flip-Joker_2021-06
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12 KULTUR JOKER KUNST
Liebe auf den ersten Blick
Das Keramikmuseum in Staufen zeigt Arbeiten von Andreas Steinemann
Andreas Steinemann: „Vasen twist“
Im Keramikmuseum Staufen
zeigt der 1957 im Schweizer
Wallis geborene Keramiker
Andreas Steinemann neue
Arbeiten. Er stellt sein aktuell
entwickeltes Geschirrset mit
dem Namen „Leaf“ (Blatt)
vor. Vom ersten Augenblick
an verliebt man sich in diese
wunderbar organisch geformten
und so differenziert
Foto: Oliver Lang
zart getönten Gefäße. Seit
zwei Jahren entwickelt Steinemann
das Design der Formen
und bisher sind fünf Teile des
Sets entstanden, großer Teller,
tiefer Teller, Schale, Becher
und Krug. Alle Objekte
sind leicht aus der Mittelachse
verschoben, so dass der
Schwerpunkt nicht – wie gewohnt
- zentral liegt, sondern
die Gefäße ein wenig schief
stehen. Die winzige Neigung,
das aus der Mitte gekippte, ist
natürlich beabsichtigt, ja sogar
mit Hilfe von Kurvenformen
konstruiert und steigert die
Attraktivität der Gefäße. Denn
wie wir wissen und immer
wieder von Neuem erfahren,
entsteht wahre Schönheit erst
durch kleine Irregularitäten.
Das macht ihren Zauber aus.
Wie Handschmeichler liegen
die Teller und Schalen in der
Hand. Die Außenseite zeigt
das weiße, seidenmatte rohe
Porzellan, das so lange geschliffen
wird bis es sich fast
samten anfühlt. Die Innenseite
der Gefäße wird farbig glasiert
mit einer speziellen vom Keramikkünstler
ausgemischten
Farbpallette. Insgesamt sind
es circa 15 Farbtöne, die mit
der Spritzpistole aufgetragen
werden, um möglichst feine
Farbverläufe zu erzeugen. Alle
Farben lassen sich miteinander
kombinieren und zu exquisiten
Arrangements zusammenstellen.
Jetzt müssen nur noch
die darauf servierten Speisen
stimmen. Doch was sollte da
schon schiefgehen? Die einfachsten
Gerichte werden zu
einem sinnlichen Ereignis auf
solchen Tellern.
Andreas Steinemann nähert
sich seinen keramischen Themen
über das Papier. Er lässt
sich von der Natur inspirieren,
erste Ideenskizzen entstehen,
die in Zwischenstufen
verfeinert und über Papier-
Modelle geklärt werden, bis
schließlich der exakte Konstruktionsplan
vorliegt. Ein
Vorgehen, das seine Herkunft
aus dem Grafikdesign und der
Bildenden Kunst verrät. Und
so überrascht es nicht, dass
er Ende der 70er Jahre an der
Kunstgewerbeschule in Zürich
Grafikdesign studiert hat. Über
Malerei und Skulptur kam er
schließlich zur Keramik, seiner
eigentlichen Leidenschaft,
in der er Elemente aus den
anderen Kunstgattungen vereint.
Seit Mitte der 90er Jahre
betreibt er in Lenzburg in der
Nähe von Aarau in einer alten
Spielzeugfabrik sein Atelier,
ein hoher, heller und sehr aufgeräumter
Raum, in dem es
vieles zu entdecken gibt.
Eine Besonderheit ist Steinemanns
Vorliebe für die anspruchsvolle
Neriage-Technik.
Auch in Staufen sind Gefäße,
Vasen und Dosen, die in dieser
Technik gearbeitet sind, zu
sehen. Bei ihnen ist das Innenund
Außendekor gleich. Nach
einem genauen Plan, auch hier
bedarf es exakter Vorbereitung
auf dem Papier, werden
aus verschieden eingefärbten
Porzellanplatten geometrische
Formelemente wie Puzzelteile
mit einem Skalpell-artigen
Messerchen ausgeschnitten
und passgenau aneinandergesetzt.
Eine perfekte Ästhetik,
oft in puristischem Schwarz-
Weiß, zeichnet diese Gefäße
aus. Wunderschön anzusehen
und schwierig zu machen. Wer
das genauer wissen möchte,
kann auf Youtube den kurzen
Film über Andreas Steinemann
ansehen. In Staufen ist
zum Ausstellungsende eine
Finissage im Freien geplant.
Der Keramikkünstler wird anwesend
sein.
„Der perfekte Schnitt“, Andreas
Steinemann, Keramikmuseum
Staufen/ Studio-Ausstellung.
Bis 4. Juli 2021
Christiane Grathwohl
Berichtigung:
Hermann in der Kirche
In der Mai Ausgabe 2021, Seite 14, ist
uns ein Fehler unterlaufen. Dort hieß es in
der Unterüberschrift des Textes Hermann
in der Kirche „Neue sakrale Arbeiten des
Freiburger Künstlers Harald Hermann“.
Anstatt des vollen Namen war hier das
Kürzel HH angedacht, auf welches der
Autor sich in dem Schlusssatz des Artikels
bezieht. Im gleichen Zug ist die Bildunterschrift
des Werkes nicht „Maria von Magdalena“,
sondern „Maria von Magdala“.
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