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literatur KULTUR JOKER 31

„Ich bin ein Empfänger“

Der Schriftsteller Peter Frömmig wird 75 Jahre alt

Peter Frömmig, 2019

„Für mich ist Schreiben

gelebtes Leben“ sagte Peter

Frömmig einmal zu mir.

Davon hat Peter Frömmig

viel, denn er wird 75 Jahre

alt. Geboren wurde er am 11.

Juni 1946 in Eilenburg bei

Leipzig, aufgewachsen ist er

in Speyer. Sein Weg führte

ihn über Köln, Salzburg bis

in die USA. Hier lebte er

sechs Jahre, bevor er in Freiburg

im Breisgau Fuß fasste

und 1995 nach Marbach am

Neckar zog, wo sich unsere

Wege kreuzten. Seit Köln

arbeitete er als Schriftsteller,

Maler und Zeichner und

veröffentlichte Erzählungen,

Gedichte, Essays, Hörspiele

und Theaterstücke. Hier fand

er in dem Autor Rainer Taëni,

der dort an der Universität

lehrte, seinen ersten Mentor.

Doch zuvor machte er eine

Feinmechanikerlehre und darauf

folgten Fabrikarbeit und

Montage und dies scheint mir

als Betrachterin seiner vielfältigen

Werke eine wichtige

Grundlage seines Schaffens

zu sein. Im wunderbaren

Foto: Ingrid Marie Lehrer

Mundharmonika- und Maultrommelspiel

und auch im

Gesang zeigt Frömmig darüber

hinaus sein Gefühl für

Rhythmus. Wenn er an seinen

Texten ziseliert ist all das

rhythmisch Feinwerkige tief

in die gewählten Worte und

Bilder heinein zu spüren. So

war ihm stets wichtig, “dass

meine Gedichte für möglichst

viele zugänglich bleiben. Und

plastisch im eigentlichen Sinn

…” Die Geburt der Tochter

öffnete ihm neue Blickwinkel.

In Marbach gehört Peter

Frömmig seit vielen Jahren

zu den Kulturschaffenden der

Stadt und wirkt jenseits der

berühmten Literaturinstitute

auf der Schillerhöhe im und

ins Städtchen hinein. Über

viele Jahre hat er das kulturelle

Leben durch Lesungen

in der Wendelinskapelle, in

Friedrich Schillers Geburtshaus,

im Rathaus oder auf

dem Burgplatz bereichert. Darunter

in genialer Verwebung

mit Hadayatullah Hübsch.

Aber auch Ausstellungen seiner

Bilder konnte man sehen.

Wegbegleiter und Mentoren

waren auch Peter Salomon

und Christoph Meckel.

Man kann Frömmigs Dachwohnung

in der Niklastorstraße,

von der aus man Schillers

Geburtshaus sehen kann, auch

irgendwie als Elfenbeinturm

betrachten. Nicht immer sind

die Zeiten für Schriftsteller

rosig, auch oder vielleicht

gerade in einer Literaturstadt

wie Marbach, in der vor allem

mit großen Namen gehandelt

wird. Doch Peter Frömmig hat

den Kopf oben und äußert sich

immer, auch zu gesellschaftspolitischen

Themen.

Der Künstler Peter Frömmig

weiß, wie es den Menschen

geht. Bei seinen Spaziergängen

in der Stadt oder

am Neckar trifft man ihn als

genauen Beobachter, der seine

Antennen ausgefahren

hat. Nicht selten wortkarg. So

schafft er es, bei sich zu bleiben.

Wenn man seinen Worten

und Beobachtungen begegnen

möchte, schaut man am besten

in seine Bücher.

Im Buch “Freiburg! – Erkundung

einer Stadt”, das

er mir 2017 geschenkt hat,

schreibt er “Man muss nur

Herz und Sinne öffnen, den

Rest regelt der Verstand”. Ein

Satz, der in diesen Tagen eine

große Bedeutung entfaltet.

Heute spricht Frömmig von

beklemmender Erfahrung

wie in seiner Kindheit in der

DDR. Trotz fehlender Zirkulation

zwischen dem Innen

und Außen, bleibt er in seiner

Beharrlichkeit schöpferisch,

schwingt sich noch einmal

auf zu einem großen Werk,

einem Roman eines Lebens

“Der Nachhall des Gongs”

lässt mosaikartig ein Generationen

übergreifendes Panorama

entstehen.

Ende Mai las Peter Frömmig

im Zusammenhang mit einer

Preisverleihung beim Lyrik-

Wettbewerb der Gesellschaft

für zeitgenössische Lyrik

Leipzig. Die Lesung wurde

vor Ort aufgezeichnet und

wird im Sommer 2021 veröffentlicht.

Er selbst war 2019 mit dem

Gedicht “When we were

young” Preisträger des Wettbewerbs.

Dieser Poesiealbum

neu-Preis wurde ihm 2019 auf

der Leipziger Buchmesse verliehen.

Ein weiterer Satz aus dem

feinen Freiburgbuch soll hier

noch Gehör finden: „Deine

Vergangenheit ist der Schatten,

der dich begleitet. Sieh

zu, dass du ihn zu deinem

Kompagnon machst ...“ In

der Fortbewegung fand Peter

Frömmig zum Einklang

zwischen Schritt und Wort.

„Schreiten von Ort zu Ort,

von Wort zu Wort, bis Wörter

zu Sätzen werden ...“ In diesem

Sinne, lieber Peter, bleib

nie stehen.

Weitere Infos:

- www.lyrikgesellschaft.de/

events/fuenf-edelfedern/

- Werke von Peter Frömmig

im Pop-Verlag: https://

wp.pop-verlag.com/?p=3800

- Einblick in das Schaffen

von Peter Frömmig gewährt

die Dauerausstellung „Literaturszene

Stuttgart-Region“

in der Stadtbibliothek Stuttgart

www.stuttgart.de/stadtbibliothek

Sabine Willmann

Sabine Willmann

Filmemacherin, geboren

und aufgewachsen in Freiburg

im Breisgau, lebt seit 1996 in

Marbach am Neckar. Ihr 2009

ausgestrahlter Dokumentarfilm

„Im Schatten Schillers“,

entstanden im Auftrag des

SWR, begleitet Peter Frömmig,

nicht nur auf langen Wegen

in der kleinen Stadt ...

Foto: Sabine Willmann

Lieber Peter, wir vom

Kultur Joker gratulieren

dir ganz herzlich zu Deinem

Geburtstag und

danken dir von Herzen für

die jahrelange, unkomplizierte

und bereichernde

Zusammenarbeit und

Freundschaft.

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