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4 KULTUR JOKER THEATER Theater

Janna Horstmann spielt die Hedda Gabler

Das Zimmer gleicht einer

Galerie. Inmitten des Raumes

ein Sofa wie man es in einem

Museum finden könnte: oval,

so dass die Besucher Rücken

an Rücken von allen Seiten die

Bilder in Augenschein nehmen

könnten und in der Mitte ist

Platz für ein riesiges Blumenbouquet.

Nur, hier gibt es lediglich

ein Motiv vor sattblauem

Vorhang: Hedda Gabler (Janna

Horstmann), jetzt Tesman, in

den unterschiedlichsten Posen,

Aufgrund der konstant niedrigen

Inzidenzwerte in Freiburg dürfen

Theater, Kinos und sonstige Kulturhäuser

mit entsprechenden Hygienekonzepten

ab Anfang Juni

mal hoch auf dem Ross, mal eher

privat. Und dann sind da noch

zwei Vitrinen im abgedunkelten

Raum, in denen Roben Hedda

Gablers präsentiert werden als

handelte es sich um Museumsstücke.

Jörgen Tesman (Victor Calero)

muss seiner Frau sichtlich etwas

bieten. Das jung verheiratete

Paar ist gerade von seiner Hochzeitsreise

zurückgekehrt. Später

wird sie sich über ihren Gatten

beschweren, weil er auf der Reise

dem Archivstudium mehr Zeit

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Foto: Britt Schilling

widmete als ihr. Die frisch geschlossene

Ehe basiert eher auf

Kredit als auf Illusionen, und

dies gleich in doppelter Hinsicht.

Der Privatdozent spekuliert auf

eine Professur, die prächtige Villa

ist auf Pump gekauft, Hedda

wiederum spekuliert darauf,

dass Jörgen ihren Jugendfreund

Eilert Løvborg karrieremäßig in

den Schatten stellen wird. Damit

nicht genug, befindet sich

mit einem imposanten Waffenschrank

links, an dem eine Art

Bibliotheksleiter lehnt, ein weißer

Elefant im Raum. Wo Waffen

sind, werden sie auch benutzt

werden (Bühne: Bettina Meyer).

In Lydia Bunks Inszenierung

am Theater Freiburg, die bislang

lediglich als Livestream zu sehen

war, ist Hedda Gabler (Janna

Horstmann) Projektionsfigur

für das ganze 19. Jahrhundert-

Spektrum von Weiblichkeit.

Wie überhaupt diese „Hedda

Gabler“ den Zeitgeist Ibsens als

historisch gegeben annimmt.

Und doch streut Bunk Rätsel

ein, ist das Mädchen in unschuldiger

Rüschenseligkeit das Kind

Hedda oder ihr eigenes, das sie

nicht bekommen wird? Wird es

am Ende die Ordnung wieder

herstellen, wenn es sagt: „ so etwas

tut man doch nicht“? Doch

was tut man nicht? Die Mitmenschen

als Figuren in einem Spiel

An Fäden führen

Lydia Bunk zeichnet in ihrer Hedda Gabler-Inszenierung eine schillernde

Frauenfigur

anzusehen, das man bis zum

Äußersten treibt, einen Mann

heiraten, den man nicht liebt,

während Heddas eigentliche Liebe

zu Løvborg nur in einer Art

Glashaus oder Vitrine gedeihen

kann? Bianca Deigner jedenfalls

hat Hedda Gabler Kostüme auf

den Leib geschneidert, die ihre

Vorbilder in der Malerei, aber

auch im frühen Film haben. Das

eng anliegende lange Kleid, das

kleine Strudel auf ihren Körper

zeichnet, ist das einer Femme

fatale und könnte von einem

Klimt-Gemälde stammen, doch

in schwarzem Gehrock und mit

Zylinder wirkt sie wie ein Alter

Ego von Marlene Dietrich. Einmal

steht sie hinter ihrem Mann

und dem um sie herum scharwenzelnden

Assessor Brack

(Holger Kunkel) und führt sie

wie zwei Marionetten. Sie sacken

zusammen, Hedda Gabler

schnippt mit den Fingern und sie

heben mechanisch die Glieder.

Jana Horstmann vervielfältigt

diese Projektionen und spielt sich

so selbst als Projektion.

Von Freiheit, sei es innere Unabhängigkeit,

sei es Gestaltungsspielraum,

ist in Henrik Ibsens

Dramen ja oft wenig zu spüren,

zu deterministisch ist das naturalistische

Weltbild. Tesman

hüpft in Hausschuhen durch

sein neues Leben, man ahnt hier

Vorhang auf

Das Theater im Marienbad öffnet wieder seine Türen für das Publikum

wieder genesene, geimpfte und negativ

geteste Gäste empfangen. Das

Kinder- und Jugendtheater im Marienbad

ist natürlich mit vielfältigem

Programm mit am Start.

Los geht’s gleich am 5. Juni mit

der lang erwarteten Premiere von

Juli Zehs Gerichtsdrama „Corpus

Delicti“ unter der Regie von

Matthias Kaschig, der bereits mit

bildstarken Inszenierungen von u.a.

Kleists Michael Kohlhaas und Mike

Kennys Nachtgeknister im Marienbad

Theater zu Gast war. Neben

„Corpus Delicti“ wird das mit dem

Performancekollektiv Pulk fiktion

entwickelte Stück „RÄUMEN – ein

Spiel von Haben und sein“ erstmals

vor physisch anwesendem Publikum

gespielt werden, außerdem

übernimmt das Marienbad eine Produktion

des Züricher Theaters Neumarkt,

nämlich die Bühnenadaption

von Jennifer Clements gefeiertem

Roman Gun Love. Viel los also,

hinter den Türen. Und davor?

Für den pittoresken Außenbereich

des ehemaligen Jugendstilbads hat

sich das Team rund um Dramaturgin

und künstlerische Leiterin Sonja

Karadza gleich mehrere spannende

Projekte überlegt. Im Rahmen der

Aktion Kunstlücke wird das „Berührungslose

Kunsteinkommen“

wieder eingeführt – Briefe, Gedichte

und andere kreative Botschaften an

das Publikum, verpackt in kleine

Tütchen, die sich jede*r Vobeigehende

mitnehmen darf und soll. Zudem

wird es jeden Morgen um 9.50

Uhr eine künstlerische Proklamation

aus einem der Fenster des Theaters

geben, den sogenannten „Kopfsprung“.

Und last but not leat das

Highlight: das Geschichtenauto. Wer

möchte, kann in einem sehr alten

und sehr coolen Renault 4, der momentan

auf dem Hof des Marienbads

Die Inszenierung „RÄUMEN“

schon den zukünftigen Bettvorleger

und Ejlert Løvborg (Martin

Hohner) gibt mit halblangen

Locken und unkonventioneller

Kleidung das romantische (und

gefährdete) Originalgenie. Doch

die Bedrohung ist nah und sie

ist nicht minder zeittypisch wie

das Frauenbild. Løvborgs Genie

ist mehr dionysischer Art,

nur weniger pittoresk, auf die

denkbar erbärmlichste Art ist er

dem Alkohol ergeben. Nun ist

er clean, dank seiner biederen

Muse Frau Elversted (Stefanie

Mrachacz) im naiven gelben Volantkleid

und hat ein Werk hervorgebracht,

das Tesman in den

Schatten stellen wird. Dass Frau

Elversted den Mann, den sie liebt

nicht allein ihrer Rivalin, sondern

auch gleich dem Verderben

ausliefert, ahnt sie nicht.

Und da schon alles derart

schicksalshaft und bereits entschieden

ist, hat es bei Ibsen

auch kaum Platz für Ironie. Wobei

das Ende Løvborgs so wenig

mit Nietzsches apollinisch-dionysischem

Gedankengebäude

zu tun hat, dass es schon wieder

von sehr böser Ironie ist. Diese

Vorbestimmtheit markiert auch

eine Grenze in Lydia Bunks

sehenswerter Inszenierung, die

nicht hinterfragt wird.

Wird im Juli wiederaufgenommen.

Annette Hoffmann

steht, Platz nehmen und sich mittels

einem Pad vom Theater-Ensemble

eingesprochene Geschichten zum

Thema Reisen vorlesenen lassen,

die über eine Anlage im Auto abgespielt

werden. Zudem wird, wenn

das Wetter mitspielt, die Open-Air-

Bühne des Marienbads wiederbelebt,

das „Außenbecken“.

Weitere Infos, Vorstellungstermine

und Kartenreservierung unter www.

marienbad.org oder am Kartentelefon

unter der 0761/31470.

Foto: Erich Krieger

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