vor Hürden gestellt.

Auch Senior*innen sind in

ihrem Alltag eingeschränkt

und galten von Anfang an als

Risikogruppe, die vor dem

Virus geschützt werden muss.

Gerade Pflegeeinrichtungen

waren in der Pandemie stark

getroffen und mussten strenge

Maßnahmen ergreifen um die

Lage unter Kontrolle zu bekommen.

Zudem haben sich

viele Ältere im eigenen Heim

isoliert, um das Risiko einer

Erkrankung zu minimieren.

Die Auswirkungen auf das

tägliche Leben sind vielfältig

und trotzdem ähneln sie sich

stark: viele Menschen kämpfen

mit dem Alleinsein und Einsamkeit,

viele Menschen sind

von ihrer Familie über längere

Zeiträume weitestgehend abgeschnitten

und haben wenig

soziale Kontakte. Das ist für

einen kürzeren Abschnitt aushaltbar,

doch je länger sich die

Pandemie zieht, desto schwieriger

wird es mit den Folgen

umzugehen. Vor allem wird

der Kosten Nutzen Beitrag in

Frage gestellt, da Einsamkeit

und Isolation zur Verschlechterung

der Gesundheit beitragen

kann. Dieses Problem ist schon

lange bekannt, doch noch nie

waren so viele Menschen betroffen

wie in diesen Zeiten.

Um gegen Einsamkeit anzugehen,

sind einige Angebote ins

Leben gerufen worden:

Das Forum „älterwerden“

der Erzdiözese Freiburg veröffentlicht

monatlich einen

Rundbrief an Senior*innen.

Der Rundbrief in der Corona-

Zeit ist letzten Monat zum

dreizehnten Mal erschienen

und besteht aus einer Mischung

von lyrischen Beiträgen,

verschiedensten Rätseln

zum Zeitvertreib, gibt motivierende

Denkanstöße und Tipps

zum Austausch oder körperlicher

Bewegung.

Seit März diesen Jahres gibt

es das Plaudertelefon, welches

die Freiburger Bürgerstiftung

ins Leben gerufen hat. Wenn

man sich endlich mal wieder

unterhalten möchte, etwas erzählen

ob belanglos oder nicht

oder mit neuen Menschen in

Kontakt kommen möchte,

kann dort montags und freitags

Gesprächspartner*innen erreichen.

Das Telefon ist am Montag

von 15 bis 17 Uhr und am

Freitag von 10 bis 12 Uhr unter

der Nummer 0175/2852758 erreichbar.

Auch die Volkshochschule

Freiburg bietet wieder einige

Kurse an. Diese reichen von

Sprach- über Malkurse zum

3D-Drucken. Nach Anmeldung

ist für den Juni der Großteil

des Angebots wieder in

Präsenz geplant, mit entsprechenden

Corona-Maßnahmen

und unter Vorbehalt der aktuellen

Entwicklungen.

Inzwischen ist auch der Besuch

in Pflegeeinrichtungen

wieder möglich, jedoch ist die

Anzahl an Kontaktpersonen

festgeschrieben, so dass häufig

nur ein Teil der Angehörigen

zu Besuch kommen kann. Andere

haben sich privat Unterstützung

ins Haus geholt und

eine Art Wohngemeinschaft

gegründet. Der Wohnraum in

dem viele Ältere allein leben,

wird so wieder genutzt und

Senior*innen können von ihren

Mitbewohner*innen bei

Bedarf unterstützt werden

oder einfach die Gesellschaft

genießen. Es zeigt sich: die

Not macht erfinderisch und

bringt zum Nachdenken, denn

die Vereinsamung der Gesellschaft

ist zwar durch die Pandemie

verstärkt, aber nicht der

Ursprung des Problems.

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gesundheit KULTUR JOKER 33

Hilfe bei psychosomatischen

Erkrankungen

Gesundheitsforum im Bürgerhaus Seepark

Die Zahl der psychischen Menschen oft von quälenden

Erkrankungen in Deutschland

ist aufgrund gesellschaftlicher

und beruflicher Veränderungen

seit Jahren angestiegen.

Symptomen, die deren Leben

stark beeinträchtigen: innere

Bilder des Traumas, verstärkte

Anspannung und die Vermei-

Schon vor Ausbruch dung von Situationen, die an

der Corona-Pandemie litten das Trauma erinnern. „Betroffene

etwa 11 Prozent der Betroffenen

an psychosomatischen

Störungen, die sich in einer

Vielzahl von Symptomen äußern

können. Am Mittwoch,

30. Juni 2021 um 19 Uhr findet

leiden häufig nicht nur an

psychischen Symptomen, sondern

auch an Schmerzen und

vielfältigen körperlichen Symptomen.

Hier haben wir oft ein

komplexes Wechselspiel mit

im Bürgerhaus Seepark körperlichen und psychischen

(Gerhart-Hauptmann-Straße 1

in Freiburg) ein Gesundheitsforum

zum Thema „Hilfe bei

psychosomatischen Erkrankungen“

statt. Die Referenten

Professor Dr. Christoph Bielitz,

Ärztlicher Direktor und

Dr. Thomas Fuchs, Leitender

Oberarzt der psychiatrischen

Privatklinik Sigma-Zentrum

Faktoren. Schmerzen triggern

Erinnerungen an traumatische

Erlebnisse, und Erinnerungen

an traumatische Erlebnisse

führen zu hoher Anspannung

im Körper und vielfältigen

Körpersymptomen wie z.B.

Übelkeit, Druck auf der Brust

oder Schmerzen“, weiß Dr.

Thomas Fuchs aus der Praxis

Bad Säckingen stehen auch zu berichten. Psychische oder

nach ihren Vorträgen für Fragen

zur Verfügung. Der Eintritt

psychosoziale Faktoren sind in

unterschiedlichem Ausmaß an

Ärztehaus beim Diakoniekrankenhaus Freiburg

© Nicolai Schmidt

ist kostenfrei, aufgrund der Auslösung oder Verschlim-

interdisziplinäre Psychiatrie, auf die immer größere Nachgang

zu Beratung im Bereich

der begrenzten Kapazität ist merung solcher Erkrankungen Psychotherapie und Psychosomatische

frage aus dem Raum Freiburg psychischer und psychosomatischer

eine Anmeldung erforderlich

(info@sigma-institut.de, Telefon

0761 1518713-0).

bzw. ihrer Beschwerden beteiligt.

„Beim multimodal-multiprofessionellen

Therapiekonzept

Medizin hat das

Sigma-Zentrum Bad Säckingen

mit der Einrichtung des

reagiert. Prävention, Ambulanz,

Früherkennungszentrum

und Spezialsprechstunden bie-

Beschwerden.

Weitere Infos: www.sigmainstitut.de

(Telefon: 0761

ist es wichtig, neben einer Die häufigsten und in der

Sigma-Instituts im neuen ten für privatversicherte Rat-

1518713-0, info@sigma-insti-

Bevölkerung am meisten verbreiteten

psychosomatischen

guten Ausstattung im Bereich

der Psychotherapie u. a. ein

Ärztehaus (Wirthstraße 9)

beim Diakoniekrankenhaus

suchende und Patienten einen tut.de).

persönlichen und diskreten Zu-

Krankheitsbilder sind die umfangreiches allgemeinmedizinisch-diagnostisches

schmerzhaften Erkrankungen

und

des Muskel-, Bindegewebs- körperlich-therapeutisches

und Skelettapparates, speziell

der Wirbelsäule, häufig assoziiert

mit sogenannten Verspannungen

und Spannungskopfschmerzen.

Die hiermit

verbundenen, zum Teil großflächig

auf den ganzen Rücken

projizierten Schmerzen

Angebot vorzuhalten“, betont

Professor Dr. Christoph Bielitz.

Im Sigma-Zentrum stehen

erfahrene Allgemeinmediziner

und Internisten zur Verfügung,

die im Bedarfsfall z. B. mit den

benachbarten Radiologen und

dem benachbarten spezialisierten

Schmerzzentrum intensiv

können im Zusammenhang

mit psychischen Belastungen zusammenarbeiten.

oder Erkrankungen dann zum

Teil schwere Ausmaße annehmen.

Gerade nach traumatisierenden

Erfahrungen berichten

Sigma-Institut Freiburg

Als eine seit über 20 Jahren

etablierte Privatklinik für Prof. Dr. Christoph Bielitz © Sigma-Zentrum Dr. Thomas Fuchs © Sigma-Zentrum

Selbstheilungskräfte stärken

Der Verein „Tanztherapie nach Krebs e.V.“ veranstaltet auch

in diesem Jahr zwei kostenfreie Seminare für krebsbetroffene

Frauen und ihre Töchter im Alter zwischen 15 und 20 Jahren.

Wenn Mütter Krebs haben,

fehlt es vielen Familien

an Raum und Zeit für offene

Fragen zum Leben nach der

Erkrankung. Besonders für

die jungen Töchter, die gerade

dabei sind, ihren eigenen

Weg zu finden, ist die Erkrankung

und die Sorge um die

Mutter sehr belastend. Freies

Tanzen, achtsames Bewegen

und der Austausch mit Gleichbetroffenen

helfen an Krebs

erkrankten Frauen und ihren

Töchtern, die Erkrankung besser

zu verarbeiten. Unter der

einfühlsamen Begleitung qualifizierter

Tanztherapeut*innen

bietet Tanztherapie nach Krebs

e.V. Krebsbetroffenen und ihren

Familienangehörigen kostenfrei

Seminare für „Mütter mit

ihren jugendlichen Töchtern“

an. Tanztherapie kann dazu

beitragen, belastende Gefühle

loszulassen, die Freude am Leben

zurück zu gewinnen, die

Selbstheilungskräfte zu stärken.

Weitere Infos: www.tanztherapie-nach-krebs.de


34 KULTUR JOKER interview

Narrativ, eine sinnstiftende Erzählung,

die überzeugend wirkt.

Kultur Joker: Das andere Element

der Erzählung sind die

gefährdeten Kinder. Das schürt

schnell tiefe Ängste, gerade bei

Eltern.

Andre Wolf: Ja. Die Erzählung

funktionierte auch deshalb so

gut, weil sich viele Menschen

davon betroffen fühlten. Das

nennen wir Betroffenheitslage.

Ist die weitreichend genug, was

im Falle von Eltern kleiner Kinder

der Fall ist, neigen Menschen

eher dazu, einer solchen Warnung

zu glauben. Das, gepaart

mit Angst, reizt betroffene Eltern

schließlich dazu, auch andere Eltern

zu warnen.

Kultur Joker: Ein Teufelskreis.

Andre Wolf: Gegenseitig bestätigt

man sich, einen weißen

Lieferwagen gesehen zu haben.

Eine solche dynamische Entwicklung

konnten wir tatsächlich

verfolgen. Den Ursprung

hatte die Geschichte im April

2014 in Duisburg und Essen,

verbreitete sich mit der Warnung

vor einer Organmafia dann in

ganz Deutschland. Ein Problem

war damals, dass die Polizei auf

Facebook noch nicht wirklich

aktiv war. Erst als die Polizei als

oberste Instanz eingegriffen und

die Sache richtiggestellt hatte,

war die Meldung als „Fake“ akzeptiert.

Das war dann nahezu

rechtsgültig.

Kultur Joker: Wie kommt so eine

Erzählung zustande? Stehen dahinter

nur besorgte Eltern oder

Menschen mit der Agenda, Angst

zu schüren?

Andre Wolf: Hinter diesen Erzählungen

müssen keine bösen

Motive stecken. Vielleicht hat

jemand eine Situation nur falsch

verstanden, mit einem falschen

Narrativ verknüpft und dann aus

Betroffenheit und Sorge heraus

weitergegeben. Es ist aber auch

gut möglich, dass jemand diese

Nachricht bewusst verbreitet hat,

um Angst zu schüren. Die Botschaft

ist dann: „Wir sind hier

nicht sicher.“ Dann haben wir es

mit einem gefährlichen Narrativ

zu tun.

Kultur Joker: Für die

Empfänger*innenseite wird es

vermutlich schwierig sein, einer

so starken Emotionalität noch

mit Fakten beizukommen. Im

Buch verwenden Sie dafür das

Bild der „Löwenmutter“, die

ihr Kind verteidigen möchte und

entsprechend aggressiv auf Aufklärungsversuche

reagiert. Wie

gehen Sie damit um?

Andre Wolf: Im ersten Moment

erreiche ich diese Menschen gar

nicht, da gibt’s nur Prügel. Wenn

es um den Schutz eines geliebten

Kindes geht, kann man nicht

mehr argumentieren. Auch bei

Verschwörungsnarrativen ist es

auch nahezu unmöglich, dem

Fakten gegenüberzustellen. Wir

müssen also unseren Modus ändern

und die Fakten selbst erzählerisch

vermitteln. Wir müssen

eine Erzählung zu den Fakten

schaffen, die einprägsam ist. Dabei

geht es nicht um Erfindung,

sondern darum, etwas so plausibel

zu erklären, dass es auch im

Kopf bleibt.

Kultur Joker: Kann man gegen

Falschnachrichten nicht auch

juristisch vorgehen?

Andre Wolf: Solange Menschen

damit nicht direkt bedroht werden,

bewegen sich Falschmeldungen

im juristisch legalen

Rahmen. Das wissen viele nicht:

Lügen an sich ist nicht verboten.

Die Frage ist auch: Wer klagt

im Falle eine Falschmeldung?

Wenn die Falschmeldung kursiert,

Flüchtlinge bekämen alle

ein Gratis-Smartphone, wer will

dann klagen? Die Flüchtlinge als

Gruppe können jedenfalls nicht

klagen. Parteien wie die AfD

arbeiten noch dazu sprachlich

viel feiner und entgehen so einer

Strafverfolgung. Dort heißt es

nicht „Der Islam ist schlecht“,

sondern „Der Islam gehört nicht

zu Deutschland“. Solche Parteien

verschieben die Grenze des

Sagbaren und wissen, dass ihre

Anhänger diese Grenzen noch

weiter verschieben.

Kultur Joker: Mit der AfD

sind wir bei den Themen Neue

Rechte und Rechtsextremismus

angelangt. Ihr Buch beschreibt

die schwierige Aufgabe, solche

politischen Akteur*innen hinter

Falschmeldungen und Hetze

sichtbar zu machen. Aber gibt es

auch Erfolge?

Andre Wolf: Ich habe in den

vergangenen Jahren oft mit sogenannten

„Watch-Blogs“ zusammengearbeitet,

die viel Zeit und

Herzblut investieren, um solche

Akteure sichtbar zu machen. Zur

letzten Bundestagswahl konnten

wir ein Netzwerk von über 30

großen AfD-Gruppen auf Facebook

aufdecken. Hinter diesem

Netzwerk standen nur ein, zwei

Personen. Auf Basis unserer Recherche

hat Die PARTEI diese

Gruppen infiltriert, das Netzwerk

übernommen und vor der Bundestagswahl

schließlich bloßgestellt.

Kultur Joker: Wie gehen rechte

Akteur*innen auf Social Media

vor?

Andre Wolf: Zunächst wird ein

Netzwerk aufgebaut. Innerhalb

dieses Netzwerks werden dann

bestimmte Kommunikationsstrategien

entwickelt. So werden

etwa auf bestimmten Seiten oder

Profilen Kommentare gepostet,

um dort die Stimmung entsprechend

den eigenen Interessen zu

beeinflussen. Ob in den Kommentarspalten

der österreichischen

Zeitschrift „Der Standard“

oder bei der Tagesschau:

Die rechten Netzwerke mit

ihren diversen „Sockenpuppen-

Accounts“ (Anm.: Verschiedene

Accounts, hinter denen nur eine

Person steht) sorgen dafür, dass

die Inhalte dort schlechtgeredet

werden. Eine Diskussion um

Fakten ist dann nicht mehr möglich.

Aber das ist auch gar nicht

das Ziel.

Kultur Joker: Sondern…?

Andre Wolf: Es geht darum zu

stören und etwas schlecht aussehen

zu lassen. Dazu kommt die

Methode des „Silencing“. Dabei

werden bestimmte Personen innerhalb

der Kommentare gezielt

angegriffen und eingeschüchtert,

zum Schweigen gebracht.

Die sind aber auch gar nicht die

Adressaten, Adressaten sind die

Beobachter. Man will für die, die

mitlesen, eine große Show inszenieren.

Die rechten Accounts

sollen eine Mehrheit darstellen,

die den scheinbar „richtig“ oder

„korrekt“ agierenden Gesprächspartnern

überlegen ist. Auf diese

Weisen sollen die Zuschauer

dazu bewogen werden, mit der

vermeintlichen Mehrheit zu gehen.

Kultur Joker: Ihr Buch macht

deutlich: Die Auswahl der

Adressat*innen, oder sagen wir

„Ziele“ für Hasskommentare

stellt für die rechten Netzwerke

eine wichtige Aufgabe dar. Als

eine Zielgruppe gelten junge,

gebildete Frauen. Warum gerade

die?

Andre Wolf: Rechtspopulisten

inszenieren die traditionelle

Familie als Rollenideal. Darin

hat die Frau ihre Sorgefunktion

und hat nicht zur Universität zu

gehen. Erst recht soll sie nicht

kinderlos bleiben. Entsprechend

sind junge, gebildete, linksliberale

Frauen das Feindbild – aber

auch Männer mit einem solchen

Hintergrund, vor allem wenn sie

nicht klassischen Männlichkeitsbildern

entsprechen, also zum

Beispiel gebrechlich wirken.

Dem gegenüber stehen die Accounts

der Rechtspopulisten mit

oft martialischen Benutzerbildern:

Schnelle Autos und kämpferische

Posen. Rechte Netzwerke

versuchen ihre Feinde mit

„Silencing“ einzuschüchtern.

Frauen wird oft mit Vergewaltigung

gedroht, Männern mit der

Vergewaltigung ihrer Kinder und

Frauen.

Kultur Joker: Wie begegnet man

solchem Hass?

Andre Wolf: Wir müssen Menschen

beibringen, wie Social Media

eigentlich funktioniert, wie

Informationen auf Social Media

verbreitet werden. Diese Bildung

brauchen junge Menschen, aber

auch erwachsene Menschen. Für

letztere benötigen wir neue Formate.

Wir können Erwachsene

nicht in Klassenzimmer stecken,

sondern müssen sie auf unterhaltsame

Weise dafür interessieren,

sich mit den Mechanismen

von Social Media auseinanderzusetzen.

Kultur Joker: Wofür es wiederum

den Staat braucht.

Andre Wolf: Ja, aber nicht nur

die jeweiligen Nationalstaaten.

Wir müssen eine europäische

Lösung und Forderungen erarbeiten

und uns damit an Konzerne

wie Facebook oder Twitter

wenden. Ideal wäre eine große,

neutrale Schiedsstelle, die staatenübergreifend

anerkannt ist und

unabhängig funktioniert. Diese

Schiedsstelle wäre Schnittstelle

zwischen Internetplattform,

Staat und den Nutzerinnern und

Nutzern, ein Informationszentrum,

eine Stelle für Rechtsberatung

und psychische Betreuung.

Denn viele Menschen sind überfordert,

wenn sie zum ersten Mal

online mit Hass oder Mobbing in

Kontakt kommen. Da braucht es

Gesprächsangebote, damit so jemand

mit seiner Erfahrung nicht

allein bleibt.

Kultur Joker: Ein ziemlich

großes Vorhaben.

Andre Wolf: Ich weiß, das kostet

viele Ressourcen. Ich frage

aber auch: Was ist uns am Ende

unsere Demokratie wert? Wie

können wir Social Media zu

einem Ort machen, an dem wir

uns wohlfühlen? Ich persönlich

will Social Media nicht verbieten,

ich will es weiterentwickeln,

damit wir alle daran Spaß haben

können.

Kultur Joker: Herr Wolf, herzlichen

Dank für das Gespräch!

Andre Wolf, „Angriff auf die Demokratie.

Wie Rechtsextremisten

die Sozialen Medien unterwandern“,

edition a 2021.


Musik KULTUR JOKER 35

Die IFK (Interessengemeinschaft

Freiburger Komponisten)

veranstaltet am 22. Juni, 20 Uhr

in Kooperation mit der GEDOK

Freiburg und dem Verein der

Freunde des Ensemble Aventure

im Garten der Elisabeth-Schneider-Stiftung

in Freiburg ein Konzert

mit dem Titel „Ins Offene“.

Die drei Musikerinnen Andrea

Nagy (Klarinette/Bassklarinette),

Delphine Gauthier-Guiche (Horn)

und Annette Winker (Fagott)

spielen eigens für diesen Anlass

und diese Besetzung komponierte

kurze Stücke in Solo-, Duo- und

Trio-Besetzung, in denen sich

Ins Offene

Konzerte in der Elisabeth-Schneider-Stiftung

Die Zusammenarbeit zwischen

dem Blauen Haus Breisach und

dem Bronislaw-Huberman-Forum

gipfelt vom 11. bis 13. Juni

in einem Schwerpunkt-Wochenende

zu dem Thema „Verfolgung

– Widerstand – Exil“. Der erste

Abend (11.Juni, Blaues Haus, 18

Uhr) trägt den Untertitel „Geige

im Exil – Ungarn“. Elias David

Moncado spielt Béla Bartóks

Sonate für Violine solo. Gerhard

Markson liest Texte von Ephraim

Kishon: „Aufgewachsen als

Jude im stalinistisch geprägten

Ungarn“. Eingeblendet werden

historische Aufnahmen mit

Bartók am Klavier. Am zweiten

Abend (12.Juni, Hofgarten des

Blauen Hauses, 18 Uhr) lesen

Charles Brauer und Gerd Heinz

den 1938 entstandenen Briefroman

„Adressat unbekannt“ von

Kressmann Taylor im Wechsel

mit Kompositionen von Hans

Werner Henze und Ernest Bloch,

gespielt von der Geigerin Latica

Honda-Rosenberg (Berlin) und

dem Cellisten Bruno Weinmeister

(Wien). Im Zentrum des dritten

Abends (13.Juni, Spitalkirche

Breisach, 18 Uhr „40. Jour fixe

musical“) stehen Texte von Peter

Weiss. Sowohl zu seiner Kafka-

Dramatisierung „Der Prozess“,

wie zur Textgeschichte seines

Oratoriums „Die Ermittlung“, als

auch Fragmente aus seiner „Ästhetik

des Widerstands“, gelesen

von Gerd Heinz und Helmut

Grieser. Den musikalischen Teil

bestreiten die Geigerin Hanna

Weinmeister, der Cellist Bruno

Weinmeister und die Huberman-

Stipendiatin Vera Weilerstein,

Sopran, mit themenbezogenen

Kompositionen von Peter Michael

Hamel, Josef Tal, György

Kurtág und Gideon Klein. Zum

Abschluss erklingt Luigi Nonos

elektronische Realisation „Ricorda

cosa ti hanno fatto in Auschwitz

– cori dall’Ermittlung di

Piero Weiss“. „Dies ist wahrscheinlich

die bedrückendste

meiner nunmehr 40 für Breisach

dreizehn Komponist*innen mit

dem Thema Abstand und Musik

im Freien in Zeiten von Corona

auseinandersetzen und dafür

kreative Lösungen finden. Der

Garten der Elisabeth-Schneider-

Stiftung öffnet sich zum Klangraum,

der aus sich immer wieder

ändernden Perspektiven und

wechselnden räumlichen Positionen

der Musikerinnen zum

Schwingen gebracht wird.Die

Komponist*innen der Stücke

leben in Freiburg und der Regio

oder sie haben hier studiert. Ihre

individuellen Gestaltungsweisen

des Raumes, der Zeit, der Harmonik

und Melodik, der Geräuschanteile

zeigen, wie vielfältig

Neue Musik heute klingen kann.

Zu hören sind Uraufführungen

von Günter Buchwald, Carmen

Carneci, Andreas Fervers, Mesias

Maiguashca, Frank Michael,

Wolfgang Motz, Dorothee

Schabert, Katharina Schmauder,

Annette Schlünz, Mia Schmidt,

Maximiliano Soto Mayorga,

Szigmond Szathmary und Thomas

Wenk.

Online-Reservierung unter:

kontakt@freiburgerkomponisten.

de

„Verfolgung – Widerstand – Exil“

Schwerpunkt-Wochenende in Breisach

Unter dem Motto „Musik verbindet“

präsentiert der Verein

Haus der Kultur Freiburg am

11.I 13. Juni im Historischen

Kaufhaus in Freiburg eine Konzertreihe

mit Klavierwerken der

europäischen klassischen Musik

und Kompositionen, deren

Wurzeln in der traditionellen

iranischen Musik fußen. Mit

Bach als Schwerpunkt des Festivals

wird in den drei Konzerten

sowohl eine Brücke zur romantischen

Kleinform wie Prélude,

Etüde und Esquisse (Skizze)

geschlagen, als auch die Verbindung

zur Musik einer neuen

Avantgarde aufgezeigt, die

mit ihrem Ursprung in der iranischen

Tradition aus einer völlig

anderen Zeit und Kultur zu

stammen scheint.Mit einer Reise

durch alle 24 Tonarten eröffnen

die drei jungen Pianist*innen

ausgearbeiteten Porgrammfolgen

und sie liegt mir zum Ausklang

der Jour-fixe-Reihe in besonderem

Ausmaß am Herzen“,

kommentiert Dirk Nabering,

Musikkurator am Blauen Haus.

Zu allen Veranstaltungen freier

Eintritt, es bedarf jedoch rechtzeitiger

schriftlicher Anmeldung

an mail@Bronislaw-Huberman-

Forum.de – die aktualisierten

Besucherregeln bzw. das verordnungskonforme

Hygienekonzept

erhalten die Besucher der Veranstaltungen

schriftlich im Vorfeld.

Kleine Freiburger Musiktage

Konzerte im Historischen Kaufhaus in Freiburg

Yang Tai, Gaidar Beskembirov,

Pietro Ceresini sowie einer der

gegenwärtig repertoirereichsten

europäischen Pianisten, Rainer

Maria Klaas, die Konzertreihe

am 11. Juni, 19 Uhr. Auf dem

Programm stehen Werke von

Chopin, Alkan, Moszkowski,

Saint-Saëns, Rachmaninov und

Scriabin, ergänzt durch Neue

Musik von Rainer Maria Klaas

und einer Uraufführung von

Juan José Chuquisengo. Den Ursprung

und das Zentrum dieser

Reise bringt am 13. Juni, 11 Uhr,

die Pianistin und Bach-Expertin

Schaghajegh Nosrati mit Bachs

„Wohltemperierten Klavier“

(Band 1) zu Gehör. Klänge der

Ferne auf der iranischen Stachelgeige

(Kamantsche) mit

Perkussionsbegleitung um 17

Uhr desselben Tages bieten

zum Abschluss des Festivals

Charles Brauer im Blauen Haus

Foto: Bronislaw Huberman Forum

neue Ausblicke. Zu Gast ist Misagh

Joolaee, einer der besten

Kamantsche-Interpreten, der im

Duo mit Sebastian Flaig, einem

Spezialisten für orientalische

Perkussion, eine vielschichtige

und vieldimensionale Form des

Ausdrucks entstehen lässt.

Weitere Infos und Karten:

www.hausderkultur.com und

Abendkasse.

Schaghajegh Nosrati

Foto: Haus der Kultur

„Was Du mir bist“

Liederabend in der Ludwigskirche

Der bereits am 20. Januar 2020

angesetzte Liederabend unter

dem Motto „Was Du mir bist“

kann nun am 30. Juni um 20 Uhr

in der Ludwigskirche in Freiburg

stattfinden, wenn es die Inzidenzien

in Freiburg bis dahin zulassen.

Dort wird die bekannte Sopranistin

Katharina Ruckgaber

(Ensemblemitglied am Theater

Freiburg) Lieder von A. Jensen,

Ein facettenreiches Programm,

gespielt von einer prämierten

Pianistin präsentiert

der Verein Haus der Kultur

Freiburg am 26. Juni, 20 Uhr

im Historischen Kaufhaus

Freiburg. Die junge, in Freiburg

lebende Japanerin Miku

Arizono, Gewinnerin des internationalen

Klavierwettbewerbs

Livorno 2020, spielt ein

progressiv angelegtes Klavierrezital.

Im Programm stehen

Werke unterschiedlicher Komponisten

wie Haydn, Debussy,

R. Schumann und E.W. Korngold

zu Gehör bringen. Es begleitet

sie Klaus Simon am Klavier.

Katharina

Ruckgaber

Foto: Nicky Webb

Gottesdienstliche Abendlieder

Kantate von Jörn Bartels

Mit dem Choral „Nun bitten

wir den Heiligen Geist“ beginnt

die Kantate von Jörn Bartels,

die im Rahmen einer Gottesdienstlichen

Abendmusik am

6. Juni, 16 und 17 Uhr in der

evangelischen Stadtkirche Emmendingen

musiziert wird. Die

fünf Sätze der Kantate mischen

Stil-Elemente des Jazz, der

Kirchentonarten und der Barockmusik.

Dabei versucht die

Musik immer die in den Texten

vorkommenden Bilder in Töne

zu übersetzen. Neben Bibel- und

Choral-Texten ist auch ein Text

von Marguerite Poretes, eine auf

dem Scheiterhaufen verbrannte

Mystikerin des Mittelalters, vertreten.

Die drei mittleren Sätze

singt die junge Altistin Pascale

Jonczyk, die von einem coronabedingt

kleinen Instrumentarium

von Violine (Regine Schröder),

Violoncello (Anne Beller)

und Truhenorgel (in alter Stimmung)

begleitet wird. Im Eingangs-

und Schluss-Chor singt

ein Vokalquartett aus den Reihen

der Kantorei. Seine Komposition

leitet Bezirkskantor Jörn Bartels

von der Truhen-Orgel aus. Die

Liturgie übernimmt Pfarrerin

Irene Leicht, die eine profunde

Kennerin von Marguerite Poretes

Leben und Werk ist.

Anmeldung unter evangelischin-emmendingen.de

erforderlich.

Klaviertalent

Miku Arizono in Freiburg

Pascale Jonczyk

Foto: Bezirkskantorat

Janáček, Wagner und Liszt.

Dazu kommen zwei Eigenkompositionen

der Pianistin.

Kein schlechter Anlass, ein

vielseitiges Talent zu erleben

und zu feiern.

Miku Arizono

Foto: 2R Studio Produzioni Multimediali


36 KULTUR JOKER veranstaltungen

„Böhmische Dörfer“ Freiburg

Die neue Theaterproduktion

„Böhmische Dörfer“ des Cargo-Theater

ist eine autobiografische

Auseinandersetzung der

beiden Geschwister Carla Wierer

und Leon Wierer mit dem

Leben ihres Großvaters. Dieser

kämpfte im zweiten Weltkrieg

als Soldat in Stalingrad. Was

könnte ihnen der junge Mann,

den sie nur von einem Foto kennen,

alles vererbt haben? Einen

bestimmten Gang, eine besondere

Art zu denken, Alpträume,

oder den Granatsplitter, den er

aus Stalingrad in seiner Schulter

mitbrachte? Ihr Nichtwissen

über ihren Opa und seinen

undurchschaubaren Einfluss

auf ihre Gegenwart, verstehen

die beiden Performer*innen

als Auftrag: Zuerst lernen sie

Russisch, befragen Verwandte,

durchstöbern in langen Nächten

skurrile Foren und endlose

Archive im Internet und nehmen

schließlich das Publikum

Vom 2. bis 4. Juni, jeweils

von 9.30 bis 12.30 Uhr können

Kinder sich in die Welt der Farben

und der Kunstgeschichte

begeben. Mittels eines Online-

Malprogramms werden eigene

Kunststücke erstellt und mit

Audioaufnahmen zum Sprechen

gebracht. Der berühmte

Künstler August Macke wird

mit auf eine multimediale Recherchereise.

Vom böhmischen

Dorf Hammern, wo ihr Großvater

aufwuchs, geht es in die

russische Großstadt Wolgograd,

früher Stalingrad. „Böhmische

Dörfer“ ist der anarchisch einkreisende

Versuch einer Annäherung

an die eigene Familiengeschichte

und deren Bedeutung

für die Gegenwart.

Primiere: 17. Juni, 20.30 Uhr

im E-Werk. Weitere Termine 18.

und 19. Juni, jew. 20.30 Uhr.

Böhmische Dörfer

Foto: Jennifer Rohrbacher

Kunst für Kids Online Freiburg

vorgestellt. Zudem gibt es

Spiele, Spaß und Wissenswertes

zum Thema Kunst. Der

Workshop findet online statt,

ist kostenlos und wird vom

Verein Kommunikation & Medien

angeboten. Anmeldungen

unter: freund@kommunikation-und-medien.de

Das Tanzfest Freiburg

Zum Ende der ersten TANZ-

PAKT Stadt-Land-Bund-

Förderrunde und auch in

Zeiten der Pandemie feiert das

tanznetz|freiburg sein dreijähriges

Bestehen unter dem Motto

„Jubeln, in Erinnerungen

schwelgen, Danke sagen“.

Die Interessenvertretung

der Freiburger Freien Tanzszene

lässt Revue passieren,

nimmt Anlauf für die Zukunft

und lädt alle Akteur*innen

der letzten Jahre sowie alle

Interessierten herzlich ein,

mitzufeiern. Vom 30. Juni bis

zum 3. Juli werden bewegte

und bewegende Einblicke in

die zeitgenössische Tanzszene

und diverse Möglichkeiten der

Teilhabe geboten.

Weitere Infos unter: www.

tanznetz-freiburg.de und auf

Facebook oder Instagram.

Kindershow Open Air Basel

Die Welt ist voller Abenteuer!

Gemeinsam mit dem

Publikum begeben sich die

Impronauten in die wildesten

Gefahren und retten die Helden

aus aller Not. Improvisationstheater

bedeutet: Geschichten

einfach entstehen lassen

– ganz ohne Planung, aber mit

viel Lust am Fabulieren. Wer

wird der Held des Theaterstücks

sein? Und welche Gefahren

lauern an seinem Weg?

Wer kommt zu Hilfe, wenn

es eng wird? Winkt am Ende

ein Königreich oder eher ein

Stück Torte? Eines ist sicher:

Die zündenden Ideen und rettenden

Einfälle kommen von

den Zuschauenden...

Die Kindershow der Impronauten

ist am 13. Juni, 16 Uhr

im Gartentheater Kannenfeldpark

in Basel bei freiem Eintritt

zu erleben.

Die Impronauten Foto: Impronauten

Buchpreisträgerin Anne Weber kommt

Hochkarätige Lesung in der Rainhofscheine als Auftakt der Wiederaufnahme

des Kulturprogramms vor Publikum

Unter dem Motto „Let‘s Break

The Silence!“ geht es auch dieses

Jahr in der Reihe „Dear White

People“ darum, sich selbstkritisch

mit dem Thema Rassismus

auseinanderzusetzen. Dabei geht

es nicht nur um Informationen,

sondern auch den Austausch

miteinander. Die Systematik

von Rassismus wird in verschiedenen

Veranstaltungen erklärt.

Dabei wird ein Augenmerk auf

die gesellschaftliche Machtverteilung

gelegt. Wer erfährt Rassismus?

Wer übt Rassismus aus?

Wie wird Rassismus ausgeübt?

Ines Johnson-Spain thematisiert

dies anhand ihrer eigenen

Geschichte mit dem Dokumentarfilm

„Becoming Black“. Sie

wächst in den 1960ern in der

DDR auf und ist Tochter weißer

Eltern, die ihr nie genau erklären,

warum sie schwarz ist und

nicht weiß, wie der Rest ihrer Familie.

Die Dokumentation fängt

das Schweigen und das daraus

entstehende Nichts ein, in dem

Nun ist es wieder soweit:

Nach erzwungener Pause bietet

der Buchladen in der Rainhofscheune

in Kirchzarten-Burg

zum Wiederbeginn seines gewohnten

Kulturprogramms

gleich ein literarisches Mega-

Highlight. Betreiberin Sibylle

Steinweg konnte die Autorin

Anne Weber, Trägerin des Deutschen

Buchpreises 2020, als

eine der ersten für eine Lesung

gewinnen. Der vom Börsenverein

des Deutschen Buchhandels

gestiftete und mit 25000 Euro

dotierte Preis wird jeweils zum

Auftakt der Frankfurter Buchmesse

verliehen und Anne Weber

erhielt ihn für ihre als Heldinnenepos

titulierte Erzählung

„Annette“ über das Leben der

heute 96-jährigen lebenslangen

Widerstandskämpferin Anne

Beaumanoir. Schon in ihrer Jugend

kämpfte sie in der kommunistischen

Résistance in Frankreich

gegen die Nazi-Besatzer,

unterstützte später aktiv die algerische

Unabhängigkeitsbewegung

innerhalb der Befreiungsfront

unter Führung Ben Bellas

und war Amtsträgerin in dessen

provisorischer Regierung. Einer

zehnjährigen Gefängnisstrafe

konnte sie durch Flucht entgehen.

Anne Weber wählte für die

biografische Darstellung dieses

außergewöhnlichen Lebens einer

außergewöhnlichen Frau die

epische Versform im Stil der Ilias

oder Odyssee. So konnte sie

mit gehobener Sprache, ohne

jedoch die Lesbarkeit zu erschweren,

ihrer Bewunderung

für diese mutige Frau am besten

Ausdruck verleihen. Inhaltlich

aufregend und literarisch ein

Leckerbissen.

Die Frankfurter Preisverleihung

im letzten Jahr konnte

Pandemie-bedingt nur vor

Ines Johnson-Spain als Kind gefangen

ist. Nur langsam und viel

später kann sie die Puzzleteile

zusammenfügen und erfährt von

der Affäre ihrer Mutter. Der Film

wird am 8. Juni um 19.30 Uhr im

Kommunalen Kino mit anschließendem

Gespräch gezeigt.

Neben filmischen Angeboten

gibt es einige Workshops zu

besuchen. Darunter auch „Allyship

and White Saviorism“ mit

Estefania Cuero. Darin werden

weiße Menschen begleitet sich

und ihre Verhaltensmuster kritisch

zu hinterfragen. White

Saviorism bezieht sich auf das

Phänomen vieler weißer Personen,

die sich dazu berufen

fühlen aus dem globalen Norden

in den globalen Süden zu

reisen, um dort in Projekten zu

arbeiten, die sich der Entwicklung

und Unterstützung dieser

Länder verschrieben haben.

Warum das kritisch zu sehen ist,

wird Estefania Cuero erklären.

Zusätzlich zu diesen Veranstal-

kleinem Publikum stattfinden.

Lesungen oder andere Formen

der publikumswirksamen Präsentation

waren bisher unmöglich

oder ein seltenes Ereignis.

Umso wertvoller ist nun die

Möglichkeit, die Autorin hautnah

zu erleben und das ereignisreiche

Leben ihrer Protagonistin

in vollendeter Sprachgestaltung

kennenzulernen.

Die Lesung findet am 17. Juni,

20 Uhr im Buchladen in der

Rainhofscheune in Kirchzarten-

Burg statt. Kartenreservierung

per E-Mail an info@buchladenrainhof.de

oder Tel: 07661 988

09 21. Weitere Veranstaltungen

in der Rainhofscheune im Juni:

Lesung und Gespräch mit Norbert

Gstrein, 8. Juni, 20 Uhr.

Außerdem Lesung und Gespräch

mit Martin Mosebach,

24. Juni, 11 Uhr.

Erich Krieger

„Dear White People...“

Anti-Rassismus-Veranstaltungsreihe zum dritten Mal in Freiburg

tungen widmen sich Vorträge

dem theoretischen Hintergrund

von Rassismus. Aktivisti*innen,

Akademiker*innen und

Künstler*innen sind als Gäste

geladen. Sie beschäftigen sich

unter anderem mit dem Konzept

der Mehrfachdiskriminierung,

mit geschichtlichen Entwicklungen,

wie Kolonialismus und

Postkolonialismus und deren

Relevanz heute. Auch der Zusammenhang

zwischen der ökologischen

Krise und der Ausbeutung

des Globalen Südens wird

erörtert. Die Veranstaltungen

finden teilweise online statt. Es

werden Stramings und Online-

Dokumentationen zur Verfügung

gestellt. Andere Veranstaltungen

sind über die Stadt verteilt.

Gehörlosendolmetscher*innen

werden ermöglicht.

„Dear White People“ findet

vom 7. bis 13. Juni statt. Weitere

Infos: https://zlev.de/kunstkultur#dear-white-people-let-sbreak-the-silence


veranstaltungen KULTUR JOKER 37

Kultur in der Scheune

Die Merdinger Kulturtage mit einem Programm zwischen Kunst,

Literatur und viel Musik

Das Merdinger Kunstforum

zeigt sich zuversichtlich. Am 13.

Juni, 11 Uhr öffnet sich wieder

die große Pforte der Zehntscheuer

für die 31. Ausgabe der Merdinger

Kulturtage. Zu Beginn steht

die Ausstellung Jürgen Palmtags.

Unter dem Thema „Panorama

produktiver Abschweifungen“

öffnet Palmtag den Blick für seine

verschiedenen Interessen, die alle

Eingang in sein Werk gefunden

haben. Ob Populärkultur, Film

oder zeitgenössische Musik – in

einer Bilderstrecke mit Arbeiten

und Aktivitäten der letzten Jahre

fallen großer Katalog und Dokumentation

eines breiten Interessenspektrums

in eins. Die Ausstellung

dient als Klammer der

Merdinger Kulturtage. An den

vier darauffolgenden Samstagen

finden innerhalb der Ausstellung

Konzerte statt, die jeweils um 20

Uhr beginnen. Den Anfang machen

die badischen Kultrocker

The Brothers, die am 19. Juni

ihre über 40 jährige Bandtätigkeit

feiern – mit eigenen Stücken und

Covern klassischer Rocksongs.

Ist es möglich, auch in Zeiten

der Pandemie ein reiches kulturelles

Leben und den sozialen

Zusammenhalt zu fördern?

Ja, meinen die Initiatoren der

KulturBauStelle, eine spartenübergreifende

Plattform für kulturelles

und soziales Leben in

Staufen. Ab dem 12. Juni soll die

KulturBauStelle für ein halbes

Jahr in Betrieb gehen, getragen

durch den Förderverein für außergewöhnliche

und unterhaltende

Staufener Theaterkultur.

Seit über einem Jahr ist das gesamte

Kultur- und Vereinsleben

der Region nahezu erloschen –

Perspektiven waren bislang ungewiss.

Schnell wurde den Betroffenen

klar, dass Staufen keine

ausreichenden Raumkapazitäten

für mittlere und große Veranstaltungen

oder Proben der ansässigen

Musikvereine, Chöre oder

Theatergruppen besitzt. Was

tun? Ein flexibles Dach musste

Am 26. Juni folgt die Formation

The Chamber Jazz Orchestra

des Freiburger Bassisten Michael

Pöhlmann. Nicht rockig, dafür

in warmen eindringlichen Kammerspielsounds

mit Saxophon,

Bass und Klavier. Klassisch wird

es am 3. Juli mit Petra Müllejans,

die an der Barockvioline mit ihrer

Kollegin Sabine Bauer (Cembalo)

Violinsonaten von Bach intoniert.

Tanzbar ist das Tango-Ensemble

Brisas del Sur, das am 10. Juli

schwüle Grooves garantiert. Bereits

2012 konnte das Ensemble

Jürgen Palmtag: „Muss ich

niedermeiern“ (Ausschnitt)

Foto: Jürgen Palmtag

her, möglichst leicht umzurüsten,

für jung und alt geeignet,

barrierefrei, nachhaltig gebaut

und wiederverwendbar: Zelte!

Auf einer Grundfläche von über

900 und 400 Quadratmetern werden

nun Zirkuszelte mit Technik,

Bühnen und Bestuhlung auf dem

alten Sportplatz in Staufen errichtet.

Dies geschieht in direkter

Nachbarschaft zur Baustelle der

Musikakademie des Bundes

Deutscher Blasmusikverbände.

Die KulturBauStelle ist also

doppeldeutig lesbar und steht

symbolisch für die Kooperation

der hiesigen Kulturträger.

Im kommenden halben Jahr

werden die Zirkuszelte der KulturBauStelle

variabel genutzt und

bieten sowohl Platz zum Proben

der Chöre, Musikkapellen, Spielmannszüge

und Theatergruppen,

sowie des Pflegens des Vereinslebens.

Auch Veranstaltungen sind

um den Bandoneon-Spieler Wolfgang

Weniger bei den Merdinger

Kulturtagen auftrumpfen.

Den Abschluss der Kulturtage

bildet eine Matinée-Lesung mit

der Autorin Katrin Seglitz. Am

11. Juli, 11 Uhr liest sie aus ihrem

Roman „Schweigenberg“. Eine

spannende Begegnung zwischen

einem Richter und einem Verurteilten

mit Revangebedürfnis.

Die Ausstellung der Merdinger

Kulturtage ist jeweils samstags

von 16-18 und sonntags von 12-

18 Uhr geöffnet. Um eine Anmeldung

vorab wird gebeten: www.

merdinger-kunstforum.de/reservieren

The Brothers

Foto: promo

Ein Ort, an dem Kultur stattfinden darf

Die KulturBauStelle Staufen errichtet Zirkuszelte für Veranstaltungen und Proben

bereits geplant. So wird am

16./17./18. Juli die Ballettschule

Staufen danceGeneration,

unter Mitwirkung von 180

Schüler*innen, das Tanztheater

„Das Magische Karussell“, geschrieben

von Maria Hermann,

aufführen. Auch die Staufener

Musikwoche ist bereits geplant

und wird in diesem Jahr vom

31. Juli bis 7. August stattfinden.

Gute Laune bringt das Komikerduo

Gogol & Mäx am 27./28. August

mit ihrem Programm „Concerto

Humoroso“ auf die Zirkusbühne

der KulturBauStelle.

Auf eine Woche voller Theater,

Konzerte, Lesungen, Kabarett

und Tanz darf sich das Publikum

der 31. Staufener Kulturwoche

freuen, die vom 8.-17. Oktober

auf den Bühnen der Staufener

KulturBauStelle stattfinden darf.

Weitere Infos: www.staufen.de

und in den nächsten Kultur Joker

Ausgaben.

„Naked Love“ Freiburg

Ausgehend von einer zehnmonatigen

Interviewrecherche

zum Thema „Wie liebst

du? Liebe in einer sich transformierenden

Gesellschaft”

entwickelt die DAGADA

dance company mit ihren fünf

Tänzer*innen eine berührende

Tanzsprache, die in zehn Episoden

einen Reigen von zarten,

schmerzenden, tabuisierten,

hoffnungsvollen Begegnungen

eröffnet unter dem Titel „Naked

Love“. Dabei geht es um

Themen wie multiserielle Monogamien,

Patchwork, Einsamkeit,

Asexualität, Dauerdating,

Pornokonsum oder die Ökonomisierung

von Liebesdiensten.

„Naked Love“ ist keine getanzte

Gesellschaftskritik,

sondern der Versuch, das unaussprechlich

Wesentliche

im Menschen und der Liebe

unserer Zeit zu begreifen: Zulassen

und loslassen als unabdingbare

Regel in der Liebe.

Die Produktion des E-Werk

Freiburg in Kooperation mit

tanznetz|freiburg und dem

Kulturamt Freiburg feiert am

10. Juni, 20 Uhr im E-Werk

Premiere. Weitere Termine:

12.6., 20 Uhr und 13.6., 19 Uhr.

Naked Love

Foto: Jennifer Rohrbacher

„(Con)fabulation“ Freiburg

Nach den beiden großen Produktionen

„In My Room“ (2017)

kehrt die in Freiburg lebende

japanische Tänzerin und Choreografin

Emi Miyoshi 2019 mit

„Depth of Field“ zurück zur Minimalform.

Anknüpfend an ihre

erste Soloarbeit „Sinking Float“

(2003) begegnet die Tänzerin in

ihrem aktuellen Stück den eigenen

Wurzeln neu und kreiert ein

choreografisches Tableau aus

fernöstlicher und westlicher Ästhetik.

Im Mittelpunkt steht der

Die Proben zum neuen

Stück von Éric Trottier mit

vier Tänzerinnen hatten bereits

begonnen, da rückte die

Corona-Pandemie 2020 alle

Menschen auf Abstand. Von

den notwendigen Änderungen

für Bühne und Zuschauerraum

inspiriert, entstand die bildgewaltige,

zugleich schöne und

beunruhigende Tanzinstallation

„(Con)fabulation“, die beim

Theaterfestival Schwindelfrei

in Mannheim Premiere feierte.

Die Zuschauer*innen sind

eingeladen in einen Bühnenraum

mit vier Plexiglas-Kuben,

in denen die Tänzerinnen

Georgia Begbie, Lisa Bless,

Laura Börtlein und Franziska

Schmitz die Frage nach unserer

Identität und unserem

Verhältnis zueinander ganz

neu stellen und neue Verhältnisse

zwischen Publikum und

Künstlerinnen ausloten.

(Con)fabulation 30. Juni,

17/19 Uhr. Künstler*innen-

Gespräch, 21 Uhr, im E-Werk

(Con)fabulation

Foto: Lys-Y-Seng

HIN.n.WEIS („N.Note“ Teil1) Freiburg

„Hin.n.Weis“ ist Teil des dokumentations.

und choreografischen

Forschungsprojektes

„Buch der sichtbaren und unsichtbaren

Notizen“. Die Solo-

Tanzperformance widmet sich

dem menschlichen Körper als

lebendiges Archiv von Raum

und Zeit. Katarzyna Brzezinska

bringt ihren Körper in Bewegung,

mal durch zeitgenössichsen

Tan, mal in poetischen

Bewegungen ergänzt durch

Ton, gesprochenem Text und

visueller Begleitung.

Premiere: 24. Juni, 20 Uhr

im Südufer. Weitere Termine:

25. & 27. Juni, jew. 20 Uhr.

„Depth of Field“ Freiburg

ewige Kreislauf des Lebens. Zu

erleben am 30. Juni und 1. Juli

im Kammertheater im E-Werk.

Depth of Field Foto: Marc Doradzillo


38 KULTUR JOKER VERANSTALTUNGEN

„Extrawurst“ Freiburg

Das Wallgraben Theater zeigt

am 6. Juni, 20 Uhr die Premiere

der Komödie „Extrawurst“,

der bekannten Comedy-Autoren

Dietmar Jacob und Moritz Netenjakob

die Pandemie-bedingt

verschoben werden musste. Auf

der Mitgliederversammlung

eines Tennisvereins soll über

den neuen Grill abgestimmt

werden. Eine nicht allzu komplizierte

Sache sollte man meinen,

bis es den Vorschlag gibt,

einen zusätzlichen Grill für das

einzige türkische Mitglied des

Vereins zu besorgen, damit dieser

nicht vom Schweinefleischgrill

essen muss. Es entbrennt

eine Diskussion, die sich schnell

nach oben schraubt. Die Grenzen

zwischen links und rechts,

tolerant und intolerant, religiös

und nicht-gläubig verschwimmen.

Das Publikum wird Zeuge

dieser Eskalation.

Gezeigt wird die Komödie in

der Außenspielstätte des Wallgrabenthaters

in der Munzinger

Straße 2. Weitere Termine:

8./9./11./12./13./15./16./18./19./

20./22./23./24./25./26./27./29./

30. Juni jew. 20 Uhr.

„Extrawurst“,

Foto: Wallgrabentheater Freiburg

„Operette sich wer kann“ Freiburg

In ihrer neuen Produktion,

welche nach langem Warten

nun endlich am 11. Juni, 20 Uhr

im Musiktheater i E-werk Premiere

hat, bringen die „Schönen“

ausufernde Lebenslust auf

die Bühne. „Operette sich wer

kann“ spielt mit der Absurdität

der Operette und präsentiert

vorbehaltlos, was an gehobenem

Unsinn und frechen Anzüglichkeiten

in ihr steckt. So wird die

Operette wieder zu dem, was

sie ursprünglich war: eine vitale

und vitalisierende Kunstform,

welche die Lage der Welt mit

süffisanter Leichtigkeit kommentiert

- gestern so wie heute.

Zeitgemäß arrangiert, bieten die

Ausschnitte u.a. aus der „Blume

von Hawaii“ (Paul Abraham),

aus dem „Weißen Rössl“ (Ralph

Benatzky) oder der „Fledermaus“

(Johan Strauß) jede Menge

Operettenspaß. Serviert werden

die Lieder und Szenen von

Katrin Mayer (Sopran), Rubén

Olivares (Tenor) und Max Langer

(Klavier). Sie gehen mit

Herzschmerz, Witz, Ironie und

Kitsch auf eine musikalische

Reise zwischen Waikiki, Berlin,

Wien und Varazdin.

Mit dabei als schlagfertiger

Operettenführer

ist Klaus Gülker.

Weitere Termine: 11.

I 18.6, jew. 20 Uhr;

19.6., 19 Uhr. Karten:

www.dieschoenen.

com

„Operette sich wer

kann“ Foto: Doreen Eich

„Prisma“ Freiburg

Das Farb- und Klangspiel

„Prisma“ vom Theater K widmet

sich der Farbenlehre und

der Frage ob weiß und schwarz

Farben sind, denn weißes Licht

hat alle Farben in sich. Dabei

werden die Farbtöne einzeln angeschaut,

denn vielleicht wirkt

rot für die Einen anders als für

die Anderen?

Premiere: 3. Juni, 20 Uhr im

Südufer. Weitere Termine: 4. I

5. Juni jew. 20 Uhr, 6. Juni, 18

Uhr.

Jubiläum im Open-Air Format

Die Freiburger Lesbenfilmtage werden dreißig Jahre alt!

Das dreißigste Jubiläum der

Freiburger Lesbenfilmtage,

eins von vier Festivals dieser

Art in Europa, fällt mitten

in den Corona-Sommer. Um

trotzdem stattfinden zu können,

haben die Veranstaltenden

ein Open-Air Programm mit

Online-Alternative entworfen.

An fünf aufeinanderfolgenden

Tagen werden internationale

Produktionen des lesbischen

Films gezeigt. Darunter sind

Spielfilme, Kurzfilme und Dokumentationen.

Das Publikum

kann die besten Filme wählen,

welche anschließend mit

der „Goldenen Tanna. Bester

Langfilm“ und „Goldene Tanna.

Bester Kurzfilm“ ausgezeichnet

werden. Beide Preise

sind mit 400 Euro dotiert.

Dieses Jahr stehen unter anderem

der Dokumentarfilm

„Uferfrauen – Lesbisches L(i)

eben in der DDR“ von Barbara

Wallbraun, der türkische

Spielfilm „Love, Spells and all

That“ von Ümit Ünal und die

Dokumentation „Welcome to

Nachdem letztes Jahr die

SFF Corona-bedingt verschoben

werden musste, kann sie

jetzt im Rahmen des Sommernachtskinos

Freiburg stattfinden.

Die Schwule Filmwoche

Freiburg (SFF) besteht seit

1985 und ist damit das älteste

schwule Filmfest Deutschlands.

Sie wurde von der Aktionsgruppe

Rosa Telefon, der

heutige Rosa Hilfe Freiburg

e.V., ins Leben gerufen, um

schwulen Filmen ein Publikum

zu bieten. Damals wurden

diese in regulären Kinos

kaum bis gar nicht gezeigt. Die

SFF war bis 2000 im Kino des

Alten Wiehre Bahnhofs beheimatet,

doch aus Platzgründen

zog sie in das Kino Kandelhof,

wo sie bis heute stattfindet. Im

Schnitt umfasst das Programm

Chechnya“ von David France

auf dem Programm. „Welcome

to Chechnya“ begleitet

die LGBTQI+ Aktivist*innen

David Isteev und Olga Baranova.

Isteev und Baranova riskieren

täglich ihr Leben, um

Menschen auf der Flucht aus

Tschetschenien zu unterstützen.

Dort ließ die Regierung

2017 Schwule, Lesben und

Bisexuelle verhaften und folterte

sie auf weitere LGBTQ+

Menschen aufzudecken. Viele

der Inhaftierten sind seitdem

verschwunden, wurden getötet

oder sind nach ihrer Freilassung

auf der Flucht. Der

mehrfach ausgezeichnete USamerikanische

Dokumentarfilmer

David France begleitete

die Aktivist*innen über mehrere

Monate.

Die Freiburger Lesbenfilmtage

laufen vom 31. Mai bis

6. Juni. Weitere Infos und Tickets

unter www.freiburgerlesbenfilmtage.de

oder an der

Abendkasse.

„Uferfrauen - Lesbisches L(i)eben in der DDR“ Foto: Freiburger Lesbenfilmtage

Die Schwule Filmwoche Freiburg

Open-Air Sommernachtskino im Freiburger Schwarzen Kloster

der SFF bis zu fünfundzwanzig

Langfilme und viele weitere

Kurzfilme, darunter viele

Deutschlandpremieren. In der

Regel sind die Filme in Originalfassung

mit Untertiteln zu

sehen und können seit 2008

von den Zuschauer*innen mit

dem Publikumspreis geehrt

werden. Dieses Jahr sind sind

wieder spannende Filme aus

aller Welt dabei. Darunter das

französische Sommerabenteuer

„Été ‚85“ von François Ozon,

der Historienfilm „Charlatan“

von Agnieszka Holland, welcher

in die 1950er Jahre der

Tschechoslowakai eintaucht

und das iranisch-deutsche

Drama „Futur Drei“ von Faraz

Shariat. „Futur Drei“ erzählt

die Geschichte des iranischdeutschen

Parvis, der im komfortablen

Wohlstand seiner

iranischer Einwanderer-Eltern

in Hildesheim aufwächst und,

von der Familie akzeptiert, offen

schwul lebt. Wegen eines

Ladendiebstahls muss Parvis

Sozialstunden als Übersetzer

in einem Wohnheim für Geflüchtete

ableisten. Dort trifft

er auf die aus dem Iran stammenden

Geschwister Amon

und Banafshe. Es entwickelt

sich eine fragile Freundschaft,

in der Parvis und Amon immer

mehr zueinander finden.

Schwule Filmwoche Freiburg:

7. bis 13. Juni. Weitere

Infos und Tickets unter https://

schwule-filmwoche.de/ oder ab

dem 31. Mai zwischen 18 und

20 Uhr an der Kasse in der

Harmonie, Grünwälderstr. 16.

Naturklänge Freiburg

Beethoven konnte anhand des

inneren Hörens nach seiner Ertaubung

weiter komponieren. Es

entstand die Pastorale, welche

von den Stimmen und Klängen

der Natur inspiriert ist. Die Welt

der Naturklänge zu entdecken,

ist das Ziel der Entdeckungsreise

des Waldhauses: das Rauschen

des Windes, das Vogelgezwitscher

oder das Geplätscher

des Bachs dienen dazu, das

innere Hören zu erproben. Im

Anschluss wird das Erlebte in

kleine grafische Naturpartituren

gefasst, gemeinsam mit

der Musikerin Pyong-Ahn Eun

(Komposition, Musiktheorie,

Klavier).

Veranstaltung: 20. Juni, 14

- 16 Uhr. Anmeldeschluss: 11.

Juni. Weitere Infos: www. waldhaus-freiburg.de.

Filmstill aus dem

französischen

Sommerabenteuer

„Été 85“ von

François Ozon

Foto: Wildbunch


VERANSTALTUNGEN KULTUR JOKER 39

Lahr lädt ein

Das neue Format „Villa Jamm Artists“ verbindet Kunst und

Publikum auf vielfältige Weise

Die historische wie idyllische

Villa Jamm in Lahr

verwandelt sich diesen Sommer

in eine Produktions- und

Begegnungsstätte der Künste.

Bis Mitte Oktober findet dort

das Residenzprogramm „Villa

Jamm Artists“ statt. Eine Einladung

an Kulturschaffende

aller Kunstsparten. In der Öffentlichkeit

gelegen, dient das

Projekt auch dem unmittelbaren

Austausch mit allen interessierten

Besucher*innen. Sie

und die Künstler*innen profitieren

beide vom zwanglosen,

spartenübergreifenden Zugang,

der zu einem abwechslungsreichen

Programm zwischen

Konzert, Opernaufführung,

Performance, Installation,

Ausstellung und Workshop

führt. 136 Künstler*innen sind

an den 27 Produktionen und

über 100 Workshops beteiligt.

Hinter dem neuen Format steht

die Opernsängerin, Lahrer

Kulturamtsleiterin und Gründerin

des Vereins „Zukunft

Kultur“ Cornelia Lanz.

Kommende Highlights sind

die inklusive Musik-Tanz-

Installation „infect“ der freien

bühne stuttgart und der

Tanzkompagnie Szene 2wei

mit ihrem vielseitigen Profil

zwischen Kunst, Musik,

Lichtkunst, Performer*innen

mit und ohne Behinderung und

verschiedenen Orten Lahrs.

Maximal unvorhersehbar.

(30./31. Juli) Die Uraufführung

„tō‘bo – Libelle“ der Komponistin

Saskia Bladt für Ensemble

und Flugzeug ist ebenfalls

maximal ungewöhnlich. Anlässlich

des 50. Jahrestags der

Umsiedlung und Neugründung

Die Villa Jamm

Foto: Stadt Lahr / Bamberger

SZENE 2WEI, inklusive Choreographie

Foto: Simon Wachter

Mario Moronti: „Barfuß am Himmel

der Anderen“ Foto: Mario Moronti

des Lahrer Ortsteils Langenwinkel

spiegelt das Stück

Zeitgeschichte. 1971 wollten

die Menschen aufgrund eines

NATO-Flugplatzes dem Lärm

entkommen und siedelten deshalb

um. (2. Oktober)

Besucher*innen im Juli erwartet

unter anderem eine ganze

Konzertreihe, die sich dem

Naturinstrument des Horn

widmet. Das Horn wird in

seinen verschiedenen Ausprägungen

präsentiert (6. Juni, 17

Uhr), als Alphorn im kleineren

(13. Juni, 11-16.30 Uhr) oder

größeren Ensemble gespielt

(13. Juni, 17 Uhr). Ungewöhnliche

Vertonungen zwischen

Händel und Jazz folgen am 25.

Juni, 17 Uhr, ehe am 26. Juni,

17 Uhr „Sinnliche Weltmusik“

auf dem Programm steht. Abgerundet

wird das Hornprogramm

durch die Begegnung

von Maultrommel mit Volksund

klassischer Musik am 4.

Juli, 17 Uhr.

Sämtliche Aufführungen finden

open-air im Musikpavillion

im Stdtpark Lahr statt, bei

schlechtem Wetter im Parktheater.

Weitere Informationen:

www.kultur.lahr.de


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